Hautausschläge, Übelkeit, Bauchschmerzen oder sogar Luftnot. Wenn dein Körper so auf bestimmte Nahrungsmittel reagiert, kann es sein, dass du allergisch bist. Nüsse, Hülsenfrüchte, Kuhmilch, Soja, Weizen, Fisch und Meeresfrüchte, aber auch Stein- und Kernobst, wie zum Beispiel Äpfel, sind typische Auslöser allergischer Reaktionen.
Doch nicht immer, wenn es dir nach dem Essen schlecht geht, steckt eine Allergie dahinter. Es kann auch sein, dass deinem Körper ein Enzym fehlt, das er für die Verarbeitung eines bestimmten Stoffes braucht. Das ist zum Beispiel bei der Laktoseintoleranz so. Dabei fehlt dem Körper das Enzym Laktase, das Milchzucker aufspaltet. Dann kann leckere Eiscreme oder ein Stück Sahnetorte zu ähnlichen Beschwerden führen wie bei einer Allergie: Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall.
Viele Menschen, die nach dem Essen Probleme haben, wissen oft nicht genau, was sie nicht vertragen. Ihnen geht es vielleicht genauso wie KR-Leserin Lisa. Sie fragt: „Ich höre öfter von Unverträglichkeitstests, die man sich privat kaufen kann. Sie sollen anhand von Blut, das man einschickt, feststellen können, auf welche Lebensmittel ich reagiere. Sind diese Tests zuverlässig?“
Allergien und Unverträglichkeiten – was ist der Unterschied?
Wenn dein Körper auf einen Stoff allergisch reagiert, bildet das Immunsystem Antikörper dagegen. Das sind sogenannte Immunglobuline vom Typ E (IgE). Diese Antikörper lösen die typischen Beschwerden aus. Oft schon direkt im Mund-Rachen-Raum. Die oberen Atemwege können anschwellen, es kann zu Luftnot oder Asthmaanfällen kommen oder gar zu einem allergischen Schock mit Kreislaufversagen. Das kann lebensgefährlich werden. Aber Hautausschläge, Juckreiz oder Magen-Darm-Beschwerden sind schon unangenehm genug. Sie können die Lebensqualität massiv einschränken. Der Körper reagiert sofort und oft schon auf kleinste Mengen des Nahrungsmittels.
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Bei Unverträglichkeiten ist die Reaktion in der Regel nicht lebensbedrohlich, kann aber ähnlich belastend sein wie eine Allergie. Oft ist ein Enzymmangel die Ursache, sodass der Körper Milchzucker (Laktose), Fruchtzucker (Fruktose) oder Getreide-Eiweiß (Gluten) schlecht abbauen kann. Häufig vertragen Betroffene kleinere Mengen des Stoffes und die Reaktion setzt erst nach einer Weile ein. Das macht es recht schwer, herauszufinden, welcher Bestandteil der Nahrungsmittel für die Beschwerden sorgt. Glutenfreie Lebensmittel erleben derzeit einen regelrechten Boom. Dass dahinter nicht immer gleich eine Glutenintoleranz stecken muss, erklärt meine Kollegin Theresa Bäuerlein in diesem Text.
Tests, die man einfach zu Hause machen kann, versprechen da Abhilfe. Dabei nimmt man sich etwas Blut ab und schickt die Probe an ein Labor. Manche Tests prüfen, ob im Serum Antikörper gegen mehrere Dutzend Nahrungsmittel vorhanden sind, andere suchen sogar nach Hunderten.
Das Problem dabei ist nur: An einer Unverträglichkeitsreaktion ist das Immunsystem gar nicht beteiligt. Nach Antikörpern zu suchen, bringt keinen Vorteil für die Behandlung. Es lohnt sich also meistens nicht, dafür Geld auszugeben.
Wonach suchen die Unverträglichkeitstests aus dem Internet?
Die Tests, mit denen du angeblich herausfinden kannst, welche Lebensmittel du nicht verträgst, suchen nach Immunglobulinen der Klasse G (IgG). Oft auch nach der Untergruppe IgG4. (Solche Tests werden von zahlreichen Laboren angeboten, zum Beispiel vom CTL & Ortholabor aus Bad Zwischenahn oder dem Unternehmen Ganzimmun Diagnostic aus Mainz.) Diese Antikörper bildet der Körper tatsächlich, wenn er mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommt. Deshalb finden solche Tests auch meistens IgG in deinem Blutserum. Befürworter:innen solcher Tests behaupten, dass ein erhöhter Spiegel von IgG eine sogenannte „Typ-III-Allergie“ anzeigt. Allergische Reaktionen würden bei diesem Allergietyp nicht sofort einsetzen, sondern verzögert. Eine beliebte Theorie ist auch, dass diese Antikörper Anzeichen für eine generelle Entzündung des Körpers seien und dass die „wahre Ursache“ für viele Gesundheitsprobleme oder für Übergewicht in dieser chronischen Entzündung zu suchen sei. Das Netz ist voll davon, auch Heilpraktiker:innen ziehen sie immer wieder als Erklärung heran.
Es gibt bisher aber keinen Nachweis dafür, dass diese Theorie stimmen könnte. Ein Update zur medizinischen Leitlinie „Management von Nahrungsmittelallergien“ aus dem Jahr 2021 stellt klar, dass IgG-Tests keine Unterscheidung zwischen Kranken und Gesunden ermöglichen – und zwar weder bei Allergien noch bei Unverträglichkeiten. Noch mal zur Erinnerung: Bei Allergien bildet das Immunsystem Immunglobuline vom Typ E, nicht vom Typ G.
Vielmehr weisen Studien darauf hin, dass es eine normale Reaktion des Körpers ist, bei Kontakt mit einem Nahrungsmittel IgG auszuschütten. Erhöhte IgG-Spiegel finden sich auch bei Menschen, die keine Probleme nach dem Essen des jeweiligen Nahrungsmittels haben. Auf der anderen Seite kann vermehrt IgG bei Allergiker:innen vorhanden sein. Es wurde jedoch bisher kein ursächlicher Zusammenhang gefunden zwischen erhöhten IgG-Werten und einer allergischen Reaktion. Allergolog:innen raten deshalb von IgG-Tests ab.
Ein positiver Befund eines solchen Tests sagt eigentlich nur aus, dass du dieses Lebensmittel zuletzt gegessen hast.
Warum Unverträglichkeitstests sogar schaden können
Angenommen, du kaufst dir für rund 360 Euro einen Test, der nach IgG von fast 300 Nahrungsmitteln sucht und findest heraus, dass du erhöhte Antikörperspiegel gegen Weizen, Soja, Milch und Ei hast. Dann bist du vielleicht erst einmal erleichtert. Denn jetzt hast du eine Erklärung dafür, warum es dir nach dem Essen oft nicht gut geht, du Bauchschmerzen hast und dich sogar manchmal so müde und abgeschlagen fühlst, dass du kaum deinen Alltag schaffst. Doch kurz danach wird dir klar, dass du bei dieser Kombination deinen Speiseplan radikal umstellen musst.
Brot, Nudeln, Milchprodukte, viele vegane Milchersatzprodukte, Kuchen, Pizza, Eiscreme: Das alles solltest du jetzt vermeiden, schließt du aus dem Test. Was du kurz danach erst richtig verstehst: In sehr vielen verarbeiteten Lebensmitteln, wie zum Beispiel Aufschnitt und Streichpasten sind diese Nahrungsmittel enthalten. Du dürftest also, wenn du konsequent sein willst, nur noch Obst, Gemüse, Bio-Fleisch und einige speziell für Allergiker hergestellte Lebensmittel zu dir nehmen.
Was glaubst du, wie lange du durchhältst? Und was glaubst du: Wird dein Körper unter dieser Diät alle Nährstoffe bekommen, die er braucht?
Mangelerscheinungen sind ein häufiges Problem bei Unverträglichkeiten und Selbsttests können das Risiko dafür erhöhen. Wenn du also unter einem Reizdarmsyndrom leidest, aber nicht weißt, wodurch es ausgelöst wird, ist es empfehlenswert, professionelle medizinische Hilfe zu suchen. Die Suche nach der Ursache kann sehr langwierig und frustrierend sein, aber es ist meistens mit größeren Risiken verbunden, sich selbst auf die Suche zu machen und eine Therapie zu verordnen. Sie kann dich einerseits eine Stange Geld kosten, aber auch zu unnötigen und belastenden (Selbst-)Behandlungen führen.
So findest du wirklich heraus, welche Lebensmittel dir Probleme machen
Allergien und Unverträglichkeiten lassen sich mit Haut- und Bluttests herausfinden. Sie werden von der Krankenkasse bezahlt. Beim Hauttest wird meist auf dem Unterarm getestet, ob der Körper auf einen bestimmten Stoff mit Rötungen und Quaddeln reagiert. Ein zusätzlicher Bluttest, der nach IgE-Antikörpern sucht, kann den Befund präzisieren. Manchmal lässt sich aber auch danach noch nicht sicher sagen, ob der Körper das Lebensmittel tatsächlich nicht verträgt. Mehr Sicherheit bietet ein Provokationstest. Dabei nimmt man unter ärztlicher Aufsicht kleine Mengen des verdächtigen Lebensmittels zu sich und beobachtet die Reaktion. Oft wird das verdächtige Lebensmittel zuvor einige Wochen weggelassen (Eliminationsdiät). Diese Diät findet nach Beratung und unter Aufsicht von Ernährungswissenschaftler:innen statt.
Für die meisten Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten gibt es keine medikamentöse Behandlung. Du musst versuchen, das Lebensmittel zu vermeiden. Dieser Schritt steht aber erst am Ende einer ausführlichen Diagnostik.
Berichte über Lebensmittelunverträglichkeiten nehmen zu. Es lässt sich aber nicht leicht herausfinden, ob tatsächlich mehr Menschen unter Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten leiden. Eine große Studie, die das zwölf Jahre lang in ganz Europa untersuchte, fand heraus, dass es sechsmal mehr Berichte über Allergien gab, als tatsächlich nachweisbar waren. Eine andere Studie zeigte: Ungefähr fünf Prozent der Erwachsenen reagieren allergisch auf Nahrungsmittel, etwa doppelt so viele Frauen wie Männer.
Klar ist nur: Obwohl sich die Fachwelt schon längere Zeit sicher ist, dass Selbsttests auf IgG keine Vorteile bringen, wird immer noch viel Geld damit verdient.
Redaktion: Lisa McMinn, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Christian Melchert