Willkommen im Zusammenhang „Wie sich der Job als Lehrer:in verändert hat “. Hier findest du alle wichtigen Texte und Informationen zum Thema, damit du dir einen schnellen und guten Überblick verschaffen kannst.
Moin! Ich heiße Bent Freiwald, ich bin Reporter für besseres Lernen und freies Wissen. Was ich nicht bin: Lehrer. Das muss ich direkt am Anfang erwähnen, bei meiner Familiengeschichte ist das nämlich ungewöhnlich. Vater: Schulleiter. Mutter: Schulleiterin. Großmutter: Lehrerin. Schwester: Lehrerin. Tante: Lehrerin. Onkel: Lehrer. Cousin: Lehrer. Dass es in Deutschland zu wenig Lehrkräfte geben soll, kam mir anfangs wie ein schlechter Scherz vor.
Aber es stimmt: Der Deutsche Lehrerverband geht davon aus, dass der Lehrer:innenmangel deutlich dramatischer ist, als bislang angenommen. Meine Geschwister und Cousins können wohl nicht alle Löcher stopfen: Zum Schuljahresanfang fehlten in allen Bundesländern zusammen bis zu 40.000 Lehrkräfte.
Das liegt zum einen daran, dass die zuständigen Minister:innen sich verschätzt und mit weniger Kindern gerechnet haben (ja, wirklich!). Zum anderen aber auch daran, dass der Job sich verändert hat. Nur wie eigentlich? In fünf Artikeln zeige ich dir, was ich herausgefunden habe.
Zeit, das alles zu verstehen?
Der Job ist wahnsinnig anstrengend. Das weiß ich aus Erfahrung.
Ende 2017 habe ich ganz persönlich vom Lehrer:innenmangel profitiert. Nach meinem Studium wollte ich erstmal Geld verdienen und suchte einen Nebenjob. Ich rief im Schulamt an und fragte, ob sie zufällig einen Vertretungslehrer suchen. „Einen?“, lachte die Frau am Telefon. Eine Woche später unterschrieb ich einen Vertrag über drei Monate. Fächer: Deutsch und Sport. Habe ich zwar nie studiert, interessierte aber keinen. Während dieser drei Monate habe ich den vielleicht wichtigsten Grund für den Lehrer:innenmangel selbst erlebt: Dieser Job ist enorm anstrengend. Deshalb empfehle ich dir zuerst den folgenden Artikel. Immer, wenn ich ihn lese, möchte ich mich gleich wieder auf die Couch legen.
Der Job als Lehrer:in an einer Grundschule ist tatsächlich ganz anders als am Gymnasium. Aber keineswegs entspannter oder weniger anspruchsvoll. Das habe ich gelernt, als ich mit der Grundschullehrerin Kathi gesprochen habe. Sie ist mit Burnout, Depressionen und Angstzuständen krankgeschrieben und will – unter diesen Umständen – nie wieder als Lehrerin arbeiten. Sie sagt: „Wenn ich alles zusammenrechne, dann haben sich die 28 Stunden, die ich im Klassenraum verbringe, noch einmal verdoppelt – mindestens. So viele Aufgaben sind mittlerweile dazugekommen: Telefonate, Hospitationen, Förderpläne, Vertretungen, das ist zu viel, das hat kein Ufer.“ Wenn du diesen Text liest, verstehst du, warum mittlerweile jede dritte Lehrkraft Anzeichen von Burnout hat.
Lehrkräfte unterrichten nicht nur. Sie sind auch IT-Expert:innen
Der Job ist nicht nur anstrengend, er hat sich im vergangenen Jahrzehnt auch drastisch verändert. Es gibt neue Ideen, wie guter Unterricht auszusehen hat, logisch. Aber davon rede ich nicht. Ich rede von: Digitalisierung, Integration und Inklusion, also von Anforderungen, die es früher in dieser Intensität nicht gab. Wer heute Lehrer:in wird, wird mit einer gar nicht so geringen Wahrscheinlichkeit auch IT-Berater:in. Für den nächsten Artikel habe ich mit Lehrer:innen gesprochen, die mir sehr absurde Geschichten über den Technik-Alltag in deutschen Schulen erzählt haben. Die Lehrerin Steffi sagt, dass sie jeden Morgen durch den Klassenraum springt, um das Smartboard zum Laufen zu bekommen. Regina, Schulleiterin aus Bayern, erzählt mir, wie viel Geld sie jedes Jahr für Fortbildungen ihres Kollegiums zur Verfügung hat: 100 Euro. Und Daniel, der sich an seiner Schule um die Computer kümmert, sagt: „Ich will doch eigentlich nur unterrichten.“
Die Digitalisierung ist aber nicht die größte Veränderung, die die deutschen Schulen in den vergangenen Jahren durchgemacht haben (und noch durchmachen). Einen letzten Aspekt möchte ich dir noch mitgeben. Denn seit der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006 haben alle Schüler:innen das Recht, gemeinsam unterrichtet zu werden. Also auch Kinder mit Behinderung oder Lernschwäche, die bis dahin oft zur Förderschule gingen und unter sich bleiben mussten.
Darauf waren die meisten Schulen schlecht vorbereitet. Und kaum eine Lehrkraft hat in ihrem Studium gelernt, wie sie damit umgehen soll. Die Lehrer:innen improvisieren. Und werden den Kindern oft nicht gerecht. Deshalb sind viele von ihnen mittlerweile gegen Inklusion (unter diesen Umständen) –obwohl sie eigentlich dafür sind. Ins Detail gehe ich in diesem Text.
Laura Mydlowski will eine von denen Lehrkräften werden, die weder untertauchen, noch fehlen. Sie ist hochmotiviert, es besser zu machen. Ich habe sie zwei Tage lang begleitet und auch Antworten auf eine Frage gefunden, die ich gar nicht gestellt hatte: Warum das Schulsystem ist, wie es ist.
Diese Doku vom ZDF hält auch dann die Kamera drauf, wenn es weh tut. Sie begleitet zwei Lehrer:innen, die für den Job brennen, aber ständig an die Grenze des Aushaltbaren kommen.
Für viele Lehrer:innen ist das Referendariat die härteste Zeit im Leben. Der NDR hat drei angehende Lehrkräfte ein Jahr begleitet. Die Doku lässt nur die handelnden Personen zu Wort kommen, ganz ohne Erzählerstimme aus dem Off.
In der Schule "Berg Fidel" in Münster ist vieles anders. Dieser Film begleitet vier Schüler:innen und stellt die Schule vor. Vor allem aber erinnert einen die Geschichte der vier Kinder daran, warum Menschen Lehrer:in werden wollen.
Der Pädagoge Sir Ken Robinson hat den erfolgreichsten Ted-Talk aller Zeiten geliefert. Er vergleicht darin Schulen mit Fabriken, die die Kreativität killen. Und plädiert für ein ganz anderes Lernen – das vielleicht auch den Lehrer:innen zu Gute käme.
In seinem Buch "Mythos Bildung" zeigt Aladin El-Mafaalani, was Bildung kann und was sie nicht kann. Wichtig für alle, die Lehrer:in werden wollen und für alle, die Bildung als Lösung für die Probleme unserer Zeit sehen. Spoiler: Ist sie meistens nicht.