Als Mitglied hast du Zugriff auf diesen Artikel.
Ein Krautreporter-Mitglied schenkt dir diesen Artikel.
ist Krautreporter-Mitglied und schenkt dir diesen Artikel.
Europa war schon seit Jahrzehnten nicht mehr so unsicher wie jetzt.
Donald Trump ist der neue US-Präsident und stellte die Nato-Beistandspflicht infrage. Es wird bereits diskutiert, ob sich Europa eigene Atomwaffen zulegen sollte, um sich verteidigen zu können. Die Ukraine wird gerade zu einem für sie nachteiligen Frieden gezwungen, Wladimir Putins Strategie ist aufgegangen.
Europa wird unsicherer. Deutschland wird unsicherer. Kriege werden wahrscheinlicher. Das ist die neue Realität.
Und, seien wir ehrlich: Die Linke schützt uns nicht in dieser neuen, bedrohlichen Weltlage. Bei der Bundestagswahl war die Linke eine der großen Gewinner:innen, mit einem Zuwachs von fast vier Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl davor. Doch viele Linken-Wähler:innen übersehen oder verstehen nicht, wie abwegig die Außenpolitik der Linken ist.
Die Linke steht für einen Pazifismus, der einfach ignoriert, dass andere Länder nicht immer pazifistisch sind
Zwar sind mit Sahra Wagenknecht und ihrem Gefolge die größten Populist:innen und Russland-Apologet:innen aus der Links-Partei ausgetreten. Und ja, die Linke benennt Russland zwar klar als einen Aggressor. Der Parteivorsitzende Jan van Aken sprach in einem Interview mit dem Journalisten Tilo Jung vor der Wahl darüber, dass man die Ukraine nicht Russland überlassen dürfe. Er legte Wert darauf, dass es „keine Kreml-Positionen mehr“ in der Linken gebe. Doch es braucht mehr als das, viel mehr.
„Die Gefahr neuer Kriege wächst kontinuierlich“, schreibt die Linke selbst in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl. Ein paar Sätze weiter heißt es jedoch, dass mit der „Zeitenwende“ und dem Ziel der „Kriegstüchtigkeit“ Kriege „erleichtert“ werden würden. Die Linke findet die Nato überflüssig und lehnt das Zwei-Prozent-Ziel ab. Es besagt, dass Nato-Staaten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren sollen.
Dabei ist es genau andersherum: Wenn Deutschland nichts tut, steigt die Kriegsgefahr. Wenn die Nato-Staaten nicht glaubhaft vermitteln, dass sie sich im Falle eines Angriffs verteidigen können, und dazu gehören Investitionen von mindestens zwei Prozent des BIPs in Verteidigung, wird das Aggressoren wie Russland nur ermutigen. Das ist das Prinzip der Abschreckung.
Die Linke ist immer noch gegen Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie ist immer noch gegen die dringend notwendige Nachrüstung der Bundeswehr. Die Linke steht damit für einen Pazifismus, der einfach ignoriert, dass andere Länder nicht immer pazifistisch sind.
Die Linke war erfolgreich – jetzt muss sie sich pragmatischen Fragen stellen
Die Linke bekam fast neun Prozent der Wähler:innenstimmen bei der Bundestagswahl. Viele wählten sie wegen ihrer Sozialpolitik, wegen der hohen Mieten, der Inflation und weil sich die Linke glaubhaft gegen Rechtsextremismus positioniert. Verteidigungs- und Sicherheitspolitik waren nicht die dominierenden Themen im Wahlkampf der Linken, doch jetzt kann die Partei darauf Einfluss nehmen.
Im neu gewählten Bundestag haben die Linke und die AfD zusammen mehr als ein Drittel der Sitze und damit eine Sperrminorität. Für eine Lockerung der Schuldenbremse oder ein Sondervermögen für die Bundeswehr braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Wenn die anderen Parteien nicht mit der AfD stimmen wollen, brauchen sie die Linke, um zum Beispiel mehr in Verteidigung investieren zu können. Die Linke hat schon angekündigt: Reform der Schuldenbremse – ja, Geld für die Bundeswehr – nein.
Um die Linke ist ein Hype entstanden. Sympathische Spitzenpolitiker:innen, Erfolg bei Tiktok, eine Partei gegen Rechts. Ein Teil ihres Wahlerfolgs basierte auch darauf, dass sie erklären konnte, warum es sie in der Opposition braucht.
Der Hype wird aber abflauen und als starke Oppositionspartei muss sich die Linke auch pragmatischen Fragen stellen. Nämlich: Wie zur Hölle soll Deutschland sicherer werden in einer Welt, die zunehmend von Gangstern regiert und Großmachtfantasien bestimmt wird? Die Antwort der Linken ist, überspitzt formuliert: Ein bisschen Diplomatie und Friedensgespräche werden schon reichen.
Bei aller Euphorie über den Erfolg der Linken: Außenpolitisch steht sie für eine Politik, die Deutschland unsicherer macht.
Redaktion: Lea Schönborn, Bildredaktion: Philipp Sipos