Millionen Menschen hörten vor ein paar Wochen in den sozialen Medien ihre Geschichte: Die 16-jährige Howey Ou demonstrierte als wahrscheinlich erste Schülerin auf dem chinesischen Festland für mehr Klimaschutz. Sie war dabei allein. Auf den Fotos, die aus dieser Aktion entstanden, wirkt sie selbstsicher und ungehorsam. Sieben Tage saß sie in ihrer Heimatstadt Guilin vor dem Gebäude der lokalen Regierung. Das ist vorerst vorbei.
Denn die Polizei teilte ihr mit, dass sie weiter streiken könne – aber nur, wenn sie eine Erlaubnis von der Regierung dafür bekommt. „Das würde ungefähr fünf Tage dauern“, erzählt mir Howey in einem Interview, das wir auf ihren Wunsch über Sprachnachrichten in einem Messenger-Dienst geführt haben. Aber ob das klappt, sei nicht sicher. „Sehr viele Menschen sagen, dass ich die Erlaubnis mit Sicherheit gar nicht bekommen würde.“
Sie ist unsicher, was sie nun machen soll. Weiter streiken? Zwar kam die Polizei bei ihr vorbei, aber an ihrer Schule etwa wurde sie nicht bestraft. Allerdings sagt sie auch: „Meine Eltern schreien mich schon fast an und wollen, dass ich aufhöre, weil sie böse Folgen für ihre Jobs befürchten.“ Von Howeys Schulkamerad:innen hat sich ihr niemand angeschlossen. „Meine Freunde glauben, dass es unsicher sei und dass es schlimme Folgen haben kann“, sagt sie mir.
Howey ist 16 Jahre alt, sie besucht eine weiterführende Schule und spricht gutes Englisch. Nur manchmal muss ich nachfragen, weil etwas unklar bleibt. „Howey“, das ist nicht ihr echter Name; dabei hätte sie kein Problem damit, ihren chinesischen Namen zu veröffentlichen. Aber Chinesen geben sich oft englische Namen, die für Ausländer leichter zu merken und auszusprechen sind. Sie lebt in Guilin, im Südwesten Chinas.
Sie wird weiterkämpfen
China-Experten sind sich einig, dass das Umweltbewusstsein in China steigt. Maria Bondes, die dazu forscht, sagte schon 2013 dem Portal natur.de: „Seit den 1990er Jahren ist die Zahl der chinesischen Umweltorganisationen rapide gewachsen, und sie gelten als aktivster Teil einer entstehenden chinesischen Zivilgesellschaft.“ Die Regierung Chinas hat Umweltschutz inzwischen zu einem der wichtigsten Ziele des Landes erklärt.
„Für mich ist gefährlich, dass die Polizei nicht will, dass ich weiter demonstriere“, sagt Howey am Ende unseres Gesprächs. Sie sagt aber auch: „Ich werde weiter für mehr Klimaschutz kämpfen, damit die Politiker sofort anfangen etwas zu tun.“ Wie genau wisse sie noch nicht.
Die Mädchen, die die Welt verändern
Als ein anderer deutscher Journalist (wir sind in einem Gruppenchat) Howey fragt, ob sie damit gerechnet habe, für viele auf Social Media eine Heldin zu werden, antwortet sie: „Mir geht es nicht darum, eine Heldin zu werden. Ich will helfen, die Klimaschutz-Bewegung voranzubringen und mehr Menschen dazu bringen, sich um unsere Zukunft zu kümmern.“ Sie sagt auf Englisch: „To be panicked about our future.“
Es sind die gleichen Worte, die die Schwedin Greta Thunberg immer wieder verwendet. Auf der ganzen Welt sind es immer wieder Mädchen oder junge Frauen, die in ihren Ländern den Anfang machen. In New York ist es Alexandria Villasenor, in Uganda Vanessa Vash oder Asees Kandhari in Indien. Sie sind die Mädchen, die die Welt verändern. Howey Ou ist nicht allein.
Redaktion: Theresa Bäuerlein. Schlussredaktion: Vera Fröhlich. Fotoredaktion: Martin Gommel.