Es war ein heftiges Jahr. Heftiger, als viele von uns es im Kollektiv je erlebt haben. Ich erinnere mich noch gut an einen Moment in der ersten Novemberwoche: In den USA war die Präsidentschaftswahl gerade in vollem Gang, in Wien lief ein Terrorist Amok und Deutschland schlitterte in den zweiten Corona-Shutdown. Da wollte ich einfach mein Handy gegen die Wand schmettern und ganz laut rufen: Jetzt reichts aber, 2020!
Ich hatte Gefühle in mir, zu denen viele Menschen in der Flut dieser Nachrichten neigen: Angst, Stress, Weltschmerz.
Das Gute aber ist: Die Nachrichten, die wir konsumieren, zeigen nicht die ganze Realität. Denn zwischen den vielen Schlagzeilen, die Tag für Tag auf uns einprasseln, verstecken sich Berichte über Lösungen, über gute Dinge und hoffnungsvolle Anfänge – auch im Corona-Jahr 2020. Die Krautreporter-Facebook-Gruppe „Gute Nachrichten – Lösungen hat die Welt“, die KR-Mitglied Onno Tasler betreut, hat diese Meldungen gesammelt.
Momente der Hoffnung in der Corona-Krise
- Die Depressionshilfe stellte ihre App iFightDepression im Frühjahr sechs Wochen lang frei zur Verfügung. Die App unterstützt Betroffene beim eigenständigen Umgang mit den depressiven Beschwerden und gibt praktische Hinweise für den Alltag. (Deutsche Depressionshilfe)
- Selbstgemachtes Beatmungsgerät: Eine Gruppe von deutschen Spezialist:innen aus verschiedenen Fachrichtungen hat sich zusammengetan, um ein einfaches, leistungsfähiges und lebensrettendes Beatmungsgerät zu entwickeln. Im August stellten sie den ersten Entwurf vor. (DIY Beatmungsgerät)
- Mehr Solidarität: Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl startete im März die Solidaritätsaktion #NachbarschaftsChallenge. Unter dem Hashtag kann man Hilfsangebote posten, wenn man Nachbar:innen und andere hilfsbedürftige Personen unterstützen möchte. Auf der dazugehörigen Seite finden sich auch Vorlagen für Aushänge. (Soziale Arbeit Digital)
- Corona forderte nicht überall Tausende von Todesopfern: Neben Taiwan und Südkorea haben auch einige der ärmsten Länder der Welt das Virus bisher gut im Griff, darunter Vietnam, die Mongolei, Ruanda, Senegal und Uruguay. (Krautreporter
- Stoßlüften bei Minusgraden adé: Forschende des Max-Planck-Instituts für Chemie haben eine Lüftungsanlage konstruiert, die sich mit Materialien aus dem Baumarkt nachbauen lässt. Die Anlage kann 90 Prozent potenziell coronavirushaltiger Aerosole aus der Raumluft entfernen. Eine Schule in Mainz testet bereits seit dem Sommer einen Prototypen. (MPIC)
- Die KR-Community hat in der Krise auch gute Erlebnisse gehabt: Dank Homeoffice bleibt manchen mehr Zeit für Freizeit, bei anderen wuchs die Familie enger zusammen und Introvertierte genossen die Zeit allein zuhause – ohne „Fomo“, das heißt die Angst, etwas zu verpassen. (Krautreporter)
Wo es der Umwelt besser geht
- Indische Landwirt:innen nutzen teils brutale Methoden, um ihr Land und ihre Felder vor hungrigen Elefanten zu schützen. Forscher:innen testen deshalb günstige und sanfte Mittel zur Abschreckung, zum Beispiel Bienenstockzäune. Die Tiere fürchten sich vor den Insekten – und kehren freiwillig um. 367 Landwirt:innen nutzen die Zäune bereits erfolgreich. (Guardian)
- Die Seen Razzaza und Al-Habbania im Irak waren einmal beliebte Urlaubsziele, dann verzeichneten sie jahrelang erhebliche Wasserrückgänge – mit negativen Effekten auf die heimische Vogel- und Fischpopulation. Satellitenbilder der NASA zeigen nun, dass sich die beiden Seen wieder füllen. (NASA Earth Observatory)
- Das norwegisches Start-up „Desert Control“ stellt ein Gebräu aus Wasser und winzigen Tonpartikeln her. Auf Sand aufgesprüht verwandelt es trockene Wüsten in nur wenigen Stunden in fruchtbares Ackerland. Problem sind bisher die Kosten. Desert Control hofft, sie auch für afrikanische Bäuer:innen erschwinglich zu machen. (Stern)
- Der Osten Deutschlands wird immer trockener, aber Landwirt:innen passen ihre Methoden an. In Brandenburg bewährt sich gerade die Direktsaat-Methode. Nur wenige Tage nach der Getreideernte säen die Bäuer:innen Samen für neue Pflanzen aus. Dadurch trocknen Wind und Sonne die Felder nicht aus, und die Pflanzen speichern Stickstoff. Das sorgt für fruchtbaren Boden. (RBB24)
- In der EU dürfen Jäger:innen in Feuchtgebieten künftig nicht mehr mit Munition aus Blei schießen. Bisher starben dort jährlich etwa 1,5 Millionen Vögel an einer Bleivergiftung. Das ist nun vorbei. (Riffreporter)
- Gemeinsam gegen Müll: Im September befreiten 35.000 Freiwillige beim „Rhine CleanUp“ den Rhein, die Mosel und die Ruhr von 320 Tonnen Abfall. (SWR)
- Schottergärten sind für die Umwelt eine wahre Katastrophe: Im Sommer heizen sich die Gärten auf bis zu 70 Grad auf und werden für Insekten und Kleintiere zur Todesfalle. Baden-Württemberg beschloss deshalb im Juli, Schottergärten zu verbieten. (N-tv)
- Die Gemeinde Simmerath in Nordrhein-Westfalen schafft Platz für Wildblumenwiesen: Die Verwaltung will bisher steril gepflegte Rasenflächen insektenfreundlich bepflanzen und dann der Natur überlassen. Ganze 17.000 Quadratmeter sollen bald bunt erblühen. (Aachener Zeitung)
- 40 Jahre hat der Ecuadorianer Omar Tello gebraucht, um ein Stück ausgelaugtes Ackerland wieder in Regenwald zu verwandeln. Jetzt wächst sein Wald, und die Tierwelt ist zurückgekehrt: Schlangen, Tukane, Affen und viele andere Arten haben dort eine neue Heimat gefunden. (BBC)
- In einem Flüchtlingslager in der jordanischen Wüste gibt es wenig frisches Gemüse, dafür viele Schaumstoffmatratzen. Englische Pflanzen-Spezialist:innen haben sich daher mit den Landwirt:innen unter den Geflüchteten zusammengetan und upcyceln nun die alten Matratzen zur Aufzucht von Gemüse und Kräutern. (Good News Network)
- In Deutschland galten die Ostsee-Kegelrobben seit 1920 als ausgerottet. Dank eines Jagdverbots erobern sie nun wieder die Küstengewässer zurück: Heute gibt es allein in Deutschland wieder 3.500 Tiere, in der ganzen Ostsee sogar 38.000. (Nordkurier)
- Grünes Weltwunder: In Afrika droht die Sahel-Zone zu verwüsten. Die Afrikanische Union möchte das mit einer Grünen Mauer aus Bäumen und Pflanzen aufhalten: Um die Fruchtbarkeit zu erhöhen, Erosion zu stoppen und Wasserflüsse zu stabilisieren. Das Projekt läuft seit 2007, die Sahel-Länder pflanzten bereits mehrere Millionen Bäume und pflegten ebenso viele Hektar Land gesund. (BLICK)
- Besser atmen: Messungen der Europäischen Umweltagentur EEA zeigen, dass die Luft in Europa im Jahr 2020 sauberer ist als noch vor zehn Jahren. Die EEA schätzt, dass so knapp 60.000 Menschen weniger im Jahr vorzeitig durch die Belastung mit Feinstaub sterben. (RND)
- Vor mehr als einem Jahrzehnt begannen Naturschützer:innen damit, den heimischen Luchs in Deutschland auszuwildern. Und siehe da: Bei einer Volkszählung Anfang Februar stellte das Bundesamt für Naturschutz drei Populationen und einige Einzeltiere in über zehn Bundesländern fest. Immer mehr Luchsweibchen bekommen Junge, auch im jüngsten Auswilderungsprojekt im Pfälzerwald. (Spiegel)
Das sind die besten Mittel gegen Hass und Populismus
- In der französischen Kleinstadt Lodève bewachten an Allerheiligen junge Muslim:innen einen Gottdienst, um ihre Solidarität mit Christ:innen ausdrücken. Wenige Tage zuvor, am 29. Oktober 2020, hatte ein islamistischer Terrorist drei Menschen vor der Kirche Notre-Dame in Nizza erstochen. (France 3)
Demonstranten küssen sich während der 2020 Critical Pride Parade, ein Protest, bei dem sich die LGBT-Gemeinschaft als Alternative zur offiziellen Pride aus einer antikapitalistischen, transfeministischen und antirassistischen Perspektive versammelt. © Getty Images / LightRocket/Marcos del Mazo
- Die „Proud Boys“ sind eine ultrarechte Gang in den USA, die auch Präsident Donald Trump unterstützt. Im Oktober flutete die LGBTQ+-Community den rechtsextremen Hashtag #ProudBoys mit queeren Liebesbekundungen. (Gaytimes)
- In Be’er Scheva, einer Großstadt im Süden Israels, arbeiten Jüd:innen und Muslim:innen gemeinsam im Rettungsdienst. Da bei der Arbeit wenig Zeit bleibt, beten sie gemeinsam. Auf diese Weise zeigen sie, dass der angebliche „Krieg der Religionen“ im Nahen Osten nicht ewig und unveränderlich ist. (Zeit im Bild)
- Vikings vs. Neonazis: Neonazis stellen sich gerne als Nachfahren der Wikinger dar. Die schwedische Gruppe „Wikinger gegen Rassismus“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Ruf der Wikinger zu verteidigen. Die passten sich nämlich Kulturen an, mit denen sie in Kontakt kamen. (Al Jazeera)
- Erfolge gegen Hass im Netz: Seit Jahren ging die Grünen-Politikerin Renate Künast gerichtlich gegen Hasskommentare vor. In diesem Jahr wurden zwei Männer zu Geldstrafen verurteilt. Bayern ernannte außerdem den Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb zum Hatespeech-Beauftragten, der 22 Sonderdezernate zur Bekämpfung von Hasskommentaren koordiniert. (RND)
- Die Stadt Würzburg muss städtische Tagungsräume an die AfD vermieten, weil Parteien, die im Bundestag sitzen, juristischen Anspruch darauf haben. Die Mieteinnahmen spendete die Stadt im November an den Verein „Hermine“, der sich für Geflüchtete einsetzt. (Bayrischer Rundfunk)
- Trotz Querdenker-Demos: Populistische Einstellungen in Deutschland sind im Jahr 2020 im Vergleich zu 2018 deutlich zurückgegangen, zeigt das neue Populismusbarometer der Bertelsmann-Stiftung. (Tagesspiegel)
Kleine Schritte im Klimaschutz, die zusammen eine große Wirkung entfalten können
- Die Kleinstadt Lahti in Finnland möchte bis 2025 klimaneutral werden. Seit Mitte 2019 hilft dabei auch die Klima-App CitiCap. Sie speichert, wie die User:innen sich fortbewegen – zum Beispiel per Fahrrad, Bus oder Auto – und errechnet, wie viel schädliches CO2 sie täglich produzieren. Wer unter 17 Kilogramm CO2 pro Woche bleibt, erhält Prämien, wie Bustickets. (NDR)
- Die Philippinen sind eine Inselnation: Mit Booten, Fähren und Transportschiffen bewegen sich Menschen und Waren zwischen den Inseln hin und her und stoßen jede Menge Treibhausgase aus. Der philippinische Ingenieur Jonathan Salvador hat nun ein klimafreundliches Boot entworfen, das mit der Energie der Wellen arbeitet – und nicht gegen sie. (BBC)
- Dänemark hat auf die Corona-Pandemie mit einem ehrgeizigen Klimapaket reagiert. Unter anderem soll der CO2-Ausstoß [im Vergleich zu 1990] um 70 Prozent im Jahr 2030 sinken. Der Clou: Sogar die dänische Industrie ist begeistert, denn zwei große Offshore-Windparks stellen ein großes Investment dar. (Business-Insider)
- Lange Importwege, Gentechnik, Regenwaldabholzung – die Sojabohne ist ein Klimasünder. Aber es gibt eine regionale Alternative: die Ackerbohne. Sie blüht über zwei Monate und stellt damit Insekten ein üppiges Büffet bereit, ist nicht auf Dünger angewiesen und macht die Erde durch Stickstoffeinlagerungen für andere Pflanzen noch fruchtbarer. (Süddeutsche Zeitung)
- In Litauen bekommen Bürger:innen, die ihr umweltschädliches Auto abgeben, bis zu 1.000 Euro für die Anschaffung eines E-Scooters, eines Fahrrads oder für Bustickets. Die Regierung startete das Programm im Sommer 2020 mit einem Budget von etwa acht Millionen Euro. (ZDF heute)
- Windenergie gehört zwar zu den erneuerbaren Energien, bringt aber eigene Probleme mit sich: Die Rotoren machen Lärm. Um die Türme zu errichten, benötigt es große Mengen an Stahl. Forscher:innen in Spanien experimentieren mit Rotoren, die den Wind besser ausnutzen und weniger Teile benötigen, oder mit Holz als Werkstoff für den Turm. (Stern)
- 40 Universitäten auf der ganzen Welt gaben im April bekannt, sich zum „Internationalen Klima-Bündnis der Hochschulen“ zusammengeschlossen zu haben. Die Allianz möchte interdisziplinäre Forschung zum Klimawandel bündeln und so politischen Entscheidungsträger:innen den Zugang zu wissenschaftlichen Fakten erleichtern. (Times Higher Education)
- Die britische Wirtschaftswissenschaftlerin Kate Raworth hat die Theorie der Donut-Ökonomie entwickelt. Das Modell dient als Leitfaden dafür, wie Länder, Städte und Menschen im Gleichgewicht mit dem Planeten gedeihen können. Die Stadt Amsterdam hat im April begonnen, die Stadt gemäß den Vorstellungen der Donut-Ökonomie umzubauen. (Kate Raworth)
660.000 Bäume sollen in Englands größtem Aufforstungsprojekt seit 30 Jahren gepflanzt werden. © Getty Images / Dan Kitwood
- Um die bereits freigesetzten Treibhausgase zu binden, müssten wir eine Billion Bäume pflanzen. Das erfordert eine Fläche von zehn Millionen Quadratkilometern und kostet 221.000 Euro pro Quadratkilometer. Das International Institute of Sustainability in Rio de Janeiro hat nun eine Alternative erforscht, um das natürliche Wachstum zu stärken, bei Kosten von nur 66.300 Euro pro Quadratkilometer. (Al Jazeera)
- Ab dem 1. Januar müssen elektronische Geräte in Frankreich ein Label tragen, das anzeigt, wie einfach sie zu reparieren sind. Die Regierung möchte, dass die die Verbraucher:innen so eher Geräte kaufen, die sie bei einem Defekt nicht direkt wegschmeißen müssen. Hersteller sollen durch das Gesetz dazu motiviert werden, ihre Produkte in dieser Hinsicht umweltfreundlicher zu designen. (WDR)
- Ein Krankenhaus in Boston betreibt seit 2017 einen etwa 250 Quadratmeter großen Dachgarten mit zwei Bienenvölkern. Das hat viele Vorteile: Der Garten versorgt das Krankenhaus mit Gemüse und Honig, senkt dessen Energieverbrauch und dient als Lehrgarten für gesunde Ernährung. Arme Patient:innen können das Gemüse sogar auf Rezept erhalten, wenn sie für frisches Gemüse kein Geld haben. (Reuters)
Das stärkt Demokratie und Miteinander
- Die Ära der Kaufhäuser ist vorbei. Sterben jetzt unsere Innenstädte aus? Nein, zeigt ein Forschungsprojekt: Die meisten Gebäude haben eine Zukunft. Zum Beispiel in Oldenburg: Dort baut der Architekt Alexis Angelis eine leerstehende Hertie-Filiale um – zur Begegnungsstätte mit Streetfood-Markt, Eventflächen für Workshops und Co-Working-Space. (Zeit Online)
- Fake News und Desinformationskampagnen bedrohen die Demokratie. Finnland zeigt, wie man auch ohne Verbote gegen Desinformationen vorgeht: durch konsequentes Einbinden von Medienkompetenz in allen Schulfächern. Informationskompetenz ist seit 2016 Teil des Lehrplans. Finnland gilt mittlerweile als das gegen Fake News resistenteste Land der EU. (Der Freitag)
- Das Gesundheitsamt in New York hat ein Konzept aus Simbabwe übernommen: die Freundschaftsbänke. Dort sitzen ehemalige Patient:innen, die eine therapeutische Grundausbildung erhalten haben, um Betroffene zu beraten. 2019 kam es dadurch zu 60.000 Gesprächen. (Deutschlandfunk Nova)
- Selbstbestimmte Schule: Die Alemannenschule Wutöschingen (in Südbaden) sollte 2009 geschlossen werden, dann entschied sich die Gemeinde für ein Experiment: Der Lernstoff wird in altersübergreifenden Lerngemeinschaften vermittelt, statt Klassenarbeiten gibt es Gelingensnachweise. Zehn Jahre später zeigt sich: Das führt zu überdurchschnittlich guten Leistungen. (Brand Eins)
- Erfolgsmodell Botswana: Das afrikanische Land steckte die Einnahmen aus Rohstoffexporten in Bildung und Infrastruktur. Heute erreicht es in vielerlei Hinsicht das Niveau europäischer Staaten, muss aber noch seine Abhängigkeit von Rohstoffexporten überwinden. (Spiegel)
- Grundrechte per Smartphone: Die Ludwig-Maximilians-Universität in München entwickelt derzeit eine App, die bei der Verständigung von Migrant:innen und Polizist:innen helfen soll. Sie erklärt in acht Sprachen, was etwa ein Platzverweis ist und welche Rechte Beschuldigte haben. (Süddeutsche Zeitung)
- Nach den Gelbwestenprotesten hat in Frankreich ein Rat aus zufällig ausgewählten Bürger:innen konkrete Klimaschutzmaßnahmen entwickelt. Die Teilnehmer:innen forderten am 21. Juni 2020 das Ende der Inlandsflüge, die Absenkung des Tempolimits, eine Klimasteuer für Wohlhabende und die Verankerung des Klimaschutzes in der Verfassung. (Riffreporter)
Ein Mann trägt eine Fahrrad-Pappschablone, während er daran arbeitet, einen neuen Fahrradweg in Mailand zu auszumarkieren. © Getty Images / Emanuele Cremaschi
Die Straße als Wohnzimmer – so kann der Verkehr besser werden
- Aus Angst vor einer Corona-Infektion stiegen viele Menschen von Bussen und Bahnen auf Autos um. Städte müssen ihren Verkehr deshalb neu planen. Mailand setzt auf das Konzept „Strade Aperte“: Durch temporäre Radwege und größere Bürgersteige haben Fahrradfahrer:innen und Fußgänger:innen mehr Platz, Wirte können Tische aufstellen. Autos dürfen teilweise nur 30 Stundenkilometer fahren. (Neue Züricher Zeitung)
- Seit dem 28. April 2020 müssen Kraftfahrzeuge in Deutschland einen vorgeschriebenen Mindestabstand zu Fußgänger:innen, Fahrrädern und E-Rollern einhalten. Aber wie kann man die Verkehrssünder überführen? Im amerikanischen Chattanooga setzen Polizist:innen bereits seit 2015 erfolgreich das kleine C3FT-Gerät ein, um Abstände zu prüfen. (American City & County)
- Die Straße als Wohnzimmer: Die Stadt Wien möchte Fußgänger:innen und Radfahrer:innen im Straßenverkehr stärken. Seit 2015 hat die Stadt acht Straßen zu Begegnungszonen umgebaut, die nicht nur Leben in die Straßen bringen, sondern im Sommer als Erfrischungszonen dienen. (Riffreporter)
- Yoga, Blumentöpfe und Asphalt: Ein Kollektiv gestaltete in der Aktion „100 Meter Zukunft“ im August die Schwanthalerstraße in München um. Das Projekt von Architektur-Studierenden der TU München zeigt, wie sich eine Straße in einen lebenswerten Raum für Anwohner:innen verwandeln lässt. (Süddeutsche Zeitung)
- Die Verkehrsminister:innen der EU haben sich im September verpflichtet, dem Schienenverkehr mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Das Schienennetz soll ausgebaut und Züge gegenüber dem Flugverkehr wettbewerbsfähiger werden. Außerdem wollen sie eine Wiederbelebung des Trans-Europ-Express-Netzes prüfen, das Städte europäischer Länder verknüpft. (Euractiv)
Weniger Gewalt schafft mehr Frieden
- Defund the Police? Als immer mehr Menschen den Polizei-Notruf wählten, stellte eine Kleinstadt in Kentucky keine neuen Polizist:innen ein, sondern eine Sozialarbeiterin. Kelly Pompilio versucht, die Menschen so zu unterstützen, dass sie die Polizei gar nicht erst rufen müssen. Die Zahl der Notrufe ging so signifikant zurück. (Wave 3 News)
- Die Revolution im Sudan zeigt erste Erfolge: Im Juli wurde eine Justizreform verabschiedet, die die Genitalverstümmelung von Frauen verbietet. Außerdem schaffte die Regierung die Todesstrafe für die Abkehr von der Religion und für gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen ab. (Süddeutsche Zeitung)
- In einem Hochsicherheitsgefängnis nahe der US-Metropole Indianapolis kümmern sich Insassen um Tierheim-Katzen. Durch die Pflege der Tiere erfahren die Gefangenen Zuneigung und lernen, Gefühle zuzulassen. Das verbessert nachweislich die Rehabilitation. (IndyStar)
Ihre Kopftücher haben die gleiche Farbe wie die Safranblüten, die diese Arbeiterinnen in Herat, Afghanistan, pflücken. © Getty Images / Majid Saeedi
- In Afghanistan besteht die Wirtschaft aus Kriegsherren, die Opium-Rohstoffe anbauen? Falsch! Es gibt Alternativen zum Anbau von Schlafmohn: Etwa die Produktion von Safran. Das Gewürz erlaubt jungen Frauen finanzielle Unabhängigkeit, denn der Anbau gilt als „Frauenarbeit“. (FF)
- Eine Kleinstadt in Mexiko konnte ohne Polizei die Kriminalitätsrate senken, dank eines neuen politischen Systems: Es regiert ein Ältestenrat, der alle drei Jahre neu gewählt wird. Die Dorfbewohner:innen diskutieren am Lagerfeuer gemeinsam Probleme und ernennen Polizist:innen. (Krautreporter
- Auf den Falklandinseln im Südatlantik lagen seit 1982 größere Mengen Landminen. Ein britisches Einsatzkommando hatte sie infolge des Krieges mit Argentinien dort abgeworfen. Die englische Regierung konnte die Minen nun erfolgreich beseitigen. Hohe Kosten hatten das Projekt in die Länge gezogen. (Reuters)
- In einer Volksabstimmung im Oktober 2020 sprach sich die überwältigende Mehrheit der Chilen:innen dafür aus, die alte Verfassung aus der Militärdiktatur abzuschaffen. Eine Versammlung soll nun eine neue Verfassung entwickeln – mit starkem Schutz der Bürger- und Menschenrechte. (Chile News)
- Im sudanesischen Darfur bekriegten sich Sesshafte und Nomad:innen, weil beide Gruppen anders Landwirtschaft betreiben. Die Folge: Felder verödeten. In einem Projekt arbeiten die Einwohner:innen nun gemeinschaftlich daran, dem Land durch den Bau von Stauwehren seine Fruchtbarkeit zurückzugeben. (The Guardian)
- Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate unterzeichneten im August ein Abkommen, das Frieden im Nahen Osten bringen soll. Ziel ist es, diplomatische Beziehungen zu normalisieren. Auch Direktflüge zwischen den beiden Staaten sollen erlaubt sein. (Haaretz)
- Airbnb für ehemalige Straftäter:innen: Im kalifornischen Oakland vermittelt das „Homecoming Project“ freie Zimmer in Privathaushalten an Menschen, die aus dem Gefängnis entlassen werden. Die Rückkehrer:innen erhalten so ein soziales Umfeld, außerdem ermöglicht das Projekt ihnen einen Führerschein, ein Bankkonto und hilft bei der Jobvermittlung. (Next City)
Mehr Gleichberechtigung bedeutet mehr Freiheit
- Nanaia Mahuta war bereits die erste neuseeländische Ministerin für Maorientwicklung. Nun ist die Politikerin auch die erste Maori-Frau auf dem Regierungsposten der Außenministerin. Neuseelands Kabinett sei „unglaublich vielfältig“, sagt Ministerpräsidentin Jacinda Ardern. (Taz)
- Die Massai Nice Nailantei Leng’ete bewahrte 17.000 Mädchen in Kenia vor Genitalverstümmelung, indem sie den Dialog suchte: Sie hörte den Dorfältesten zu und überzeugte sie davon, dass alternative Rituale nicht nur für die Mädchen besser sind – sondern auch für die Gemeinschaft. (We Are Not Divided)
- Das Patriarchat ist in Myanmar tief verankert – auch im religiösen Kontext. Die buddhistische Nonne Sayalay Ketumala setzt sich deshalb für die Anerkennung von Frauen im Buddhismus ein. Seit 2016 schult sie junge Nonnen in Autonomie und Selbstbestimmung. (Southeast Asia Globe)
- Medizinische Lernmaterialien sind nicht divers genug, stellte der Londoner Medizinstudent Malone Mukwende fest. Also entwarf er ein Handbuch, in dem Ärzt:innen nachschlagen können, wie Symptome auf unterschiedlichen Hauttönen aussehen. (Atlanta Black Star)
- Ein Supermarkt in Japan testet besonders langsame Kassen für Senior:innen. Die sollen Einkaufen zu einem weniger stressigen Erlebnis für Menschen machen, die Hilfe beim Bezahlen und Einpacken brauchen. (Deutschlandfunk Nova)
- Die im Februar online gegangene Plattform Dickstinction.com macht es Betroffenen leichter, sexuelle Belästigung durch „Dickpicks“ anzuzeigen. Screenshot hochladen, Penisbesitzer verlinken und, voilà, gibt die Seite eine professionell formulierte Anzeige heraus, die nur noch bei der Polizei eingereicht werden muss. (Deutschlandfunk Nova)
- Männer mit psychischen Krankheiten landen oft im Gefängnis, weil ihr Rollenbild nichts anderes zulässt: Schwäche zu zeigen, würde sie zerstören. In Ghana stellen sich junge Männer gegen diese Diskriminierung, indem sie etwa in sozialen Netzwerken über ihre Ängste und Sorgen sprechen. (Al Jazeera)
- Mehr Barrierefreiheit: Für Rollstuhlfahrer:innen ist jede Stufe ein Hindernis. Das Schweizer Start-up Scewo hat deshalb den Prototypen eines Rollstuhls entwickelt, der dank Sensoren und Raupenantrieb Treppen steigen kann. (Deutschlandfunk)
- Sean Williams lebt auf Long Island, New York. In seiner Nachbarschaft war er als schwarzer Vater oft Vorurteilen ausgesetzt. Deswegen rief er die „Dad Gang“ ins Leben: eine Gruppe schwarzer Männer, die nicht nur Ratschläge zur Kindererziehung austauscht, sondern auf ihrem Instagram-Account mit 125.000 Follower:innen auch Stereotype über schwarze Vaterschaft ausmerzt. (CBS News)
- Die Stadt Hannover hat in diesem Jahr ein neues Angebot für Obdachlose gestartet: Im Modellprojekt „Plan B – OK“ erhalten obdachlose Menschen nicht nur bis zu drei Monate lang eine Unterkunft, sondern auch eine intensive soziale Beratung. Das soll ihnen dabei helfen, ihre Wohn- und Lebenssituation dauerhaft zu verbessern. (Webseite der Stadt Hannover)
Hier wird den Ärmsten geholfen
- In Wedza, einem ländlichen Distrikt in Simbabwe, sind die Wege lang. Das ist vor allem für Landwirt:innen schwierig, die ihre Produkte auf dem Markt verkaufen wollen. Dank wartungsarmer Elektro-Motorräder können sie die Strecken nun schneller zurücklegen. Für viele Bäuer:innen ist das ein Weg aus der Armut. (Reuters)
- Das Unternehmen Unilever hat in der Coronakrise 500 Millionen Euro mobilisiert, um Lieferant:innen durch die schwere Zeit zu helfen. Außerdem vergibt das Unternehmen Kredite an kleine Händler:innen und Dienstleister:innen, deren Existenz von Unilever abhängt. (Brand Eins)
- In ärmeren Stadtteilen und Slums in trockenen Ländern landen Toilettenabfälle oft im Graben und geraten so auch ins Trinkwasser. Die in Kenia entwickelte „Fresh Life“-Toilette trennt die Fäkalien vom Urin, bindet und trocknet sie. Die Abfälle können daraufhin zu Dünger verarbeitet und sogar zur Stromgewinnung eingesetzt werden. (Ozy)
- Periodenarmut: In einer Umfrage unter schottischen Frauen gab jede fünfte an, sich nicht ausreichend Hygienemittel für die Periode leisten zu können. Das schottische Parlament stellt ab sofort jedes Jahr 24 Millionen Pfund für kostenlose Tampons und Co. an öffentlichen Orten wie Gemeindezentren oder Apotheken bereit. (Jetzt.de)
- In der Corona-Krise müssen viele Tafeln die Versorgung Bedürftiger einstellen, um ältere Mitarbeiter:innen nicht zu gefährden. In Bremerhaven geht es wohltätig weiter – auch dank junger Menschen, die helfen. (Buten un Binnen)
- Glück gehabt: Im französischen Brest gewinnen fünf Obdachlose 50.000 Euro im Lotto. Ein Passant hatte ihnen ein Rubbellos geschenkt. (ZDF heute)
Zuletzt:
- In der Pandemie zu viel Science-Fiction gelesen? Gut so! Forschungen zeigen, dass fantastische Geschichten Leser:innen helfen, sich mit Problemen der Gegenwart in einem sicheren Gedankenlabor zu beschäftigen und dadurch neue Lösungen zu durchdenken. (Conversation)
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Redaktion: Philipp Daum, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Till Rimmele