Ich bin es wieder, Isolde. Die Zahl der Abonnent:innen dieses Newsletters ist seit gestern weiter gestiegen. Danke, dass auch du zu den Leser:innen gehörst!
In diesem Newsletter fasse ich von montags bis freitags die wichtigsten Ereignisse rund um den Krieg in der Ukraine zusammen – damit du informiert bist, ohne das ganze Internet lesen zu müssen. Ich werde dir deine dringendsten Fragen beantworten. Ich werde erklären, was jetzt wirklich wichtig ist. Gibt es eine Chance auf Frieden? Was plant Putin? Was können wir tun? Und ich werde dir jeden Tag eine kleine Portion Hoffnung mitgeben.
Heute geht es um die Frage:
Droht uns ein Atomkrieg?
Es klingt wie der Auftakt zu einem zweiten Kalten Krieg: Putin versetzt die Atomstreitkräfte seines Landes in erhöhte Alarmbereitschaft. Russland ist die weltweit größte Atommacht: Das Land besitzt mehr als 6.200 nukleare Sprengköpfe, etwas mehr als die USA mit knapp 5.500. Noch dazu läuft es in der Ukraine schlecht für das russische Militär – manche Expert:innen schließen deshalb nicht aus, das Russland Atomwaffen einsetzen könnte. Und auch der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow warnte vor der Gefahr eines Nuklearkrieges.
Muss ich mir jetzt Jodtabletten kaufen?
In den vergangenen Tagen haben mir einige Menschen geschrieben, dass sie sich vor einem Atomkrieg fürchten. Und die Nachfrage nach Jodtabletten, die bei radioaktiver Belastung helfen sollen, ist explodiert. Zuerst einmal: Nehmt auf keinen Fall Jodtabletten ohne ärztliche Absprache! Das ist gesundheitsschädlich und die Situation ist nicht so bedrohlich, wie sie scheint.
Russland hat vier verschiedene „Verteidigungsstufen“. Die erste Stufe ist Frieden. Die zweite bedeutet, dass sich das Land in „erhöhter Alarmbereitschaft“ befindet und Truppen einsatzbereit gemacht werden, damit sie schneller reagieren können. In dieser Stufe befindet sich Russland jetzt. Bei Stufe drei werden Waffen scharfgemacht und Raketen vorbereitet, Stufe vier bedeutet Krieg.
Und falls Wladimir Putin das alles egal ist? Nach dem Angriff auf die Ukraine trauen ihm die meisten Menschen wahrscheinlich alles zu. Der Nuklear- und Verteidigungsexperte Pavel Podvig hat in einer Diskussionsrunde dazu gesagt: „Es ist nicht so, dass der Präsident jederzeit den Knopf drücken kann.“
Schauen wir uns diese Befehlskette einmal an. Putin hat, so wie auch die Präsidenten von Frankreich und den USA, einen Atomkoffer. Der Atomkoffer ist das, was wir unter dem „roten Knopf“ verstehen. In diesem Video sind ein paar Aufnahmen eines veralteten Atomkoffers zu sehen.
Würde Putin darüber den Einsatzbefehl für Atomwaffen geben, dann würde dieser Befehl zunächst beim Verteidigungsminister landen – der hat nämlich auch einen Atomkoffer. Gibt der Verteidigungsminister grünes Licht, landet der Befehl beim dritten Atomkoffer in der Hand des Generalstabschefs. Putin kann also nicht einfach so Atomraketen losschicken, weil er schlecht geschlafen hat.
Gehen wir einmal vom Schlimmsten aus und Russland setzt doch Atomwaffen ein. Viele stellen sich Atomwaffen wahrscheinlich so vor: Eine Rakete fliegt los und dann wird die ganze Menschheit ausgelöscht. Durchatmen. Das wird nicht passieren. Es gibt „strategische Atomwaffen“, die ganze Regionen zerstören können und „taktische Atomwaffen“, die man gezielter einsetzen kann.
Der Waffensachverständige Lars Winkelsdorf hat dazu auf Twitter geschrieben: „Der Reaktorunfall von Tschernobyl wird bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit viel, viel schlimmere Auswirkungen auf Europa gehabt haben, als das, was bei taktischen Kernwaffen an Problemen auf uns zukommen würde!“
Die Frage des Tages
KR-Mitglied Larissa fragt: „Ist es wirklich Putin als Person, der diesen Krieg führt? Oft lese ich: ‚Putins Krieg in der Ukraine‘. Überhöht ihn das nicht? Ist das russische System wirklich so, dass er das durchziehen kann, nur weil er will?“
Es spricht einiges dafür, dass Putin immer mehr Macht und Entscheidungsgewalt bei sich selbst bündelt. Menschenrechtler, Politikerinnen und Journalisten sprechen schon seit Jahren davon, dass sich Russland zu einer Diktatur wandelt. Auch bei uns ist dazu vor einigen Wochen ein Text erschienen.
Ich finde die Formulierung „Putins Krieg“ deshalb angebracht, weil sie betont, dass nicht alle Russ:innen hinter diesem Krieg stehen. Einige riskieren sogar hohe Geldstrafen, Verhaftungen und Gewalt, um dagegen zu protestieren.
Hast du eine Frage zum Krieg in der Ukraine? Dann nimm jetzt an meiner Umfrage teil.
Der Link des Tages
Viele Länder, auch Deutschland, haben Flugverbotszonen für russische Flugzeuge in ihrem Luftraum ausgerufen. Auch die Ukraine fordert lautstark eine Flugverbotszone über ihrem Staatsgebiet. Rechtlich ist das schwierig umzusetzen, nicht alle finden es sinnvoll. Was dafür spricht, hat die Kyiv Independent in diesem Kommentar zusammengefasst.
Die Hoffnung des Tages
Eine verschlafene Wohngegend in Moskau, ein älterer Herr protestiert still, dafür mit Katze auf der Schulter. Auf seinem Schild steht: „Nein zum Krieg“.
Das war die dritte Ausgabe meines neuen Newsletters. Hier kannst du ihn kostenlos abonnieren.
Redaktion: Lisa McMinn, Bildredaktion: Philipp Sipos