Willkommen im Zusammenhang „Wie kann ein besseres Wirtschaftssystem aussehen?“ Hier findest du alle wichtigen Texte und Informationen zum Thema, damit du dir einen schnellen und guten Überblick verschaffen kannst.
Hallo, ich heiße Katharina Mau und war enttäuscht von meinem Studium. Ich habe VWL studiert und dabei gemerkt, wie sehr bestimmte Denkweisen in der Lehre vorherrschen. Zum Beispiel: Wirtschaftswachstum = gut!
Diese Gleichung prägt unsere komplette Gesellschaft und ist so selbstverständlich geworden, dass viele sie nicht hinterfragen. Das ist ein Problem, denn so wie die Wirtschaft gerade funktioniert, befeuert sie die Klimakrise und soziale Ungerechtigkeit. Wie kann also ein Wirtschaftssystem aussehen, das nicht auf Wachstum fokussiert ist, sondern darauf, dass es den Menschen und der Natur gut geht? Ich stelle dir sechs Texte vor, die sich mit dieser Frage beschäftigen.
Zeit, das alles zu verstehen?
Lektion 1: Können wir die Klimakrise nur stoppen, wenn die Wirtschaft aufhört zu wachsen?
Politiker:innen sprechen immer wieder von grünem Wachstum. Das suggeriert: Wir können weitermachen wie bisher – nur eben nachhaltig. Technologie wird es richten. Das Problem ist: Nichts deutet daraufhin, dass das funktioniert. „Es ist bisher noch nicht gelungen, Wachstum wirklich von Ressourcenverbrauch und CO2-Ausstoß zu entkoppeln. Selbst die optimistischsten Szenarien legen nahe, dass das auch in Zukunft unmöglich bleibt“, schreibt mein Kollege Dominik Heißler. Wenn wir also die Umwelt- und Klimakrise bekämpfen wollen, brauchen wir eine andere Art zu wirtschaften. Dieser Text ist der perfekte Einstieg ins Thema. Wenn du Freund:innen davon überzeugen willst, dass es nicht weitergehen kann wie bisher, dann schicke ihnen diesen Artikel.
Lektion 2: So könnte eine Postwachstumsgesellschaft aussehen
Wenn du ganz viele Fragen hast und eine halbe Stunde Zeit, um tiefer einzusteigen, dann lies diesen Text. Er gibt den Überblick, erklärt, warum viele immer mehr Wachstum wollen und wieso es in einer Postwachstumsgesellschaft nicht lauter Arbeitslose gäbe. Wie würde eine Wirtschaft ohne Wachstum funktionieren? Im Gegensatz zu jetzt gäbe es keine Panik, wenn das Bruttoinlandsprodukt schrumpft. Das BIP wäre einfach nicht mehr so wichtig, Politiker:innen würden es nicht als Messgröße nehmen, um politische Entscheidungen danach auszurichten. Wir würden weniger arbeiten, weniger kaufen, mehr reparieren, mehr Dinge teilen, mehr Zeit für Gemeinschaft haben. Das Ganze würde natürlich nur funktionieren, wenn der Staat entsprechend umverteilt. Denn dass eine schrumpfende Wirtschaft einige Menschen hart trifft, können wir gerade gut beobachten.
An das Interview mit Gerrit von Jorck erinnere ich mich oft im Alltag. Gerrit forscht zum Thema Zeitwohlstand. Das ist ein Begriff, der materiellen Wohlstand ersetzen soll – denn Zeit ist die knappste Ressource in unserer Gesellschaft und außerdem sehr ungleich verteilt, wie Gerrit sagt. Viele Menschen würden gerne weniger arbeiten, aber sie tun es nicht. Weil sie es sich nicht leisten können, weil sie für die Zukunft vorsorgen müssen oder weil die Vorstellung von Urlauben in Costa Rica oder einem teuren Auto stärker ist. „Eine Wachstumsgesellschaft zerstört unseren Zeitwohlstand, weil sie dazu tendiert, unsere Lebenszeit zu vereinnahmen und zur Ware zu machen“, sagt Gerrit. „Wenn man Zeitwohlstand einfordert, fordert man deshalb immer auch eine Postwachstumsgesellschaft ein.“
Lektion 4: So bringen uns Unternehmen dazu, mehr zu kaufen
Anfang des 19. Jahrhunderts waren Unternehmen erstmals im großen Stil mit dem Problem konfrontiert, dass sie mehr produzieren konnten, als die Menschen kaufen wollten. Wie verkaufe ich weiter Autos, wenn alle, die es sich leisten können, schon eines haben? Heute ist klar, dass Unternehmer:innen durchaus ein paar Wege gefunden haben, dieses „Problem“ zu lösen. Dieser Text zeigt, dass wir es als Kund:innen schwer haben, uns gegen diese Macht zu wehren. Er erklärt die Tricks der Unternehmen. Am Beispiel eines ambitionierten Autoherstellers, der großen Glühbirnenverschwörung in den 1920er Jahren und der unnötigsten Erfindung der Welt: Kaffee in Kapseln.
Lektion 5: Ein Postwachstums-Unternehmen darf wachsen
Was macht ein Postwachstums-Unternehmen aus? Dass es nicht wächst, denkt man vielleicht im ersten Moment. So einfach ist es aber leider nicht. Mein Kollege Dominik Heißler hat die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) besucht – ein Unternehmen, das aus Sicht des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung ein „Postwachstumspionier“ ist. Die Unternehmer:innen wollen einen Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise leisten, indem sie mehr Menschen mit Ökostrom versorgen. Mehr Wachstum heißt hier also tatsächlich weniger Emissionen. Gleichzeitig schmälern die EWS bewusst und vorsätzlich ihren Gewinn. Denn sie beraten ihre Kund:innen, wie sie Strom sparen können. Und machen ihnen bewusst, dass Solarzellen auf dem Dach nicht zu hemmungslosem Stromverbrauch verführen sollten. Hier ist es also weniger wichtig, ob die EWS wachsen, sondern wie sie es tun. Dass sie ihrem Anspruch treu bleiben, für dezentrale, demokratische, bürgernahe Energieversorgung zu sorgen.
Lektion 6: Es gibt nicht die eine Idee einer anderen Art zu wirtschaften – sondern viele verschiedene
Bist du noch skeptisch gegenüber der Postwachstums-Idee? Klimaökonomin Claudia Kemfert ist es auch, zumindest was den Aufruf zum Verzicht angeht. Rico Grimm hat Kemfert und den Postwachstums-Forscher Niko Paech zum Streitgespräch gebeten. Kemfert fordert eine Kreislaufwirtschaft und das Wirtschaftswachstum vom fossilen Energieverbrauch zu entkoppeln – sogenanntes qualitatives Wachstum. Paech sagt: „Qualitatives Wachstum, wie von Claudia gefordert, hat sich bislang nicht einmal theoretisch konsistent darstellen lassen, sondern beruht auf reinem Fortschrittsglauben.“ Im Ziel sind sich beide einig: Eine Wirtschaftsweise, die die Grenzen des Planeten respektiert. Dazu, wie wir da hinkommen, haben beide unterschiedliche Meinungen. Lies diesen Text, wenn du dich fragst: Wie kann denn eine andere Wirtschaft konkret aussehen?
Auch ein Grundlagenwerk der Wachstumskritik – diesmal von dem britischen Ökonomen Tim Jackson. Wer sich zum Beispiel nochmal genauer über das Problem mit der Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch informieren will, kann das mit „Wohlstand ohne Wachstum“ tun.
Nicht nur um Postwachstum, sondern generell um unterschiedliche Strömungen der Wirtschaftswissenschaften geht es bei „In der Wirtschaft“. In dem Podcast sprechen Wirtschaftsstudierende mit Wissenschaftler:innen und anderen Wirtschaftsexpert:innen.
Die britische Wirtschaftswissenschaftlerin Kate Raworth kritisiert den Fokus auf Wirtschaftswachstum und entwirft ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell. Die Grafik dazu sieht wie ein Donut aus.
In dem „Blog Postwachstum“ schreiben verschiedene Autor:innen über alle Aspekte des Themas: von Allmende über flächensparendes Wohnen bis hin zu Wachstumskritik in der Entwicklungszusammenarbeit.