Morgens im Bett schaue ich ins iPad und gucke auf Twitter und Facebook, ob da was los ist. Entweder bin ich dann schon in Gespräche verstrickt, oder ich klicke ein paar der empfohlenen Links an. Das mache ich aber nicht, um sofort informiert zu sein, sondern um einen Grund zu haben, nicht gleich aufzustehen.
Ich lese auch tagsüber fast nur im Internet, und zwar einerseits Blogs und sonstige Dinge, die ich über Feedly abonniert habe, andererseits Empfehlungen, die über Facebook und Twitter reinkommen. Auf Papier habe ich nur noch wenige spezielle Periodika abonniert, die interreligiös-feministische „Inta“, die anarchistische „Graswurzelrevolution“, die „Wir Frauen“ und die „Monde Diplomatique“. Die „brand eins“ habe ich in der Digitalversion abonniert, aber ich vergesse oft, sie zu lesen, weil sie nicht in meinem normalen Routine-Stream drin ist.
Wenn ich Zug fahre, nehme ich die Papierzeitungen mit, für den Fall, dass die Internetverbindung schlecht ist. Auf Fernreisen und im Urlaub lese ich eher Romane, wenn möglich als E-Book. Ich fahre oft nach Brasilien, und früher war dort dann ab sechs Uhr abends Schluss, denn die Lämpchen sind meist nicht hell genug, um nach Sonnenuntergang noch auf Papier zu lesen. Deswegen hab ich dann oft Telenovelas im Fernsehen geschaut. Jetzt kann ich weiterlesen, wenn es dunkel wird, das ist einerseits praktisch, andererseits aber auch ein bisschen schade, weil ich die Telenovelas verpasse.
Welche Quellen genau ich lese, kann ich oft gar nicht sagen, weil mir alles über Feedly beziehungsweise Pocket auf den Bildschirm kommt, die Texte sehen also alle gleich aus. Ohne diese beiden Tools wäre mein Medienkonsum deutlich komplizierter, ich könnte darauf nur noch schwer verzichten. Wenn mich ein Thema genauer interessiert, schaue ich natürlich nach, woher die Information stammt. Spontan fallen mir jetzt drei Blogs ein, die regelmäßig meine Aufmerksamkeit finden: Die Mädchenmannschaft, weil sie von feministischen Standpunkten abseits des Mainstream berichtet, Georg Seeßlens Blog mit dem herrlichen Titel „Das Schönste an Deutschland ist die Autobahn“, und das US-amerikanische Gemeinschaftsblog feminismandreligion.com. Ich lese auch gerne private Blogs im Tagebuch-Stil, das ist für mich wie Fortsetzungsromane, nur dass tatsächlich offen ist, wie es weiter geht. Für politische Alltagsnachrichten habe ich keine spezielle Quelle, an denen kommt man ja bei Facebook und Twitter eh nicht vorbei.
Als Politikwissenschaftlerin lese ich ziemlich viel in Sachbüchern, ich habe immer einen Stapel neben dem Bett liegen, sozusagen in der Warteschleife. Die meisten wurden mir zur Rezension zugeschickt, denn wenn ich selber Bücher kaufe, bevorzuge ich E-Books - allerdings gibt es wissenschaftliche Bücher oft immer noch ausschließlich auf Papier. Ich finde es ziemlich merkwürdig, dass kaum ein Verlag Rezensionsexemplare als E-Books verschickt. Bei mir zumindest wäre dann die Wahrscheinlichkeit größer, dass ich reinschauen würde, weil ich sie ja immer dabei hätte.
Momentan lese ich „Politische Emotionen“ von Martha Nussbaum. Ihre These, dass auch eine linke Politik sich nicht nur auf rationale Argumentation stützen sollte, sondern auch Gefühle wecken muss, wenn sie erfolgreich sein will, finde ich anregend. Wenn auch noch mit einigen Fragezeichen. Als nächstes liegt Katrin Rönickes neues Feminismusbuch „Bitte freimachen“ auf dem Stapel. Die letzten Science-Fiction-Romane, die ich im vorigen Urlaub gelesen habe, waren „Xenogenesis“ von Octavia Butler und „The best of all possible Worlds“ von Karen Lord. Beide verhandeln am Beispiel von anderen Planeten den Umgang mit kulturellen Differenzen, was sowieso mein Lieblingsthema ist.
Mein „Archiv“ für das, was ich gelesen habe, ist im Grunde mein Blog: Da schreibe ich rein, was mir erinnernswert erscheint. Manchmal speichere ich Links zu Texten, die ich wichtig finde, auch auf Delicious ab, aber da komme ich später nur selten drauf zurück. Früher habe ich auch oft Anstreichungen in Büchern gemacht, wusste dann später aber meistens nicht mehr, was ich gemeint hatte. Jetzt markiere ich in E-Books, aber das schaue ich mir später noch seltener an. Wenn ich meine Gedanken verblogge, muss ich wenigstens halbwegs verständlich formulieren, was ich meine, außerdem ist das dann googlebar. Mein größtes Archiv-Problem ist nämlich, dass ich oft zwar weiß, dass ich etwas schon mal irgendwo gelesen habe, aber nicht mehr, wo.
Am meisten nervt mich beim Medienkonsumieren, wenn Artikel nicht halten, was die Überschriften versprechen. Ich empfinde das regelrecht als Betrug. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Audio und Video für mich als Informationsmedien keine Rolle spielen. Fernsehen und Radio nutze ich gar nicht, aber auch kaum Podcasts und Youtube. Ich bin schlicht zu ungeduldig dafür. Man kann da ja nicht schnell mal drüberfliegen wie bei Texten. Manchmal höre ich Podcasts im Zug, oder ich gucke Youtube-Videos, von denen meine Neffen erzählen (zuletzt das Rezept für einen Nutella-Stern von BakeMyDay). Aber selten.
Eine sehr große Rolle in meinem Leben spielen hingegen Kinofilme und Serien. Eine, zwei, drei Folgen vor dem Schlafengehen sind Standard. Zurzeit haben wir gerade die erste Staffel von „True Detective“ und die dritte von „Orphan Black“ durch und machen jetzt mit der zweiten Staffel von „Orange is the New Black“ weiter. Allerdings konsumiere ich diese Serien noch ganz altmodisch über BluRay, weil wir zu Hause auf einer großen Leinwand mit Beamer gucken und da die Videoqualität sehr wichtig ist.
Antje Schrupp ist Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Sie interessiert sich besonders für die weibliche politische Ideengeschichte und publiziert dazu. Ihre Biografie der ersten amerikanischen Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull (sie kandidierte 1872) ist gerade neu aufgelegt worden. Im März erschien ihr Comic „Kleine Geschichte des Feminismus“ (gemeinsam mit der Zeichnerin Patu).
In der von Christoph Koch betreuten Rubrik „Medienmenü“ stellen alle zwei Wochen interessante Persönlichkeiten die Medien vor, die ihr Leben prägen. Krautreporter-Unterstützer können in der Kommentarspalte rechts oder per Mail an christoph@krautreporter.de vorschlagen, wen sie gerne in dieser Rubrik porträtiert sehen würden.