Als ein Forscherteam vor fünf Jahren die Ergebnisse von Gentests an mehr als 125.000 gesunden Schwangeren überprüft hat, machte es eine erstaunliche Entdeckung.
In 3.757 der Bluttests fanden die Wissenschaftler mindestens eine Anomalie. Aber in zehn dieser Fälle ergab eine weitere Analyse, dass sich die Föten völlig normal entwickelten. „In jedem dieser zehn Fälle stellte sich heraus, dass es einen nicht entdeckten Krebs gab“, und zwar in der Mutter, sagt Alex Aravanis. Er leitete zum Zeitpunkt der Studie die Abteilung Forschung und Entwicklung beim Pharmaunternehmen Illumina, das den Bluttest vermarktet.
Für Aravanis und seine Wissenschaftskollegen bedeutete das unerwartete Ergebnis eine ganz neue Chance: einen einzigen Bluttest zur Erkennung mehrerer Krebsarten, bevor eine Person irgendwelche Symptome zeigt. „Das war eine wichtige Grundlagenforschung“, sagt Aravanis, inzwischen wissenschaftlicher Leiter von Grail, einem kalifornischen Startup-Unternehmen. Illumina – ein Riesenunternehmen im Bereich der Gensequenzierung – hat es vor drei Jahren gegründet.
Ein solcher Bluttest könnte die Zahl der Todesopfer des zweithäufigsten Killers der Welt erheblich reduzieren. Denn die meisten Krebsarten werden erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, wenn die Prognose schlecht ist. Würde man Krebs hingegen frühzeitig erkennen, wenn der Patient die beste Chance hat, durch eine Operation geheilt zu werden, könnte das theoretisch den Krebstod verhindern – und die hohen Kosten für die Behandlung der Krankheit senken.
„Wenn wir Krebserkrankungen testen und erkennen, bevor Symptome auftreten, können wir das Leben von Menschen damit sehr verbessern“, sagt David Ahlquist, Gastroenterologe der Non-Profit-Organisation Mayo Clinic, die zahlreiche Krankenhäuser betreibt. „Die Fünf-Jahres-Überlebensrate steigt enorm, wenn Krebs im Frühstadium erkannt wird.“
Die meisten Krebsarten – einschließlich einiger der tödlichsten – sind nicht weit verbreitet genug, um ein regelmäßiges Screening bei gesunden Menschen zu rechtfertigen. Zumindest nicht mit den gängigen Methoden. Aber in einem Artikel vom Oktober 2018, der in der Zeitschrift Nature Precision Oncology veröffentlicht wurde, vertritt Ahlquist die Ansicht, dass ein universeller Früherkennungstest nicht nur kostengünstig sein könnte, sondern auch „eine riesengroße bestehende Lücke in der Krebsbekämpfung schließen“ würde.
Heute schon sind Bluttests in der Krebsbehandlung wichtig
Er ist nicht der Einzige, der das vorschlägt. Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeiten Wissenschaftler in Labors auf der ganzen Welt an der Entwicklung sogenannter Flüssigbiopsien – Tests, die nach Anzeichen von Krebs im Blutkreislauf einer Person suchen. Einige dieser Tests werden heute verwendet, um die Behandlung von Menschen zu steuern, bei denen bereits Krebs diagnostiziert wurde. Aber eine Flüssigbiopsie, die die Erkrankung im frühesten Stadium bei scheinbar gesunden Menschen erkennt, ist der ultimative Wunschtraum – und einer, der Investoren anzieht und Skeptiker auf den Plan ruft.
In den letzten zehn Jahren hat die Möglichkeit, DNA aus Tumorgewebe zu bestimmen, große Fortschritte bei der Behandlung von Krebs gebracht: Die Präzisions-Onkologie entstand. Dabei verwenden Ärzte genetische Daten, um für Krebspatienten Medikamente zu finden, die auf die spezifischen Zellmutationen abzielen, die der Grund für ihre Krankheit sind.
Aber obwohl die für die Gewinnung dieses Gewebes erforderlichen Biopsien als Goldstandard gelten, handelt es sich um invasive Verfahren, die typischerweise eine Operation oder zumindest eine Nadel erfordern. Oftmals fehlt es an Gewebe zur Analyse, oder ein Tumor liegt an einer bedenklichen Stelle, was eine Biopsie unsicher macht. Außerdem können Gewebebiopsien den Krebs zwar nachweisen, aber sie reichen nicht aus, um Menschen auf einen Rückfall hin zu überwachen oder zu erkennen, dass sie alternative Behandlungen brauchen.
Angesichts dieser Herausforderungen wird die Entwicklung anspruchsvoller Flüssigbiopsien vorangetrieben, die Krebs-DNA in einem Fläschchen mit Blut erkennen und analysieren können. Die Herausforderung besteht darin, dass solche Tests nicht nur die Probleme konventioneller Biopsien überwinden müssen. Sie sollen die Rolle der Präzisionsonkologie weit über das Drug-to-Tumor-Matching hinaus erweitern.
Nach Schätzungen könnten mehr als 15 Millionen Menschen, bei denen bereits Krebs diagnostiziert wurde, Kandidaten für Flüssigbiopsien sein. Experten prognostizieren auch, dass zumindest für Menschen mit einem hohen Krebsrisiko – allein in den USA sind das aufgrund ihres Alters oder ihrer Familiengeschichte 35 Millionen Menschen – ein Bluttest zur Krebsvorsorge bald Teil der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung werden wird.
Bluttests können Menschenleben retten und Kosten vermeiden
„Dies ist einer der angesagtesten Bereiche der gesamten Medizin“, sagt Eric Topol, Direktor des Scripps Research Translational Institute in La Jolla, Kalifornien. Er schätzt, dass insgesamt rund 50 Unternehmen an Flüssigbiopsien arbeiten. Obwohl sie dabei unterschiedliche Ziele verfolgen, konkurrieren alle um einen Teil dessen, was nach Schätzungen der Branche ein Gesamtmarkt von 35 Milliarden Dollar allein in den Vereinigten Staaten ist.
Weitere Forschungsarbeiten sind nötig. Einige Forscher sind skeptisch, ob Früherkennungstests der Bevölkerung überhaupt nützen. Schätzungen zufolge hat etwa 1 Prozent der US-Bevölkerung Krebs, der in ihrem Körper lauert. Wenn ein Test nur eine Fehlerrate von 1 Prozent hat – also Krebs findet, obwohl es gar keinen gibt – wäre die Anzahl der erkannten Krebserkrankungen genauso hoch wie die Anzahl der Personen, denen fälschlicherweise gesagt wurde, dass sie die Krankheit haben.
Eine weitere Sorge ist, dass solche Tests die DNA von inaktiven Tumoren aufnehmen könnten, die gar keine Bedrohung für Menschen darstellen, die Betroffenen sich dann aber trotzdem den Kosten und dem Risiko einer Behandlung unterziehen. Aber es gibt noch ein viel größeres Problem: Wenn ein Test Anzeichen von Krebs erkennt, bevor Symptome auftreten, müssen Ärzte ihn erst einmal finden; ein möglicherweise invasiver Prozess, der für Patienten zum Beispiel Kosten und das Risiko einer Ganzkörperbestrahlung bedeuten könnte.
Gegen frühzeitig entdeckten Krebs kann man oft noch etwas tun
Aber die Befürworter sind zuversichtlich, dass sich das Ergebnis auszahlen wird. „Man steht vor einem gesunden Menschen und sagt: ‚Du hast Krebs‘“, meint Nickolas Papadopoulos, Flüssigbiopsie-Forscher und Professor für Onkologie und Pathologie von Johns Hopkins Medicine. „Das sind niemals gute Nachrichten – aber es ist viel besser, als ihn in ein paar Jahren zu entdecken, wenn man nichts mehr dagegen tun kann.“
Ahlquist glaubt, dass es ein Jahrzehnt dauern wird, bis ein solcher Test die notwendigen wissenschaftlichen und gesetzlichen Hürden genommen hat. Er meint aber auch, dass „mit den verschiedenen jetzt verfügbaren Methoden“ ein Früherkennungstest zumindest „in Reichweite ist“.
Krebs im Blut zu finden ist schwierig. Tumore geben auf natürliche Weise ihr Erbgut in den Blutkreislauf eines Menschen ab, und zwar in Form von Tumorzellen oder Fragmenten, die man als zellfreie DNA oder zirkulierende Tumor-DNA bezeichnet. Die verräterische Tumor-DNA ist jedoch nur in minimaler Menge vorhanden, und eine Kakophonie anderer Signale von Molekülen, die im Blut zirkulieren, kann sie überdecken. Auch das Niveau der Tumor-DNA variiert stark zwischen Menschen mit den gleichen Tumorarten: Bei bis zu 15 Prozent der fortgeschrittenen Krebspatienten fehlen ausreichende Mengen, um sie feststellen zu können.
Das ist ein Problem für die Interpretation einer Flüssigkeitsbiopsie und besonders schwierig für Unternehmen, die einen Test zur Früherkennung herstellen wollen. Selbst ein kleiner Bruchteil von falsch positiven Ergebnissen könnte dazu führen, dass Tausende von Menschen die Angst, die Kosten und das Risiko einer unnötigen und sinnlosen Behandlung auf sich nehmen würden, um die Krankheit zu finden.
Die Blutbiopsie könnte „eine enorme Anzahl von Menschenleben retten und Kosten für das Gesundheitssystem sparen“, sagt Alexis Borisy von Third Rock Ventures, einer in Boston ansässigen Risikokapitalgesellschaft. Sie könnte aber auch desaströste Folgen haben.
Die Ärzte setzen bei der Behandlung schon länger auf Bluttests
Guardant Health gehört zu den Spitzenreitern im Rennen um eine diagnostische Blutbiopsie. Das Biotechnologieunternehmen hat 2014 seine Flüssigbiopsie Guardant360 eingeführt. Onkologen haben den Test inzwischen mehr als 70.000 Mal bestellt, um Menschen mit metastasierendem Krebs gezielt therapieren zu können. Das Unternehmen entwickelt auch eine breitere Palette von Tests, um frühzeitig zu erkennen, wenn Menschen Rückfälle erleiden.
Helmy Eltoukhy, CEO von Guardant, vergleicht den Unterschied zwischen Gewebe- und Flüssigkeitsbiopsien mit dem Unterschied zwischen drahtgebundener und drahtloser Technologie. „Was uns die drahtlose Technik alles ermöglicht hat – das ist ziemlich verblüffend“, sagt er. „Wir glauben, dass es eine ähnliche große Wirkung haben wird, wenn Menschen Zugang zu Tumorinformationen aus dem Blut bekommen.“
Grail ist ein weiterer Hauptakteur im Kampf um die Flüssigkeitsbiopsie. Im Gegensatz zum breiten Markteintritt von Guardant setzt der bewusst so genannte „Grail“ – wie der Heilige „Gral“ – ausschließlich auf einen Test zur Früherkennung. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit: Das Unternehmen hat mehr als 1,5 Milliarden Dollar an Risikokapital aufgebracht, und es laufen bereits Studien, an denen mehr als 165.000 Personen beteiligt sind. Sie sollen beweisen, dass der Test auch wirklich effektiv ist.
Grail hat in einer 15.000-Personen-Studie erste vielversprechende Ergebnisse bei einer Teilmenge von Patienten vorgestellt. Die Daten, die im vergangenen Juni auf einem großen Krebskongress vorgestellt, aber noch nicht in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass frühe Prototypen des Tests etwa 40 bis 80 Prozent von etwa 10 verschiedenen Krebsarten erkennen können, die sich nicht ausgebreitet haben, und dass eine Fehlerrate unter 1 Prozent „machbar“ ist. Die Ergebnisse eines separaten Datensatzes, der später im Jahr vorgestellt wurde, seien vergleichbar, berichtet das Unternehmen.
„Das gibt uns die Gewissheit, dass wir den Test entwickeln können“, sagt Aravanis, der wissenschaftliche Leiter. Grail hoffte zunächst, bis 2019 einen Früherkennungstest auf den Markt zu bringen. Aber es gibt noch keinen genauen Zeitplan. Manche gehen davon aus, dass es noch Jahre dauern wird.
Früherkennungstests mit einer Fehlerquote von unter 1 Prozent
An der Johns Hopkins Universität haben Forscher kürzlich vielversprechende Ergebnisse für eine Flüssigbiopsie zur Früherkennung namens CancerSeek veröffentlicht. In einer Studie vom Januar 2018 in der Zeitschrift Science berichteten die Forscher, dass der Test 70 Prozent von acht häufigen Krebsarten bei 1.005 Menschen aufspüren konnte, bei denen eine Krankheit diagnostiziert worden war. Die acht Krebsarten – Brust, Lunge, Dickdarm, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Eierstock, Leber und Magen – machen 60 Prozent aller Krebstodesfälle aus. Die Empfindlichkeit – die Fähigkeit des Tests, Krebs zu erkennen – reichte von 33 Prozent bei Brustkrebs bis zu 98 Prozent bei Eierstockkrebs.
Die Genauigkeit, oder die Fähigkeit, Krankheiten auszuschließen, die nicht vorhanden sind, lag bei 99,14 Prozent: Von 812 Menschen, bei denen der Test negativ war, bekamen nur 7 dann doch Krebs. „Die meisten Menschen haben keinen Krebs, also können wir es uns nicht leisten, viele Fehlalarme zu haben“, sagt Papadopoulos von Johns Hopkins Medicine. „Wir wollten, dass 99 Prozent oder mehr richtig sind.“
Die Bluttests verschiedener Firmen sind nicht vergleichbar
Nicht alle Ergebnisse sind positiv. Studien haben untersucht, ob konkurrierende Tests ähnliche Resultate liefern. Die Ergebnisse waren durchwachsen, was zu Bedenken hinsichtlich der Genauigkeit führte. Aber die Firmen testen unterschiedliche Gen-Panels. Das bedeutet, dass sie viele Gene für eine Erkrankung parallel untersuchen, anstatt ein Gen nach dem anderen zu sequenzieren. Würden diese Tests das gleiche Ergebnis liefern, wenn sie an denselben Patienten vorgenommen würden? Wenn nicht, was wäre dann richtig?
„Ich weiß es nicht“, sagt Anirban Maitra, ein Pathologe am MD Anderson Cancer Center in Houston, Texas. „Da immer mehr Patienten in die Profilbildung einbezogen werden, hoffe ich, dass es einen systematischeren Vergleich geben wird, der uns hilft zu entscheiden, was stimmt und was nicht.“
Nur wenige Flüssigbiopsietests – einschließlich derjenigen, die bereits auf dem Markt sind – wurden durch rigorose klinische Studien validiert. Diese braucht man, um zu verstehen, wie zuverlässig sie in der täglichen Praxis sind. Doch die Forschungen zeigen zumindest, dass es ein Potenzial für andere Krebsbehandlungen gibt. Die erprobten Flüssigbiopsietests werden immer häufiger verwendet, um Behandlungen anzupassen und zu überwachen. Und die Versicherungen fangen an, sie zu übernehmen.
Onkologen sagen, Flüssigbiopsien könnten einen großen Einfluss bei der Überwachung von Patienten haben, die bereits eine Krebsbehandlung hinter sich haben. Die Ärzte können frühzeitig erkennen, ob die Patienten auf ihre Medikamente ansprechen oder ob die Krankheit zurückkehrt.
Derzeit nutzt man bildgebende Verfahren, um zu sehen, wie die Krankheit einer Person reagiert. Einige Studien belegen aber, dass der Tumor-DNA-Spiegel über Wochen oder sogar Monate ansteigt, bevor das auf einem Bild sichtbar wird. Regelmäßigen Bluttests können Veränderungen im Laufe der Zeit anzeigen.
Eine aktuelle Studie mit 48 Kindern, die allesamt unter einem besonders verheerenden Hirntumor leiden, dem sogenannten Diffusen Mittelliniengliom, liefert einen überzeugenden Fall. Bei solchen Patienten gleicht eine Biopsie, die man braucht, um die Therapie zu steuern oder die Reaktion des Kindes zu überwachen, einer Gehirnoperation, erklärt Sabine Mueller, Kinder-Neuroonkologin und Mitautorin der Studie. Ein Bluttest könnte ein sanfterer Ansatz sein.
Zwar wurden die Kinder in der Studie mittels einer Gewebebiopsie diagnostiziert und mit Strahlung behandelt. Aber ihre Reaktion darauf beobachtete man mithilfe von Flüssigbiopsietests. Der Test entdeckte erfolgreich Mutationen, die mit der Krankheit verbunden waren; bei 12 Kindern zeigte der Test eine signifikante Abnahme der Tumor-DNA nach der Behandlung – ein Hinweis darauf, dass der Krebs zurückgegangen war. Dieses Ergebnis wurde durch die Kernspintomographie bei 10 der 12 Kindern bestätigt.
Mueller nennt die Ergebnisse „spannend“, sagt aber, dass mehr Forschung notwendig ist, bevor der Test in der Patientenversorgung eingesetzt werden kann. „Er ist definitiv nicht alltagstauglich“, meint sie.
„Wir wollen den Krebs überlisten“
Tests, die bereits auf dem Markt sind, könnten die Kosten drastisch senken. Im Februar 2018 hat Genomic Health eine Flüssigbiopsie für Menschen mit fortgeschrittenem Prostatakrebs vorgestellt. Der Test weist eine Genmutation namens AR-V7 nach, die vorhersagt, dass Patienten auf bestimmte Medikamente schlecht ansprechen. Diese Medikamente können das Leben von Männern mit fortgeschrittenem Prostatakrebs deutlich verlängern, kosten aber mehr als 100.000 Dollar pro Jahr.
Eine Studie des Sloan-Kettering-Krebszentrums in New York konnte zeigen, dass Männer mit dieser Mutation besser dran sind, wenn sie auf eine viel billigere Chemotherapie umstellen. „Wir wollen den Krebs überlisten, indem wir proaktiv sind, anstatt vom Krebs überlistet zu werden“, sagt Steven Shak, leitender Arzt und wissenschaftlicher Leiter bei Genomic Health. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für den Test seit Dezember 2018.
Menschen, denen man Tumore im Frühstadium entfernt hat, bevor diese Metastasen bilden konnten, sind ebenfalls ideale Kandidaten für eine Überwachung mit Flüssigbiopsien. Die Operation soll diese Patienten eigentlich heilen, aber wenn die Chirurgen auch nur wenige Tumorzellen übersehen, sorgt das fast sicher für einen Rückfall.
So wird beispielsweise Menschen mit Darmkrebs im Stadium 2 nach einer Operation in der Regel keine Chemotherapie verordnet. Die Forschung zeigt jedoch, dass 15 Prozent trotzdem einen Rückfall haben. Das Problem ist, dass man nicht feststellen kann, welche 15 Prozent das betrifft. Eine kürzlich durchgeführte Studie mit 178 Patienten ergab jedoch, dass die Patienten, die nach der Operation Tumor-DNA in ihrem Blut hatten, viel wahrscheinlicher einen Rückfall erlitten. Eine Flüssigkeitsbiopsie kurz nach der Operation könnte also entscheidend dabei helfen zu verstehen, wer eine zusätzliche Behandlung braucht.
Der Früherkennung fehlt noch die solide Grundlage
Die Forschung macht Fortschritte. Aber die Aussicht auf einen überlegenen diagnostischen Test, der Krebs bei Menschen findet, bevor sie Symptome haben, bleibt der Heilige Gral. Pathologe Maitra sagt, er finde die Suche nach einem solchen Test gut. Allerdings stehe von den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten für Flüssigbiopsien die Früherkennung „auf dem wackeligsten Boden“.
Die Befürworter sehen Probleme, sagen aber auch, dass die ersten Daten ermutigend sind. Während frühere Studien mit Menschen gemacht wurden, die bereits wussten, dass sie Krebs hatten, haben nun mehrere Forschungsgruppen Studien mit Zehntausenden gesunden Menschen gestartet. Es wird erwartet, dass ein kleiner Teil der Teilnehmer im Laufe der Studien Krebs bekommen wird. Dann können die Forscher sehen, wie gut die Tests in der Praxis funktionieren.
Aber selbst, wenn die Studien belegen, dass diese Tests zuverlässig Krankheiten im Frühstadium erkennen können, reicht das nicht aus. Damit Ärzte und Patienten sie auch nutzen, und die Versicherer sie bezahlen, müssen die Forscher zeigen, dass die Tests auch zu Behandlungen führen, die Krankheiten heilen, Kosten senken und das Leben der Patienten verbessern oder verlängern.
„Das ist erforderlich, um den Standard der Versorgung zu verbessern“, sagt Eltoukhy, Chef des Biotechnologieunternehmens Guardant. „Alles andere ist Zeitverschwendung für die Patienten und das Gesundheitssystem.“
Dieser Artikel ist zunächst auf Englisch auf Medium.com erschienen. Ron Winslow ist Medizin- und Wissenschaftsjournalist, der in Mount Washington Valley, New Hamshire, lebt. Mehr als 33 Jahre lang hat er als Reporter und Redakteur beim „Wall Street Journal“ gearbeitet.
Übersetzung: Vera Fröhlich; Redaktion: Theresa Bäuerlein; Fotoredaktion: Martin Gommel; Schlussredaktion: Bent Freiwald.