Wie ich lernte, morgens Fett zu trinken
Sinn und Konsum

Wie ich lernte, morgens Fett zu trinken

Ich stehe allen Lebensmitteln, die angeblich Superkräfte verleihen sollen, kritisch gegenüber. Aber als ich neulich Kaffee mit Butter serviert bekam, der wach, fit und konzentriert machen soll, habe ich beschlossen, dem Getränk 14 Tage lang eine Chance zu geben. Hier beschreibe ich, was ich bei diesem Selbstversuch gelernt habe.

Profilbild von Theresa Bäuerlein
Reporterin für Sinn und Konsum

Tag 1: Mir ist übel

Meine erste Begegnung mit dem seltsamen Butterkaffee – oder Bulletproof Coffee, wie ihn sein Erfinder nennt – in einem Café verläuft nicht ohne Konflikte. Einerseits finde ich es eine sympathische Idee, meinen Morgenkaffee mit einer Portion Fett anzureichern. Es ist ein flüssiges Frühstück, das satt und wach macht, aber nicht so schwer ist, dass man danach gleich wieder ins Bett gehen will. Das Getränk ist cremig und hinterlässt einen Ölfilm auf den Lippen, der Lippenbalsam überflüssig macht – nicht unpraktisch in der kalten Jahreszeit.

Aber all das sind eigentlich nur Nebenaspekte des Fettgebräus. Seine in den vergangenen Jahren explosionsartig gewachsene Fangemeinde schwört darauf, dass es auch noch energiegeladen, konzentriert und gut gelaunt machen soll. Dass der schlechte Ruf gerade gesättigter Fette in den letzten Jahrzehnten keine wissenschaftliche Grundlage mehr habe. „Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass es wichtiger ist, die gesunden Komponenten (also besonders Obst und Gemüse) zu essen, als die ungesunden Komponenten wegzulassen. Insofern ist es nicht so wichtig, ob die Menschen Butter oder Margarine essen, wichtiger ist, sie essen ausreichend viel Obst und Gemüse“, schreibt mir Helmut Gohlke, Kardiologe und Vorstandsmitglied der deutschen Herzstiftung (mehr dazu in meinem Text Butter ist das neue Superfood. Sogar schlank soll der mit Butter und Öl gemischte Kaffee machen.

Mir allerdings signalisiert mein Magen eine Stunde später, dass er nicht einverstanden ist. Mir ist einfach schlecht. So sehr, dass ich zu nichts mehr zu gebrauchen bin: Ich kann nur noch auf dem Sofa liegen und mich fragen, was ich falsch gemacht habe.

Ein wenig Recherche entlarvt meinen Fehler: Ich hätte den Kaffee nicht wie ein Getränk behandeln sollen, sondern wie eine ganze Mahlzeit. Beziehungsweise eine Ersatzmahlzeit wie Slim Fast. Weil das Getränk locker 450 Kalorien und mehr hat, etwa so viel wie Rührei mit Speck und Toast. Stattdessen habe ich zu meinem Butterkaffee auch noch einen großen veganen Brownie gegessen. Vielleicht ist mir auch nur wegen des offensichtlichen Widerspruchs übel.

Tag 2: „Disaster Pants“ möglich

Am nächsten Morgen mache ich mir meinen Butterkaffee selbst. Das geht ganz einfach: Man nehme Kaffee, gebe ein bis zwei Esslöffel Butter hinein und ein Esslöffel Kokos- oder MCT-Öl. Im Mixer oder mit dem Milchschäumer aufmixen. Trinken. Mixen ist wichtig, weil man sonst statt eines sehr cremigen Getränks dünnen Kaffee mit Fettaugen kriegt. Zucker darf keiner rein.

MCT-Öl habe ich im Internet bestellt. Es sieht aus wie Klarlack und riecht nach nichts. Viele Bulletproof-Fans mögen es lieber als Kokosöl, weil dieses einen sehr dominanten Geschmack haben kann, den nicht jeder mag und der eher Gedanken an tropische Strände und Cocktails heraufbeschwört als an supereffizientes Arbeiten. Auf meiner MCT-Flasche steht, es sei achtmal „stärker” als Kokosöl, obwohl es aus Kokosöl hergestellt wird, ein ziemlich künstliches Produkt. Was „stärker” bedeutet, steht da nicht. Besonders ölig?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) erklärt mir in einer E-Mail, bei MCT-Fetten handele es sich um mittelkettige Fettsäuren, diese seien „aufgrund ihrer chemischen Struktur und Eigenschaften leichter verdaulich im Vergleich zu den in üblichen Fetten am häufigsten vorkommenden Triglyceriden mit langkettigen Fettsäuren. Das heißt, dass MCT-Fette auch schneller gespalten bzw. auch ungespalten über die Darmepithelzellen aufgenommen werden können.” Außerdem erhöhen MCT-Fette den Energieverbrauch und die Fettverbrennung. Früher hat man sie Krankenhauspatienten gegeben, denen die Enzyme zum Fettverdauen fehlten.

Das Öl hat aber auch eine Schattenseite: Wenn man mehr MCT-Öl zu sich nimmt, als der Körper problemlos verarbeiten kann – die DGE spricht von 60 Gramm pro Tag – kommt es zu einem Phänomen, das der Bulletproof-Erfinder verschämt „Disaster Pants” nennt (schwer zu übersetzen: Hose des Verhängnis? Katastrophenhosen?). Anders gesagt: Der beschleunigende Verdauungseffekt kann im wahrsten Sinne nach hinten losgehen.

Wenn man beim Essen statt sonstiger Fette MCT-Öl verwendet, nimmt man ab, das konnten Studien zeigen. Was zu der bizarren Tatsache führt, dass Bulletproof Coffee als Diätgetränk vermarktet wird, obwohl er klumpenweise Butter enthält. Eigentlich ein schlaues Konzept: Der Körper bekommt viel Energie durch das Fett, das er aber sofort verbrennt. Gleichzeitig federn Butter und Öl die unangenehmen Effekte ab, die Koffein verursachen kann.

Das kann ich schon am zweiten Tag bestätigen: Normalerweise werde ich zittrig und übel gelaunt wie ein alter Bierkutscher, wenn ich auf nüchternen Magen Kaffee trinke. Mit Bulletproof Coffee passiert das nicht. Ich fühle mich genährt und geschmeidig. Dass er mich dünner machen wird, bezweifele ich aber. Denn nach etwa zwei Wochen gewöhnt sich der Körper an die MCT-Fette und sie haben dann keinen besonderen Effekt mehr. Alle Abnehmeffekte sind nur in Kurzzeit-Studien bewiesen. „Allein vom Trinken des Bulletproof-Coffee wird niemand schlank”, sagte mir auch Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. „Fürs Abnehmen ist eine negative Energiebilanz erforderlich – und zwar durch eine Mischung aus Ernährung und Bewegung.” Ein ausgewogenes Frühstück ersetze der Kaffee-Mix nicht.

Tag 4: Schimmelpilze adieu

Ich sitze im Büro und hämmere auf meiner Computertastatur herum. Auf einmal fällt mein Blick auf die Uhr und ich erstarre. Es ist 19.30 Uhr, ich bin immer noch hochkonzentriert und fühle mich wach. Was ist denn jetzt los? Normalerweise stürze ich ungefähr um 15.00 Uhr in ein Energieloch, und so richtig aufwärts geht es danach auch nicht mehr. Um diese Abendstunde aber sitze ich normalerweise entweder in der U-Bahn auf dem Weg nach Hause oder verrichte nur noch primitive Tätigkeiten wie E-Mails an meinen Steuerberater. Heute aber ist mir, als könnte ich bis Mitternacht durcharbeiten wie eine frisch graduierte Praktikantin, die es allen zeigen will. Ich staune. Das wird doch nicht am Butterkaffee liegen?

Dave Asprey, der Erfinder des Bulletproof, wäre zufrieden, wenn er das hören würde. Der amerikanische Unternehmer war früher als Führungskraft in diversen Technologiefirmen sehr erfolgreich, aber auch sehr fett und dauernd schlecht gelaunt. Dann kam er auf die Idee, seinen eigenen Körper wie ein weiteres technologisches Produkt zu behandeln, das man optimieren kann. Nach eigenen Aussagen hat er mehrere hunderttausend Dollar in medizinische Tests von Hirnscans bis zu Gentests investiert und über ein Jahrzehnt mit Schlafrhythmen und Ernährungsweisen experimentiert. 2009 erfand er das Rezept für Bulletproof Coffee und stellte das Rezept in seinen Blog. Erst interessierte es niemanden. Etwa drei Jahre später ging dann der Hype los - warum genau, weiß Asprey selbst nicht. Aber 2013 war er schon so groß, dass Asprey seinen Job aufgab, um sich mit seinem eigenen Unternehmen zu etablieren, das mittlerweile auch in Deutschland allerlei Lebensoptimierungsprodukte unter der Marke Bulletproof verkauft: von Kaffeebohnen über Schlafunterlagen bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln. Alles ist ziemlich teuer, 250 Gramm seiner Kaffeebohnen kosten in Deutschland etwa 17 Euro. Bei Tchibo zahlt man für die vierfache Menge Espressobohnen knapp zwölf.

Aspreys Bohnen sind so teuer, weil sie ein besonderes Bulletproof-Verfahren durchlaufen, welches verhindern soll, dass der Kaffee Mycotoxine enthält, also Schimmelpilze. Der Unternehmer behauptet, dass 70 Prozent aller konventionellen Kaffeebohnen mit Schimmel verunreinigt seien. Was angeblich der Grund dafür ist, dass man sich nach dem Kaffeetrinken unwohl fühlen kann. Dass Schimmelpilze der Gesundheit schaden stimmt und ist zum Beispiel bei Mais und Erdnüssen ein bekanntes Problem. Bei Kaffee aber liegt der Wert weit unter der Grenze, die als schädlich gilt. Kritiker werfen Asprey deshalb Geschäftemacherei vor.

Über die genauen Umsätze des Unternehmens schweigt der Mann, aber arm ist er sicher nicht. Hollywood-Stars loben sein Markenzeichen, den Butterkaffee, in den Himmel. Im Silicon Valley sollen manche Menschen so süchtig danach sein, dass sie die Utensilien auch auf Reisen mitnehmen. Asprey hat aktuell je 350.000 Fans auf Facebook und Twitter, doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Sein Buch „The Bulletpoof Diet” ist ein Bestseller. Der Finanzinvestor Trinity Ventures, der auch in Starbucks investiert, hat 9 Millionen Dollar in Bulletproof gesteckt. Letztes Jahr hat er das erste Bulletproof-Café in Santa Monica eröffnet, wo es neben Butterkaffee auch andere fettige Mahlzeiten gibt. Die Wirtschaftsagentur Bloomberg hat 2015 einen großen Bericht über Asprey gebracht, Titel: „Butterkaffee könnte dich unbesiegbar und diesen Mann sehr reich machen.”

Eins von beiden stimmt sicher.

Tag 5: Klumpen bei Kälte

Heute ist es auf dem Weg zur Arbeit so kalt, dass in meinem Butterkaffee in der To-Go-Tasse kleine Fettklümpchen entstehen. Im Mund fühlt es sich an wie Kaffee mit Sand. Merke: Bulletproof Coffee bei Minusgraden ist nicht der Weisheit letzter Schluss.

Tag 7: Buttertee im Himalaya

Der Name Bulletproof Coffee hat übrigens keine tiefere Bedeutung. Es klingt einfach schick. Bulletproof, also kugelsicher, soll das Gefühl beschreiben, dass man nach dem Trinken hat: Dir kann keiner was.

Es ist ein verdammt guter Name. Man mag von Asprey halten, was man will, aber eins ist klar: Er ist ein Marketing-Genie. Das zeigt auch die Geschichte, die er über die Erfindung erzählt.

2004 soll Asprey nach Nepal und Tibet gereist sein, um im Himalaya zu wandern. Die große Höhe machte ihn fertig. Dann geschah es, dass ihm ein Eingeborener den dort üblichen Buttertee reichte: Schwarzer Tee mit Yak-Milch und – Butter. Plötzlich, so hat es Asprey seither viele Male erzählt, war die Höhenkrankheit weg, er fühlte sich fit und wach. Zurück in den USA, versuchte Asprey das Getränk nachzubrauen, aber es schmeckte ihm nicht. Dann kam er auf die Idee mit dem Butterkaffee. Der Rest ist Geschichte.

Tag 9: Sechs Stunden fasten

Ob Asprey in Tibet wirklich das Tee-Wunder erlebt hat? Das ist kaum nachzuprüfen. Sollte er sich die Geschichte ausgedacht haben, hat er jedenfalls das Marketing-Konzept jedes erfolgreichen Superfoods verstanden: Eine Hintergrundgeschichte, die an einem fernen Ort spielt und in der ein geheimnisvolles Lebensmittel oder eine Zutat „entdeckt” wird, die Heiler oder von der westlichen Zivilisation weitgehend unberührte Menschen traditionell verwenden. Weswegen Goji-Beeren aus China (auf Deutsch eigentlich Gemeiner Bocksdorn, aber wer will sowas schon kaufen) und Quinoa aus Südamerika (auch „das heilige Korn der Inka” genannt) viel besser zu vermarkten sind, als Blaubeeren und Buchweizen. Obwohl es diese in Sachen Nährstoffe in vieler Hinsicht mit ihren exotischen Cousins problemlos aufnehmen können.

Es ist erstaunlich leicht, sich an Butterkaffee und sonst nichts zum am Morgen zu gewöhnen. Ich freue mich über die Tatsache, dass er den Frühstücksaufwand morgens auf zehn Minuten reduziert – und das auch nur so lange, weil ich meinen Kaffee mit der Hand mahle (das Geräusch der Mühle hat auf mich einen ähnlich beruhigenden Effekt wie der, den Katzen spüren, wenn sie schnurren).

Im Idealfall und wenn man abnehmen will, soll man nach dem Trinken fünf bis sechs Stunden fasten. Ich schaffe mal fünf, mal drei, aber Abnehmen ist für mich auch nicht Priorität, selbst wenn ich nichts dagegen hätte, wenn mir meine alte Lieblingsjeans wieder passieren würde.

Tag 10: Weihnachtskarte vom Biohacker

So gern ich diesen cremigen Kaffee trinke, sein Erfinder ist mir nach wie vor suspekt. Auf Aspreys Facebook-Seite lese ich heute den Text für eine Weihnachtskarte, die er angeblich seinen Freunden schicken will, zusammen mit einem Abonnement für eine Software, die das Gedächtnis trainieren soll: „Die besten Ideen hatte ich früher in der Dusche … jetzt kommen sie den ganzen Tag lang wie am Fließband. Ich hoffe, für dich klappt es genau so wie für mich, wenn ich dir das Geschenk gebe, mehr Zugang zu deinem eigenen Potenzial zu haben.”

Uff.

Man muss verstehen: Der Mann sieht sich als Biohacker, das heißt, er hat neben Butterkaffee noch ganz andere Ideen und Wege gefunden, seinen Körper zu Höchstleistungen zu manipulieren. Asprey behauptet, dass er dank seiner besonderen, mit viel Butter, Rindfleisch, Avocado und anderen Tier- und Pflanzenfetten angereicherten Diät und elektronisches Self-Tracking mit tragbaren Fitnessmessgeräten mehr als 45 Kilo Gewicht verloren und sogar seinen IQ um ein Dutzend Punkte gesteigert hat. Laut Bloomberg beginnt er seinen Morgen damit, dass er 20 Pillen nimmt, alles Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel. Und zwar nicht nur das Zeug, das man in der Drogerie kaufen kann, einiges davon ist so nah an Designerdrogen, wie man auf legalem Wege kommen kann. Mir widerstrebt der Gedanke, dass ein Typ, der offensichtlich von Performance besessen ist, keinerlei medizinische Ausbildung hat und ziemlich gewagte Ernährungsratschläge gibt (“Bis zu 70 Prozent der Ernährung sollten aus Fett bestehen”), gute Ideen haben könnte. Es gibt kaum Forschung, die seine Behauptungen stützen könnte. Aber so viel Fett zu essen, widerspricht bisher noch allen ernährungswissenschaftlichen Empfehlungen. Die DGE sagt, 60 bis 80 Gramm pro Tag seien genug. In einem einzigen Bulletproof Coffee stecken schon etwa 35 Gramm.

Aber es ist nicht zu leugnen, dass ich tagsüber wacher bin und bis abends mehr Energie habe, seit ich Butterkaffee trinke. Einen Placebo-Effekt schließe ich aus, weil ich eigentlich erwartet habe, dass das Zeug Quatsch ist. Wirklich überraschend ist die Wirkung bei näherem Nachdenken aber auch nicht: Dank des Fetts gelangt das Koffein aus dem Kaffee langsamer ins Blut, so dass man nicht das typische kurze Kaffee-High mit anschließendem Absturz erlebt und die Wirkung sich über einen längeren Zeitraum verteilt.

Tag 12: Bitte Heumilch-Butter!

Ich entdecke einen Blogeintrag, der beschreibt, was man beim Bulletproof Coffee alles falsch machen kann. Einer der schlimmsten und häufigsten Fehler ist es offenbar, dass Menschen hundsgewöhnliche Butter verwenden statt der von Asprey dringend empfohlenen Heumilch-Butter. Diese ist aus der Milch von Kühen gemacht, die sich von Gras und Heu ernähren. Das dürfte eigentlich nichts Besonderes sein, weil das Verdauungssystem der Kuh genau darauf angelegt ist. Auf den meisten Milchpackungen sieht man deswegen auch Kühe, die auf Weiden grasen. Realistischer wäre es allerdings, sie mit Müsli-Schüsseln abzubilden. Denn die meisten Kühe in Deutschland fressen Kraftfutter (Getreide und Sojaschrot). Dadurch geben sie mehr Milch. Aber sie sind auch anfällig für Krankheiten wie (mehr dazu hier). Heumilch wiederum soll auch für Menschen gesünder sein. Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass eine Kuh, die mit Gras und Heu gefüttert wurde, Milch gibt, die mehr gesunde Omega-3-Fettsäuren enthält als ihr Kolleginnen, die Kraftfutter im Trog hatten. Mittlerweile ist Heumilch ein EU-weit geschützter Begriff.

Das macht Butterkaffee zu einem vergleichsweise sympathischen Superfood. Oft führt der Erfolg eines Superfoods dazu, dass dieses massenhaft in fernen Ländern angebaut und über weite Wege nach Deutschland importiert wird. Manchmal geht das sogar auf Kosten der Menschen, die ein Lebensmittel schon immer gegessen haben, bevor die Gesundheitselite es entdeckt hat. In Bolivien etwa haben die Quinoa-Bauern aufgehört, die gesunden Körner selbst zu essen, weil sie diese nun teuer verkaufen können (mehr dazu hier, Artikel auf Englisch). Sollte dank Butterkaffee die Nachfrage nach Heumilch-Butter steigen, wäre das ausnahmsweise mal eine Win-Win-Situation - also sowohl für die Kühe als auch für die Menschen, die ihre Milch kaufen.

Tag 14: Bin ich süchtig?

Dieser Selbstversuch ist völlig anders gelaufen, als ich erwartet hatte. Es war überhaupt nicht schwer, dieses Zeug zwei Wochen lang zu trinken. Im Gegenteil: Eigentlich möchte ich damit nicht so schnell wieder aufhören. Ich überlege ernsthaft, ob man nach Butter süchtig werden kann. Denn allmählich werde ich gierig. Butterkaffee am Morgen reicht mir nicht mehr, ich fantasiere jetzt auch nachmittags und abends darüber. Aber ich wage keine zweite Runde. Zu groß ist meine Furcht vor den „Disaster Pants”.

Fazit

Am Ende sitzen mein Kollege Martin Gommel und ich bei einem Glas Butterkaffee beisammen. „Du bist jetzt ein Biohacker”, sagt er. Das macht mich ein bisschen stolz, auch wenn ich selbst nicht sagen könnte, warum. Gegen Martin bin ich allerdings auch das reinste Greenhorn. Er hat ein ganzes Jahr lang morgens Butterkaffee getrunken und auch sonst noch einige wilde Biohacking-Tipps ausprobiert. Zum Beispiel hat er sich eine Zeitlang mit dem Gesicht vor dem Einschlafen in ein Waschbecken voll Eiswasser gehängt. Mit Schnorchel. Die Kälte kurbelt die Fettverbrennung an, sagt er. Außerdem schlafe man danach wie ein sattes Baby.

„Warum hast du mit dem Butterkaffee aufgehört?”, frage ich.

„Meine Leber hat das irgendwann nicht mehr mitgemacht”, sagt er. Das entzaubert die Sache für mich ein wenig. Er schiebt das Glas, das er zu zwei Dritteln ausgetrunken hat, zur Seite. Das Glas ist von innen mit einer transparenten Fettschicht bedeckt und kleinen, öligen Punkten. Ich frage mich, was meine Leber nach einem Jahr sagen würde. Und beschließe, es nicht darauf ankommen zu lassen. Ich werde sicher weiterhin gelegentlich Butterkaffee trinken, aber als dauerhaftes Frühstückskonzept ist mir das zu extrem.

Ach ja: Meine alte Lieblingsjeans passt mir immer noch nicht.


Fotos: Martin Gommel.