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Heute geht es mal um ein anderes Land als Russland, es geht um Iran. Dort protestieren seit Wochen massenhaft junge Menschen gegen das Regime.
Meine Kolleg:innen haben dazu einen neue Serie gestartet, sie heißt „Revolution! Wie macht ein Land sich frei?”
Denn dieses Regime hilft Russland bei seinem Krieg gegen die Ukraine. Warum und wie genau, das erkläre ich dir heute. Außerdem beantworte ich die Frage, wie der Krieg enden könnte und gebe dir eine kleine Portion Hoffnung mit.
Was ist gerade wichtig?
Seit Wochen heult in verschiedenen ukrainischen Städten der Luftalarm noch öfter als sonst: Russland greift verstärkt zivile Ziele an. Den Angriffen fallen nicht nur Zivilist:innen zum Opfer, sondern auch die kritische Infrastruktur. Etwa 40 Prozent der Energieanlagen sind bereits beschädigt worden, weshalb immer wieder der Strom ausfällt und es oft kein fließendes Wasser gibt. Russland benutzt dafür iranische Kamikaze-Drohnen. Zwar streiten Russland und Iran das offiziell ab, doch kein:e Expert:in zweifelt daran, dass Drohnen aus dem Iran in der Ukraine verheerende Schäden anrichten.
Was hat Iran davon?
Iran und Russland haben ideologische Gemeinsamkeiten: Man könnte sie als von der Weltgemeinschaft isolierte, machthungrige und leider ziemlich gewaltbereite Staaten bezeichnen. Sie sehen „den Westen“ als Feind und sich selbst als Opfer der Sanktionspolitik. Beide Länder leiden unter den Wirtschaftssanktionen verschiedener westlicher Staaten. 2018 kündigte der damalige US-Präsident Donald Trump einseitig das Atomabkommen mit Iran, woraufhin die Sanktionen in Kraft traten. Russland wird schon seit der Annexion der Krim 2014 sanktioniert, vor allem aber seit Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar.
Die beiden Länder standen schon im Krieg in Syrien auf einer Seite. Beide unterstützten den syrischen Diktator Baschar al-Assad und halfen ihm, die Aufstände gegen Assad niederzuschlagen. Heute sehen sie sich als Verfechter einer neuen Weltordnung, in der die USA eine kleinere Rolle spielen sollen.
Genau wie Russland will Iran eine Hegemonialmacht sein und hat dafür schon Bündnisse mit verschiedenen nichtstaatlichen Organisationen geschlossen, zum Beispiel mit der Terrororganisation Hisbollah im Libanon. Indem Iran den Krieg in der Ukraine anheizt, versucht er vermutlich, den Westen zu schwächen und von seinem eigenen Machtstreben im Nahen Osten abzulenken. Nebenbei kann Iran noch seine Drohnen in der Ukraine testen und sie perfektionieren.
Die Frage der Woche
KR-Mitglied Felix fragt: „Welche Lösungen des Konfliktes oder Schritte für einen Frieden kann es tatsächlich geben?“
Der russische Krieg in der Ukraine könnte noch Monate oder sogar Jahre dauern. Trotzdem ist es sinnvoll, sich über mögliche Szenarien eines Kriegsendes Gedanken zu machen. Ganz simpel wäre natürlich eine militärische Lösung. Russland besiegt die Ukraine oder umgekehrt. Oder beide Seiten sind so erschöpft, dass sie nicht mehr weiterkämpfen wollen. Hier stellt sich aber auch die Frage, was genau ein militärischer Sieg für die Ukraine bedeutet. Wäre der Sieg schon errungen, wenn sie die russische Armee auf ihre Position von vor dem 24. Februar zurückdrängt? Oder gehört dazu auch die vollständige Rückeroberung der Krim und der sogenannten „Volksrepubliken“ im Donbas?
Die zweite Möglichkeit ist, dass die Ukraine aufgibt. Seit Wochen attackiert Russland die zivile Infrastruktur in der Ukraine und will vermutlich genau das erreichen: Abgeschnitten von Strom und Heizung soll die ukrainische Bevölkerung ihren Widerstandsgeist verlieren. Eine aktuelle Umfrage des Kyiv International Institute for Sociology zeigt aber einen anderen Trend. Demnach sind 86 Prozent der Befragten der Meinung, dass der bewaffnete Kampf fortgesetzt werden müsse, auch wenn der Beschuss anhalte. Zehn Prozent sind der Meinung, dass man verhandeln müsse, um den Beschuss so schnell wie möglich zu beenden, auch wenn dafür Zugeständnisse an Russland erforderlich seien.
Ein drittes Szenario für ein Ende des Krieges setzt auf Machtkämpfe in Moskau. Inzwischen ist wohl auch den meisten Menschen in Russland klar, dass der Angriffskrieg nicht nach Plan verläuft. Immer öfter kritisieren deshalb auch Personen aus der Machtelite Wladimir Putin. Prominente Kritiker sind Ramsan Kadyrow, Machthaber der tschetschenischen Teilrepublik, und Jewgeni Prigoschin, Oligarch und Chef der Söldnertruppe Wagner.
Manche prognostizieren deshalb Machtkämpfe in Moskau, die schließlich dazu führen könnten, dass sich Russland aus der Ukraine zurückzieht. Der Historiker Timothy Snyder hat das in einem viel beachteten Aufsatz so zusammengefasst: „Der Krieg endet, wenn die ukrainischen militärischen Siege die russischen politischen Realitäten verändern.” Dieser Prozess habe seiner Meinung nach bereits begonnen.
Die vierte Möglichkeit ist, dass die Ukraine und Russland miteinander verhandeln. Doch Russland wird erst an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn es keine Möglichkeit mehr sieht, den Krieg militärisch zu entscheiden. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte kürzlich, je stärker die Ukraine auf dem Schlachtfeld sei, desto wahrscheinlicher sei eine politische Lösung, bei der die Ukraine als souveräne Nation überleben könne.
Hast du eine Frage zum Krieg in der Ukraine? Dann nimm jetzt an meiner Umfrage teil.
Der Link der Woche
Russland attackiert Infrastruktur in der Ukraine, auch Zivilist:innen fallen im ganzen Land den Angriffen zum Opfer. Zuletzt sorgten Raketeneinschläge mitten in Kyjiws Zentrum für Entsetzen. Aber wer steckt hinter diesen Angriffen? Eine Recherchegruppe von Der Spiegel, The Insider und der Enthüllungsplattform Bellingcat haben eine geheime Armee-Einheit entdeckt, deren Mitglieder diese Raketen programmieren. Es ist eine Gruppe junger Männer und Frauen, manche von ihnen kommen aus der IT oder sogar der Gaming-Szene. Die ganze Recherche findest du hier auf Deutsch hinter der Paywall und hier auf Englisch, aber frei zugänglich.
Die Hoffnung der Woche
Er kümmert sich um Essen für Menschen und Tiere: Nate Mook ist Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation World Central Kitchen, die Menschen in Krisenregionen mit Essen versorgt. Gerade ist Mook in der Ukraine – und hat vor der Hundefutterstation ein putziges Foto aufgenommen:
Redaktion: Lisa McMinn, Schlussredaktion: Thembi Wolf, Bildredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Iris Hochberger