Hallo, hier ist wieder Isolde, mit dem letzten Newsletter für diese Woche. Ich bin gerade in Polen, auf dem Weg zur polnisch-ukrainischen Grenze. Dort werde ich mit einem Verein auf Geflüchtete warten und sie nach Köln bringen. Wie das war, werde ich euch kommenden Montag berichten.
In meinem Newsletter fasse ich von montags bis freitags die wichtigsten Ereignisse rund um den Krieg in der Ukraine zusammen – damit du informiert bist, ohne das ganze Internet lesen zu müssen. Ich werde dir deine dringendsten Fragen beantworten. Ich werde erklären, was jetzt wirklich wichtig ist. Gibt es eine Chance auf Frieden? Was plant Putin? Was können wir tun? Und ich werde dir jeden Tag eine kleine Portion Hoffnung mitgeben.
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Heute geht es um den Absturz der russischen Wirtschaft – und ganz kurz um das, was in der vergangenen Nacht passiert ist. Gestern Nacht nämlich haben russische Truppen das Atomkraftwerk in Saporischschja beschossen, das ein Viertel der Ukraine mit Strom versorgt und als größtes AKW Europas gilt. Nach ukrainischen Angaben gab es einen Brand, der inzwischen wieder gelöscht ist. In der Umgebung ist keine erhöhte Radioaktivität gemessen worden. Nach Aussage der AKW-Leitung sei die Lage in dem Werk gesichert. Aber jetzt zu unserem eigentlichen Thema dieser Newsletter-Ausgabe:
Was ist passiert?
Die russische Wirtschaft ist von den Sanktionen der internationalen Gemeinschaft stark getroffen – so stark wie nie zuvor. Der Rubel stürzte um mehr als 40 Prozent ab, die Moskauer Notenbank verdoppelte daraufhin den Leitzins auf 20 Prozent. Mehrere russische Banken wurden vom internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen. Die Moskauer Börse bleibt auf unbestimmte Zeit geschlossen und die Börsen anderer Länder haben den Handel mit russischen Aktien komplett gestoppt.
Was heißt das für ganz normale Leute?
Zur Not arbeite er eben wieder als Weihnachtsmann, sagte ein russischer Börsenhändler in einer russischen Wirtschaftssendung und stieß anschließend mit einer Flasche Mineralwasser auf den Tod des Aktienmarktes an. Das verdeutlicht ganz gut die Stimmung, die unter Finanzexperten, aber auch unter der normalen Bevölkerung herrscht.
Die Situation der Bürger:innen fassen alle, egal ob Finanzprofessor oder Angestellte, in einem Wort zusammen: scheiße. Meistens ins Großbuchstaben geschrieben.
Apple und Google Pay funktionieren nicht mehr, genauso wie viele Kreditkarten. Gleichzeitig wird aber auch das Bargeld knapp und an Geldautomaten bilden sich lange Schlangen. Dass der Rubel an Wert verliert, bedeutet, dass die Preise steigen und sich die Menschen von ihrem Einkommen immer weniger leisten können. Vermutlich werden ganze Wirtschaftszweige zum Stillstand kommen und Alltagswaren zu Mangelware werden.
Viele Russ:innen verlassen deshalb Hals über Kopf das Land. Ein guter Freund von mir ist vor wenigen Tagen nach Aserbaidschan geflogen. Job, Wohnung, Auto – alles egal, hauptsache raus. Die Angst vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch spielte dabei eine genauso große Rolle wie die zunehmende Entfremdung von dem System Putin.
Die große Frage ist jetzt: Hat das Abschmieren der russischen Wirtschaft den gewünschten Effekt? Schließlich will der Westen nicht bloß Russ:innen ärgern, sondern die Politik unter Druck setzen.
Um es kurz zu machen: Über den Sinn von Sanktionen streiten sich Ökonominnen und Politikwissenschaftler schon seit Jahren.
Eine symbolische Wirkung haben sie ohne Zweifel, doch politische Entscheidungen haben Sanktionen in der Vergangenheit eher selten beeinflusst. Der Ökonom Gabriel Felbermayr sagte in einem Interview mit der Tagesschau: „Sanktionen zeigen kurzfristig meist wirtschaftliche, aber keine politische Wirkung. Halten sie lange an und sind umfassend, kann sich ihr politisches Wirkungspotenzial vergrößern.“
Die Frage des Tages
KR-Mitglied Isabel fragt: „Was passiert mit den eingefrorenen Vermögen und Immobilien im Ausland, die Russen gehören?“
Auf Fachsprache nennt man das Einfrieren von Konten „umfangreiches Verfügungsverbot“.
Die deutsche Bundesbank definiert es als die „Verhinderung jeglicher Form der Bewegung, des Transfers, der Veränderung und der Verwendung von Geldern sowie des Zugangs zu ihnen.“ Wenn es um ein Bankkonto geht, liegt das Geld also wie Tiefkühlpizza erstmal auf unbestimmte Zeit herum.
Allerdings ist nicht geregelt, wie lange die Konten gesperrt werden können. Theoretisch kann man Konten „auftauen“, im Extremfall können die Betroffenen nie wieder auf ihr Vermögen zugreifen. Beispielsweise gibt es Sanktionen, die seit der Krim-Krise 2014 in Kraft sind.
Der Link des Tages
Falls ihr auf Twitter seit und noch nicht „Soviet Visuals” folgt, tut es jetzt! Der Account postet regelmäßig Plakate und Fotos aus Sowjetzeiten, seit einer Woche sind darunter häufig sovietische Anti-Kriegs-Plakate.
Die Hoffnung des Tages
Hilfsbereitschaft macht mich froh. Deshalb habe ich mich sehr darüber gefreut, dass allein in Polen sehr viele Menschen geflüchteten Ukrainer:innen eine Unterkunft anbieten.
Das war mein letzter Newsletter für diese Woche. Ich melde mich nächsten Montag wieder! Bis dahin könnt ihr ja den tollen Artikel meines Kollegen Benjamin Hindrichs lesen, der darin verständlich und sehr umfassend erklärt, was die NATO eigentlich ist und worum es in dem Streit zwischen der NATO und Russland eigentlich geht.
Und noch ein letzter Gedanke: Ich habe die Musik der ukrainischen Rockband Nizkiz für mich entdeckt. Mein Hörtipp fürs Wochenende!
Redaktion: Esther Göbel, Bildredaktion: Philipp Sipos