Katar will dem US-Präsidenten ein Geschenk im Wert von 400 Millionen US-Dollar machen: ein Flugzeug, mit dem Donald Trump den Rest seines Lebens durch die Welt jetten kann. Obwohl die US-Verfassung es Regierungsvertretern verbietet, Geschenke von Königen, Prinzen oder anderen Staaten anzunehmen.
Eine ausländische Regierung will sich die Gunst des US-Präsidenten erkaufen. Das ist so offensichtlich, dass selbst Trump-Anhänger wie Ben Shapiro den Deal kritisieren. Es ist Bestechung der alten Schule – und die hat Trump gar nicht nötig.
Denn der mächtigste Mann der Welt hat in den vergangenen Monaten einen neuartigen Korruptionsmechanismus geschaffen, mit dem sich die reichsten Menschen der Welt viel einfacher und anonym Zugang zur US-Regierung verschaffen können.
Trump hat in den vergangenen Monaten ein Krypto-Imperium aufgebaut
Anstatt dem US-Präsidenten Flugzeuge zu schenken, kann man jetzt große Mengen seiner Krypto-Währung kaufen, deren Kurs so in die Höhe treiben und den Präsident bereichern – und dabei anonym bleiben. Niemand weiß, wer hinter den jeweiligen Krypto-Wallets steckt. Es ist deutlich schwieriger, die Spuren von Krypto-Transaktionen zu verfolgen als die von Offshore-Konten oder verdeckten Aktienkäufen. Das spült Trump Geld in die Taschen, ohne dass es Nachweise direkter Zahlungen oder Deals gibt.
In den vergangenen Monaten ist das Gesamtvermögen seiner Familie dank ihrer Krypto-Geschäfte laut einer Schätzung der US-Zeitschrift Fortune um rund 2,9 Milliarden US-Dollar gestiegen. Einen großen Anteil daran hat die im Oktober 2024 gegründete Firma World Liberty Financial, hinter der die Trump-Familie steckt. Das Unternehmen baut eine dezentralisierte Finanzplattform auf und hat laut eigenen Angaben in den vergangenen Monaten mehr als 550 Millionen US-Dollar durch den Verkauf ihrer Krypto-Währung eingenommen – und dabei von Trumps Amt als US-Präsident profitiert.
Ein Beispiel: Kurz nach der Gründung wandte sich World Liberty Financial an mehrere Krypto-Unternehmen. Das Unternehmen bot ihnen laut Recherchen der New York Times an, zusammenzuarbeiten, um gegenseitig in die Krypto-Währung des jeweils anderen zu investieren. Der Haken: Dafür sollten die kontaktierten Unternehmen zwischen 10 und 30 Millionen US-Dollar in World Liberty Financial investieren. Schließlich würden sie dank Trumps Amt als US-Präsident viel Sichtbarkeit und Vertrauen bekommen und so ihren Wert steigern. Laut New York Times nahmen mehrere Firmen das Angebot an.
Dann kündigte Trump im Februar an, eine staatliche Krypto-Reserve zu schaffen. Das heißt, die USA wollen große Bestände an Krypto-Währungen bunkern. Die Reserve würde ähnlich funktionieren wie eine Ölreserve, nur dass Öl einen Nutzen und Wert hat, während Kryptowährungen ein instabiles Spekulationsobjekt ohne tatsächlichen Gegenwert sind.
Zu den Währungen der Krypto-Reserve sollte laut Trumps Ankündigung auch eine Krypto-Währung gehören, in die World Liberty Financial investiert hat. Allein die Ankündigung reichte aus, um den Wert der Währung und der Bestände des Unternehmens in die Höhe zu treiben. Das ist ein lukratives Geschäft: Der Trump-Familie gehören nicht nur 60 Prozent von World Liberty Financial, sie hat auch ein Anrecht auf 75 Prozent aller Einnahmen aus dem Verkauf der hauseigenen Kryptowährung $WLFI. Diese soll das Unternehmen laut Recherchen der New York Times auch an Investoren im Ausland verkauft haben, unter anderem in Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Hongkong.
In anderen Worten: Es war noch nie so leicht, einen US-Präsidenten zu bestechen oder sich dessen Gunst zu erkaufen. Wer Millionen in eine Krypto-Währung investiert, an der Trump ein finanzielles Interesse hat, kann so deren Preis in die Höhe treiben und den US-Präsident bereichern, während er selbst anonym bleibt. Das Geld kommt bei Trump an, ohne dass es eine direkte Zahlung gab.
Wer früher den US-Präsidenten schmieren wollte, musste aufwendige Wege suchen, die Kontrollen der Behörden zu umgehen und seine Geschäfte vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Es ist eben nur schwer zu rechtfertigen, weshalb ein Präsident Luxusgeschenke wie ein Flugzeug annehmen sollte. Die Einflussnahme ist zu offensichtlich. Krypto-Währungen machen es jetzt möglich, Mandatsträger:innen direkt zu bereichern, ohne dass die Öffentlichkeit zwangsläufig davon erfährt.
„Das sind Kanäle für Einfluss und Hebelwirkung, wie wir sie bisher noch nicht gesehen haben“, sagte der Krypto-Experte und Autor Jacob Silverman dem Magazin Wired.
Die reichsten Menschen der Welt können sich Privataudienzen beim US-Präsidenten kaufen
Am 22. Mai 2025 lädt Donald Trump zu einem exklusiven Gala-Dinner in Washington D.C. ein. Auf die Gästeliste kommt nur, wer zu den Top-220-Investoren seiner Kryptowährung $TRUMP gehört, die er drei Tage vor seinem Amtsantritt auf den Markt brachte. Die Währung ist ein sogenannter Meme-Coin: Sie hat keinen echten Wert, sondern dient allein der Spekulation.
Angelockt von Trumps Name, seinem Amt als US-Präsident und seiner öffentlichen Kaufempfehlung investierten Hunderttausende Kleinanleger in den Coin. Innerhalb eines Tages stieg der Wert der Währung um 1.000 Prozent. Sofort verkaufte eine Handvoll Großinvestoren ihre Anteile, der Preis stürzte ab. Am Ende verloren laut einer Analyse der Firma Chainanalysis 764.000 Menschen insgesamt mehrere Hundert Millionen Euro – während 58 Investoren Millionengewinne machten. Trump selbst wurde laut der Analyse durch Trading-Einnahmen um rund 320 Millionen US-Dollar reicher. Als der US-Präsident das geplante Dinner in Washington ankündigte, stieg der Kurs der Kryptowährung erneut um 60 Prozent.
Auf der Website der Währung heißt es: „Herzlichen Glückwunsch, wenn Sie unter den ersten 220 auf der Rangliste sind, werden wir Sie in den nächsten 24 Stunden kontaktieren. Prüfen Sie Ihren Posteingang (und Ihren Spam-Ordner) und erwarten Sie einen Anruf, um die Einladung zum offiziellen Trump-Dinner und die Einzelheiten zu erfahren.“
Das Abendessen findet in Trumps Golfclub statt und umfasst auch einen „ultra-exklusiven VIP-Empfang mit dem Präsidenten“ für die 25 Top-Eigentümer des Coins. Wer selbst nicht kommen kann, kann eine andere Person anstelle von sich selbst anmelden. Das bedeutet: Die reichsten Menschen und Unternehmen der Welt können sich Privataudienzen beim amtierenden US-Präsidenten kaufen.
Für die Teilnehmer:innen ist das ein gutes Geschäft. Die Investition in den US-Präsidenten zahlt sich aus. Denn Trump ist nicht nur einer der größten Krypto-Unternehmer der Welt, sondern auch der Chef-Regulator und einflussreichste politische Entscheidungsträger der Branche.
Nachdem die Krypto-Szene über 130 Millionen US-Dollar in den Wahlkampf 2024 investiert hatte, versprach Trump, „Krypto-Präsident“ zu werden. Das setzt er jetzt um. Nicht nur mit seinen eigenen Geschäften und der Ankündigung einer US-Krypto-Reserve: Im April ließ das Justizministerium die eigene Krypto-Betrugseinheit auflösen, aktuell versucht die Regierung, mit dem Genius Act Regularien zum Handel von sogenannten Stablecoins zu lockern. Das sind Coins, die an feste Vermögenswerte wie den US-Dollar gebunden sind und von denen World Liberty Financial kürzlich einen auf den Markt gebracht hat.
Jetzt wurde bekannt, dass ein staatlicher Fonds aus den Vereinigten Arabischen Emiraten über den Stablecoin von Trumps Krypto-Unternehmen zwei Milliarden US-Dollar in eine Kryptobörse investieren will. Geld von einer ausländischen Regierung, das World Liberty Financial anlegen kann, um damit Zinsen in Millionenhöhe zu kassieren. Im Gegenzug dürfte es lukrative Handelspartnerschaften mit der US-Regierung geben. Zugleich verkündete ein chinesisches Unternehmen, das einen Online-Handel auf Tiktok betreibt, 300 Millionen US-Dollar in Bitcoin und $TRUMP zu investieren, während die US-Regierung mit Tiktok verhandelt, ob das Unternehmen weiterhin in den USA aktiv sein darf.
Wie sehr sich das Investment in Trumps Krypto-Geschäfte auch für Privatpersonen lohnen kann, zeigt der Fall von Justin Sun, einem chinesischen Milliardär und Gründer der Krypto-Plattform Tron. Sun wurde vergangenes Jahr weltbekannt, weil er bei einer Kunstauktion 6,2 Millionen US-Dollar für die eine Banane ausgab, die mit Klebeband an die Wand geklebt worden war. Zuvor hatte die US-Börsenaufsichtsbehörde ihn verklagt, weil er den Preis seiner Krypto-Währung künstlich in die Höhe getrieben haben soll. Im Herbst investierte Sun 75 Millionen US-Dollar in $WLFI, die Krypto-Währung von World Financial Liberty. Ende Februar stellten die US-Behörden das Verfahren gegen ihn ein.
All das zeigt: Wir befinden uns am Anfang einer neuen Ära der politischen Einflussnahme. Sie versteckt sich hinter den Pseudonymen der Blockchain von Krypto-Währungen und bereichert den US-Präsidenten in nie gekanntem Ausmaß. Direkte Bestechung braucht es nicht mehr unbedingt.
Andere Amtsträger dürften dem Vorbild des US-Präsidenten bald folgen. Rein theoretisch ist das auch in Deutschland denkbar. Zwar müssen Regierungsmitglieder bedeutende finanzielle Interessen offenlegen, wenn sie für ihr Amt relevant sind, aber digitale Vermögenswerte und Krypto-Assets fallen da nicht explizit darunter.
Es ist relativ einfach, die eigenen Krypto-Geschäfte geheim zu halten. Vor allem, wenn Familienmitglieder in das Geschäft einsteigen: Trump lässt viele seiner Krypto-Geschäfte von seinen Söhnen abwickeln. Auch seine Frau Melania hat inzwischen einen eigenen Meme-Coin.
Vor über 15 Jahren sollten Krypto-Währungen laut ihren Erfindern dafür sorgen, die Kontrolle des Staates zu umgehen. Jetzt nutzt der mächtigste Staatschef der Welt sie, um die Kontrolle der Öffentlichkeit zu umgehen.
Redaktion: Rico Grimm, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos; Audioversion: Iris Hochberger