Die Corona-Warn-App wird von vielen Menschen für eine nette Spielerei gehalten, die nicht viel bringt – dafür aber sehr teuer für die Bundesregierung war. Ich möchte in diesem Newsletter eine Lanze brechen für die App. Dabei bin ich weder verwandt noch verschwägert oder sonstwie verbunden mit den Machern oder den Auftraggebern. Ich finde aber, dass das Potenzial der App nicht ausgeschöpft wird. Und ich glaube, dass das – schon wieder! – an einer schlechten Kommunikation rund um die App liegt.
Wenn du die App nicht kennst, empfehle ich dir, zuerst diese Beschreibung zu lesen. Der Link führt zur Website Zusammengegencorona.de, die das Bundesgesundheitsministerium herausgibt. Eine Erklärung der Funktionen wollte ich mir hier nämlich sparen und lieber gleich zum Punkt kommen. Und das ist die Frage: Was bringts?
Du kannst dich mit der App jetzt auf den Herbst vorbereiten
Möglicherweise wiederhole ich mich, aber es ist wirklich wichtig zu verstehen: In der Pandemie zählt Schnelligkeit. Das Virus hat einen riesigen Vorteil uns gegenüber, denn es kann sich einige Tage lang unbemerkt verbreiten. Im besten Fall zwei bis drei Tage – wenn du Symptome bekommst –, im schlechtesten 14 Tage – wenn du bis zum Schluss nicht merkst, dass du angesteckt bist. Genau das ist der Grund, warum es so schwer ist, schneller zu werden als das Virus. Aber das müssen wir versuchen, wenn wir Sars-CoV-2 unter Kontrolle halten wollen.
Dieser Text ist Teil einer Newsletter-Serie von Silke Jäger. Parallel zu unseren langen Magazin-Texten verschicken unsere Reporter:innen immer wieder kurze Analysen, Lesetipps und Rechercheskizzen, die einen Blick in ihre Arbeit hinter den langen Artikeln ermöglichen sollen. In diesem Fall: In mehreren Teilen schreibt unsere Gesundheitsreporterin Silke Jäger über die zukünftige Bedeutung von Testen, Nachverfolgen von Kontakten, Monitoren der Zahlen und Impfen in der Pandemie. Ihren Newsletter kannst du hier oder am Ende des Artikels abonnieren.
Im Sommer wird das vergleichsweise einfach, im nächsten Herbst einfacher als im vergangenen (weil mehr Menschen immun beziehungsweise teilimmun sein werden). Aber es wird schwieriger als im Sommer. Mit der App kann der Pandemie-Herbst-Winter Nummer 2 wirklich besser werden als ohne die App.
Ich vermute, dass niemand einen weiteren Shutdown mitmachen möchte. Die Chancen stehen gut, dass das auch niemand muss. Je mehr Menschen sich bis zum Herbst impfen lassen (können), desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Ansteckungsdynamik niedrig bleibt und damit die Inzidenzen. Auch im zweiten Pandemiewinter wird es darauf ankommen, Infektionsketten rasch unterbrechen zu können, denn auch Geimpfte können infiziert sein – wenn auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit als negativ Getestete. Wenn wir die Ungeimpften mitschützen wollen – was wir wollen sollten – kann die Corona-Warn-App dabei helfen, dass Restaurants, Geschäfte und Theater offen bleiben können.
Endlich wieder mehr Menschen treffen
Jedesmal, wenn wir Freunde, Verwandte und Fremde in Innenräumen treffen, wird es – neben dem Tragen der Maske – wichtig sein, darauf vorbereitet zu sein, den Gesundheitsämtern bei der Kontaktnachverfolgung zu helfen. Das heißt, so schnell wie möglich die Menschen zu informieren, die du angesteckt haben könntest.
Deshalb ist es wichtig, dass du die Verantwortung übernimmst, dass genau diese Menschen möglichst schnell erfahren, wenn du positiv getestet wurdest. Du solltest nicht darauf warten, dass das Gesundheitsamt alle deine Kontakte ermittelt und anruft. Du kannst das mit der App viel einfacher bewerkstelligen als per Telefon – und vor allem deutlich schneller. Auch bei Leuten, die du gar nicht kennst, mit denen du aber zum Beispiel im gleichen Restaurant saßt.
Dazu musst du der App per Knopfdruck erlauben, dass sie alle die informiert, die die Corona-Warn-App installiert hatten, als sie sich in deiner Nähe aufgehalten haben. Wer die App nicht installiert, kann natürlich so nicht gewarnt werden. Deshalb ist es wirklich eine gute Idee, die App zu nutzen – es sei denn, du möchtest sowieso niemanden treffen (auch nicht beim Einkaufen … Moment … Ja, genau: Installiere sie einfach!).
Falls du das Glück hast, Geburtstag feiern zu können, wird die Feier mit der App zwar nicht sicherer, aber du kannst auch da dem Gesundheitsamt helfen, indem du einen QR-Code erzeugst, den deine Gäste scannen können. So kann jede:r andere warnen, die ebenfalls auf deiner Feier waren, sollte jemand mit Corona dagewesen sein. So kann die Weitergabe des Virus an Leute unterbrochen werden, die gar nicht auf deinem Fest waren.
Auch Restaurants, Theater und Konzert lassen sich mithilfe eines QR-Codes und der Corona-Warn-App davor bewahren, zu einem schwer kontrollierbaren Superspreader-Event zu werden. Natürlich nur, wenn diejenigen, die ein positives Testergebnis bekommen, das sofort an die App melden und alle anderen regelmäßig ihren Risikostatus in der App checken.
Weil nicht alle die App haben …
Was ich für mich noch zusätzlich mache, weil ich ja weiß, dass gar nicht alle Leute die App benutzen (warum eigentlich nicht?): Ich führe ein Kontakttagebuch in der App. Dort trage ich ein, wen ich an welchem Tag getroffen habe und ob wir dabei eine Maske aufhatten. Außerdem notiere ich mir in der App die Orte, an denen ich war. So bin ich jederzeit darauf vorbereitet, dem Gesundheitsamt mitteilen zu können, wer mit mir in den vergangenen 14 Tagen Kontakt hatte und welche Raumluft ich mit Sars-Cov-2 belastet haben könnte.
Übrigens: Je freier wir uns wieder bewegen, desto mehr Menschen treffen wir natürlich und desto aufwendiger wird es für die Gesundheitsämter im Falle eines positiven Tests. Deshalb ist es total sinnvoll, die App die ganze Zeit über zu nutzen – also auch bei niedrigen Inzidenzen.
Warum rede ich ausgerechnet von dieser App und nicht von anderen, wie zum Beispiel von der Luca-App? Einfache Erklärung: Die Corona-Warn-App reicht. Sie hat inzwischen alle Funktionen an Bord, die man braucht, um Kontakte schnell zu informieren und damit die Weitergabe des Virus zu unterbrechen. Deshalb solltest du beim Café-Besuch ruhig nach einem QR-Code für diese App fragen und dich nicht nötigen lassen, eine andere App zu benutzen. Du kannst das natürlich trotzdem tun, aber dann solltest du dich bitte vorher über die Probleme informieren, die es mit der Luca-App gibt. Die Technik-Journalistin Eva Wolfangel hat sie in der Zeit gut beschrieben.
Es gibt noch andere Apps, die bei der Bekämpfung der Pandemie helfen. Du findest sie ebenfalls bei Zusammengegencorona.de. Einen ganz ausführlichen Ratgeber-Text zur Corona-Warn-App gibt es bei der Verbraucherzentrale und eine Einschätzung der Nützlichkeit für die Unterbrechung von Infektionsketten im Blog von Digitalcourage – nur für den Fall, dass du immer noch skeptisch bist …
Schlussredaktion: Susan Mücke, Fotoredaktion: Till Rimmele.