Das Corona-Virus breitet sich immer weiter aus – jetzt ist jede:r von uns gefragt

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Psyche und Gesundheit

Das Corona-Virus breitet sich immer weiter aus – jetzt ist jede:r von uns gefragt

Bisher glaubten die Behörden, das Corona-Virus eindämmen zu können, aber das gelingt ihnen nicht. Es droht eine Pandemie. In solchen Fällen müssen wir alle mithelfen. Sechs Dinge, die du tun kannst, um zu verhindern, dass sich immer mehr Menschen in Europa anstecken.

Profilbild von Silke Jäger
Reporterin für Kopf und Körper

Die Hoffnung schwindet, dass sich das neue Corona-Virus kontrollieren lässt. Viele Expert:innen sagen inzwischen, dass wir uns auf eine Pandemie einstellen sollten – also die unkontrollierte Ausbreitung des Virus über mehrere Kontinente. Die Weltgesundheitsorganisation WHO zögert zwar noch, das P-Wort zu benutzen und spricht von Epidemien, also regionalen Ausbrüchen. Sie räumt aber inzwischen ein, dass das Potenzial zur Pandemie da ist.

Lange Zeit war die Strategie der Gesundheitsbehörden, die Ausbreitung des Corona-Virus auf China zu beschränken. Diese Strategie ist gescheitert. Wochenlang waren die einzigen Corona-Fälle in Europa China-Rückkehrer:innen, man konnte also die Infektionskette nachvollziehen. Mittlerweile hat sich das Corona-Virus in verschiedenen Teilen der Welt verbreitet. Insgesamt ist das Virus in 29 europäischen Staaten angekommen (Quelle: Übersichtsseite der WHO für Europa).

Schon kurz nach dem Bekanntwerden der ersten Infektionen in Italien und dem Iran sind Menschen an dem Virus gestorben. Das ist besorgniserregend, denn es bedeutet, dass es dort vermutlich viele unentdeckte Fälle gibt. Es ist teilweise nicht mehr möglich, die Infektionskette nachzuvollziehen. Und das heißt: Die Strategie, Infizierte zu isolieren, funktioniert nicht mehr überall zuverlässig genug. Wir müssen damit rechnen: Das Virus kann sich rasch ausbreiten. Gesundheitsminister Jens Spahn spricht von einer „neuen Lage“ für Deutschland. In einer Pressekonferenz betonten die zuständigen Stellen, wie zum Beispiel das Robert-Koch-Institut, dass die Wahrscheinlichkeit für Menschen in Deutschland, sich mit dem Virus zu infizieren, inzwischen von gering bis mäßig auf mäßig heraufgesetzt wurde (aktuelle Einschätzung des Robert-Koch-Instituts vom 2. März).

Trotzdem ist Panik nicht angezeigt! Wer sich mit dem Virus infiziert, hat eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, den Infekt unbeschadet zu überstehen. Circa 80 Prozent der Erkrankten erleben einen milden Krankheitsverlauf und werden innerhalb von acht bis 14 Tagen wieder gesund. In dieser Grafik zeigen wir Daten aus China. Sie zeigen: Je älter die erkrankte Person, desto höher ist die Warscheinlichkeit, am Corona-Virus zu sterben. 15 Prozent der erkrankten über 80-Jährigen überlebten nicht, aber nur 0,1 bis 1 Prozent der 10- bis 49-Jährigen.

Infografik: Bent Freiwald

Die Symptome der Erkrankung lassen sich von denen einer starken Erkältung oder Grippe nur schwer unterscheiden: Husten, Fieber, Kratzen im Hals, starkes Krankheitsgefühl, manchmal auch zusätzlich Durchfall. Doch es kann bis zu zwei Wochen dauern bis sie bei den Infizierten auftreten. Bis dahin können sich bereits andere Menschen bei ihnen angesteckt haben. Und bei manchen Menschen verläuft die Krankheit so mild, dass sie gar nicht merken, dass sie sich infiziert haben. Das macht es schwer, die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Deshalb müssen wir jetzt darüber sprechen, wie sich jede und jeder Einzelne verhalten sollte, damit die Ausbreitung der Krankheit verlangsamt wird. Denn Zeit zu gewinnen, ist ein wichtiges Ziel beim Auftauchen eines neuen Errgers: Je langsamer der Ausbruch, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Therapien oder Impfungen für mehr Menschen zur Verfügung stehen.

Sechs Dinge, die du jetzt tun kannst

Wenn ein neues Virus um die Welt geht, bestimmen Entscheidungen, die im Kleinen getroffen werden, wie erfolgreich es sich ausbreiten kann. Das heißt: Es hängt auch von dir ab, wie schwer es das Virus hat. Erwarte nicht, dass die Behörden im Alleingang sicherstellen können, das Virus von dir fernzuhalten. Bereite dich darauf vor, es in deiner Nachbarschaft zu haben. Rechne mit dem Fall, dass auch du dich anstecken könntest. Die folgenden Punkte helfen dir, dich vorzubereiten auf einen Ernstfall, der im Moment noch nicht wahrscheinlich ist, aber auch nicht ausgeschlossen werden kann.

1. Mache eine persönliche Risikoanalyse

Wie die Lage für Deutschland einzuschätzen ist, wird jeden Tag neu bewertet. Mit den Links, die ganz unten im Text stehen, kannst du dich dazu auf dem Laufenden halten.

Außerdem solltest du überlegen, mit welcher Wahrscheinlichkeit du einen schweren oder kritischen Verlauf erwarten kannst, solltest du dich infizieren. Wie alt bist du? Hast du Vorerkrankungen?

Ein anderer wichtiger Punkt könnte sein, wie gut du dich und deine Familie versorgen kannst, solltest du mal für einige Zeit nicht das Haus verlassen können. Hast du Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu betreuen? Oder bist du in deiner Mobilität eingeschränkt? Je nachdem, in welcher Situation du bist, solltest du überlegen, welche der weiteren Vorschläge für dich sinnvoll sind.

2. Halte Hygieneregeln ein

Das klingt niedlich, ist aber entscheidend. Das Virus vermehrt sich im Rachen und kann durch Tröpfcheninfektion weitergetragen werden: Beim Niesen, Husten und Sprechen gelangen Erreger durch Tröpfchen an die Luft und werden von anderen Menschen eingeatmet. Wenn du diese Regeln einhältst, kann sich das Virus nicht so schnell ausbreiten:

  • Händewaschen ist wichtig, weil du so die Übertragung von Erregern auf andere Menschen einschränken kannst. Wie du richtig Hände wäschst (ja, das kann man falsch machen), siehst du in diesem Video. Wie warm das Wasser ist, ist dabei nicht so entscheidend. Wichtiger ist, dass du deine Hände mindestnes 20 Sekunden lang mit Seife wäschst. Ein Händedesinfektionsmittel ist in der Regel überflüssig.

  • Falls du unterwegs bist und deine Hände nicht waschen kannst, hilft dir ein Handdesinfektionsmittel (das auch gegen Viren wirkt) allerdings schon. Nutze eins, das die Hände nicht so stark austrocknet, damit die Haut keine Risse bekommt.

  • Du solltest nicht in deine Hände niesen und husten, sondern lieber in die Ellenbeuge oder in ein Wegwerf-Taschentuch. Das ist in der Erkältungszeit sowieso eine gute Idee. Denn alle Viren, die es aus deinem Nasen-Rachen-Raum auf deine Hände schaffen, verteilst du munter weiter: auf Türklinken, Wasserhähne, Geländer, Haltegriffe in Bussen und Bahnen, Aufzugknöpfe und natürlich auch auf Hände von anderen Menschen. Deswegen ersetzt du das Händeschütteln am besten durch den „Ebola-Handschlag“: Ellenbogen an Ellenbogen.

  • Gewöhne dir alternative Handgriffe an: Drücke Knöpfe an Automaten und Aufzügen mit den Fingerknöcheln anstatt den Fingerspitzen, benutze Ellenbogen, um Türen zu öffnen, wisch dir mit dem Handrücken durchs Gesicht statt mit der Handfläche. Je früher du das übst, desto besser kannst du es, sollte es ernst werden.

  • Am besten versuchst du dir abzugewöhnen, mit deinen Händen ins Gesicht zu fassen, damit du keine Erreger in Nase, Mund und Augen trägst. Einige Expert:innen haben angeregt, dafür eine App zu erfinden. Dann könnten wir besser tracken, wie oft wir scheitern und uns leichter Ziele setzen.

  • Halte Abstand von Menschen, die infiziert sind. Wenn du große Angst vor Ansteckung hast, solltest du Körperkontakt generell vermeiden, speziell mit fremden Personen.

  • Besorge dir eine alkoholische Lösung zum Desinfizieren von Oberflächen. Dann kannst du Türklinken und Geländer regelmäßig entkeimen, die von vielen Menschen benutzt werden.

  • Ob Schutzmasken sinnvoll sind, hängt von vielen Faktoren ab. Man muss zwischen Mundschutz- und Atemschutzmasken unterscheiden. Mundschutzmasken sind einfache Masken, die bei bereits infizierten Menschen dazu beitragen, dass sie weniger Erreger durchs Ausatmen an ihre Umwelt abgeben. Atemschutzmasken sind für den Einsatz im Medizinbereich gedacht und können recht zuverlässig davor schützen, mit Erregern belastete Luft einzuatmen. Sie sind für medizinisches Personal ein guter Schutz vor Ansteckung, wenn sie richtig getragen werden. Für den Alltagsgebrauch sind sie eher nicht geeignet, weil sie auch das Atmen an sich erschweren. In diesem Video (auf Englisch) wird der Unterschied gut erklärt. Da es für Krankenhäuser weltweit immer schwieriger wird, Nachschub an Atemschutzmasken und Mundschutzmasken zu bekommen, solltest du nach Möglichkeit darauf verzichten. Sie helfen dir im Normalfall, wie gesagt, nicht viel weiter.

3. Mach dir einen Plan für den Notfall

Was dem Virus am meisten hilft, ist Panik. Menschen, die kalt erwischt werden, sind besonders anfällig, panisch zu reagieren. Wenn du dich damit beschäftigst, was im schlimmsten Fall passieren kann und dich darauf vorbereitest, fällt es dir viel leichter, ruhig zu bleiben, sollte es zum Ernstfall kommen. Deshalb sind zwei Dinge besonders wichtig: Halte dich auf dem Laufenden und mache einen Plan für den Fall, dass das Virus in deiner Nähe auftaucht. Dazu gehört:

  • Schreibe dir wichtige Telefonnummern auf einen Zettel und klebe ihn an deinen Kühlschrank: Hausarzt, Ärztlicher Bereitschaftsdienst, Hotline des örtlichen Gesundheitsamtes, Apotheke.

  • Wenn du den Verdacht hast, dich angesteckt zu haben, ruf bei der Hotline des zuständigen Gesundheitsamtes an oder melde dich telefonisch bei deiner Hausarztpraxis. Geh nicht gleich dorthin (du steckst sonst Leute an), sondern befolge die Anweisungen der medizinischen Fachkräfte.

  • Musst du regelmäßig Medikamente nehmen? Dann lege dir einen Monatsvorrat an.

  • Damit du nicht jeden Tag einkaufen gehen musst und für den Fall, dass Supermärkte geschlossen bleiben, kannst du dir einen Vorrat für zwei bis vier Wochen an unverderblichen Lebensmitteln anlegen – aber langsam! Hamsterkäufe sind sogar kontraproduktiv. Die Hinweise des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe können aber nützlich sein. Das Amt empfiehlt, einen Vorrat für 10 Tage immer im Haus zu haben – das hat mit dem Corona-Virus nichts zu tun.

  • Hast du Kinder, deren Schulen oder Kindergärten möglicherweise geschlossen werden könnten? Dann überlege dir, wie du die Betreuung in diesem Fall regeln kannst. Sprich mit Verwandten und Freund:innen, ob sie einspringen können, falls du arbeiten gehen musst oder dich vielleicht selbst ansteckst.

  • Mache dir klar, welches Ansteckungsrisiko du selbst eingehen willst. Überlege, was du brauchst, um Angehörige zu versorgen, die sich angesteckt haben, aber nicht im Krankenhaus versorgt werden müssen. Falls sie nicht mit dir in einem Haushalt wohnen: Müsstest du zu ihnen ziehen? Oder sie zu dir?

4. Akzeptiere Einschränkungen

Im Moment weiß noch niemand, welche Einschränkungen in Deutschland nötig werden könnten und welche davon dich persönlich betreffen. Trotzdem ist es gut, wenn du dich mit möglichen Szenarien beschäftigst, zum Beispiel dem, dass sich das Virus unkontrolliert ausbreitet.

Sollten die Behörden Reisewarnungen aussprechen, Schulen schließen, den öffentlichen Nahverkehr einstellen und ähnlich wie in Italien ganze Regionen abriegeln, akzeptiere das. Solche Maßnahmen sind drastisch und wären ein Präzedenzfall in Deutschland. Gehe davon aus, dass solche Entscheidungen nicht leichtfertig getroffen werden und dass sie schneller wieder aufgehoben werden können, wenn sich möglichst alle Menschen daran halten. Rechne damit, einige Zeit zuhause zu bleiben.

Du solltest dir jetzt schon Gedanken machen, ob du theoretisch von zu Hause arbeiten kannst, ob du wirklich in betroffene Regionen reisen musst und was dir an Normalität wichtig ist, falls jemand bei dir zuhause angesteckt sein könnte. Behalte die Quellen, die unten im Text verlinkt sind im Blick und informiere dich dort regelmäßig. Das ist empfehlenswerter, als Liveticker zu verfolgen, die auch viele unbestätigte Informationen enthalten können.

5. Sieh dich als Teil einer Gemeinschaft

Überlege, ob du anderen helfen kannst, die Hilfe brauchen. Zum Beispiel, indem du für sie einkaufen gehst oder Botengänge übernimmst, Kinderbetreuung anbietest oder den Hund ausführst. Menschen, die sich von einer Corona-Virus-Infektion erholt haben, sind mit großer Wahrscheinlichkeit immun. Krisen lassen sich leichter durchstehen, wenn viele Menschen zusammenhalten.

6. Schone das Gesundheitssystem, so gut du kannst

Rechne damit, dass sehr viele Menschen gleichzeitig medizinische Hilfe brauchen und dass es nicht genügend Kapazitäten für Bagatellerkrankungen gibt. Gibt es Krankheiten, gegen die du dich noch impfen lassen kannst, wie zum Beispiel die Grippe oder Masern, um zu verhindern, dass du während eines möglichen Engpasses daran erkrankst? Wenn du Rat brauchst und einen Arztbesuch vermeiden willst, gehe zum Beispiel auf diese Website des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.

Dieser Punkt könnte einer der entscheidenden werden. Denn bei Überlastung durch zu viele falsche Alarme kann auch die Krankenversorgung für schwer erkrankte Menschen oder Menschen, die dringend versorgt werden müssen, wie zum Beispiel Gebärende, leiden. Deshalb solltest du gut überlegen, wann du tatsächlich ärztliche Hilfe brauchst und in welchen Situationen du gut darauf verzichten kannst. Zumindest so lange, bis der große Ansturm auf Krankenhäuser und Praxen abebbt. Falls du denkst, dass du dich angesteckt haben könntest, ist es eine gute Idee, so lange zu Hause zu bleiben, bis du Symptome bemerkst. Dann ist es immer noch früh genug, das Gesundheitsamt anzurufen, damit ein Test gemacht werden kann. Wenn du ein starkes Krankheitsgefühl bekommst, ohne vorher wissentlich Kontakt zu infizierten Menschen gehabt zu haben, solltest du nicht einfach zu deiner Hausarztpraxis gehen, sondern unbedingt zuerst telefonieren, wie oben beschrieben.

Mehr Infos über das Corona-Virus bekommst du hier:


Redaktion: Philipp Daum; Schlussredaktion: Susan Mücke; Bildredaktion: Martin Gommel