Die neue deutsche Volksmusik
Sinn und Konsum

Die neue deutsche Volksmusik

Sie nennen sich „Deutschrocker“ und werden landauf, landab gehört. Bands wie Frei.Wild haben den Trend etabliert. In ihrem Windschatten agiert inzwischen eine ganze Industrie. Ist das der Soundtrack für den „Extremismus der Mitte“?

Profilbild von Philipp Wurm

Als das Konzert am Stadtrand von Dresden fast zu Ende ist, recken die Fans ihre Fäuste. „Wir sind nicht einer / Wir sind viele / Die so einfach nichts mehr hält“, singt der Chef der Band Krawallbrüder, Pascal Gaspard, eine dauerrotierende rhetorische Dampfmaschine. Im Publikum wird mitgegrölt, manche tanzen Pogo; wo man auch hinschaut, sieht man gelöste Gesichter, wie nach einem Torjubel. „Venganza“ (Rache) heißt der Song, es geht um einen kommenden Aufstand. Die Prophezeiung wird untermauert von schnaubenden Riffs. Es ist der Höhepunkt auf der Fieberkurve eines Konzerts, das die Wut auf alles und jeden zum beherrschenden Thema hat.

Knüppelharter Punkrock ist die Hülle.

https://www.youtube.com/watch?v=3KHBJ50iqHA

Für die Krawallbrüder, vier Burschen aus dem Saarland mit Tattoos und Turnschuhen, ist dieser Abend der drittletzte Gig einer triumphalen Tour durch 20 Städte im deutschsprachigen Raum. Überall sind die Hallen voll. Auch in Dresden, wo in einer ehemaligen Fabrikhalle auf einem Industriegelände knapp 1.000 Leute die Lieder mitgrölen, meist weiße Männer zwischen 20 und 30, angepeitscht von Bier und Adrenalin, kurzhaarig oder kahlrasiert, mit T-Shirts, auf denen „Freunde wie uns bindet nur der Alkohol“ steht, oder, etwas provokativer, „Kruppstahl“.

Früher sind die Krawallbrüder, 1993 von Pascal Gaspard mitgegründet, meistens in kleinen Kellerclubs aufgetreten. Seit sie eine Erfolgsband sind, mit ihrer aktuellen Platte auch in den Charts, sind diese Zeiten vorbei.

Die Welt als Kampfarena: Wütende Rockmusik ist ein Verkaufsschlager

Es ist raue, unversöhnliche Musik, die sich nun im Media-Markt-Regal zwischen Madonna und Helene Fischer wiederfindet. Die Songs der Krawallbrüder heißen „Jetzt aber Klartext“, „Nicht therapierbar“ oder „Blut, Schweiß und keine Tränen“. Sie handeln von Männerfreundschaften und Ehrgefühlen, von Saufgelagen und den Katern danach – und von angestauten Aggressionen. Ihre Wurzeln fußen im Oi!, einer sehr maskulinen Variante des Punkrock, die im England der frühen 80er Jahren entstanden ist, als Jugendliche aus der Arbeiterklasse nach einem eigenen musikalischen Ausdruck suchten. Oi!-Punk ist der Straßenköter im Habitat der Jugendkulturen. Dessen Gebärde: fletschende Zähne und lautes Gebell.

Im Deutschland der Gegenwart ist wütende Rockmusik auf einmal zum Verkaufsschlager geworden. Ummantelt von harten Gitarrenklängen, entwirft sie das Bild einer Welt, die einer großen Kampfarena gleicht.

Um sie massentauglich zu machen, haben Musiker der Strömung einen Namen gegeben, der auch brave Bürger nicht verschreckt. Sie nennen sie „Deutschrock“, ein Begriff, mit dem in den 80er Jahren noch freundliche Weltverbesserer wie BAP oder Wolf Maahn gemeint waren, die von Studenten mit Anti-AKW-Buttons an den Rucksäcken gehört wurden.

Einer, der dieses Etikett in Umlauf gebracht hat, ist Philipp Burger, Sänger von Frei.Wild, der meistdiskutierten Band der Szene. In einem Interview mit dem Fanzine „Legacy“ erzählte er bereits 2011, dass sich dieser Begriff durchgesetzt habe. Der Deutschrock von heute ist Urschrei-Therapie für Männer, die sich im Leben zu kurz gekommen fühlen und andere, zum Beispiel „die da oben“, dafür verantwortlich machen.

Die Deutschrocker überhöhen ihre Szene zu einer „Religion“

Frei.Wild, die heimatduseligen Volksmusikrocker aus Brixen in Südtirol, sind besonders erfolgreich. Mit ihrem aktuellen Album „Opposition“ thronten sie zwei Wochen an der Spitze der Charts. In ihrem Manifest „Eine Freundschaft, eine Liebe, eine Familie“, nach eigenen Angaben innerhalb von drei Tagen über 100.000 Mal heruntergeladen, wird der Markenkern des Erfolgsprodukts „Deutschrock“ deutlich. Es ist die Ansage: „Wir gegen Euch.“

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Unmissverständlich zieht Philipp Burger eine Trennlinie zwischen der eigenen Gefolgschaft und deren Kritikern, wenn er folgendes Bild malt: „Wie eine Armee durch alle Stürme / Entschlossen, hochmotiviert / Dem Feind die Stirn, dem Freund die Hände.“ Dann singt er inbrünstig von der „Deutschrockarmee“ und der „Deutschrockreligion“. Die markigen Worte können als Losung für die gesamte Szene durchgehen.

https://www.youtube.com/watch?v=9ROC4W8wsSY

Hinter Frei.Wild, dem Zugpferd der Szene, versammelt sich eine Phalanx von Bands, die diese Art der Selbstermächtigung variieren. Da ist der Regionalkult von Goitzsche Front aus Sachsen-Anhalt, deren Hymne „Der Osten rockt“ schon mehr als eine Millionen Klicks auf Youtube zählt. Da sind die populistischen Rüpeleien von Unantastbar, wie Frei.Wild aus Südtirol, die mit ihrer Live-Platte „10 Jahre Rebellion“ ebenfalls die Top 20 geentert haben. Andere Gruppen mit Chart-Notierungen heißen Serum 114, Wilde Jungs oder 9 mm Assi Rock’n’Roll. Wie ihre Szenekollegen verkörpern sie ein Geschäftskonzept, dessen Saat so aufgeht, wie derzeit nur wenige andere Vermarktungsstrategien im Pop.

Das Role Model, das unverrückbare Vorbild, sind die Böhsen Onkelz, die die Selbst-Stilisierung als geprügelte Underdogs schon in den 90er Jahren zum Prinzip gemacht haben. Mit ihrem Oi!-beeinflussten Punkrock sind sie längst ein Massenphänomen wie die Ärzte oder die Toten Hosen. Im Sommer werden sie am Hockenheimring vier größenwahnsinnige Konzerte geben – 350.000 Tickets sind bereits verkauft. Die Onkelz sind längst Multi-Millionäre. Deutschrock lohnt sich.

Mit dieser Musik können sich die Fans überlegen fühlen, behaupten Soziologen

Michael Weiss, Referent bei der Agentur für Soziale Perspektiven in Berlin, sagt: „Es geht immer darum, die eigene Gruppe als diejenige darzustellen, die Herr im Haus ist.“ Der Rechtsrock-Experte hat die Szene erforscht, mit Kollegen scannte er Fangruppen und analysierte Songtexte. Daraus ist der Info-Band „Grauzonen – Rechte jugendliche Lebenswelten in Musikkulturen“ entstanden. Sein Befund: Die Anhänger der Deutschrock-Szene wollen ihren eigenen gesellschaftlichen Status verteidigen – in einer Zeit, in der die Privilegien bröckeln.

An diesem wunden Punkt holen viele Deutschrock-Bands ihre Fans ab. Deren soziologischer Fußabdruck ähnelt sich: „Die Anhänger sind meistens weiß, männlich und kommen im weitesten Sinn aus der Mittelschicht“, sagt Weiss. Sie fürchten darum, dass ihnen andere das Wasser abgraben: emanzipierte Frauen, Migranten, der Kollege am Arbeitsplatz oder die große Politik. Diesen Menschen im Kampf um Ressourcen ein verloren geglaubtes Gefühl der Überlegenheit einimpfen zu wollen, ist das Erfolgsgeheimnis der Deutschrock-Bands.

Rechtspopulistische Strömungen, eine Partei wie die AfD etwa oder ein Zusammenschluss wie Pegida, wollen deshalb zurück in einen geistig-kulturellen Schrebergarten, der klare Regeln vorgibt – Leitkultur, Lagerdenken, den Geschlechtern angepasste Lebensmodelle. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich auch in der Popkultur ein Gefäß für diesen Rollback finden würde. Die mehr als 20 Goldenen Schallplatten der Onkelz haben den Bands gezeigt, wie riesig der Markt ist für Rockmusik, die Identifikation stiftet und einfache Erklärungen für eine komplizierte Gegenwart liefert.

Pascal Gaspard, der Sänger der Krawallbrüder sagt: „Die Leute wollen klare Worte hören. Sie verlieren die Scheu, das zu akzeptieren, was ihnen vorgesetzt wird.“ Während er sinniert, fläzt er sich auf dem hellbraunen Sofa eines schmucklosen Backstage-Raums in der Dresdner Fabrikhalle – ein paar Stunden vor dem Konzert, im Zeitloch versunken, bevor sich die Schleusen zur Bühne öffnen. Thomas, der Schlagzeuger, und Flo, der Gitarrist, daddeln an ihren Smartphones. Swen, der Bassist, treibt sich irgendwo herum. Pascal Gaspard wirkt glatter als auf der Bühne. Sein rundes, sonnengebräuntes Gesicht könnte auch einem Büro-Angestellten im Sommerurlaub gehören. Er trägt eine kurze Hose mit Camouflage-Muster und New-Balance-Sneakers. Und er rülpst immer wieder, wie ein 13-jähriger Schuljunge, der provozieren will.

Auch dabei: Guy-Fawkes-Masken, Verschwörungstheorien, „Lügenpresse“

Auf Nachfrage nennt er ein Aufreger-Thema, für das die Leute kein Verständnis mehr aufbringen würden: „Von der Art und Weise, wie die Medien gesteuert werden, fühlst du dich verarscht. Ist Putin denn jetzt eine Supergefahr oder nicht?“ Weil das offenbar eine bewegende Frage ist, hat er das Szenario einer Verschwörung globaler Eliten prompt zu einem Kernthema des neuen Albums gemacht. Das Cover etwa zeigt die sinistere Guy-Fawkes-Maske, die dem Hacker-Netzwerk „Anonymous“ als Erkennungszeichen dient, jenem Kollektiv, das gerne allerlei Komplotte wittert. Im Song „Venganza“ entwerfen die Krawallbrüder das Bild einer Gesellschaft, in der der Mensch „durch die Medien gleichgeschaltet“ ist und „nichts mehr registriert“. Das passende Motto-Shirt vertreiben sie im bandeigenen Merchandise-Store: Darauf steht, über dem Logo der Band, „Lügenpresse“.

Der Kampfbegriff reiht sich in einen Schwall von Tiraden ein, die auch andere Deutschrock-Bands verbreiten. Frei.Wild etwa stellen die „Gutmenschen und Moralapostel“ in einem gleichnamigen Song an den Pranger. Sie seien die „größten Kokser, die zu Kinderstrichern gehen“. Und verkaufen ebenfalls einen Motto-Pullover, der den Hass zum Mode-Accessoire macht. Dort prangt bündig: „Ich scheiß auf Gutmenschen und Moralapostel.“ So etwas stärkt nicht nur das Zusammengehörigkeitsgefühl, sondern bringt auch Geld.

Für die Bands sei das Merchandising nach den Live-Einnahmen oftmals die zweitwichtigste Einnahmequelle, erklärt Stefan Harder, der Manager des Frei.Wild-Labels “Rookies and Kings“, ein Langzeitstratege, der Mitte der Nullerjahre für Universal Music den Nonsens-Song „Schnappi, das kleine Krokodil“ zum Hit vergoldete. Der Mailorder-Versand „Halt deine Schnauze“, mit dem „Rookies and Kings“ kooperiert, ist ein Kaufhaus des Deutschrocks, der von Geldbeuteln mit „A.C.A.B.“-Aufdruck bis zum „Frei.Wild“-Tanktop keine Wünsche offenlässt.

Manchmal ist die Grenze zwischen Ressentiment und Rassismus durchlässig. Die zwei kleinen Recordlabels, die Krawallbrüder-Sänger Pascal Gaspard betreibt, KB Records und Burnout Records, sind ein subkulturelles Schattenreich aus Oi!, Punk und Hardcore – und bergen auch musikalisches Gift. Gerbenok, eine frühere Oi!-Band aus Sachsen-Anhalt, leistete den Mobs, die gegen Flüchtlingsheime demonstrieren, geistigen Beistand: „Das soll jetzt nicht rassistisch klingen doch es ist nun einmal so / Irgendwelche Asylanten dealen auf dem Bahnhofsklo / Mit langem Haar und schöner Bräune stehn sie an der Litfaßsäule / Schicken Kinder auf den Strich, doch das interessiert euch nicht.”

Pascal Gaspard ist genervt, wenn man ihn auf diese Sentenzen anspricht, veröffentlicht 2006, in dem Lied „Die neuen Hippies“. Die Musiker hätten damals gesagt, in Leipzig seien die Zustände wirklich so wie beschrieben, sagt er. „Also haben wir gesagt: Okay, wir machen das.“

Das größte Deutschrock-Label „wirklich sehr zufrieden“ mit dem Geschäft

Das vermutlich größte Deutschrock-Label ist „Rookies and Kings“. Das Sublabel der hannoverischen Plattenfirma SPV, das vor ein paar Jahren von Frei.Wild-Sänger Philipp Burger mitbegründet wurde, wird wie eine mittelständische Firma geführt. In der Chefetage wird bilanziert: „Wir sind wirklich sehr zufrieden.“ Man sei „ein profitables Unternehmen“, teilt Manager Stefan Harder mit, ohne Zahlen zu nennen. „Die Musik ist verständlich, und die Künstler schreiben oftmals sehr lebensnahe Texte. Das wirkt und ist meist sehr authentisch und sehr oft übertragbar auf das eigene Leben.“

Auf Festivals, Wagenburgen der Szene, schanzen sich die Bands gegenseitig ihre Fans zu, über Label-Grenzen hinweg. Denn Mitnahme-Effekte sind garantiert, zumal auf Events wie dem Spreewaldrock-Festival in Drachhausen. Besucher erscheinen, die sich im Musikgeschmack weitgehend einig sind. Ihr Verständnis von Rock’n’Roll ist funktional: Es geht um Druckabbau. Für den Forscher Michael Weiss sind die durstigen Feierabend-Rebellen eine „subkulturalisierte Schützenfestgemeinde“.

Dieses Bild passt zur Selbstcharakterisierung des populärsten Festivals, der „Größten Onkelz Nacht Deutschlands“ im oberpfälzischen Rieden-Kreuth, abgekürzt G.O.N.D. Deren Veranstalter schwärmt vom vertrauensvollen Gruppengefühl: „Familiär ist das Geheimnis“, sagt er. Diese Festspiele des Deutschrock haben zuletzt 18.000 Menschen besucht. Coverbands der Onkelz teilen sich mit den am Urtyp orientierten Epigonen die Bühne.

Auch die Krawallbrüder sind Stammgäste auf diesen Treffen, manchmal sogar als Headliner. Als sie noch eine Undergroundband waren, haben sie ebenso vom Zufluss anderer Fan-Gruppen profitiert. Nachdem sich die Onkelz 2005 aufgelöst hatten, kamen immer mehr Menschen zu ihren Konzerten. Die Fans suchten Ersatz. So war es anfangs auch bei Frei.Wild. Mittlerweile sind die Onkelz wieder zurück. Doch die Gemeinde ist nun so groß, dass für alle eine Crowd übrig bleibt.

Von früheren Sünden distanzieren sich Deutschrocker mit Standardformeln

Der gemeinsame Nenner der drei Potentaten des Deutschrocks ist der Sumpf ihrer Herkunft, entweder der ganzen Band oder einzelner Mitglieder. Hinlänglich bekannt: die militante Phase der Onkelz im Skinhead-Milieu der frühen 80er-Jahre. Damals gehörten Lieder wie „Deutschland den Deutschen“ oder „Türken raus“ zum Repertoire. Ebenso im kollektiven Gedächtnis: die Verfinsterungsphase von Frei.Wild-Sänger Philipp Burger, der einst für die Rechtsrock-Band „Kaiserjäger“ agitierte – und auf einem CD-Booklet aus dieser Zeit den Hitlergruß zeigt. Die Distanzierungen der Musiker von ihren frühen Sünden sind mittlerweile oft zitierte Standardformeln in der Diskussion über die Rechtslastigkeit von Deutschrock.

Auch die Geschichte der Krawallbrüder ist problembeladen. In einer Band-Vita, die mittlerweile von der Website der Band verschwunden ist, steht zur Sozialisation des Krawallbrüder-Sängers in seiner Provinzheimat: „Pascal lernte die ersten Glatzen in Saarlouis kennen, die zugegebenermaßen rechts, aber zum Großteil doch mit einem Blick aufs Wesentliche, nämlich Party, Oi! und Spaß eingestellt waren!“ Von Abgrenzung keine Spur. Auf Pascal Gaspards Unterschenkel ist ein SS-Totenkopf eintätowiert, dahinter das Eiserne Kreuz, auch ein Symbol der Wehrmacht. Als er mir das Emblem im Backstage-Raum präsentiert, rechtfertigt er sich, der Totenkopf habe doch ein blaues Auge. Er ist somit ein Statement gegen Rechts, will er damit wohl sagen. Nun ja.

Ist das der Soundtrack für den „Extremismus der Mitte“?

Die Krawallbrüder wollen mit Nazis nichts zu tun haben. Auf der Tour begleitet sie ein Security-Mann, sein Auftrag: rechtsradikale Störenfriede am Eingang auszusortieren, eine Türpolitik, die auch andere Bands fahren. Ein „Thor Steinar“-Pullover reicht als Ausschlusskriterium. Im Getümmel des Dresdner Clubs sind später keine ungebetenen Gäste zu sehen. Vielleicht beschränkt sich die Nähe zu Schlägertrupps in Springerstiefeln, die besonders die Antifa in der Deutschrock-Szene vermutet, auch wirklich nur auf Einzelfälle von gestern und vorgestern. Womöglich typischer: jener „Extremismus der Mitte“, den Soziologen an den Stammtischen der Normalos beobachten. Ihm gibt der Deutschrock eine Stimme.

Es gibt zum Beispiel gute Gründe, Pascal Gaspard einen Mann der Mitte zu nennen, trotz seines merkwürdigen Tattoos: Er ist ein Kind der Mittelschicht, wie er erzählt. Jemand, der früher die Linkspartei gewählt hat und sich heute vorstellen kann, sein Kreuz bei der CDU oder der SPD zu machen, wie er ebenfalls sagt. Er, der tüchtige Rockstar, muss sich auch keine Existenzsorgen machen.

Gleichzeitig vertreibt er Rockmusik mit fremdenfeindlichen Versen, die von Asylbewerbern handeln, die entweder „auf dem Bahnhofsklo dealen“, „in schöner Bräune an der Litfaßsäule stehen“ und „Kinder auf den Strich schicken“ - so geht es aus dem Songtext von Gerbenok hervor. Darin sieht er bekanntlich ja kein Problem. Auf der Website seines Plattenversands wird das Album mit dem Titel „Wer zuletzt lacht …“, das diese Formulierungen enthält, sogar beworben. Und zwar mit folgenden Worten:„Hier schlägt das Herz tatsächlich, und es wird ehrlich das gesagt, was jeder denkt, aber nicht ausspricht oder hinter halbgarem Geseiere versteckt“. Als Autor dieses Promo-Textes ist „Pascal/KB Records“ angegeben.

Pascal Gaspard will kein Rassist sein. Dass er aber für ein Album mit fremdenfeindlichen Passagen die Trommel schlägt, zeigt: Er hat diese Einstellung nicht verinnerlicht. Stattdessen protegiert er jenen „Extremismus der Mitte“, der den Hass salonfähig macht.