Bei dieser Bundestagswahl sind alle Deutschen Schmetterlinge. Ein Schmetterling kann, so sagt es die Chaostheorie, mit seinem Flügelschlag einen Tornado auslösen. Aber ob er wirklich einen Tornado auslöst, ist ungewiss. So wird es auch bei dieser Wahl mit deiner Stimme sein.
Der Wettkampf um das Bundeskanzleramt ist so offen, wie seit der Wahl von Angela Merkel vor 16 Jahren nicht mehr. Welche Koalition am Ende regieren wird, ist unklar. Und das während einer Pandemie, die die deutsche Gesellschaft ordentlich durchschüttelt, mitten in einer Klimakrise und vor der Aufgabe, das Land bei den großen Themen Digitalisierung und Bildung gedanklich ins 21. Jahrhundert zu holen. In so einer Situation ist es vernünftig, dem Chaos etwas Ordnung abzutrotzen – und mehr als zwei Gedanken in seine Wahlentscheidung zu stecken.
Mehr als 1.600 Menschen haben mir im Vorfeld dieser Recherche verraten, was für sie bei dieser Bundestagswahl am wichtigsten ist. Dieser Text soll ihnen und dir dabei helfen, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dieses Ziel zu erreichen. Er ist kein Rezept, keine Prognose, keine Blaupause, sondern fordert dich im besten Fall dazu auf, noch einmal ganz neu über deine Kreuzchen nachzudenken. Denn wen man wählt, das kann verschiedene Gründe haben. Nicht immer ist es die persönliche Überzeugung.
Die Bundeszentrale für politische Bildung hilft den Menschen mit ihrem Wahl-O-Mat seit Jahren herauszufinden, welche Partei sie wählen sollen. Aber dieses großartige Werkzeug hat einen Makel: Es zielt nur auf Inhalte ab. Und Inhalte sind ironischerweise bei einer deutschen Bundestagswahl nicht zwangsläufig die beste Leitschnur für die Wahlentscheidung. Zumindest ist es nicht die einzige.
Ein Beispiel: Wem der Tierschutz wirklich am Herzen liegt, kann die Tierschutzpartei wählen, die verlässlich um die zwei Prozent der Stimmen bekommt – und somit noch nie in den Bundestag eingezogen ist. Vielleicht wäre es deswegen besser, einer Partei seine Stimme zu geben, die auch für Tierschutz eintritt, es aber in den Bundestag schafft. Darüber aber gibt der Wahl-O-Mat keine Auskunft.
Ein zweites Beispiel: Wer darauf hofft, dass die nächste Regierung Steuern senkt und Bürokratie abbaut, sollte vermutlich die FDP wählen. Was diese Partei aber in einer Regierung – so sie denn regieren will – durchsetzen kann, hängt nicht nur von ihr ab, sondern auch von ihren Koalitionspartnern. Die Chancen für die FDP, ihr Programm in einer schwarz-gelben Regierung durchzusetzen, stehen höher als in einer Ampelkoalition mit Grünen und SPD.
Ein drittes Beispiel: Die deutschen Wahlberechtigten bestimmen nicht, wer ins Kanzleramt einzieht. Das macht eine Mehrheit des Bundestages. Wer eine bestimmte Person in der Berliner Regierungszentrale sehen oder nicht sehen will, muss darüber nachdenken, welche Koalitionsmehrheit das ermöglichen kann. Koalitionen sind wichtiger als Kanzler:innen.
Dieser Text ist also ein Text für realistische Wähler:innen, manchmal werden sie auch taktische Wähler genannt, weil sie bereit sind, für ein größeres, langfristiges Ziel pragmatisch und agil mit dem zu arbeiten, was sie in der politischen Landschaft vorfinden. Auch hier geht es also um Inhalte, nur ist statt starrer parteipolitischer Identifikation eben Flexibilität gefragt. Du entscheidest, welche Themen dir wichtig sind und welche Probleme du gelöst sehen willst, etwa die Klimakrise. Aber du wählst nicht zwingend die Partei, die sich das Thema auf die Fahne geschrieben hat – sondern die Koalition, die am wahrscheinlichsten gemeinsame Lösungen dafür finden wird.
Selbst wer solche Überlegungen ablehnt: Die Szenarien für den Wahlausgang durchzuspielen, macht Spaß und ist lehrreich. So wird klar, dass der FDP-Vorsitzende Christian Lindner Königsmacher der neuen Regierung sein wird, komme, was wolle. Dass die Grünen nicht nur ihren Umfragevorsprung, sondern damit auch alle taktischen Vorteile verloren haben und vor einer schweren Entscheidung stehen könnten: Laschet – ja oder nein? Und dass ausgerechnet die GroKo-Partei SPD nun die rationalste Wahl ist, wenn man Veränderung (gemessen an den schwerfälligen deutschen Standards) in der Regierung sehen will.
Meine überhaupt nicht repräsentative, aber aufschlussreiche Community-Befragung vor dieser Recherche zeigt, dass viele Leser:innen eine Frage umtreibt: Wie kann ich verhindern, dass Armin Laschet, der CDU-Kandidat, Kanzler wird? Mit weitem Abstand folgte der Wunsch, ein rot-rot-grüne Regierung zu ermöglichen. Da die Ergebnisse der Umfrage in eine eindeutige politische Richtung zeigen, habe ich sie mit Zielen ergänzt, die etwas Ausgleich in diesen Text bringen:
- Ich will Armin Laschet als Kanzler verhindern!
- Ich möchte eine Ampel ermöglichen!
- Ich möchte Jamaika ermöglichen! / Ich will nicht, dass die SPD regiert!
- Ich möchte eine GroKo ermöglichen! / Ich will nicht, dass die Grünen regieren!
- Ich will Schwarz-Grün ermöglichen!
- Ich will Olaf Scholz als Kanzler verhindern!
- Ich möchte Rot-Rot-Grün ermöglichen!
Grundlage für alle Überlegungen ist das Wahl-Modell des britischen Magazins Economist. Die Kolleg:innen geben nicht nur die gewichteten Umfragedaten wieder, sondern auch eine statistische Wahrscheinlichkeit für bestimmte Koalitionsmehrheiten an.
Aber die Warnung des Politikwissenschaftlers Thorsten Faas ist wichtig: „Strategisch zu wählen, war nie unmöglicher als bei dieser Wahl.“ Weil der Weg von der eigenen Stimme zu konkreter Politik so lang ist, haben Wahlen ein chaotisches Element. Wahlen im deutschen Koalitionssystem sind besonders chaotisch und speziell diese Wahl ist, wie ich schon angedeutet habe, extrem chaotisch.
Allerdings sollten wir uns da wieder an den Schmetterling halten: Dass er mit einem Flügelschlag einen Tornado am anderen Ende der Welt auslöst, kann er nicht beeinflussen. Fliegen ist risikoreich. Wählen auch.
Ich will Armin Laschet als Kanzler verhindern
Wer versuchen will, Armin Laschet als Kanzler zu verhindern, muss für sich nur eine Frage beantworten: Würden die Grünen eine Regierung unter Laschets Führung eingehen?
Tun sie das, könnte es zu einem neuen Versuch für die Jamaika-Koalition mit der Union, den Grünen und der FDP kommen. Laschet wäre Kanzler. Tun sie es nicht, wäre die Tür offen für eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP und mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit auch für eine rot-rot-grüne Regierung.
Es spricht viel dafür, dass die Grünen bereit sind, Armin Laschet zum Kanzler zu wählen. Erstens haben sie in diesem Wahlkampf, wie auch schon im vorherigen, explizit keine Koalitionsaussagen getroffen. Sie würden mit allen Parteien (außer der AfD) regieren. Zweitens inszenieren sich die Grünen als „Partei der Mitte“. Parteichef Robert Habeck hat seine Partei immer wieder so beschrieben, er gilt als einer der Architekten der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein. Der Ein-Schöner-Land-Wahlwerbespot ist ein klares Angebot an die CDU-Wählerschaft. Auch die CDU sieht sich als Partei der Mitte. Es wäre inkonsequent, würden die Grünen dann nicht mit ihr koalieren. Es gibt keine grundsätzlichen Gräben mehr zwischen den Parteien. Nach den geplatzten Jamaika-Koalitionsverhandlungen im Jahr 2017 hatten sich die Verhandlungsführer von Union und Grünen gegenseitig applaudiert. So beschreibt es Politikjournalist Ulrich Schulte in seinem Buch „Die grüne Macht“. Man kennt sich, man respektiert sich, man mag sich sogar stellenweise.
Andererseits ist die CDU von 2017 nicht mehr die CDU von 2021. Angela Merkel, die immer bereit war, große inhaltliche Kompromisse einzugehen, um regieren zu können, hat keinen Einfluss mehr. Stattdessen werden es die Grünen mit einem angeschlagenen und deswegen möglicherweise kompromisslosen Armin Laschet zu tun haben, den die Bevölkerung noch dazu nicht sonderlich schätzt. Auch Friedrich Merz hat schon mehrfach bewiesen, dass er für die Grünen, deren Wählermilieu und politische Ideen nicht die größte Sympathie hegt. Und dann ist da noch Hans-Georg Maaßen. Sollte er in den Bundestag einziehen und Mitglied der CDU-Fraktion werden, müssten die Grünen ihren Wähler:innen und ihrer Basis verkaufen, dass sie mit einem Mann zusammen regieren, der unter Rechtsextremen sehr beliebt ist.
Ein anderes Argument könnte am Ende aber entscheidend sein: Würden die Grünen beim aktuellen Umfragenstand Laschet zum Kanzler wählen, würden sie einen Mann zum Kanzler wählen, dessen Partei nicht die stärkste Fraktion im Bundestag stellt, also die Wahl nicht gewonnen hat. In der Geschichte der Bundesrepublik kam das immer mal wieder vor, etwa beim Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) 1969. Dennoch könnte es schwer für die Grünen werden, durchzuargumentieren, lieber mit CDU und FDP zu regieren als mit der stärksten Partei, der SPD.
Denn, wenn parallel eine Ampel unter sozialdemokratischer Führung rechnerisch möglich ist, wird SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zu vielen Zugeständnissen an seine potentiellen Koalitionspartner bereit sein, um ins Kanzleramt einzuziehen. Vor allem die FDP muss er aus Jamaika rauskaufen. Aber eben auch die Grünen. Zusätzlich sind die inhaltlichen Überschneidungen zwischen SPD und Grünen größer als zwischen Grünen und CDU, gerade im sozialen Bereich. Der Druck auf die grüne Führung, Scholz’ Angebot anzunehmen, könnte gewaltig sein. Und wenn die Grünen das Angebot annehmen, steigt wiederum der Druck auf die FDP.
Im Ampel-Szenario wäre eine Stimme für die Grünen tatsächlich eine Stimme gegen Laschet. Aber es bleibt ein Risiko. Wer Laschet verhindern will, muss aktuell SPD wählen. Das birgt zurzeit die besten Chancen und das geringste Risiko.
Wenn die SPD stärkste Kraft wird, würde eine in der Öffentlichkeit kaum debattierte Regierungsoption ebenfalls möglich werden: Kenia, also eine Koalition von Union, SPD und Grünen unter sozialdemokratischer Führung. Inhaltlich plausibel, praktisch auch, da die SPD zwar eine Große Koalition mit der CDU vermeiden will, sich aber nicht generell gegen eine Koalition mit der Union ausgesprochen hat – solange sie stärkste Kraft wird.
Eine letzte Möglichkeit gibt es noch, Laschet aus dem Kanzleramt rauszuhalten: Rot-Rot-Grün. Zwar hat diese Koalition aktuell eine Mehrheit, aber die hatte sie auch schon in vorherigen Bundestagswahlen. Trotzdem kam es zu keiner Regierung. Vor allem die Spitzenkräfte von SPD und Grünen scheuen ein Bündnis mit den außenpolitisch dogmatischen Teilen der Linken-Fraktion („Raus aus der NATO“). Wer also inhaltlich der Linkspartei sowieso nahesteht und Laschet verhindern will, könnte darauf hoffen, dass sich entgegen aller Erwartungen eine rot-rot-grüne Regierung bildet – und die Linkspartei wählen. Das ist die Außenseiter-Wette, auf die ich am Ende des Textes nochmal genauer eingehe.
👉 Koalitionen, die zum Ziel führen:
- Kenia unter SPD-Führung
- Ampel
- Rot-Rot-Grün
👉 Setze dein Kreuz bei:
- SPD
- Grüne
- Linkspartei
(sortiert nach Wahrscheinlichkeit)
Ich möchte eine Ampel ermöglichen
Rein statistisch ist das eine sehr wahrscheinliche Koalition. Der Economist gibt die Wahrscheinlichkeit mit mehr als 80 Prozent an. Aber FDP-Parteichef Christian Lindner will eine „Linksverschiebung“ der deutschen Regierung verhindern. Das heißt konkret: Er würde am liebsten mit der Union allein regieren. Das ist extrem unwahrscheinlich.
Zur Not würde er auch in einer Jamaika-Koalition zusätzlich mit den Grünen regieren. Erst wenn die beiden Optionen Schwarz-Gelb und Jamaika wegfallen, müsste Lindner sich der Frage stellen, ob er die FDP auch in eine Ampel-Koalition führen würde, wie es sie aktuell in Rheinland-Pfalz gibt. Da die FDP ansonsten gar nicht regieren würde, ist sie möglicherweise zu diesem Bündnis bereit.
Es greift also die gleiche Frage wie bei „Laschet verhindern“: Würden die Grünen Armin Laschet zum Kanzler wählen? Wer das glaubt und trotzdem eine Ampel will, muss SPD wählen. Wer das nicht glaubt und eine Ampel will, kann FDP, Grüne oder SPD wählen. Am sichersten ist das Kreuz aber wieder bei der SPD.
👉 Setze dein Kreuz bei:
- SPD
- Grüne | FDP
Ich möchte Jamaika ermöglichen / Ich will nicht, dass die SPD regiert
Die Jamaika-Koalition ist die laut dem Economist-Modell rechnerisch wahrscheinlichste Koalition (> 95 Prozent). Die Frage ist, ob sie auch die politisch wahrscheinlichste ist. Aus Sicht der CDU ist sie das auf jeden Fall. Würde Laschet Jamaika ausschließen, blieben ihm kaum noch andere realistische Optionen. Aber was ist mit der FDP? Die Freien Demokraten hatten exakt diese Koalition im Jahr 2017 platzen lassen. Unter Armin Laschet schließt Christian Lindner aber zumindest Koalitionsgespräche nicht aus, weil Jamaika mit ihm „eher eine Politik der Mitte“ wäre als unter Merkel. Das Fragezeichen in dieser Koalition sind, wie oben beschrieben, die Grünen.
Wer Jamaika wirklich will, sollte deswegen die CDU wählen. FDP und Grüne sind, weil sie jeweils noch andere Koalitionsoptionen haben, die taktisch schlechtere Wahl.
👉 Setze dein Kreuz bei:
- CDU/CSU
- FDP
- Grüne
Ich möchte eine GroKo oder Deutschland-Koalition ermöglichen / Ich will nicht, dass die Grünen regieren
Alle politisch und rechnerisch möglichen Koalitionen ohne die Grünen haben gemein, dass die SPD hier mit der Union mitregiert. Wer die Grünen unbedingt aus der Regierung raushalten will, muss sich also auch hier nur eine Frage stellen: Ist die SPD bereit, wieder in eine Regierung einzutreten, die sie vor der Wahl abgelehnt hat? So war es auch 2017, als die SPD eine große Koalition mit der Union vermeiden wollte und sich schließlich doch umstimmen ließ.
SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans hat vor ein paar Wochen angekündigt, dass die SPD nur als stärkste Kraft einer Regierung beitreten werde. Wer der SPD das glaubt, muss die SPD wählen, um die Grünen aus der Regierung zu halten – und auf eine SPD-geführte Große Koalition hoffen. Wer glaubt, dass sich die SPD noch einmal umstimmen lässt, sollte die CDU wählen. Armin Laschets Partei könnte dann eine große Koalition oder eine Deutschland-Koalition mit der FDP anführen. Eine Stimme für die FDP (also für die Deutschland-Koalition) ist zu riskant für dieses Ziel, da eine starke FDP eine Ampel oder Jamaika rechnerisch wahrscheinlicher machen.
Dafür, dass die SPD ihr Versprechen dieses Mal einhält, spricht, dass sie in ihrer Wahrnehmung nicht dafür belohnt wurde, die Lücke gefüllt zu haben, die nach dem Scheitern von Jamaika entstanden war. Dagegen spricht, dass vor allem in der SPD-Bundestagsfraktion viele Pragmatiker sitzen, die lieber mit der CDU regieren wollen, als gar nicht zu regieren. Die Fraktion ist ein wichtiges Machtzentrum in der Partei. Ein prominenter Gegner der GroKo war 2017 der damalige Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation Kevin Kühnert. Doch da er nun nicht mehr die Jugendorganisation der Partei anführt und selbst als Bundestagskandidat antritt, stellt sich die Frage, ob er heute noch mit der gleichen Leidenschaft gegen eine GroKo kämpfen würde wie vor vier Jahren.
Aber auch bei diesem Ziel gibt es wieder eine Außenseiter-Wette: Die Freien Wähler. Während die Partei bei vergangenen Bundestagswahlen kaum über ein Prozent der Stimmen hinauskam, taxieren sie aktuelle Umfragen auf 3,5 Prozent. Sie sind damit der 5-Prozent-Hürde sehr nahe, die jede Partei nehmen muss, um in den Bundestag zu kommen. Sollten die Freien Wähler es in den Bundestag schaffen, könnten sie mit Union und FDP eine konservative Regierung stellen.
👉 Koalitionen, die zum Ziel führen:
- Deutschland (Union, SPD, FDP)
- GroKo
- Union/FDP/Freie Wähler
👉 Setze dein Kreuz bei:
- SPD
- CDU/CSU
Ich will Schwarz-Grün ermöglichen
Rechnerisch ist diese Koalition aktuell nicht möglich. Schwarz-Grün hätte keine Mehrheit, was vor allem an der Schwäche der CDU liegt, die Stimmen an alle möglichen Parteien verliert (SPD, Grüne, FDP und AfD). Wählt man für dieses Ziel die Grünen, wählt man womöglich aus Versehen die Ampel. Wählt man für dieses Ziel die CDU, stärkt man die CDU – und macht eine Ampel unwahrscheinlicher. Daher sollte man CDU wählen, wenn man Schwarz-Grün sehen will – und muss nicht nur darauf hoffen, dass diese zwei Parteien eine Mehrheit haben (die statistische Wahrscheinlichkeit liegt laut Modell des Economist bei fünf Prozent), sondern auch, dass die Grünen bereit sind, Armin Laschet zum Kanzler zu machen (siehe „Ich will Armin Laschet verhindern“).
👉 Setze dein Kreuz bei:
- CDU/CSU
- Grüne
Ich will Olaf Scholz als Kanzler verhindern
Die Aufgabe ist einfach: Du musst verhindern, dass die SPD die stärkste Partei wird. Bis vor ein paar Wochen wäre es gut gewesen, die Grünen zu wählen, um dieses Ziel zu erreichen. Da ihr Abstand zur CDU aber nun recht groß ist, ist das nur die Außenseiter-Wette. Sicherer ist es, die CDU zu wählen.
👉 Koalitionen, die zum Ziel führen:
- Deutschland unter Unions-Führung
- GroKo unter Unions-Führung
- Jamaika
👉 Setze dein Kreuz bei:
- CDU/CSU
- Grüne
Ich möchte Rot-Rot-Grün ermöglichen
Da sowohl die SPD-Führung als auch die grüne Führung einer rot-rot-grünen Regierung mit der Linkspartei skeptisch gegenübersteht, wäre es deine Aufgabe, die Führungen beider Parteien zu ihrem progressiven Glück zu zwingen, wenn du diese Koalition gut findest: Du musst die Linke wählen. Denn die Linkspartei müsste so stark werden, dass an ihr kein Weg vorbeiführt. Das ist der erste Faktor.
Der zweite Faktor betrifft die Regierungsmehrheit. Weder SPD noch Grüne würden sich in eine rot-rot-grüne Regierung begeben, wenn diese Koalition nur ein oder zwei Stimmen Mehrheit hätte. Damit nämlich könnten die radikaleren und undisziplinierten Teile der Linken-Fraktion die Regierung jederzeit in Geiselhaft nehmen. Rot-Rot-Grün bräuchte also eine komfortable Mehrheit. Zwar ist eine progressive Regierung gerade rechnerisch möglich, dass sie aber mit einer komfortablen Mehrheit regieren könnte, ist nicht sehr wahrscheinlich. Deswegen ist dieses Ziel an sich schon eine Außenseiter-Wette.
👉 Setze dein Kreuz bei:
- Linkspartei
- SPD
- Grüne
Alles, was ich oben beschrieben habe, stützt sich auf Wahrscheinlichkeiten. Heißt: Es kann alles ganz anders kommen. Sascha Lobo hat etwa ein hanebüchen anmutendes Szenario entworfen, das aber plausibel ist: Wie die SPD stärkste Partei, aber Markus Söder Kanzler wird.
Ich selbst habe 2017 taktisch gewählt. Ich wollte verhindern, dass es wieder zu einer neuen Großen Koalition kommt. Nun – mit dem Ergebnis meiner ach so cleveren, taktischen Wahl musste ich dann vier Jahre leben.
Nur eine Sache erscheint mir bei dieser Wahl extrem wahrscheinlich. Kollege Dieter Schnaas hat es in der Wirtschaftswoche auf den Punkt gebracht: „Die Chance ist so groß wie nie, dass die Deutschen am Ende eine Koalition bekommen, von der die meisten Wähler nicht überzeugt sind.“
Vielen Dank an alle Menschen, die bei der Wahl-Umfrage mitgemacht haben und besonders an komet, alphacordi, T R, Björn, Stefan, JollyOrc, Jaddy, BuergerJochen, Felix, Svört, Till, Daniel, lieselodde, Klaus, Sonny, Frank, Speckdäne, Topper, Magnus, Sankt Pauli Dude, The_only_ray, ml31st, Wolfgang, Fruusch – die alle im Krautreporter-Discord mitdiskutiert und diesen Artikel besser gemacht haben. Alle Fehler gehen natürlich trotzdem auf meine Kappe.
Redaktion: Lisa McMinn, Schlussredaktion: Susan Mücke, Fotoredaktion: Till Rimmele, Audioversion: Christian Melchert