„Es kann auch ein Segen sein, einen nicht erfüllten Wunsch loszulassen“
Gabi, 50 Jahre
Familie bedeutet für mich Sicherheit. Lieben und zurück geliebt werden, nicht allein zu sein, auch später im Alter nicht. Ich hatte zwar immer angenommen, dass ich einmal Kinder haben würde, aber in jüngeren Jahren mein Leben danach ausgerichtet habe ich auch nicht. Doch als ich mit 37 Jahren meinen heutigen Mann kennenlernte, spürte ich: Jetzt kann ich mir eine Familie vorstellen. Mit ihm gab es keine Spielchen mehr, er tat mir gut. Ich vertraute ihm. Also sagte ich nach etwa einem Jahr zu ihm: „Wie siehts aus mit Kindern?“ Es dauerte dann noch etwas, bis auch er soweit war. Mit 39 setzte ich schließlich die Pille ab.
Als ich nach etwa einem halben Jahr nicht schwanger geworden war, gingen wir zum Arzt. Mir wurden die Eileiter durchgespült, das Sperma meines Partners wurde als unfit diagnostiziert, weil sich darin Antikörper fanden. Wir warteten nicht lange und fingen mit der künstlichen Befruchtung im Labor an (IVF). Ein Versuch, danach ein zweiter und noch ein dritter. Ich wurde nicht schwanger. Also versuchten wir es mit ICSI, ebenfalls ohne Erfolg. Nach dem zweiten ICSI-Versuch hatte ich genug. Mein Partner wollte dann noch einen dritten, ich sagte ja. Es war für mich wichtig, dass er sich einen dritten Versuch wünschte, weil die Initiative für ein Kind ja anfänglich von mir ausgegangen war. Aber auch diesmal wurde ich nicht schwanger.
Die Zeit der Kinderwunschbehandlung habe ich als wahnsinnig düster und unheimlich in Erinnerung. Ich war voll berufstätig, musste das Spritzen für die Hormonbehandlung und die Arzttermine irgendwie „nebenher“ erledigen. Wegen der Hormone durchlebte ich Panikattacken und hatte Wechseljahressymptome. Es war ein Kampf. In den rund zwei Jahren der Kinderwunschbehandlung konnte ich kaum an etwas anderes mehr denken. Und das war auch gut so, denn sonst hätte ich die ganze Prozedur gar nicht ausgehalten. Du stehst es nur durch, wenn du dich voll darauf konzentrierst.
Umso tiefer fiel ich jedes Mal, wenn wieder der Anruf kam mit der Nachricht, dass es leider nicht geklappt hat. Es fühlte sich an, als wäre jemand gestorben. Jedes einzelne Mal.
Es war deswegen wichtig für mich, irgendwann selbst zu entscheiden, dass ich die Kinderwunschbehandlung nicht mehr weitermachen möchte. Ich wollte diese Entscheidung treffen, bevor ein Arzt mich mitleidig ansieht und mir sagt, dass ich aufhören muss.
In der Zeit nach der Behandlung flüchtete ich mich in eine Abwehrhaltung: „Kinder sind scheiße. Ein Leben mit Kindern ist schrecklich. Schaut sie euch an, die armen müden Eltern“, solche Sachen habe ich mir selbst erzählt. Natürlich aus Schmerz. Aber auch, um mich abzugrenzen. Vielleicht ging das in dieser Phase nur so. Drei Jahre etwa hielt sie an. Irgendwann wurde es leichter.
Heute fühle ich mich ganz anders. Ich habe wieder einen wohlwollenden Blick auf Familien und meinen Schmerz gut verarbeitet. Der geplatzte Kinderwunsch ist für mich abgeschlossen. Mit 50 fragen die Leute zum Glück nicht mehr, wie es bei meinem Mann und mir mit Kindern aussieht, aber ich sage manchmal ganz ungefragt, dass wir gern welche gewollt hätten, es aber nicht geklappt hat. Ich kann das heute wirklich mit einem großen Lächeln sagen. Ich weiß, dass ich alles versucht habe.
Es gibt im Leben doch vieles, von dem man sich verabschieden muss. Es kann auch ein Segen sein, einen nicht erfüllten Wunsch loszulassen. Denn wer loslässt, hat die Hände frei. Du kannst unendlich lange mit den Dingen hadern, die sich nicht erfüllt haben oder auch mit den Entscheidungen, die du getroffen hast. Ich fühle mich trotzdem komplett. Auch ohne Kind. Wenn ich mein Leben anschaue, denke ich: Es ist alles gut.
„So viel anderes ist möglich“
Florian, 45 Jahre
Ich glaube, ich wäre ein guter Vater geworden. Authentisch, liebevoll, aber auch eine Person, die einem Kind eine Richtung gibt. Ich wollte immer eine Tochter. Wenn ich mir früher das Vatersein ausgemalt habe, stellte ich mir vor, wie ich mit meiner Teenie-Tochter dasitze und mit ihr ein wichtiges Gespräch führe, vielleicht hätte sie Liebeskummer gehabt, und ich hätte zu ihr gesagt: „Es wird schon wieder! Jungs sind in der Pubertät einfach alle Idioten!“
Es war für mich immer klar, dass ich Kinder haben würde. So klar, dass ich diesen Wunsch noch nicht mal hinterfragt habe. Eigene Kinder gehören einfach zum Leben dazu, das war meine Haltung. Meine Frau und ich sind seit 14 Jahren ein Paar. Als wir beschlossen haben, jetzt mal loszulegen mit der Familienplanung, waren wir beide Anfang 30. Also im besten Alter – dachten wir. Aber niemand bereitet einen darauf vor, wie schwer es sein kann, schwanger zu werden. Niemand hatte uns jemals darüber aufgeklärt, dass es bei Frauen schon ab Ende 20 schwierig werden kann. So gingen wir völlig unbedarft und naiv an unseren Kinderwunsch ran. „Wird schon klappen!“, dachten wir.
Ein Jahr probierten wir es auf natürlichem Weg. Und es passierte: nichts. Wir haben den Kinderwunsch immer als höchst gemeinsame Sache verstanden, also war klar, dass wir uns beide untersuchen lassen. Bei meiner Frau war alles okay. Dafür wurde die Qualität meiner Spermien als schlecht diagnostiziert, sie waren nicht beweglich genug. Aber auch nicht in dem Maße, dass es nicht hätte klappen können. Als ich die Diagnose hörte, dachte ich kurz: „Ernsthaft jetzt?!“, aber mehr auch nicht. In meiner Männlichkeit gekränkt fühlte ich mich nicht, nein. Ich bin Ingenieur. Wenn ich ein Problem habe, verharre ich nicht lange darin, sondern suche schnell nach einer Lösung. Es war klar: „Okay, wir müssen was tun!“
Unsere Lösung hieß ICSI. Wir haben drei von der Krankenkasse bezahlte Versuche unternommen und dann noch einen auf eigene Kosten, weil wir noch eingefrorene Eizellen meiner Frau übrig hatten. Wir sind diesen Weg gemeinsam gegangen. Und wenn es nur irgendwie möglich gewesen wäre, hätte ich ohne zu zögern meinen eigenen Körper für die letzten beiden Versuche hergegeben, mit Spritzen, Hormonen und allem! Aber das war eben nicht möglich. Als Mann konnte ich nichts weiter tun, als meine Frau bestmöglich zu unterstützen. Ich habe ihr zum Beispiel immer die Spritzen für die Hormonbehandlung gesetzt und versucht, emotional für sie da zu sein. Hilflos gefühlt habe ich mich während der ganzen Zeit der Kinderwunschbehandlung trotzdem.
Diese Zeit war sehr belastend. Aber richtig schlimm war es nach der zweiten ICSI. Weil sich bei diesem Versuch das befruchtete Ei tatsächlich etwas länger eingenistet hatte. Es war kurz vor Weihnachten, und laut Hormonwerten waren wir schwanger. Unsere Ärztin war guter Hoffnung, also trauten wir uns, trotz aller Angst vor Enttäuschung die Freude zuzulassen. Obwohl meine Frau erst in der zweiten Woche war, erzählten wir unterm Weihnachtsbaum unseren engsten Familienmitgliedern davon. Kurz nach Weihnachten folgte dann die Ernüchterung: Das Ei war nicht weiter gewachsen. Meine Frau musste sich einer Ausschabung unterziehen.
Es war schrecklich, wie sehr meine Frau litt. Die Ausschabung war aber auch deswegen so schlimm, weil wir uns in unserer Freude schon viel weiter vorgewagt hatten als beim ersten Versuch. Umso endloser fühlte sich die Enttäuschung an. Am Tag der Operation war es dann nicht mehr möglich, das, was hier los war, weiterhin zu abstrahieren, um den Schmerz wegzuschieben. Ich weiß noch, wie ich dachte: „Wir sitzen jetzt hier, weil unser totes Kind aus der Gebärmutter herausgekratzt werden muss.“ Unser Embryo würde nicht mehr leben. Und wir waren hier, um ihn entfernen zu lassen. Es war grauenhaft.
Nach zwei weiteren ICSI-Versuchen entschieden wir uns, an einem Adoptionsverfahren teilzunehmen. Aber nach drei Jahren beschlossen wir, uns wieder abzumelden. Wir wollten die Kontrolle über unser Leben zurück, nicht permanent in einer Warteschleife hängen.
Als mit dem Ende des Adoptionsverfahrens feststand, dass ich nie Vater sein würde, war das ein schwerer Abschied. Weil die Vorstellung, Eltern zu sein, immer zu meinem Selbstverständnis dazugehört hatte. Geholfen hat mir ein Satz, den eine Therapeutin damals zu mir und meiner Frau sagte: „Macht euch mal Gedanken, wie ihr anders fruchtbar sein könnt.“ Was sie damit meinte: Nicht in der Lücke zu denken, also in dem Schmerz über das fehlende Kind zu verharren, sondern zu überlegen, was noch alles möglich ist.
Heute lebe ich elterliche Konzepte auch ohne eigene Kinder: Ich habe einen Patensohn und eine Wahlpatentochter aus unserem Freundeskreis. Mit beiden bin ich eng verbunden. Die Abmeldung vom Adoptionsverfahren und damit auch der endgültige Abschied von einem eigenen Kind liegen jetzt vier Jahre zurück. Der Schmerz von damals ist für mich verarbeitet. Heute denke ich: Wir sind zwar kinderlos, aber wir sind nicht kinderfrei. Und es bleibt Platz für so viel anderes.
„Ich bin heute ein zufriedener Mensch. Das hätte ich mir früher niemals vorstellen können“
Miriam, 48 Jahre
Schwanger zu werden war nie mein Problem. Zwölfmal war ich insgesamt schwanger. Neunmal erlitt ich eine Fehlgeburt. Hinzu kamen drei Eileiterschwangerschaften. Die zählen in meiner Verlustrechnung aber extra. Eine Eileiterschwangerschaft ist ein potentiell lebensbedrohlicher Zustand: Weil das Ei sich fälschlicherweise im Eileiter einnistet, kann das Gewebe reißen. In der Folge kann es zu starken inneren Blutungen kommen. Drei Eileiterschwangerschaften hintereinander sind sehr, sehr selten. Sowas gibts im Lehrbuch eigentlich nicht. Aber mich dürfte es im Lehrbuch sowieso nicht geben. Denn ich galt als kerngesund. Warum ich immer wieder eine Fehlgeburt erlitt und was eigentlich das Problem war: Niemand konnte es mir sagen.
Acht Jahre lang habe ich alles daran gesetzt, meinen Kinderwunsch wahr werden zu lassen. Von 32 bis 40 Jahren war ich wie in einem Tunnel, bin quer durch Deutschland gefahren auf der Suche nach Hilfe. Mein damaliger Mann und ich waren bei einem Gerinnungsspezialisten in Köln, bei einem Eileiter-Experten in Neuss, in der Uniklinik in Kiel, in der Kinderwunschklinik in Bonn. Nichts half.
Nach den neun Fehlgeburten und der dritten Eileiterschwangerschaft rieten die Ärzte aus der Uniklinik mir eindringlich, meinen Kinderwunsch zu begraben. Das gesundheitliche Risiko war einfach zu hoch. Wenn ich dieses Stoppzeichen von außen nicht bekommen hätte, hätte ich weitergemacht, dabei steckte ich zu diesem Zeitpunkt längst in einer schweren Depression. Aber das habe ich erst viel später erkannt.
Als Frau fühlte ich mich in der ganzen Zeit, in der ich kein Kind bekam, sehr wertlos. Ich hatte Schuldgefühle, fragte mich immer wieder, ob ich nicht doch irgendetwas falsch gemacht hatte. Und ich war so wütend – auf mich selbst. Als mir klar wurde, dass dieses Ausmaß an Traurigkeit und Wut nicht mehr normal ist, suchte ich mir Hilfe bei einer Therapeutin. Vergangene Woche hatte ich übrigens meine letzte Sitzung, nach siebeneinhalb Jahren. Es fühlt sich super an!
Durch die Arbeit mit der Therapeutin lernte ich, um meine Fehlgeburten zu trauern. Das hatte ich mir vorher nicht zugestanden. Ich trauerte aber auch um meinen unerfüllten Wunsch. Und ich begann, mich zu fragen, wieso der Wunsch nach einem Kind in mir so stark gewesen war, was dahinter steckte. Wie viel davon zum Beispiel familiäre Prägung war.
Eine Frau ist für mich heute eine Person, die von sich sagt, dass sie eine Frau ist. Aber früher dachte ich, dass zum Frausein ein eigenes Kind dazugehört. Diesen Gedanken habe ich über die Jahre losgelassen, weil ich verstanden habe: Das ist gar nicht meine Wahrheit, sondern die von anderen. Heute bin ich viel mehr bei mir selbst als damals, weiß besser, was ich wirklich will und was eigentlich nur andere von mir wollen. Ich bin auch klarer darin, wo meine Grenzen liegen und wie ein selbstbestimmtes Leben für mich aussieht.
Die Trauerphase dauerte trotzdem lang. Aber man muss sie durchleben, wenn man weiterkommen möchte. Einen Weg drumherum gibt es nicht. Mir hat es geholfen, mir ganz bewusst Zeit dafür zu nehmen, mich mit anderen über meine Erfahrungen auszutauschen, mir aber auch bewusst anzuschauen, was in meinem Leben alles gut ist. Irgendwann hatte ich die Erkenntnis: Es kann im Leben nicht alles erreicht werden. Und es kann auch nicht alles verstanden werden. Früher, in jüngeren Jahren, dachte ich immer: „Ich geh mit dem Kopp durch die Wand, die Wand hindert mich doch nicht!“ Aber nach all den Fehlgeburten war klar: Nein, es ist nicht alles möglich. Das ist einfach eine Lüge.
Diese Erkenntnis war für mich schwer zu verarbeiten. Und ich habe mich oft in den Gedanken verloren, was gewesen wäre, wenn. Irgendwann habe ich akzeptiert, dass ich es nie wissen werde. Heute bin ich ein zufriedener Mensch, obwohl sich mein Kinderwunsch nicht erfüllt hat. Das hätte ich mir früher nie vorstellen können.
„Wir schätzen die Freiheiten ja auch, die unser Leben bietet“
Sabrina, 39 Jahre
Vielleicht könnte man sagen, dass ich ein bisschen perfektionistisch veranlagt bin. Ich habe in meinem Leben immer alles erreicht. Bis auf die Schwangerschaft.
Sechs Jahre lang haben mein Mann und ich alles versucht. Wir nutzten verschiedene Verfahren der Reproduktionsmedizin, am Ende haben wir es mit drei ICSIs versucht. Insgesamt sechsmal wurde mir ein Embryo eingesetzt. Ich probierte auch alternative Methoden, die angeblich helfen sollten: Akupunktur, verschiedene Tees, Traditionelle Chinesische Medizin, Omega-3-Fettsäure-Infusionen, eine Behandlung mit Kortison. Schwanger wurde ich nie.
Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen hatte ich während der Kinderwunschbehandlung keine Nebenwirkungen, aber belastend war diese Zeit trotzdem. Ich fand die Welt einfach so ungerecht. Zum Beispiel, als meine Schwägerin schwanger wurde. Ich weiß noch, wie sie und mein Schwager uns freudestrahlend davon erzählten, 2017 war das, auf dem Karnevalsumzug. Mein Mann war auch dabei, wir waren alle vier verkleidet: ich als Cowgirl, mein Mann als Arzt, mein Schwager als Pilot und seine Frau als Hexe. Meinen Schwiegereltern hatten die beiden ein Buch geschenkt mit dem Titel „Du wirst Opa/Du wirst Oma“. So oder so ähnlich hieß es. Das hat mich getroffen damals. Ich dachte: „Aber ich bin doch die, die beruflich mit Büchern zu tun hat! Ich bin doch die, die in einem Verlag arbeitet!“
Die ganzen negativen Gefühle auszuhalten, die ich während der Zeit der Kinderwunschbehandlung hatte, war sehr anstrengend. Nicht nur das Gefühl der Ungerechtigkeit. Neid war auch dabei. Auch für meinen Mann war das nicht leicht. Er wusste ja nie, wie er mich abends zuhause vorfinden würde. Wieder gereizt? Oder traurig? Oder total aufgelöst?
Was ich mir am Leben mit eigenen Kindern immer sehr schön vorgestellt habe, sind diese kleinen besonderen Momente. Vorlesen am Abend zum Beispiel. Aber ich hätte auch gern die Traditionen weitergegeben, die ich aus meiner eigenen Kindheit kenne: vor Weihnachten gemeinsam Plätzchen backen, Schlitten fahren, mit der ganzen Familie auf den Karnevalsumzug gehen und die Kinder Süßigkeiten sammeln lassen. Mir fehlte auch das Netzwerk, das sich durch Kinder um einen bildet: die Elternbekanntschaften aus Kita und Schule, die Schwätzchen auf dem Spielplatz.
Als ich nach sechs Jahren immer noch nicht schwanger wurde, trotz aller Versuche, entschieden wir uns, die Kinderwunschbehandlung zu beenden. Ich wollte diesen Kontrollverlust nicht mehr, den ich durch sie spürte. Das ständige Hoffen, immer verbunden mit Enttäuschung.
Im Dezember 2019 hatten wir unser Abschlussgespräch in der Kinderwunschklinik. Ich war zu diesem Zeitpunkt erst 35 Jahre alt, sicherlich hätte man es noch weiter versuchen können. Aber ich wollte nicht verbittert werden. Und trotz des gemeinsamen Kinderwunsches muss ich auch sagen: Unsere Ehe und unser Leben an sich waren meinem Mann und mir wichtiger, als unser Leben weiterhin dem Wunsch nach einem Kind unterzuordnen.
In der ersten Zeit nach der letzten ICSI fühlte ich mich unglaublich erleichtert. Doch etwas später meinte mein Mann zu mir: „Du hoffst noch.“ Und er hatte recht; still und heimlich, ganz leise, gab es noch etwas in mir, das weiterhoffte. Irgendwann las ich in einem Blog von einer Frau Mitte 40, bei der es auch nie geklappt hatte mit dem Kinderwunsch und die dann aus heiterem Himmel doch noch schwanger geworden war, mit Mitte 40 eben – nur, um das Baby dann wieder zu verlieren. So etwas möchte ich auf keinen Fall durchmachen.
Mittlerweile verhüten wir sogar wieder, seit knapp einem Jahr. Niemand aus unserem Umfeld hat das verstanden, auch meine Frauenärztin nicht. Denn ich bin ja erst 39. Theoretisch könnte es auf natürlichem Weg noch klappen. Und ich bin gesund. Eine Ursache dafür, dass ich nicht schwanger geworden bin, konnte nie festgestellt werden. Aber nachdem mein Mann und ich beschlossen hatten, dass wir jetzt mit der assistierten Reproduktion aufhören, wollte ich wirklich abschließen.
Natürlich haben wir uns unser Leben anders vorgestellt. Ohne Kind ist da eine Lücke. Aber im Alltag spüren wir die nicht; wir schätzen die Freiheiten ja auch, die unser Leben bietet. In unserem Freundeskreis haben wir ein Paar über 70, das auch unfreiwillig kinderlos geblieben ist. Beide sagen, dass von dem Schmerz über das nicht gelebte Leben mit Kind höchstens noch Wehmut geblieben ist. Ich glaube, dass wir uns auch dorthin entwickeln.
Redaktion: Franziska Schindler; Illustration: Michelle Urra; Bildredaktion: Philipp Sipos; Schlussredaktion: Susan Mücke; Audioversion: Iris Hochberger und Christian Melchert