Seit dem 9. März arbeitet die Krautreporter-Redaktion – mal mehr, mal weniger – von zu Hause aus. Wir haben uns freiwillig zu diesem Schritt entschlossen. Der Anlass: Das Kind von Sebastian Esser, unserem Herausgeber, hatte in der Kindertagesstätte Kontakt zu einer Erzieherin, bei der das Corona-Virus nachgewiesen wurde. Sebastians Kind könnte sich angesteckt haben. Sebastian könnte sich angesteckt haben. Und damit auch diejenigen, mit denen er im Kontakt stand, bevor er Bescheid wusste. Also auch wir Krautreporter:innen.
Weder Sebastians Kind noch der Rest der Familie ist in dieser Zeit getestet worden. Nicht nötig, bevor Symptome auftauchen, sagte das zuständige Gesundheitsamt. Die Kita war zu und die Kinder sollen zu Hause bleiben. Doch was bedeutete das für Sebastian? Und für diejenigen, die mit ihm Kontakt hatten? Was tut man, wenn ein Corona-Verdacht im Umfeld auftaucht?
Wir hatten viele Fragen. Und wir denken, dass ihr euch ähnliche stellt, denn: Sie sind immer noch aktuell. Das Corona-Virus verbreitet sich seit dem Herbstanfang wieder stärker. Vielleicht gibt es in deiner Stadt oder deinem Landkreis derzeit nur ein paar Fälle. Aber die Dynamik, die sich im Moment zeigt, gibt Anlass zur Sorge, dass auch hier schon bald der Grenzwert von 50 neu bestätigten Fällen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen überschritten werden könnte.
Was tun bei Corona-Verdacht? Wir haben die KR-Community nach den drängendsten Fragen gefragt. Hier sind die Antworten.
1. Was mache ich, wenn in meinem Umfeld ein Corona-Fall auftaucht?
Das kommt darauf an, ob der positiv getestete Mensch Symptome entwickelt, wie kurz die Kontaktkette ist und wie lang du Kontakt hattest. Wenn du direkt mindestens 15 Minuten Kontakt zu einem bestätigten, symptomatischen Corona-Fall hattest, giltst du als Kontaktperson 1. Grades und solltest dich testen lassen, sobald du typische Symptome bemerkst. Bis dahin empfiehlt das Robert-Koch-Institut, dass du dich zu Hause in Quarantäne begibst und regelmäßig Fieber misst. Bekommst du Symptome, solltest du dich testen lassen und zusätzlich aufschreiben, welche Symptome du hast. So können die Leute, die von nun an regelmäßig bei dir nachfragen, wie es dir geht, besser entscheiden, ob du zusätzliche ärztliche Behandlung brauchst.
Wenn du nur über eine Ecke Kontakt zu einem bestätigten, symptomatischen Fall hattest, giltst du als Kontaktperson 2. Grades. In diesem Fall wird kein Test empfohlen. Aber der Rat lautet: Bleibe zuhause wenn es geht und meide unnötigen Kontakt. Das Robert-Koch-Institut erklärt auf dieser Schautafel, was in welchem Fall gilt.
2. Wann sollte ich mich testen lassen?
Hast du Symptome?
Es gibt zwei Leitsymptome: Fieber und trockener Husten, die häufig auftreten. Es gibt aber noch viele andere Symptome, die weniger häufig sind oder nur selten beschrieben wurden. Nichts mehr riechen und schmecken zu können ist ein Symptom, das Corona von anderen Krankheiten, die Erkältungssymptome machen, unterscheidet. Es gibt unterschiedliche Angaben dazu, wie häufig es auftritt. In der Grafik sind die Daten des Robert-Koch-Instituts (Stand 27. Oktober 2020) dargestellt.
Ob du infiziert bist, kannst du nur durch einen Test herausfinden. Wenn du direkten Kontakt mit einem Infizierten hattest und Symptome bemerkst, solltest du auf jeden Fall deine Hausarztpraxis oder das Gesundheitsamt anrufen. Aber auch, wenn du nur über eine Ecke Kontakt hattest und dir Sorgen machst, kannst du das tun. Die letztendliche Entscheidung, ob du getestet werden solltest, muss eine Ärztin oder ein Arzt treffen.
Um zuhause mehr Gewissheit zu bekommen, ob deine Symptome auf eine Corona-Infektion hindeuten, kannst du auch diesen Online-Test machen. Er wurde vom Uni-Klinikum Gießen-Marburg entwickelt.
Wichtig: Gehe nicht einfach zur Arztpraxis! Du könntest im Zweifel Patient:innen anstecken, die gerade im Wartezimmer sitzen – und das gesamte Praxisteam gleich mit. Das gefährdet die Gesundheit von unzähligen Menschen auf einen Schlag.
Mit diesem Tool des Robert-Koch-Instituts (der obersten Infektionsschutzbehörde in Deutschland) kannst du mit deiner Postleitzahl nach der Nummer des Gesundheitsamtes suchen, das für dich zuständig ist. Viele Gesundheitsämter haben Corona-Hotlines eingerichtet, die du mit dem Tool nicht unbedingt findest. Die Gesundheitsämter und Landkreise veröffentlichen die Hotline-Nummern auf ihren Websites. Auch manche Krankenkassen haben Hotlines eingerichtet (Liste der Hotlines). Allerdings ist es schwer, bei Corona-Hotlines durchzukommen, wenn die Nachfrage groß ist.
3. Bekomme ich denn einen Test?
Falls du niemanden beim Gesundheitsamt oder in deiner Arztpraxis erreichst, kann das an einem zu großen Ansturm liegen. Wenn du durchkommst, wirst du gefragt, ob du Symptome hast und Kontakt zu einem bestätigten Corona-Fall hattest. Nur diejenigen, die Symptome haben und direkten Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten, gelten laut Robert-Koch-Institut als begründete Verdachtsfälle.
In vielen Regionen gibt es Testzentren, in denen die PCR-Tests zentral durchgeführt werden. Das Gesundheitsamt informiert dich, wie die Tests dort ablaufen. In anderen Regionen testen sowohl Hausärzte als auch Kliniken. Auch hier erfährst du am Telefon, wo du hinfahren sollst und wie die Testung organisiert wird.
Daneben gibt es auch Testzentren, die von privaten Unternehmen betrieben werden. Dort kannst du einen sogenannten Antigen-Schnelltest machen lassen, musst das allerdings selbst bezahlen und auch die Termine selbstständig erfragen. Der Vorteil dieser Schnelltests: Das Ergebnis ist innerhalb einer halben Stunde da. Der Nachteil: Diese Tests haben eine höhere Fehlerquote als PCR-Tests. Demnächst sollen auch Apotheken und Arztpraxen solche Tests anbieten können.
Wofür Krautreporter steht
Corona oder Nahostkonflikt – wenn es hektisch und unübersichtlich wird, dann machen wir erstmal: nichts. Wir überschwemmen deine Aufmerksamkeit nicht mit Benachrichtigungen und Nachrichtentickern. Wir bleiben ruhig. Und dann erklären wir die Zusammenhänge – verständlich und übersichtlich. Wenn du das gut findest, werde Mitglied! Hier findest du alle Infos.
4. Was passiert bei einem Test auf das Corona-Virus?
Bei einem PCR-Test wird mit einem speziellen Virustupfer eine Probe aus dem Rachenbereich entnommen und in einer Spezialverpackung an ein Labor gesendet. Die Labordiagnostik selbst dauert nur 4-5 Stunden. Aber bis das Ergebnis bekannt gegeben wird, kann es zwischen schon mal einige Tage dauern.
Der Test sucht nach dem Genom des Virus in der Probe. Besonders in der ersten Phase der Erkrankung, wenn oft noch nicht viel mehr als ein Kratzen im Hals zu spüren ist, befinden sich besonders viele Erreger im Rachenbereich. Das ist auch der Grund, warum sich das Virus in dieser Zeit sehr leicht beim Husten und Sprechen, also durch Tröpfchen, verbreitet.
Ist die Krankheit schon etwas weiter fortgeschritten, wird eher eine Probe aus den unteren Atemwegen entnommen. Dafür benutzt man zum Beispiel den Auswurf (Schleim, Sekret), der beim Husten aus den unteren Atemwegen nach oben transportiert wird.
Auch bei einem Antigen-Schnelltest wird mit einem Tupfer eine Probe aus dem Nasen-Rachenbereich entnommen.
5. Wenn ein Test nachweist, dass ich an COVID-19 erkrankt bin: Wann bin ich nicht mehr ansteckend?
Das lässt sich nicht verlässlich sagen, weil vermehrungsfähige Viren unterschiedlich lange in den oberen Atemwegen nachgewiesen werden können. Man geht aber davon aus, dass die infektiöse Phase circa fünf bis sieben Tage dauert. Bei der Virusvariante B.1.1.7. ist die Ansteckungsphase ersten Untersuchungen zufolge verschoben und länger. Deshalb empfiehlt es sich vorsichtshalber davon auszugehen, circa 10–14 Tage lang ansteckend sein zu können.
Nicht jede:r Infizierte ist zu jeder Zeit in gleichem Maße ansteckend. Wie ansteckend jemand ist, das heißt, wie viele Personen ein infizierter Mensch ansteckt, hängt aber nicht nur von der Viruslast im Rachen ab, sondern auch von der Umgebung, in der sich die Person aufhält. Schlecht belüftete Räume, in denen viele Menschen ohne Mund-Nasen-Schutz dicht zusammen sind und laut sprechen, sind günstige Bedingungen für das Virus. Dann kann eine infektiöse Person viele Menschen auf einmal anstecken.
Am besten bespricht jede:r, der oder die positiv getestet wurde, diese Frage individuell mit den behandelnden Ärzt:innen. In der Regel, werden nachweislich infizierte Menschen nicht freigetestet – so nennt man das, wenn ein oder zwei negative Tests gefordert werden, um eine Ansteckungsgefahr auszuschließen.
6. Warum sollen nur Menschen getestet werden, die Symptome zeigen?
Zugegeben, diese Regelung erscheint unlogisch, wenn man bedenkt, dass sich das Virus bereits verbreitet, bevor es Symptome erzeugt. Aber es gibt mehrere Gründe für diese Einschränkung. Ein Grund liegt darin, dass das Testergebnis dann besser bewertet werden kann. Denn alle Tests sind zuverlässiger, je wahrscheinlicher es ist, dass du tatsächlich krank bist. Ein anderer Grund ist, dass der Bedarf für Tests möglicherweise die Kapazitäten der Labore übersteigt, wenn zu viele Tests gleichzeitig gemacht werden. Deshalb legt das Robert-Koch-Institut Kriterien fest, die Ärzt:innen für ihre Entscheidungen zugrunde legen sollen.
7. Was soll ich tun, wenn ich nicht getestet werde, aber trotzdem Angst habe, angesteckt zu sein?
Falls bei dir kein Test gemacht werden soll, du aber befürchtest, mit dem Virus infiziert zu sein, lautet der Rat: Halte Abstand zu anderen und warte 14 Tage ab, ob du Symptome bekommst. So lange kann das Virus brauchen, bis die ersten Symptome auftauchen (Inkubationszeit).
Du kannst aber auch zu einem privaten Testzentrum gehen und einen Antigen-Schnelltest machen lassen. Fällt er positiv aus, muss dieses Ergebnis mit einem PCR-Test betätigt werden.
8. Muss ich die ganze Zeit zu Hause bleiben, wenn ich auf Symptome warte?
Ja. Du solltest deine Freund:innen nicht mehr treffen, nicht zum Sport gehen, nicht mit der Bahn oder dem Bus fahren. Falls du Symptome bekommst und positiv auf Corona getestest wirst, solltest du mit deiner Ärztin oder deinem Arzt besprechen, wie viel Abstand zu anderen jetzt sinnvoll ist. Allgemeine Hinweise, wie du dich in der Quarantäne verhalten solltest, findest du in diesem Flyer.
9. Darf ich meine:n Partner:in noch berühren?
Das musst du deine:n Partner:in fragen. Wie gesagt hängt die Entscheidung stark davon ab, in welcher Situation ihr euch befindet. Und natürlich auch davon, welche Einschränkungen du bereit bist, mitzutragen. Ich persönlich halte es für ausgeschlossen, dass Menschen, die zusammen wohnen, sich über 14 Tage so erfolgreich aus dem Weg gehen können, dass sie sich im Fall des Falles nicht anstecken könnten. Das legen auch Daten aus China nahe. Während der Abriegelung ganzer Regionen, passierten die meisten Ansteckungen innerhalb von Wohnungen.
10. Darf ich noch einkaufen gehen?
Gegenfrage: Ist es nötig, dass du einkaufen gehst? Oder kann das jemand für dich übernehmen? Viele Gesundheitsämter haben Listen mit Organisationen, die in solchen Fällen ehrenamtliche Unterstützung anbieten.
Ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz reduziert das Infektionsrisiko für andere. Wichtig ist, dass du nicht in deine Hand hustest oder niest, sondern in die Armbeuge. Gewöhne dir an, zusammen mit deinem Schlüssel auch Einmaltaschentücher einzupacken.
11. Kann ich noch meine Angehörigen im Altenheim besuchen?
Wenn du keinen Grund hast, anzunehmen, dass du infiziert sein könntest, geht das – mit ein paar Vorsichtsmaßnahmen, die von Heim zu Heim variieren. Vielleicht kannst du aber auch eine andere Lösung zum Kontakthalten finden, wenn du Sorge hast, deine Angehörigen möglicherweise anzustecken. Zum Beispiel ein Telefonat zwischen deinen Großeltern bzw. deinen im Heim lebenden Eltern und dir? Oder einen Video-Chat?
12. Muss ich alle informieren, mit denen ich Kontakt hatte?
Das ist wichtig, ja. Dafür kannst du auch die Corona-Warn-App nutzen, denn oft triffst du mit Menschen zusammen, die du gar nicht kennst, zum Beispiel während einer Zugfahrt. Das Gesundheitsamt informiert ebenfalls – aber wenn zu viele Kontakte nachverfolgt werden müssen, kann das zu lange dauern.
Fazit
Wir Menschen hassen Situationen, in denen es überwiegend Unsicherheiten gibt. Wir wünschen uns klare Ansagen. Wir wollen wissen, woran wir sind. Aber auf viele Fragen zum Umgang mit dem Corona-Virus gibt es immer noch keine eindeutigen Antworten, die für jede Situation zutreffen.
Wir sind in einer Phase der weltweiten Pandemie, in der wir als Gesellschaften versuchen müssen, die Ausbreitung zu verlangsamen. Jeder Kontakt, der vermieden werden kann, hilft im Zweifel. Besonders wichtig ist es aber, Superspreader-Ereignisse zu vermeiden. Deshalb empfehlen inzwischen die meisten Länderregierungen, dass Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten in einem geschlossenen Raum zusammenkommen sollten.
Auch bei steigenden Infektionszahlen hilft es, nicht in Panik oder Aktionismus zu verfallen und lieber einen kühlen Kopf zu bewahren. In Regionen, die als Risikogebiet gelten, werden stufenweise Kontakte eingeschränkt. Aber vollständig auf Kontakte zu verzichten ist auch nicht gesund – und gar nicht nötig. Sich draußen zu treffen ist relativ sicher – mit dem empfohlenen Abstand – und wenn du deine sozialen Kontakte auf vier bis fünf Menschen beschränkst, ist die Nachverfolgung für das Gesundheitsamt im Falle einer Infektion leichter, als wenn du 40 oder 50 Menschen getroffen hast.
Schlussredaktion: Susan Mücke; Bildredaktion: Martin Gommel