Wie informiert ihr euch morgens als erstes?
Der Tobi: Ich lass morgens den Fernseher im Hintergrund dudeln. Das brauche ich irgendwie.
Frühstücksfernsehen? Oder was läuft dann?
Der Tobi: Nö, so früh stehe ich morgens nicht auf. „Two and half Men”; lass ich zum Beispiel gerne laufen. Das verfolge ich dann aber natürlich gar nicht. Das ist irgendwie nur so ein Hintergrundrauschen. Eher so eine akustische Beruhigung.
Das Bo: Ich kümmere mich erst mal um mich selber. So aufstehen, kacken, Wässerchen trinken oder vielleicht ein kleines Frühstück anrichten. Dann gehe ich im Park spazieren und reite auf meinem Gnu. Nein, das ist natürlich Quatsch. Aber ich bin halt Offliner: Ich hab kein Smartphone und kein Internet zu Hause. Fernseher auch nicht. Die ersten Momente des Tages gehören mir.
Das wünschen sich inzwischen einige …
Das Bo: Das ist doch Quatsch. Wenn man sagt, man wünscht es sich und kriegt es nicht hin, dann ist man halt ein Junkie. Ganz einfach ein Junkie. Das ist nichts anderes als Kokain, Schokolade oder Heroin sogar.
Hattest du das alles nie? Smartphone, Internetanschluss? Oder hast du es irgendwann abgeschafft, weil es dich genervt hat?
Das Bo: Ich bin gar nicht erst eingestiegen. Ich bin hochsensibel und fahrig. Und hab mit dem Jetzt immer schon genug zu tun. Wenn ich dann noch dieses Ding in der Tasche hätte, das immer an mir zieht und mir sagen würde, wie grausam das und das ist, oder wie geil irgendeiner ist, den ich noch nie in meinem Leben getroffen habe – dann wäre das für mich zu viel. Dann würde ich meinen eigenen Fokus verlieren.
Also stattdessen klassische Printmedien? Das gute alte Zeitungsabo?
Das Bo: Wenn ich reise, hole ich mir immer das „Art Magazin”; und „Monopol”. Da kann man sich ein bisschen Kunst angucken und über interessante Künstler lesen. Und vielleicht eine interessante Ausstellung finden, in die man gehen kann. Ab und zu kaufe ich auf Reisen auch mal ein Musikmagazin. Aber generell konsumiere ich wenig Medien.
Der Tobi: Ich habe ein Spiegel-Abo, inzwischen seit 14 Jahren. Den lese ich relativ ausführlich und schaue Nachrichten im Fernsehen, Tagesschau oder heute. Im Internet lese ich kaum Nachrichtenseiten.
Das Bo (verschwörerisch): Aber ich hab natürlich mein Ohr auf der Straße. Ich weiß schon, was hinter den Kulissen läuft.
Der Tobi (unbeirrt): Andererseits, sobald du bei Facebook reinschaust, kommst du ja um Online-News nicht rum. Das taucht in deiner Timeline auf, weil es jemand teilt oder weil du der jeweiligen Nachrichtenseite folgst. Gerade das mit den geteilten Inhalten ist natürlich auch interessant, weil man da manchmal in einen anderen Kosmos reinschauen kann. Sowohl im Positiven als auch im Negativen. Also sprich: Du liest plötzlich Sachen, die nicht unbedingt in den normalen Nachrichten stattfinden.
Was wäre da ein Beispiel für Nachrichten, die auf Facebook zu lesen sind, aber nicht in der Zeitung stehen?
Der Tobi: Ein negatives Beispiel wären diese ganzen Verschwörungstheorien, die im Netz rumgeistern. Da ist vieles ja echt gruselig und wird da trotzdem geteilt, inklusive die Erde ist flach. Und als positives Beispiel: Im Juli gab es natürlich auf Facebook viel Kram zum G20-Gipfel in Hamburg. Handyaufnahmen oder auch Stellungnahmen von Leuten, die in den klassischen Medien so nicht stattgefunden haben. Und da war ich als Hamburger natürlich froh, dass das von allen Seiten beleuchtet wurde.
Das Bo: Wir wohnen ja genau mittendrin. Und wenn man einigermaßen offen ist, kriegt man natürlich mit, was da gelaufen ist. Aber was ist mit der Masse, die nur der Bild-Zeitung ausgesetzt ist? Die liest dann nur von linksradikalen Chaoten und brennenden Autos … und wie es wirklich war, interessiert irgendwann keinen mehr.
Welche Art von Büchern lest ihr am liebsten?
Der Tobi: Früher habe ich wahnsinnig viel gelesen, aber das wird tatsächlich immer weniger. Mittlerweile bin ich so ein klassischer Urlaubsleser. Da dann eher Romane.
Das Bo: Ich hatte lange Zeit das Motto: Ich lese nicht, ich lebe. Aber mittlerweile lese ich auch ab und zu mal ein Buch. „Kafka am Strand von Haruki Murakami” fand ich zum Beispiel sehr gut. Die offizielle Biografie von Salvador Dali war auch interessant. Gerade habe ich „Memoiren eines alten Arschlochs” von Roland Topor gelesen. Und dann habe ich natürlich die Texte von dem Album „Flash” von „Fünf Sterne Deluxe” alle verschlungen.
Ach ja?
Das Bo (laut und direkt ins Aufnahmegerät): Ja! Die haben ein wirklich tolles Album gemacht. Nehmt euch mal eine Stunde Auszeit, medialer Wahnsinn ade – fünf Sterne olé! (beinahe aufgebracht:) Das hat ja alles gar nichts mit dem Album hier zu tun, was wir machen.
Aber jetzt hast du es doch unauffällig erwähnt …
Das Bo: Das wird mir hier nur alles ein bisschen zu GEZ-mäßig. Ich hab Angst, dass du als nächstes fragst: „Wie viele Geräte haben Sie denn in Ihrem Haushalt?”
Der Tobi (ruhig): Eines der letzten Bücher, die ich zuletzt gelesen habe, war „Zero” von Marc Elsberg. Darin geht es um Beeinflussung von Menschen durch soziale Medien, um Selbstoptimierung und um Wahlmanipulation. Als ich es gelesen habe, klang das alles noch nach ferner Zukunft. Und zwei, drei Monate später gab es plötzlich diese Selbstoptimierungsprogramme überall, bei denen Leute dann bereitwillig alle ihre sportlichen Aktivitäten ins Internet posten oder ihre Gesundheitsdaten preisgeben. Das fand ich sehr überraschend, denn in dem Roman war das noch so eine Zukunftsvision. Und ist das kurze Zeit später schon genau so eingetreten.
Das Bo (aufgeregt): Jetzt mal was ganz anderes!
Okay, schieß los!
Was ich neulich geguckt habe und was sehr interessant ist: Ulrich Seidl „Im Keller”. Den habe ich parallel zu dem Militärputsch in der Türkei geguckt. Das war ganz interessanter Fernsehabend. Da habe ich dann immer zwischen Ulrich Seidl, der die Leute in ihrem Keller dokumentiert hat, was die da so machen, und dem Militärputsch hin und her geschaltet. Das war wirklich interessant.
Gibt es Fernsehsendungen, die ihr nach Möglichkeit nie verpasst?
Der Tobi: Also ich gucke generell gerne Reportagen und Dokus. Und ich finde, dass es im öffentlich-rechtlichen Bereich eine extrem hohe Qualität gibt. Die öffentlich-rechtlichen Sender werden ja oft kritisiert und ihnen wird aktuell in dieser Lügenpresse-Debatte oft vorgeworfen, dass sie gesteuert seien. Aber ich finde, wenn man sich die Dokus und Reportagen anschaut, die die bringen, dann wird da über wirklich sehr interessante und auch kontroverse Sachen berichtet.
Gibt es eine Dokumentation, die dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Der Tobi: Eine, die ich sensationell fand, handelte vom Wasser. Da ging es um total interessante Sachen, zum Beispiel haben sie Wasser mit Musik beschallt und je nachdem, was für Musik das war, hat sich das Wasser in der atomaren Struktur, die ja immer eine gewisse Ordnung hat, verändert. Ich habe leider vergessen, wie die Doku heißt. „Das Wasser ist das Leben” oder so was.
Das Bo (ungeduldig): Menschen sind ja wie Gurken! Die bestehen zum größten Teil aus Wasser. Ich habe mal eine sehr gute Doku gesehen über diesen Typen, der Linux entwickelt hat, dieses offene Betriebssystem. Linus Torvalds. Interessanter Typ, der ist ja sowas wie der Gegenspieler zu Bill Gates. Gates hat sein Betriebssystem Windows verschlüsselt, um es kapitalistisch verwerten zu können. Und der Torvalds hat seinen Quellcode halt offen zugänglich gemacht, damit diese ganzen Brains aus der Community gemeinsam an einem Ding arbeiten können. Fand ich cool.
Ihr seid demnächst wieder viel für Konzerte unterwegs. Habt ihr eine bestimmte Tourbus-Lektüre?
Der Tobi: Eigentlich nicht. Manchmal kaufe ich mir noch mal „Bild der Wissenschaft”. Weil ich mir denke, ich könnte da noch mithalten. Aber vieles ist dann auch schon außerhalb meines naturwissenschaftlichen Wissens.
Interessieren euch Podcasts?
Das Bo: Was ist das?
Das sind …
Das Bo (leicht verärgert): Alter, ich weiß schon. Ich wollte nur sehen, wie low ich eingeschätzt werde. Ich bin vielleicht offline. Aber ich bin deswegen ja nicht komplett weltfremd, was Medien angeht.
Verstehe. Gibt es Medien, die ihr ganz bewusst meidet?
Der Tobi (sachlich): Ein Medium, das wir beide relativ wenig nutzen, ist Radio …
Das Bo (unterbricht ihn): … wobei ich es mag, in ein Taxi einzusteigen, und da läuft das Radio. Ich finde es dann interessant, in die Welt einzutauchen, in der der Mensch unterwegs ist, in diese Blase einzutauchen. Welche Musik der geil findet.
Interessiert ihr euch für Musikmedien? Wie informiert ihr euch als Musiker über die Branche? Über das was die anderen machen?
Der Tobi: Ich bin auch als Elektro-DJ mit Moonbootica unterwegs. Und da muss ich mich natürlich schon regelmäßig um aktuellen Sound kümmern. Aber das läuft dann weniger über Zeitschriften oder Blogs, sondern man hört eher auf den Online-Plattformen rein.
Welche Plattformen sind da wichtig?
Der Tobi: In der elektronischen Tanzmusik ist es vor allem Beatport. Das ist quasi ein Shop, wo aber auch fast alle DJs ihre aktuellen Charts posten. Und wenn du weißt, wessen Geschmack dir gefällt, kannst du da immer schauen, was mögen die anderen und so wieder neue Sachen entdecken. Es ist krass, wie sich das verändert hat: Früher, als wir in den 90ern am Start waren, waren Viva und MTV wahnsinnig präsent und wichtig. Die gibt’s heute eigentlich gar nicht mehr im klassischen Sinne. Die wurden durch Youtube ersetzt, wo die Leute sich ihr eigenes Programm zusammenstellen.
Der Tobi und das Bo waren in den Neunzigern als Hiphop-Duo aktiv, bevor sie gemeinsam mit Marcnesium und DJ Coolman die Rap-Gruppe Fünf Sterne deluxe gründeten. Deren neues Album namens „Flash” ist am 6. Oktober 2017 erschienen.
In der von Christoph Koch betreuten Rubrik Medienmenü stellen regelmäßig interessante Persönlichkeiten die Medien vor, die ihr Leben prägen. Ihr könnt per Mail an christoph@krautreporter.de vorschlagen, wen er porträtieren soll.
Illustration: Veronika Neubauer, Foto: David Koenigsmann.