Man sieht die Hand einer person of colour, die ein Handy in der Hand hält, auf der man das Startbild der Online-Datingplattform Tiinder sieht.

Mika Baumeister, Anomaly/Unsplash

Rassismus und Identität

„Du bist aber hübsch für eine Schwarze!“

Für mich als Schwarze Frau bedeutet Online-Dating nicht nur unbeschwertes Flirten. Ich muss mir so einiges anhören.

Profilbild von Nogaye Laye Thiaw
KR-Reporterin

Vielleicht stelle ich mich einmal kurz vor, bevor ich anfange, mich aufzuregen: Ich heiße Nogaye, bin 22 Jahre alt, wohne in Duisburg und mache gerade ein Praktikum bei Krautreporter. Und ich bin Schwarz.

Meine Hautfarbe sollte nichts zur Sache tun, sie sollte egal sein. Und doch ist sie es meistens nicht. Auch nicht in der schönen, nicht mehr ganz so neuen Welt des Online-Datings.

In letzter Zeit habe ich mich oft gefragt, warum so viele Menschen zögern, sich auf Online-Dating-Plattformen anzumelden. Als Schwarze Frau habe ich zwar auch negative Erfahrungen damit gemacht, finde diese Art des Datings aber völlig in Ordnung und zeitgemäß.

„Kannst du vorher duschen? Weil alle Schwarzen Menschen stinken.“

Zwar gab es hin und wieder unangemessene Bemerkungen, die mich auf mein Äußeres reduzierten, aber nichts, was meine Sichtweise auf das Ganze drastisch verändert hätte, weil keine der Aussagen direkt rassistisch waren. Doch durch Gespräche mit Freunden und Bekannten wurde mir bewusst, dass Rassismus im Online-Dating für viele People of Color (PoCs) ein ernstes Problem darstellt.

Ich finde Komplimente wie „Du bist aber hübsch für eine Schwarze“ definitiv unangebracht und verletzend. Schönheit sollte nicht von der Ethnie abhängen. Es ist natürlich, Vorlieben zu haben. Wenn man aber Menschen mit einer anderen Ethnizität abwertet und als etwas Schlechteres sieht, dann handelt es sich nicht mehr um eine Vorliebe, sondern ist meiner Meinung nach einfach rassistisch.

Problematisch wird es auch, wenn weiße Menschen als überlegen oder gepflegter dargestellt werden. Ein gutes Beispiel dafür hat mir eine Freundin erzählt. Sie ist eine PoC und datete einen weißen Mann. Als sie sich näher kamen, wollte er, dass sie vorher duschen geht, „weil ja alle schwarzen Menschen stinken würden“.

Schwarze Körper werden öfter sexuell diskriminiert als weiße

Um mehr über die wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema zu erfahren, habe ich den „Afrozensus-Report“ von 2020 gelesen. Dieser enthält interessante Erkenntnisse darüber, wie Schwarze Menschen sexuelle und verbale Belästigungen in rassistischen Kontexten erleben. Solche rassistischen Zuschreibungen haben ihre Wurzeln in der Kolonialzeit und werden durch Medien, Werbung und andere kommerzielle Kontexte verstärkt. Die Kombination aus Andersidentifizierung, Exotisierung und der Vorstellung, dass Schwarze die Bedürfnisse anderer befriedigen müssen, führt dazu, dass Schwarze Körper als verfügbar betrachtet werden, was in einer übermäßigen sexuellen Diskriminierung mündet.

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Laut einer Umfrage aus dem Afrozensus haben fast 80 Prozent der Befragten auf Dating-Apps schon einmal sexuelle Kommentare zu ihrem Aussehen oder ihrer Herkunft erhalten. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtsidentitäten: trans*, inter* und nicht-binäre Menschen sowie cis-Frauen berichten häufiger von solchen Situationen als cis-Männer.

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Um einen Einblick in die Erfahrungen anderer PoCs mit Rassismus auf Online-Dating-Plattformen zu bekommen, habe ich eine Umfrage unter in KR-Community durchgeführt. Auch wenn sie nicht repräsentativ sind: Die Ergebnisse haben mich schockiert und wütend gemacht. Von insgesamt 25 Teilnehmern gaben 19 an, schon einmal Rassismus erlebt zu haben. Ein Teilnehmer, der in der Umfrage angegeben hat, er stamme vom afrikanischen Kontinent, erzählte von weißen Frauen, die beim Online-Dating mit ihm in Kontakt traten, weil sie einen Zusammenhang zwischen seiner Penisgröße und seiner Herkunft sahen.

Wie können Online Dating-Plattformen Rassismus verhindern?

Ich finde diese Annahme unverschämt und respektlos, denn sie entspringt der langen Erzählung, in der vor allem Schwarze Männer fetischisiert und als Männer mit einer überdurchschnittlich großen Penisgröße abgestempelt wurden. Eine andere Geschichte über eine halb koreanische und halb deutsche Frau war für mich ebenso bizarr: Sie erzählte von ihrem Date mit einem weißen cis-Mann: „Wir sprachen über Sport und er fragte mich, ob ich Kampfsport betreibe, was ich so dumm fand, dass ich einfach lachen musste. Trotzdem ein rassistisches Vorurteil.“

An dieser Stelle kann ich nur zustimmen: Auch wenn es bestimmt nett gemeint war – die Aussage bleibt rassistisch. Nun frage ich mich aber, wie können wir konkret gegen Rassismus beim Online-Dating vorgehen?

Ich halte es für essenziell, dass Dating-Plattformen klare Richtlinien gegen rassistisches Verhalten und Diskriminierung festlegen und diese auch durchsetzen. Dadurch kann Rassismus minimiert oder im besten Fall verhindert werden. Benutzer:innen sollten auf ihre rassistischen Äußerungen hingewiesen und gegebenenfalls mit Konsequenzen für ihr Verhalten konfrontiert werden, damit sie ihr Verhalten reflektieren und zukünftig anders handeln können.


Redaktion: Judka Strittmatter, Bildredaktion: Philipp Sipos, Schlussredaktion: Rebecca Kelber, Audioversion: Iris Hochberger

„Du bist aber hübsch für eine Schwarze!“

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