Collage: Zwei Hände werfen je einen Stimmzettel in eine Wahlurne

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Politik und Macht

Alles, was du übers Wählen im Jahr 2025 wissen musst

Du hast sieben Minuten Zeit. Ich beantworte die wichtigsten Fragen. Los gehts!

Profilbild von Lea Schönborn
Reporterin

Mich haben in den vergangenen Wochen viele Menschen gefragt, ob die Erststimme noch wichtig ist, wie sie herausfinden, welche Direktkandidat:in bei ihnen im Wahlkreis Chancen hat, gegen einen Kandidaten der AfD zu gewinnen oder wie sie überhaupt herausbekommen, welche Partei wirklich zu ihnen passt.

Für diese Menschen ist dieser Text: Das Briefing zum Wählen:

1. Das Wählen 1 x 1
2. Was die Wahlrechtsreform für die Parteien bedeutet
3. Wie wichtig deine Erststimme jetzt noch ist
4. Ob Stimmen aufsplitten noch Sinn macht
5. Wann deine Stimme verloren ist
6. So findest du heraus, welche Partei am besten zu dir passt
7. So kannst du deine Wahlentscheidung treffen
8. Unnützes, aber interessantes Wissen über die deutsche Wahlgeschichte


1. Das Wählen 1 x 1 (spring darüber, wenn du es ohnehin schon weißt)

  • Wo du am Wahltag hinmusst, steht in deinen Wahlunterlagen. Viele Orte bieten auch online eine Wahllokalsuche an, gib einfach deinen Wohnort und „wo wählen“ in die Suchleiste deines Browsers ein.
  • Das musst du mitbringen: Perso oder Reisepass. Falls du deine Wahlbenachrichtigung verloren hast, ist das kein Drama. Es geht auch ohne, aber nimm sie lieber mal mit.
  • Am 23. Februar hast du von 8 bis 18 Uhr Zeit zu wählen.
  • Wenn du vorher schon weißt, dass du den ganzen Sonntag keine Zeit haben wirst oder im Ausland lebst, gibt es die Briefwahl. Wenn du die beantragt hast, bekommst du deinen Wahlzettel per Post zugeschickt. Du kannst ihn entweder per Post ans zuständige Amt zurückschicken oder ihn eigenhändig dort abgeben. Wenn du aus irgendeinem Grund doch am Wahltag wählen willst, kannst du auch einfach ins Wahlbüro gehen.
  • Falls du noch keine Briefwahlunterlagen beantragt hast, ist es dafür langsam etwas spät. Theoretisch soll die Beantragung laut der Bundeswahlleiterin bis zum Freitag, den 21.2., um 15 Uhr vor dem Wahlsonntag möglich sein, aber darauf würde ich mich nicht verlassen. Du kennst die Deutsche Post, die kleine Schwester der Deutschen Bahn.
  • Wenn du wählst: Du hast zwei Stimmen. Das bedeutet ein Kreuz in jeder Spalte. Bitte wirklich nur Kreuze machen. Sobald du auf dem Zettel herummalst oder Notizen machst, wird er ungültig!
  • Mit der Erststimme wählst du den:die Direktkandidat:in in deinem Wahlkreis. Das ist die Person, die dich im Bundestag vertreten soll.
  • Mit der Zweitstimme wählst du eine Partei. Die Zweitstimmen entscheiden darüber, zu wie viel Prozent eine Partei im Bundestag vertreten ist.
  • Bei Bundestagswahlen gilt eine Fünf-Prozent-Hürde. Parteien, die weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, kommen nicht in den Bundestag. Mit einer Ausnahme: Gewinnt eine Partei drei Direktmandate, ist sie trotzdem im Bundestag vertreten. Dazu später mehr.

Ich habe für dich hilfreiche Links zum Wählen gesammelt. Du findest sie in der Anmerkung. Klicke auf das kleine Plus-Zeichen.

2. Was die Wahlrechtsreform für die Parteien bedeutet

Die Ampel-Regierung hat 2023 eine Wahlrechtsreform durchgesetzt. Seither gibt es keine sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate mehr.

Ein Mandat ist ein politischer Vertretungsauftrag. Oder einfacher formuliert: Ein Mandat steht für eine:n Abgeordnete:n im Bundestag. Überhangmandate sind Extra-Mandate, die eine Partei bekommen hat, wenn mehr Direktkandidat:innen ihren Wahlkreis gewonnen haben, als die Partei an Zweitstimmen geholt hat. Im Ausgleich dafür, damit das Verhältnis der Stimmanteile weiter stimmt, haben die anderen Parteien auch zusätzliche Abgeordnete in den Bundestag schicken dürfen. Dadurch ist der Bundestag immer größer geworden. Aktuell sitzen dort 736 Abgeordnete, ab dieser Wahl sollen es nur noch 630 Abgeordnete sein.

Das heißt für diese Wahl, dass nur so viele Abgeordnete in den Bundestag kommen, wie die Partei Zweitstimmen erhalten hat. Wer als Direktkandidat:in gewählt wurde, hat also keine Garantie mehr, in den Bundestag zu kommen.

3. Deine Erststimme ist nicht mehr so wichtig wie vor der Reform, aber auch nicht egal

Ich wurde gefragt, ob die Erststimme jetzt quasi egal ist.

Sie ist nicht mehr so wichtig wie vor der Wahlrechtsreform. Aber egal ist sie nicht. Für deinen Wahlkreis macht es einen Unterschied, wer ihn repräsentiert. Denn die Politiker:in, der oder die bei dir gewählt wird, ist für die Vertretung der Belange deines Wahlkreises verantwortlich.

Mit der Erststimme kannst du auch beeinflussen, ob ein:e AfD-Kandidat:in aus deinem Wahlkreis in den Bundestag kommt oder nicht. Die AfD ist bei Direktmandaten stark. Es kann also eventuell sinnvoll sein, den oder die aussichtsreichste demokratische Kandidat:in in deinem Wahlkreis zu wählen.

Wer das sein könnte, kannst du über Zweitstimme.org oder die Berechnungen von YouGov herausfinden.

Zweitstimme.org ist eine Plattform, die von Wissenschaftler:innen der Uni Mannheim erstellt wurde. Auf der Webseite kannst du deinen Wahlkreis eingeben und dir wird angezeigt, wie die Gewinnchancen der jeweiligen Kandidat:innen sind. Die Berechnungen von Zweistimme.org beruhen aber nur auf Berechnungen auf Bundesebene. Es kann also gut sein, dass das Wahlergebnis einzelnder Kandidierender davon abweicht. Yougov ist ein internationales Meinungsforschungs- und Datenanalyseunternehmen. Mit beiden Plattformen in der Kombi kannst du ungefähr einschätzen, welche Chancen der oder die AfD-Kandidat:in in deinem Wahlkreis hat und wer die besten Chancen hat, gegen ihn oder sie zu gewinnen.

Es ist also Obacht geboten: Wie alle in diesem Text empfohlenen Tools sind auch Zweitstimme.org oder die Berechnungen von Yougov nicht perfekt. Du kannst nicht davon ausgehen, dass es genauso eintreten wird, wie die Tools es vorhergesagen. Es sind Prognosen. Und Prognosen können falsch liegen. Informiere dich also am besten vielfältig und verlasse dich nicht auf eine einzelne Quelle.

4. Stimmen aufsplitten macht nicht immer Sinn, aber manchmal schon

Ungefähr ein Viertel der Menschen in Deutschland hat bei der letzten Bundestagswahl mit der Erststimme eine andere Partei gewählt als mit der Zweitstimme. Das heißt „Stimmensplitten“.

Ab diesem Jahr macht es weniger Sinn. Denn bisher war es so, dass der Sieger deines Wahlkreises in jedem Fall nach Berlin kommt. Die Gewissheit gibt es jetzt nicht mehr. Wer also sichergehen will, dass der präferierte Direktkandidat reinkommt, sollte auch mit der Zweitstimme die Partei des Kandidaten stärken.

Wer aber davon ausgeht, dass die Anzahl der Direktkandidat:innen deiner präferierten Partei nicht die Zahl der Zweitstimmen übersteigen wird, kann getrost weiter seine Stimmen splitten. Mehr Direktkandidat:innen als Zweitstimmen sind nur bei der Union und der AfD wahrscheinlich.

5. Ja, deine Stimme ist verloren, wenn deine Partei nicht in den Bundestag kommt

Es gibt sehr, sehr viele Kleinparteien, die keine Chance haben, in den Bundestag zu kommen. Bei dieser Bundestagswahl ist es vielleicht so wichtig wie bei keiner anderen: Wenn du deine Stimme einer Partei gibst, von der du weißt, dass sie es nicht schafft, stärkst du damit anteilig die AfD. Warum, erkläre ich in diesem Text.

Es gibt aber auch drei größere Parteien, deren Namen du wahrscheinlich kennst, bei denen es unsicher ist, ob sie den Sprung schaffen: bei der FDP, dem BSW und der Linken. Aktuell steht die FDP bei vier Prozent und das BSW bei 4,6 Prozent. Die Linke ist seit ein paar Wochen im Aufwind und liegt jetzt bei knapp über fünf Prozent. Außerdem hat die Linke auch Chancen auf drei Direktmandate. Die Zeit hat die aktuellen Umfragen schön aufgearbeitet, da kannst du immer mal wieder vorbeischauen, um zu sehen, wie der Stand ist.

Es ist also auf jeden Fall eine Überlegung wert, bei der Bundestagswahl eine Partei zu wählen, die relativ sicher reinkommt. Es ist aber auch eine Überlegung wert, die Stimme zu sein, die die Partei über fünf Prozent – oder zu den drei Direktmandaten trägt.

6. So findest du heraus, welche Partei am besten zu dir passt

Du kannst die folgenden Tools nutzen, aber schalte deinen Verstand nicht aus. Und wenn du sie nutzt, dann am besten mehrere.

Normalerweise lässt du dir ja auch nicht von deinem Partner oder deiner besten Freundin vorschreiben, was du isst oder welchen Film du schaust. Oder? Ich kenne von mir, dass ich mir manchmal gerne sagen lasse, nimm die Pasta und nicht die Pizza, weil es mir Denkarbeit abnimmt.

Die Wahl ist aber die allerletzte Situation, bei der du die Empfehlung einer Person oder eines Tools einfach übernehmen solltest.

Mehr zum Thema

  • Es gibt den Wahl-O-Mat, von dem du sicher schon mal gehört hast. Gut daran: Es sind alle Parteien und eine Bandbreite an Themen vertreten. Es macht Spaß, sich durchzuklicken. Du kannst angeben, welche Themen dir besonders wichtig oder welche dir egal sind und die werden dann bei der Auswertung verstärkt oder gar nicht berücksichtigt. Schlecht daran: Zur Auswertung werden nur die Parteiprogramme der Parteien berücksichtigt und nicht die tatsächliche Politik, die die Parteien im Bundestag vertreten.
  • Die Transparenzplattform „Frag den Staat“ hat den Real-O-Mat als Alternative zum Wahl-O-Mat entwickelt. Dort werden deine Angaben mit dem tatsächlichen Abstimmungsverhalten der Abgeordneten abgeglichen. Aber auch das hat Nachteile: Parteien in der Regierung stimmen anders ab als Parteien in der Opposition. Nur weil die FDP für ein Klimaschutzgesetz gestimmt hat, heißt das nicht, dass die Partei auch tatsächlich dafür einsteht. Es kann sein, dass sie nur dafür gestimmt hat, weil sie im Austausch etwas anderes von der SPD und den Grünen bekommen hat.
  • Mit dem Kandidierenden-Check kannst du die Direktkandidat:innen in deinem Wahlkreis darauf prüfen, wie gut sie zu deinen Einstellungen passen. Der Kandidierenden-Check wurde von „Abgeordneten-Watch“ entwickelt, einer unabhängigen Internetplattform.
  • Wenn dir bestimmte Themen wichtig sind: Viele Medien haben die Wahlprogramme durchgelesen und auf bestimmte Themengebiete hin verglichen. Wir haben uns zum Beispiel angeschaut, was die Parteien für Kinder und Jugendliche oder für queere Menschen fordern.
  • Es gibt auch Wahl-O-Maten, die sich explizit mit bestimmten Themenbereichen beschäftigen. Zum Beispiel Wahltraut: Diese Wahlhelferin beschäftigt sich nur mit Gleichstellungspolitik. Etwas Ähnliches gibt es auch für Steuerpolitik, den Steuer-O-Mat. Der wurde von einer Online-Steuersoftware-Plattform entwickelt.

7. So kannst du deine Wahlentscheidung treffen

Es gibt verschiedene Optionen.

  • Ich habe in diesem Text erklärt, wie du wählen kannst, um deine Wahlziele zu erreichen. Dort steht zum Beispiel, was du tun musst, um die AfD möglichst kleinzuhalten oder was, um Merz als Kanzler zu verhindern.
  • Rico Grimm hat hier erklärt, wann es sinnvoll ist, Kleinparteien zu wählen – und wann nicht.
  • Und Livio Koppe hat erklärt, wie man eine Wahlentscheidung trifft, wenn es einem schwerfällt. 40 Prozent der Wähler:innen wissen drei Wochen vor der Wahl noch nicht, wen sie wählen werden!

Hoffentlich weißt du es jetzt. Viel Erfolg. Kommen wir zum vergnüglichen Teil.

8. Unnützes, aber interessantes Wissen über die deutsche Wahlgeschichte

  • Wenn du unter 40 Jahren alt bist, fühlt es sich anders an, aber am häufigsten haben die Union und die FDP gemeinsam regiert (nicht die GroKo).
  • Am häufigsten regierungsbeteiligt waren ebenfalls Union und FDP, beide insgesamt 15-mal.
  • Alle demokratischen Parteien würden aktuell nicht mit der AfD koalieren, sagen sie. Die Union aber auch nicht mit der Linken. Das haben sie 2018 auf einem Parteitag festgelegt.
  • Alice Weidel hat ihren eigenen Wahlkreis am Bodensee noch nie gewonnen und wird ihn voraussichtlich auch in diesem Jahr nicht gewinnen.
  • Unter der Wahlrechtsreform leiden voraussichtlich vor allem die Union und die AfD, weil diese beiden Parteien bei Direktmandaten besonders stark sind. So stark, dass einige der Direktkandidat:innen trotz ihrer Wahlsiege in ihren Wahlkreisen nicht in den Bundestag kommen könnten, weil die Partei nicht so viele Zweitstimmen wie Direktmandate hat.

Und, sag mal: Bist du auch so neugierig, ob es wieder gute Selfies von den Koalitionsverhandlungen geben wird?


Redaktion: Rico Grimm, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos; Audioversion: Iris Hochberger

Alles, was du übers Wählen im Jahr 2025 wissen musst

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