KR-Leserin Leonie hat es besonders heftig erwischt. Sie hat seit Jahren wiederkehrende Blasenentzündungen und möchte wissen: „Könnte meine Kupferspirale etwas damit zu tun haben?“
Ich habe ihre Frage zum Anlass genommen, mir mal genauer anzugucken, wie Blasenentzündungen entstehen und vor allem, wie man sie loswird. Ich bin überrascht, wie schlecht das zum Teil erforscht ist.
Vor allem junge Frauen, Schwangere und Frauen in den Wechseljahren haben mit wiederkehrenden Blasenentzündungen zu kämpfen. Junge Frauen, weil Sex ein Risikofaktor ist (und sie – zumindest dem Klischee nach – mehr Sex haben als ältere). Ältere Frauen, weil durch den niedrigeren Östrogenspiegel die Scheidenschleimhaut dünner und trockener werden kann und sich das Scheidenmilieu verändert. Schwangere Frauen, weil durch die Hormonveränderungen auch die Muskelspannung in den Harnwegen sinkt. All das kann Harnwegsinfekte begünstigen. Aber natürlich kann es auch alle anderen treffen – Männer übrigens auch.
Blasenentzündungen sind sehr unangenehm. Man muss dauernd aufs Klo, beim Wasserlassen brennt und sticht es und der Bauch tut weh. An einen normalen Alltag ist da nicht zu denken. Ich liege dann immer ziemlich angestrengt und erschöpft irgendwo rum, damit die Wärmflasche auf dem Unterleib nicht verrutscht. Dazu literweise Wasser und Tee und, wenn es ganz arg ist, Schmerzmittel. Leonie tut mir sehr leid.
Wie entsteht eine Blasenentzündung?
Die Harnwege können sich entzünden, wenn sich Bakterien, die da nicht hingehören, zu stark vermehren. Die üblichen Verdächtigen wandern in der Regel vom Analbereich dorthin, zum Beispiel beim Sex oder unter unhygienischen Bedingungen beim Toilettengang. Es ist übrigens immer eine gute Idee, mit dem Toilettenpapier von vorne nach hinten zu wischen.
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Wenn du vermutest, eine Blasenentzündung zu haben, aber dir nicht ganz sicher bist, kannst du in der Arztpraxis Urin abgeben. Mithilfe eines Teststreifens, den man mit der Farbskala eines Urin-Schnelltests abgleicht, lässt sich feststellen, ob es typische Entzündungszeichen gibt (erhöhte weiße Blutkörperchen im Urin zum Beispiel).
Von einer „unkomplizierten“ Blasenentzündung (so heißt der Fachbegriff) spricht man, wenn sich die Entzündung auf die Schleimhäute der unteren Harnwege beschränkt, also auf die Harnröhre und die Blase. Solche Entzündungen heilen bei rund 30 bis 50 von 100 betroffenen Frauen ohne Antibiotika in der Regel innerhalb von einer Woche aus. Die Krankheitsdauer lässt sich mit Antibiotika verkürzen. Sie sind aber nicht zwingend nötig.
Bei einer „komplizierten“ Blasenentzündung ist das Risiko für Komplikationen größer. Etwa weil du ein Mann bist, dein Immunsystem nicht gut funktioniert oder du geschädigte Nieren hast. Es gibt auch Menschen, die aufgrund anatomischer Besonderheiten zu Harnwegsinfekten neigen. In all diesen Fällen gilt: Die Entzündung könnte auf Harnleiter, Nieren und Nierenbecken überspringen. Das gilt es zu vermeiden und deshalb ist es dann am besten, möglichst schnell ein Antibiotikum zu nehmen.
Viele Hausmittel helfen – sind aber nicht wissenschaftlich belegt
Wenn du häufig mit Blasenentzündungen kämpfst, versuche am besten herauszufinden, ob es Auslöser gibt. Wenn Sex eine Rolle spielt, könntest du ausprobieren, ob es hilft, wenn du direkt aufs Klo gehst. Dadurch können Bakterien weggespült werden, bevor sie Schaden anrichten. Falls du mit Diaphragma und spermienabtötenden Mitteln verhütest, könntest du versuchen, anders zu verhüten und schauen, ob die Entzündungen dann seltener auftreten, etwa mit Kondom. Wenn du in den Wechseljahren bist und merkst, dass deine Scheide sich grundsätzlich verändert, kannst du versuchen, diese Veränderungen zu behandeln.
Für viele Ratschläge, die typischerweise gegeben werden, um wiederkehrenden Blasenentzündungen vorzubeugen (und akute zu behandeln), gibt es übrigens keine wissenschaftlichen Belege: die Füße warm halten, viel trinken, eine Wärmflasche auf dem Unterbauch oder die Stärkung der Abwehrkräfte (gut schlafen, wenig Stress, gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung). Sie sind dennoch plausibel und es spricht nicht viel dagegen, das alles auszuprobieren. Wenn du darüber hinaus frei verkäufliche Mittel einsetzen willst, solltest du aber lieber nachschauen, ob es dazu schon Forschung gibt. Sonst gibst du womöglich unnötig Geld aus.
Diese Mittel können helfen, die Blasenentzündungen langfristig loszuwerden
Ein Mittel, das frei verkäuflich ist, und auf das viele schwören, sind Cranberrys. Und die können tatsächlich einen positiven Effekt haben. In einer Vergleichsstudie stellte man fest: Innerhalb von drei Monaten hatten von 100 chronisch betroffenen Frauen, die Cranberry-Produkte zu sich nahmen, nur fünf eine Blasenentzündung. In der Gruppe mit dem Placebo waren es acht. Cranberry wirkt aber nur, solange es eingenommen wird und kann Magen-Darm-Probleme verursachen.
Wenn du unter wiederkehrenden Blasenentzündungen leidest, hast du auch die Möglichkeit, niedrige Dosen von Antibiotika über einen längeren Zeitraum einzunehmen, also drei bis sechs Monate lang. Das hat einen nachgewiesenen Effekt auf die Häufigkeit der Entzündungen. Die Medikamente haben aber auch relativ viele Nebenwirkungen, zum Beispiel Pilzinfektionen in der Scheide, Hautausschläge und Verdauungsstörungen. Außerdem gibt es eine Impfung: StroVac. Sie enthält mehrere inaktive Bakterienstämme. Von den Krankenkassen wird sie allerdings nicht bezahlt und es ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass sie wirkt. Ähnlich sieht es mit Kapseln aus, die Escherichia-Coli-Bakterienstämme enthalten (zum Beispiel Uro-Vaxom). Hierzu gibt es zwar vielversprechende Studienergebnisse, allerdings sind die Teilnehmerinnenzahlen so gering, dass der Nutzen nicht sicher nachgewiesen ist.
Ob Leonies Kupferspirale ihre wiederkehrenden Blasenentzündungen begünstigt, lässt sich übrigens nur vermuten. Ich habe nur eine einzige Übersichtsarbeit (Achtung, kostenpflichtig) dazu gefunden. Die darin eingeschlossenen neun Studien konnten keinen Zusammenhang ausmachen. Das ist aber nicht überraschend, denn für ein belastbares Ergebnis war zum einen die Zahl der untersuchten Fälle zu klein und zum anderen wurde nicht zwischen unterschiedlichen Spiralen-Typen unterschieden.
Wenn du wie Leonie vermutest, die Spirale könnte eine Rolle spielen, kannst du dir beim Arbeitskreis Frauengesundheit diese Folien eines Vortrags zu Kupferspiralen anschauen. Der Autor weist darauf hin, dass die Studienlage skandalös dünn ist: zu wenig Teilnehmerinnen, zu schlechtes Design. Eine der im Vortrag zitierten Studien zeigt aber, dass das Risiko für Entzündungen der Beckenorgane von jungen Frauen, die mit Kupferspirale verhüten, im Vergleich zu denen, die mit Hormonspirale verhüten, leicht erhöht ist: drei statt zwei Frauen von 1.000. Allerdings ist mir nicht klar, was genau mit Beckenorgane gemeint ist. Ich nehme an: Uterus und Eierstöcke und nicht die Harnwege.
Diese Recherche führt uns mal wieder vor Augen, wie viele Wissenslücken es bei wichtigen Fragen, die überwiegend Frauen betreffen, immer noch gibt. Die Ursache: skandalös wenig Forschung!
Redaktion: Lisa McMinn, Schlussredaktion: Susan Mücke, Audioversion: Iris Hochberger