Wie Russen das politische System der USA nutzten, um Zwietracht in Albanien zu säen

© Lulzim Basha, Facebook

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Wie Russen das politische System der USA nutzten, um Zwietracht in Albanien zu säen

Unsere Leser haben uns schon oft gefragt, wie Lobbyismus funktioniert. Wir haben einen zugegeben etwas bizarren Fall gefunden. Aber er zeigt anschaulich, wie politischer Einfluss organisiert, verkauft und bezahlt werden kann.

Profilbild von von David Corn, Hannah Levintova und Dan Friedman

Ein ehemaliger Wahlhelfer von Trump, der als Lobbyist arbeitet, die Zahlung einer halben Million Dollar, eine konservative albanische Partei, vier republikanische Kongressabgeordnete, Breitbart News, der Besitzer eines koscheren Restaurants in New York City, ein Online-Dating-Service, der ukrainische Frauen anpreist, und Briefkasten-Firmen mit Kontakten zu Russland – das sind einige der Elemente in einer bizarren Geschichte. Sie heizt den Verdacht, dass Russen die Republikaner in Washington ohne deren Wissen benutzt haben, um politische Konflikte auf dem Balkan zu schüren.

Es ist eine komplizierte Geschichte über internationale politische Hinterlist mit einer schwindelerregenden Handlung. Um was geht es? Vor einem Jahr bezahlte eine ominöse schottische Firma, die von zwei in Belize ansässigen Scheinfirmen gegründet worden war, einen republikanischen Lobbyisten und ehemaligen Helfer der Trump-Wahlkampagne für Projekte in den Vereinigten Staaten mit dem Ziel, der Demokratischen Partei Albaniens (DP) zu helfen. Am 25. Juni 2017 fanden dort Parlamentswahlen statt, und die konservative DP forderte die von der Sozialistischen Partei (SP) geführte Regierung heraus.

Diese Regierung führte Ministerpräsident Edi Rama, der Albanien in Richtung Europäische Union lenkte und vor dem zunehmenden russischen Einfluss auf dem Balkan warnte. Zufällig – oder auch nicht – waren die beiden Scheinfirmen im zentralamerikanischen Belize wiederum mit Firmen verknüpft, die von Russen kontrolliert wurden.

Es scheint, als hätten sich Personen, die Russland nahestehen, in den Vereinigten Staaten eingemischt, um die Wahl in Albanien zu beeinflussen.

„Make Albania Great Again”

Im Frühjahr 2017, kurz nach der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump, startete ein altgedienter Mitarbeiter der Republikaner eine neue Karriere als Lobbyist: Nick Muzin hatte eigentlich Abschlüsse in Jura in Yale und in Medizin am Albert Einstein College of Medicine in New York, aber in den zurückliegenden Jahren hatte er eine Reihe politischer Jobs übernommen. In den frühen 2010er-Jahren arbeitete Muzin für den Republikaner Tim Scott aus South Carolina und für die republikanische Führung im US-Repräsentantenhaus. Er wurde dann stellvertretender Stabschef des republikanischen Senators Ted Cruz aus Texas und schließlich dessen Berater, als sich Cruz für die Präsidentschaftswahl 2016 um eine Nominierung seiner Partei bewarb.

Als Cruz seine Kandidatur für das Weiße Haus zurückzog, schloss sich Muzin der Trump-Kampagne an. Nach der Wahl arbeitete er laut seines Online-Lebenslaufs mit dem Trump-Übergangsteam zusammen, um Mitarbeiter für die künftige Regierung zu rekrutieren.

Aber Muzin selbst gehörte nicht zur Trump-Administration. Stattdessen meldete er sich am 31. März 2017 beim Justizministerium als sogenannter „ausländischer Agent“ an. Sein Auftraggeber: die Demokratische Partei Albaniens. Der Auftrag: Muzin sollte die Partei und die konservative Bewegung des Landes innerhalb der Vereinigten Staaten und weltweit fördern. Dafür sollte Muzin jeweils am 22. der Monate März, April und Mai 25.000 Dollar erhalten. So steht es in einem von Parteichef Lulzim Basha unterschriebenen Vertrag.

Albanien war damals Schauplatz eines erbitterten politischen Wahlkampfes. Bashas DP, die die Opposition anführte, protestierte wochenlang gegen die Regierungskoalition unter Führung von Ministerpräsident Edi Rama und dessen Sozialistischer Partei. Es war sogar die Rede davon, dass die DP und ihre Verbündeten die Parlamentswahlen im Juni boykottieren würden. Albanien schien auf ernsthafte Unruhen zuzusteuern. In dieser Situation wandte sich die DP an die Republikaner in Washington, um Hilfe zu erhalten.

Ende März 2017 organisierte Muzin für Basha einen Besuch in Washington und Treffen mit drei republikanischen Kongressabgeordneten: Ed Royce aus Kalifornien, der den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuss im Repräsentantenhaus hatte, sowie Michael McCaul und Pete Sessions aus Texas. Außerdem traf sich Basha mit Dana Rohrabacher, einem Republikaner aus Kalifornien, der schon mal als „Putins Lieblingskongressabgeordneter“ bezeichnet wurde.

Darüber hinaus nahm der albanische Politiker am jährlichen Abendessen des Nationalen Republikanischen Kongress-Komitees teil, bei dem Trump als zugkräftiger Redner auftrat. Muzin setzte sich auch mit Stephen Bannon in Verbindung sowie mit einem hochrangigen Berater des Weißen Hauses und mehreren anderen Beamten – das alles im Namen von Basha. Und Muzin veranlasste, dass der albanische Politiker von Breitbart News interviewt wurde, also der rechten Website, die Bannon geleitet hatte, bevor er 2016 in das Wahlkampfteam von Donald Trump wechselte.

Die Rechnung war einfach: Wenn er Unterstützung in den Vereinigten Staaten gewinnen könnte, dann könnte er das in Albanien verkünden. Und Basha war ein Selbstläufer für amerikanische Konservative. Er positionierte sich als Albaniens Trump und propagierte den Slogan „Make Albania Great Again”. Einmal nahm er sogar an einer Zeremonie in einer zentralalbanischen Stadt teil, bei der eine Straße namens Liria („Freiheit”) zu Ehren von Trump umbenannt wurde.