Als Mitglied hast du Zugriff auf diesen Artikel.
Ein Krautreporter-Mitglied schenkt dir diesen Artikel.
ist Krautreporter-Mitglied und schenkt dir diesen Artikel.
Ja, es stimmt: Die AfD hat ihr Wahlergebnis im Vergleich zu 2021 verdoppelt. Jede:r fünfte Wähler:in stimmte für die Partei. Sie konnte zahlreiche Nichtwähler:innen mobilisieren. Neue Abgeordnete ziehen in den Bundestag ein und in Ostdeutschland ist die AfD längst Volkspartei. Dennoch ist der Wahlausgang eine Niederlage für die Partei.
Einerseits konnte die AfD ihre Umfragewerte in den vergangenen Monaten nicht deutlich verbessern – trotz zahlreicher Anschläge, einem emotionalisierten Migrationswahlkampf, hoher Sichtbarkeit in allen Medien, Wahlkampfhilfe von Elon Musk, Kuschel-Interviews mit Alice Weidel, einer historisch schwachen Union mit einem unbeliebten Kanzlerkandidaten, einem kriselnden BSW und einer verhassten Ampel-Regierung.
Das sorgt für Frust hinter den Kulissen. AfD-Vordenker Götz Kubitschek drückte seine Kritik so aus: „Vielleicht haben die Auftritte von Elon Musk und zuletzt die von J.D. Vance das Feuilleton, die politische Klasse und Großstadtblasen irritiert. Der typische AfD-Wähler aus dem Saalekreis und dem Erzgebirge hat sich eher die Frage gestellt, warum die klareren Worte zur sozialen Frage von der Linkspartei kommen.“ Auch Benedikt Kaiser, ein weiterer Vordenker der AfD, kritisierte den Wahlkampf der Partei. Die Linke hätte klarere soziale Botschaften gesendet, die AfD sich zu sehr an die Union angebiedert und versucht, sich den anderen Parteien anzugleichen, sagte er in einem Podcast nach der Wahl.
Andererseits ist nicht nur das eigene, sondern auch das Wahlergebnis der anderen Parteien eine schlechte Nachricht für die AfD, weil es jetzt eine Mehrheit für eine schwarz-rote Koalition gibt. Eine Regierungskoalition aus Union und SPD wird deutlich geräuschloser arbeiten als die Ampel. Denn der Wahlkampf hat gezeigt: So weit voneinander weg sind Union und SPD in ihren Inhalten nicht.
Für eine Partei, die auf Spaltung und Polarisierung setzt und Unzufriedenheit befeuert, ist das ein Problem. Grüne und Linke werden in der Opposition auf soziale Themen, Investitionen und Klimakrise setzen, der AfD bleibt nur das Thema Migration. Doch damit konnte sie zuletzt trotz der Gewalttaten in Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und München eben keine weiteren Wähler:innen gewinnen. In anderen Worten: Für das Spaltgeschäft der AfD wäre eine Dreierkoalition in der Bundesregierung die deutlich bessere Option gewesen, um in den kommenden Jahren weiter gegen „die da oben“ zu hetzen.
Radikale Vordenker wie Götz Kubitschek und Benedikt Kaiser fordern deshalb, die AfD solle sich mehr an Herbert Kickls FPÖ orientieren als an der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. In anderen Worten: Die AfD solle sozialer und radikaler werden und zu ihren extremen Ansichten und Forderungen stehen, anstatt sich selbst zu verharmlosen und die Nähe der Union zu suchen.
Redaktion: Isolde Ruhdorfer