Hier ist Isolde, mit dem wöchentlichen Newsletter. Hier erkläre ich dir die wichtigsten Nachrichten zum Krieg in der Ukraine, heute geht es darum, ob Russland bald in Transnistrien einmarschieren könnte.
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Was ist zuletzt passiert?
In Transnistrien, einer abtrünnigen Republik Moldaus, gab es offenbar zwei Terroranschläge. Anfang vergangener Woche meldeten offizielle transnistrische Stellen, dass zwei Sendemasten, das Ministerium für Staatssicherheit und eine Militäreinheit beschossen worden seien. Fotos zeigen die gesprengten Sendemasten.
Die Regierung in Moldau reagierte alarmiert. Sie befürchtete in einer Stellungnahme, dass die Anschläge das Ziel haben, die Sicherheitslage in der Region zu destabilisieren. Die Ukraine beschuldigt Russland, für die Vorfälle verantwortlich zu sein. Russland beschuldigt die Ukraine. Es ist unklar, wer tatsächlich für die Anschläge verantwortlich ist. Transnistrien hat derweil die höchste Terrorwarnstufe verhängt. Klar ist aber: Die Sicherheitslage ist angespannt und international befürchten Beobachter:innen, dass Russland nun auch Moldau angreift.
Warum sollte Russland Moldau angreifen?
Moldau und Russland haben schon lange ein schwieriges Verhältnis. In vielem ähnelt es dem zwischen Russland und der Ukraine: In Moldau ist Rumänisch die Amtssprache, dort lebt aber eine russischsprachige Minderheit. Russland versteht sich als Schutzmacht dieser russischsprachigen Gruppe. Wie in der Ukraine, hat sich auch in Moldau eine von Russland unterstützte Teilrepublik abgespalten: Transnistrien. Man könnte sagen, Transnistrien ist der Donbass von Moldawien.
Kein Land der Welt hat Transnistrien als unabhängigen Staat anerkannt, trotzdem ist Transnistrien seit Anfang der 1990er Jahre de facto unabhängig. Seitdem gibt es immer wieder Konflikte um die Region. Jetzt, da Russland die Ukraine mit einem Angriffskrieg überzieht, macht sich in Moldau Angst breit. Für viele Moldauer:innen ist nicht die Frage, ob Russland militärisch eingreift, sondern wann. Die mutmaßlichen Terroranschläge haben die Angst verstärkt.
Moldau ist flächen- und bevölkerungsmäßig ein kleines Land und könnte Russland wenig entgegensetzen. Es ist ungefähr so groß wie Nordrhein-Westfalen und hat 2,6 Millionen Einwohner:innen. Moldau liegt genau zwischen Rumänien und der Ukraine, die ukrainische Hafenstadt Odessa ist weniger als 60 Kilometer von der moldauischen Grenze entfernt. Viele befürchten deshalb, dass Russland den gesamten Süden der Ukraine besetzen könnte, um so eine Landbrücke nach Transnistrien zu schlagen.
Der Kreml hat schon früher gezeigt, dass er einen Machtanspruch in der Region hat. Im Herbst vergangenen Jahres drehte Russland einfach den Gashahn zu, nachdem eine proeuropäische Politikerin Präsidentin Moldaus wurde. Moldau musste den Energienotstand ausrufen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Moldaus Orientierung nach Westen jedenfalls verstärkt: Im März hat Moldau die EU-Mitgliedschaft beantragt.
Die Frage der Woche
KR-Mitglied Wioletta fragt: „Ist man nicht automatisch Kriegspartei, wenn man Waffen liefert?“
Völkerrechtlich gesehen wird ein Land nicht zur Kriegspartei, wenn es Waffen liefert. Der Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat das in einem Interview mit der Welt noch einmal bekräftigt. Er sagte auch, dass die Ukraine ein Recht auf Selbstverteidigung habe.
Vor drei Tagen hatten 28 Intellektuelle und Kulturschaffende einen Offenen Brief an Olaf Scholz geschrieben, in dem sie sich gegen Waffenlieferungen aussprechen. Die Unterzeichner:innen, zu denen Alice Schwarzer, Dieter Nuhr und Juli Zeh gehören, befürchten einen Dritten Weltkrieg.
Die Bundesregierung hat bisher ausgeschlossen, dass sich Deutschland oder die Nato militärisch am Krieg in der Ukraine beteiligen. Die Nato ist auch gegen eine Flugverbotszone in der Ukraine, denn das würde im Extremfall bedeuten, dass Nato-Soldat:innen russische Flugzeuge abschießen müssten.
Das Problem ist, dass sich Russland nicht besonders für Völkerrecht interessiert und selbst entscheidet, wann es ein anderes Land als Kriegspartei sieht. Margarita Simonjan, Chefredakteurin des russischen Propagandasenders Russia Today, sagte in einer russischen Talkshow , dass Russland nicht gegen die Ukraine kämpfe: „Wir kämpfen gegen die Nato.“ Trotzdem funktioniert die Abschreckung des Verteidigungsbündnisses, Russland hat noch keine Nato-Staaten angegriffen.
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Der Link der Woche
Leihmutterschaft boomte viele Jahre in der Ukraine, denn die Gesetzeslage ist eine der liberalsten der Welt. Leihmütter können beispielsweise unkompliziert auf die Mutterschaft verzichten und das Kind an die auftraggebenden Eltern abgeben – solange das Kind in der Ukraine geboren wird.
Das ist jetzt, während des Krieges, zum Problem geworden. Die Leihmütter werden unter Druck gesetzt, nicht außer Landes zu flüchten, damit sie in der Ukraine entbinden. Die Eltern aus dem Ausland können Kinder nicht abholen, die bereits geboren worden sind.
Die Neuer Zürcher Zeitung hat sich das Geschäftsmodell der Leihmutterschaft in der Ukraine genauer angeschaut: Wie viel die Leihmütter verdienen, an welche Verträge sie gebunden sind und was jetzt mit den Babys passiert.
Die Hoffnung der Woche
Eine Bäckerei aus Osnabrück hat pro verkauftem blau-gelb glasierten Berliner einen Euro für Geflüchtete aus der Ukraine gespendet. Das berichtete die lokale Onlinezeitung Hasepost . Insgesamt sind 8.000 Euro zusammengekommen.
Redaktion: Thembi Wolf, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Christian Melchert