Die Abendsonne taucht die Boote am Ufer des Unteruckersees in ein berückend schönes Licht. Das Wasser ist klar, die Luft frisch, am Horizont zeichnen sich die Doppeltürme der Marienkirche in Prenzlau ab. Doch der Angler, der gerade seine Sachen zusammenpackt, hat schlechte Laune.
Natürlich habe er Zeit zum Angeln, sagt er, auf sein Hobby angesprochen. Er sei mit seinen 61 Jahren nämlich seit rund zwei Jahren unfreiwillig im Vorruhestand. „Und jetzt sitz ich da mit meiner kleinen Rente.“ Nein, meint er, die Wende sei keine zum Guten gewesen. Die hohe Arbeitslosigkeit, dass die Jungen wegziehen, das habe man doch den Kapitalisten aus dem Westen zu verdanken. Sein Groll ist durchaus verständlich: Hier, im Landkreis Uckermark im Nordosten Brandenburgs, sind im Jahresdurchschnitt nach wie vor mehr als 15 Prozent der Bevölkerung ohne Job. So viele wie nirgendwo sonst in Deutschland.
Vor „Sipl´s Kaffee- und Brothaus“, im Herzen von Beilngries, ist die Stimmung eine andere. Hier sitzen fünf junge Männer auf Korbstühlen und stoßen auf das Wochenende an. Die Sonne scheint, das erste Bier schmeckt. Ja, meint dann Johannes, der Älteste in der Runde, sie hätten es mit ihrer oberbayerischen Heimat gut erwischt. „Hier lockt uns keiner weg“, sagt er und erntet Zustimmung bei seinen Freunden, die nie woanders lebten und auch nicht leben wollten. Warum auch? 1,3 Prozent beträgt im Landkreis Eichstätt die durchschnittliche Arbeitslosigkeit; Vollbeschäftigung, seit Jahren schon. Das ist bundesweit ohne Vergleich.
Ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung, das wird deutlich, gibt es noch immer zwei Deutschland: eins mit viel und eins mit wenig Arbeit. Doch wie lebt es sich mit der niedrigsten Arbeitslosenquote und wie mit der höchsten?
Anton Knapp beispielsweise hat Glück. Er residiert als Landrat von Eichstätt im barocken Prunk des ehemaligen Bischofssitzes – und kann nicht klagen. Der Politiker mit kahlem Haupt und wachem Blick ist ein Mann der CSU und „ein Mann der Wirtschaft“, wie der 60-Jährige über sich selbst sagt. „Auf einer funktionierenden Wirtschaft baut alles auf“, davon ist er überzeugt. Erst dadurch nämlich könnten all die anderen Bedürfnisse der Menschen befriedigt werden, soziale, schulische, kulturelle. „Partner sein für die Betriebe“, nennt sein Wirtschaftsförderer Georg Stark das wichtigste Ziel.
Dass sie viele der industriellen Neuansiedlungen im Süden des Landkreises der aufstrebenden Audi AG im direkt angrenzenden Ingolstadt zu verdanken haben, räumt Stark zwar ein. „Aber wir haben die Chancen eben auch genutzt“, setzt er, fast ein wenig trotzig, hinterher. Das Wirtschaftswunder von Eichstätt alleine mit der Nähe zu Audi erklären zu wollen, greife ohnehin zu kurz. So liegt man im insgesamt florierenden Vorzeigeland Bayern nicht nur genau im Zentrum, auch die Lage zwischen den Ballungsgebieten Augsburg und Regensburg, Nürnberg und München, direkt angebunden über die A9 und jeweils keine Stunde entfernt, ist sicher kein Nachteil.
„Unsere Lebensader“, nennen sie die Autobahn hier liebevoll. Glücklich ist Landrat Knapp zudem über den ebenso bodenständigen wie vielfältigen Mittelstand, der auch in den Krisenjahren 2008 und 2009 möglichst auf Entlassungen verzichtet habe. Da könne man auch ein bisschen stolz drauf sein, meint er. Hinzu kommt die Kreisstadt, 13.000 Einwohner groß, und damit kleinste Universitätsstadt Deutschlands, dazu der Bischofssitz. 25.000 Bürger hat man unter solchen Rahmenbedingungen in den vergangenen 25 Jahren im Kreis dazugewonnen, für die nun 125.000 Einwohner wurden in den vergangenen Jahren allein drei weiterführende Schulen neu gebaut.
Der Landkreis Uckermark kann von so etwas nur träumen. Hier hat man nicht nur schmerzhafte Schulschließungen hinter sich, seit der Wiedervereinigung hat der Kreis rund 50.000 seiner einst 170.000 Einwohner verloren. Das ist fast ein Drittel. Und es geht weiter abwärts. Dietmar Schulze weiß das. Er rechnet mit noch 100.000 Uckermärkern im Jahr 2030. „Das ist eine Herausforderung“, sagt er nüchtern – und will nicht klagen. Er ist der Landrat, erster Bürger im Kreis. Da muss man ein Kämpfer sein, auch wenn Schulze mit seinem graumelierten Bart und der Schiebermütze eher gemütlich wirkt. Doch was er vorzuweisen hat, das ist nicht ohne.
Zum ersten Mal seit 1997 habe man im strukturschwachen Kreis 2013/14 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, berichtet er zufrieden. Er nennt die Re-Kommunalisierung der Abfallwirtschaft oder auch der Rettungsdienste als zwei Gründe der positiven Entwicklung. Stolz ist Dietmar Schulze auch auf die Installation des so genannten „kombiBUS“-Systems im Kreis, das die alte Postkutsche imitiert und neben Menschen „auch wieder Käse und Fleisch transportiert“, bis in die entlegensten Dörfer. Darüber hinaus habe man 2013 den Bundespreis bekommen für nachhaltigen Tourismus, berichtet er. Auch in Sachen Chemieindustrie oder Papierherstellung kann die Region punkten, dazu mit mittlerweile 1.500 Solar- und mehr als 500 Windkraftanlagen im Kreis. An Ideen und Engagement fehlt es wahrlich nicht.
Fakt ist allerdings auch, dass zu DDR-Zeiten einst ein Drittel der Beschäftigten der Region im Agrarbereich tätig waren, inzwischen sind es nur noch etwa fünf Prozent. Ein ähnliches Bild in der Raffinerie in Schwedt, der einst zweitgrößten der DDR: Mehr als 8.000 Menschen hätten dort einst gearbeitet, berichtet der Landrat. Heute sei das Unternehmen privatisiert, eine hochmoderne, „eine Super-Raffinerie“, wie Schulze sie nennt. „Aber es arbeiten nur noch 1.500 Leute dort. Wo sind die anderen geblieben?“
Dietmar Schulze kennt die Antwort freilich. Der drastische Arbeitsplatzabbau traf fast alle DDR-Betriebe nach der Wende; ob durch notwendige Modernisierungsmaßnahmen oder durch skrupellose Subventionsjäger, das lässt sich zuweilen kaum auseinanderhalten. “Hier ging ja alles so abrupt. Es reicht bislang hinten und vorne nicht“, sagt der SPD-Mann, als sei dies alles erst kürzlich passiert – und warnt plötzlich doch davor, dass ganze Landstriche abgehängt werden könnten, wenn die Bundespolitik nicht gegensteuere. Dass man die Zahl der Touristen in der landschaftlich äußerst reizvollen Region in den vergangenen Jahren glatt verdoppelt hat, ist da nur ein schwacher Trost. Die Uckermark ist eine ausblutende Schönheit.
Eine grandiose Natur, allem voran die berühmten Wacholderheiden, die den Feriengästen so gut gefallen, gibt’s in Eichstätt hingegen als Bonus zur florierenden Wirtschaft obendrauf. Von den prächtigen Renaissance- und Barockbauten in der Kreisstadt, Zeugnisse der fürstbischöflichen Epoche, ganz zu schweigen.
Geradezu schmucklos wirkt dagegen die Eichstätter Geschäftsstelle der Arbeitsagentur. Stephan Vielberth ist hier der Chef, er war schon oft in der Zeitung. 1,3 Prozent Arbeitslosigkeit, das interessiert die Leute. „Sie werden wohl nichts zu tun haben“, diesen Satz hat der 42-Jährige oft gehört. Und doch bleibe er falsch, wie der smarte Diplom-Verwaltungswirt gleich klarstellt. „Es gab in meinen fünf Jahren noch keinen Tag, an dem sich nicht jemand hätte arbeitslos melden müssen“, sagt er. Und klar, auch hinter 1,3 Prozent verbergen sich echte Menschen, rund 900 an der Zahl. Doch wer bleibt in einer solch prosperierenden Region wie Eichstätt letztlich ohne Arbeit?
Es sind laut Vielberth vor allem Frauen, die nach der Familienphase wieder einsteigen wollen, denn Teilzeitjobs sind wie fast überall Mangelware. Ein wenig Sorgen macht er sich auch um Ältere, die ihre Arbeit verlieren. Mittlerweile seien ein Drittel ihrer Kunden über 50. Häufig sei das Alter der Grund für eine Absage, da ist er sich sicher. „Aber das sagt natürlich niemand offen.“
Doch auch in diesem Punkt findet laut Agenturchef langsam ein Umdenken in den Unternehmen statt. Diese haben nämlich, das ist die Kehrseite der überragenden Beschäftigungsquote, inzwischen immer größere Schwierigkeiten, ihre Positionen zu besetzen. Ingenieure und Kaufleute etwa werden stets gesucht, „die holen wir inzwischen sogar als Senior-Experten wieder aus dem Ruhestand in die Betriebe zurück“, sagt er.
Für Stephan Vielberth steht daher fest: „Wer bei uns arbeiten will, der findet Arbeit. Aber vielleicht nicht adäquat.“ Hinter diesem Nachsatz verbirgt sich in der Region vor allem: Zeitarbeit, Leiharbeit, befristete Beschäftigung. Nur damit lassen sich die 4.381 Arbeitslosenmeldungen, denen 4.306 Abgänge gegenüber stehen, wie Stephan Vielberth sie etwa für 2013 ausweist, wirklich erklären. Die 1,3 Prozent wirken lediglich statisch, sie sind es keineswegs. Das sei die ungeheure Dynamik, die in einem gesättigten Arbeitsmarkt drinstecke, formuliert Vielberth zunächst positiv. Dann spricht er in Bezug auf Zeitarbeit und Befristung allerdings auch vom gefürchteten Drehtüreffekt. „Das führt schon dazu, dass einige immer wieder zu uns kommen.“
Auch zu den 290 Mitarbeitern von Michael Steffen kommen immer wieder die gleichen Leute. Der 41-Jährige ist Leiter des Jobcenters Uckermark in Prenzlau. Wer hier oder in einer der Außenstellen in Schwedt, Angermünde oder Templin landet, ging in der Regel länger als ein Jahr keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, erhält somit Hartz IV. In der Uckermark macht diese Gruppe mehr als drei Viertel aller Arbeitslosen aus, umfasst 15.000 Personen. Zum Vergleich: Im etwas bevölkerungsreicheren Landkreis Eichstätt liegt diese Quote um die 30 Prozent – und umfasst rund 300 Personen.
Was Michael Steffen am meisten bedrückt, das ist die hohe Sozialquote, wie das im Fachjargon heißt. Im Klartext: „Jedes dritte Kind in der Uckermark lebt in einer Familie, die Sozialleistungen empfängt“, berichtet er. Es gebe Familienväter, die mit der Wende in die Arbeitslosigkeit gerutscht seien, „und die seitdem nie wieder am ersten Arbeitsmarkt aufgetaucht sind“. Deren Kinder seien längst erwachsen, hätten oft selber Kinder. „Diese haben noch nie erlebt, wie es ist, zu arbeiten. Und das in der mittlerweile dritten Generation!“ Für Steffen ist deshalb klar: An diese Kinder muss man rankommen, schnell. Gemeinsam mit den Jugendämtern, den Schulen und sozialen Trägern wird daher bereits in der Schulzeit begonnen, den Nachwuchs zu begleiten, zu fördern – und ihn zu befähigen, später für sich selbst sorgen zu können.
Es ist ein Kampf. Doch einer, der sich lohnen könnte. Etwa 3.000 Menschen im Jahr bekomme man durchschnittlich in Arbeit, erklärt Michael Steffen nicht unzufrieden. Es könnten noch mehr sein: Dorit Adler, Arbeitsagenturchefin in Schwedt, wartete mit der größten Überraschung auf. Sie spricht von Fachkräftemangel, ganz im Ernst. „Der komplette Pflegebereich, Physiotherapeuten, auch Elektroinstallateure und Friseure, da schlagen sich die Arbeitgeber drum“, weiß sie. Denn es sind vor allem die abgewandertem Jungen, die der Region nun fehlen. Den Kampf um die Älteren, den hat man hingegen faktisch aufgegeben. Dies sagt niemand direkt, doch es klingt immer wieder durch. Etwa dann, wenn Landrat Schulze von „echten Schicksalen“ spricht, als er auf das Zehntel der Bevölkerung zu sprechen kommt, den Abgehängten, die bis heute nie im kapitalistischen System angekommen sind. Immerhin können diese sich als Opfer der gesellschaftlichen Umstände sehen.
In Eichstätt ist das anders: „Der Stellenverlust ist bei uns nach wie vor ein Stigma“, meint Klaus Henning Eggert, Berater im Arbeitsamt. Wer sich auf den Weg zu ihm machen muss, will ungern dabei gesehen werden. Hier, in Oberbayern, ist man kein Opfer der Umstände, hier scheitert man individuell. Das weiß auch Hans Wiesner, der sein Büro im selben Haus hat. Wiesner ist Schuldnerberater bei der Caritas und hat überraschend gut zu tun. „Der Beratungsbedarf bei uns ist ungebremst“, sagt der Pädagoge. Eine Erklärung sind die im Zuge des wirtschaftlichen Aufstiegs deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten in der Region.
Wiesner holt die Zeitung vom vergangenen Wochenende und sucht nach den Immobilienanzeigen. „Sehen Sie“, ruft er plötzlich aus. „330.000 Euro für eine 100-Quadratmeter-Neubauwohnung im Zentrum von Eichstätt.“ Das seien ja beinahe Großstadtverhältnisse. Für viele Normalverdiener, da ist er sich sicher, sei das eigentlich gar nicht mehr zu stemmen. Geschieht dann noch Unvorhergesehenes, wird es nicht selten eng. Ob teure Scheidung, Krankheit oder Unfall – es gibt dem Berater zufolge viele Gründe, warum ein Lebens- und ein damit zusammenhängendes Finanzierungskonzept den Menschen um die Ohren fliegen können. Überall. „Die Statistik“, sagt Wiesner, „schützt den Einzelnen nicht.“
Das ältere Ehepaar aus dem kleinen brandenburgischen Dorf, auf halbem Weg zwischen Angermünde und Schwedt gelegen, weiß, wie sich Finanznot anfühlt. Er ist teilerwerbsunfähig, wie er erzählt, sie hat einen 100-Euro-Job, die fünf Kinder sind mittlerweile aus dem Haus. Ansonsten leben beide seit Jahren von Hartz IV und ihrer kleinen Landwirtschaft. Ein paar Schweine, Hühner und Enten hätten sie, „für den Eigenbedarf“, wie sie sagen. Es ist ein nicht untypisches Modell in der Gegend.
Als sie 1984 hier angekommen seien, habe jeder Arbeit gehabt, erinnert sie sich. „Die meisten in der Landwirtschaft.“ Nach der Wende sei dann ein holländischer Investor gekommen, habe den größten Hof der LPG gekauft, Fördermittel kassiert und nichts investiert, behauptet ihr Mann. Jetzt würden die meisten Flächen von einer einzigen großen Agrar-GmbH betrieben. Wer dort letztlich Arbeit gefunden und wo die Gesellschaft ihren Sitz hat? Die beiden schütteln nur den Kopf. Sie wissen es nicht – und es ist ihnen im Grunde auch egal.
„Wir fühlen uns hängengelassen“, sagt sie, guckt die Straße entlang. Es ist kurz vor sieben am Abend und niemand zu sehen. Viele Häuser im Dorf stehen schon lange Zeit leer; einen Steinwurf entfernt verfällt ein ehemaliger Bauernhof, das Dach ist besorgniserregend schief. Eine Kneipe, einen Laden, selbst einen Bäcker sucht man hier vergeblich. Kein Zweifel, für das Ehepaar hat ihre Heimat, die Uckermark, ihre Zukunft längst hinter sich.
Ariane Böttcher sieht das ganz anders. Die junge Frau, aufgewachsen in Prenzlau und Templin, ist Vorsitzende des Vereins „Zuhause in Brandenburg“ und hat mit ihren Mitstreitern 2013 die „Willkommensagentur Uckermark“ gegründet. Denn in einem sind sich die Mitglieder einig: Die Uckermark ist lebenswert, hat Charme und Potenzial und kommt in der öffentlichen Darstellung einfach viel zu schlecht weg. Ihre wichtigste Aufgabe sehen die Initiatoren darin, „möglichst viele Menschen für ein Leben und Arbeiten hier zu begeistern“. Und so unterstützt die Willkommensagentur Rückkehrer und Zuzügler auf ihrem Weg in die Uckermark, ob durch Hilfe bei der Suche nach einer Wohnung, der geeigneten Kinderbetreuung oder Informationen über Freizeitangebote.
Es sind zweifellos die Kreativen, die Unverzagten, die sich gegen den prophezeiten Niedergang der Region stemmen – mit zuweilen beachtlichem Erfolg. Rund 200 Menschen nahmen im ersten Jahr das Beratungsangebot in Anspruch, etwa 70 davon, fast ausnahmslos Fachkräfte, seien jetzt erstmals oder wieder in der Uckermark zu Hause, berichtet der Verein.
Doch es sind offensichtlich noch zu wenige, um etwa die „Uckermark-Passagen“, ein vermeintliches Vorzeige-Projekt aus der Nachwendezeit in Schwedt, mit ausreichend Kunden zu versorgen. Der Komplex steht schon seit Jahren leer, ein Bauzaun drum herum. Die Schwedter Tafel hingegen, dort, wo all die Bedürftigen für einen Euro einkaufen können, hat jeden Tag geöffnet, vormittags und nachmittags, Woche für Woche, trotz weiterer Tafeln in Prenzlau und in Angermünde. Zum Vergleich: Die Tafel in Eichstätt, die einzige im gesamten oberbayerischen Landkreis, hat immer nur am Donnerstag geöffnet. Für zwei Stunden.
Und doch, es entspricht einfach der Mentalität in Oberbayern, macht man sich dort Sorgen um die wenigen leerstehenden Läden in der Kreisstadt. „Unser Wunsch ist, dass es allen gutgeht“, umreißt der Landrat den Anspruch an sich selbst. Und so hat man bereits 2008 zusammen mit der Stadt Ingolstadt, zwei benachbarten Landkreisen sowie zahlreichen Unternehmen die Initiative „Irma“ gegründet“. Ziel der Kooperation ist die weitere Stärkung der Region, ob durch Aktionstage für Jugendliche, die Unterstützung gemeinnütziger Projekte oder die Installation eines Gründernetzwerks. Nicht stehen bleiben, sich nicht auf dem Erfolg ausruhen, heißt die Devise.
Nur einer zieht kaum einen Vorteil aus der enormen Wirtschaftskraft der Region: der bedauernswerte Mercedes-Händler in der Eichstätter Sollnau, dem örtlichen Industriegebiet. Die meisten der vielen, die es sich hier leisten könnten oder aus Prestigegründen eigentlich leisten sollten, einen Wagen mit Stern zu fahren, verzichten aus lokalpatriotischen Gründen darauf. Der Bürgermeister, der Landrat, ja sogar der Bischof, sie fahren alle Audi.
Der vorliegende Text ist ein Auszug aus dem Buch:
Graf, Achim: „Zwei Deutschland. Eine Reise durch Regionen mit viel und wenig Arbeit“, Hamburg 2015, 124 Seiten, 11,90 Euro.
2 Reportagen und 16 Porträts aus den Landkreisen Uckermark und Eichstätt, mitfinanziert durch ein Krautreporter-Crowdfunding im April 2014.
Aufmacherbild: Das linke Bild zeigt den Marktplatz von Eichstätt. Auf dem prächtigen Brunnen in der Mitte steht eine Statue des heiligen Willibald, dem ersten Bischof und Stadtpatron. Das rechte Bild zeigt die weniger schöne Seite der Uckermark: Ein Einkaufszentrum in Schwedt ist seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Es fehlte an Kundschaft.
Fotos: Achim Graf.