Es ist noch gar nicht lange her, da saßen wir alle in unseren Wohnzimmern und mussten uns isolieren. Vor dem Virus, natürlich. Bevor die Corona-Pandemie ausbrach, hatte ich den Begriff „Isolation“ nur im Zusammenhang mit Fassadendämmung gehört – und wahrscheinlich sind Hauswände wirklich das Einzige, was besser wird, wenn man es isoliert. Wir Menschen hingegen haben größtenteils gelitten.
Wenn man den pandemie-politischen Begriff „Isolation“ in den Alltag übersetzt, bedeutet er nämlich: vereinzelt, allein, einsam. Natürlich hätte Angela Merkel uns nicht sagen können: „Sie müssen vereinsamen, um sich zu schützen!“ Da hätte ja keiner mitgemacht. Also haben wir uns eben isoliert. Doch während jetzt in den Nachrichten schon wieder über steigende Corona-Zahlen und mögliche Teil-Lockdowns diskutiert wird, sind die Nebenwirkungen der Lockups and -downs bei vielen ganz tief drinnen in der Psyche noch immer spürbar. Ich bin sicher nicht die Einzige, die im vergangenen Jahr immer wieder schmerzvoll feststellte: Mein Haushalt, das bin ich allein.
Während der Corona-Pandemie hat sich die Anzahl der Menschen, die sich einsam fühlen, verdoppelt: Während 2017 noch zwölf Prozent der Menschen angaben, sich einsam zu fühlen, waren es im Frühjahr 2020 schon ein Viertel. Das belegt eine Studie der EU. Besonders zugenommen hat das Gefühl unter Jugendlichen.
Denn Einsamkeit ist, anders als häufig angenommen, keine Frage des Alters. Das sagt auch der Psychiater Mazda Adli. Er bezeichnet Einsamkeit als „seelischen Mangelzustand“, der krank machen kann.
Einsamkeit wirkt laut Adli auf unseren Körper ähnlich wie Rauchen. Und sie war schon vor der Pandemie da. Vor allem in Industriestaaten. England und Japan haben deshalb bereits „Einsamkeitsministerien“ gegründet. Die Politiker:innen wissen: Einsamkeit macht nicht nur krank – sie kostet den Staat Millionen. Auch Deutschland, wie eine aktuelle Stellungnahme der Psychologin Susanne Bücker im Bundestag zeigt.
Für uns ist das ein Anlass, über Einsamkeit zu sprechen. Denn viele Menschen kennen zwar das Gefühl. Aber darüber zu reden, bleibt für sie oft ein Tabu. Wer gibt schon gerne zu, einsam zu sein?
Wir beschäftigen uns deshalb eine ganze Woche lang mit diesem unguten Gefühl. Jeden Tag werden wir auf Krautreporter.de und auf unseren Social-Media-Kanälen, unter anderem auf Instagram und Twitter, einen Text dazu veröffentlichen. Dafür haben viele Redakteur:innen und Autor:innen von Krautreporter recherchiert, gelesen, gefühlt, mit Expert:innen gesprochen – und auch mit euch.
Ich freue mich sehr auf die kommende Woche und bin gespannt, wie sie euch gefällt. Sie soll aufklären, trösten, aber vor allem soll sie Mut machen. Und manchmal, das verspreche ich, kann man sogar lachen.
Redaktion: Esther Göbel, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Till Rimmel, Audioversion: Iris Hochberger