Fliehkräfte, Springtiden und die Prophezeiung der Maya
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Fliehkräfte, Springtiden und die Prophezeiung der Maya

Tobias ist Krautreporter-Leser und hat gefragt: „Wenn man ein Gezeitenkraftwerk errichten und aus der Bewegung des Mondes Strom erzeugen würde, stürzt der Mond dann irgendwann auf die Erde ab?“ Das sind die Antworten der Krautreporter-Experten (ungekürzt).

Profilbild von Susan Mücke
Reporterin für Leben und Alltag / Chefin vom Dienst

Wenn der Mond langsamer wird, kommt er der Erde nicht näher, sondern entfernt sich von ihr (siehe das 3. Kepplersche Gesetz): https://de.wikipedia.org/wiki/Mond#Ursache
Susi Sonnenschein

Der Mond entfernt sich jedes Jahr um etwa 4 cm von der Erde. Der Gedanke, dem Mond Energie mit einem Kraftwerk zu „klauen“ ist ein Trugschluss - diese Energie wird, wenn nicht von einem Kraftwerk, so doch von der Natur (Strand, Klippen, Wellen) absorbiert (Energieerhaltungssatz). Solche Gezeitenkraftwerke gibt es ja, sie sind super und nein, sie bremsen den Mond nicht ab. Zumindest nicht mehr, als wenn der Strand diese Arbeit übernimmt.
Jan

Also, zuerst mal wird die Erdrotation durch die Gezeiten gebremst, d.h. die Tage werden immer länger. Zudem wird der Mond tatsächlich langsamer, dadurch entfernt er sich aber von der Erde (größere Umlaufbahn). Und der Mond kreist nicht um die Erde, sondern Mond und Erde kreisen um den gemeinsamen Schwerpunkt, der etwas unterhalb der Erdoberfläche liegt. Das erklärt auch, warum die Flut immer der auf dem Mond zugewandten Seite als auch auf der abgewandten Seite ist. In der Wikipedia stehts genauer drin.
Klaus

Die Gezeitenkräfte, die beide Himmelskörper aufeinander ausüben, führen dazu, dass sich ihre Drehung verlangsamt. Die Erde als der „stärkere“ der beiden Partner hat die Monddrehung soweit abgebremst, dass er uns immer nur dieselbe Seite zeigt. Genauso bremst der Mond durch die Reibung, die seine Gezeitenkräfte auf das Meer und auf die Erdkruste insgesamt ausüben, seinerseits die Erddrehung, was dazu führt, dass sich der Mond pro Jahr um 3,8 cm von uns entfernt. Würde ein Gezeitenkraftwerk etwas daran ändern? Nein. Denn die Energiequelle, die es anzapft, ist die Bewegungsenergie der Gezeitenwelle. Diese „verpufft“ heutzutage ungenutzt: über die Reibung der Wassermoleküle untereinander und die Reibung zwischen dem Wasser und dem Boden (Meeresgrund/Küste) entsteht Wärmeenergie, die Boden und Wasser um den winzigen Bruchteil eines Grades aufheizt. Da ein Gezeitenkraftwerk der Welle Bewegungsenergie entzieht, würden sich Wasser und Boden weniger stark erwärmen, wobei diese Energie natürlich an anderer Stelle des Systems Erde wieder freigesetzt würde.
Heinrich

Nein, stürzt er nicht. Die Kräfte werden eher senkrecht zur Gravitationsrichtung aufgenommen, sie sind im Vergleich zu denen der Gravitation aus den beteiligten Massen winzig. Evtl. könnte man eine Rotationszeitänderung der Erde ableiten, der man aber mit einem auf der gegenüberliegenden Seite liegenden Kraftwerk zum Ausgleich begegnen könnte.
Klaus

Ein Gezeitenkraftwerk ist ein Wasserkraftwerk, das potentielle und kinetische Energie aus dem Tidenhub des Meeres in elektrischen Strom wandelt. Den Rest kann man bei Wikipedia nachlesen, weder stürzt der Mond ab, noch die Sonne, und die Drehung der Erde verändert sich dadurch auch nicht.
Holger

Das Gegenteil ist der Fall, letztendlich vergrößert sich sogar die Umlaufbahn des Mondes durch Gezeitenkraftwerke. Dies geschieht allerdings ohnehin bereits durch den natürlichen Prozess der „Gezeitenreibung“. Durch die innere Reibung zwischen den Ozeanen und dem rotierenden Erdkörper wird der Flutberg von der Erdrotation „mitgezogen“ und läuft somit der Senkrechten zum Mond voraus (und nicht hinterher, wie von Ihnen gemutmaßt). Dadurch kann der Mond wiederum ein Drehmoment auf die Erde ausüben, die bremsend auf die Erdrotation wirkt. Der Erde wird also durch die Gezeiten Rotationsenergie entzogen, die in andere Energieformen umgewandelt wird. Neben der Energie ist der Drehimpuls eine weitere physikalische Erhaltungsgröße (Stichwort Schreibtischstuhl, Eiskunstläufer, etc.). Die Verlangsamung der Erdrotation bedeutet eine Abnahme des Rotationsdrehimpules der Erde. Aufgrund der Gesamtdrehimpulserhaltung nimmt daher der Bahndrehimpuls des Mondes zu. Dies geschieht durch eine Zunahme des Bahnradius, der Mond entfernt sich also aufgrund der Gezeitenreibung von der Erde. Da ein Gezeitenkraftwerk letztlich zur Gezeitenreibung beiträgt und die damit gewonnene Energie aus der Erdrotation stammt, vergrößert es also prinzipiell den Abstand vom Mond zur Erde. Der Gesamteffekt der Kraftwerke ist jedoch gegenüber der natürlichen Gezeitenreibung zu vernachlässigen und selbst diese wirkt sich nur sehr schwach aus (Zunahme der Mondumlaufbahn um 3,8 cm pro Jahr, und Verlängerung des Erdtages um 1 sec in 100.000 Jahren laut Wikipedia). Auf menschlichen Zeitskalen kann man Gezeitenkraftwerke also durchaus als „erneuerbare“ Quellen betrachten. Aufgrund ihrer schädlichen Wirkung auf Ökosysteme und die fragwürdige ökonomische Bilanz, werden sie jedoch mittelfristig keinen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten können.
Jan

Bei der Bewegung des Monds um die Erde handelt es sich um das sogenannte „Zweikörperproblem“. Wenn sowohl der Mond als auch die Erde vollständig rigide Objekte wären, ließe sich die relative Bewegung als Ellipse beschreiben, die sich nie ändert. Allerdings ist es in der Tat so, dass durch die Gezeiten (welche nicht nur das Wasser, sondern auch das Gestein betreffen), dem System Energie entzogen wird, weil die Bewegung des Wassers bzw. des Gesteins Reibung erzeugt, wodurch im Endeffekt kinetische Energie in Wärmeenergie umgewandelt wird. Dadurch nähert sich der Mond der Erde immer weiter an. Laut Wikipedia-Beschreibung, die ich zwar nicht selbst nachgerechnet habe, die aber plausibel klingt, führt dies irgendwann dazu, dass der Orbit des Mondes geostationär wird, d.h. die Bahn des Mondes um die Erde ist gerade so beschaffen, dass der Mond von der Erdoberfläche aus gesehen immer an der gleichen Stelle steht. Wenn dieser Punkt erreicht wird, hören natürlich auch die Gezeiten auf und das System verliert keine Energie mehr. Laut den Angaben in Wikipedia wird dieser Punkt aber voraussichtlich nie erreicht werden, da vorher Erde und Mond von der „explodierenden“ Sonne zerstört werden. Das entspricht meinem „Bauchgefühl“, dass die Energieverluste so gering sein sollten, dass sich innerhalb menschlicher Zeitskalen der Orbit des Mondes nicht wesentlich ändern sollte. Eine kleine Bemerkung am Rande: Dass die Gezeiten nicht nur das Wasser, sondern auch solide Objekte betreffen ist keineswegs rein theoretisch. Ich weiß aus erster Hand, dass bei Präzisionsmessung am LEP (dem Vorläufer-Beschleuniger des LHC) Schwankungen registriert wurden, die mit der Deformation durch die Gezeiten erklärt werden konnten.
Sebastian

„Verliert“ der Mond auch ohne Kraftwerk nicht seine Energie, z.B. durch Umwandlung der Bewegungsenergie der Wasserwellen in akustischen Schall beim Crashen mit anderer Materie? Vielleicht wird die Erde durch Gezeitenkraftwerke einfach nur leiser?
Holger

Nein. Wird er nicht. Es ist richtig, dass die Mond-Erde-Konstellation nicht 100% stabil ist, allerdings entfernt sich der Mond von der Erde (mit etwa 3cm/Jahr). Weiterhin erzeugen die wirkenden Kräfte ohnehin derartige Reibungskräfte, wenn z.B. das Wasser über den Meeresboden „geschoben“ wird oder (wie Du richtig sagst), der Mond die im Kern flüssige Erde regelrecht verformt), dagegen wären die zusätzlichen Reibungsverluste durch Gezeitenkraftwerke praktisch ohne jeden Belang. Hinzu kommt, dass die im Verhältnis große Masse des Mondes zwar auf das Wasser der Erde deutliche Auswirkungen hat, im Umkehrschluss hat aber das Wasser praktisch keinerlei Auswirkung auf den Mond.
Dirk

Das Problem ist nicht das Kraftwerk. Dieses nutzt nur den Tidenhub und die sich daraus ergebenden Potentialunterschiede aus. Es beeinflusst selbst also den Lauf der Gezeiten nur insoweit, als dass eine Verlangsamung des Ausgleichs stattfindet. Die von den Gravitationskräften ausgelöste physikalische Arbeit, die seit Jahrmillionen täglich verrichtet wird, ist tatsächlich das „Umschichten“ gigantischer Wassermassen, wodurch zumindest die Entropie zunimmt. Auf sehr lange Sicht ist dies ein Sargnagel zum „Wärmetod“ des Universums - mit oder ohne Gezeitenkraftwerk.
Falk

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Nein, ich bin der Meinung, dass es keinen Einfluss auf die Gravitation zwischen Erde und Mond hat, es hat eventuell Einfluss auf den Verlauf und die Höhe der Tiden auf der Erde. Aber auch bei der Sonnenenergie spielt es keine Rolle, wie wir die Energie nutzen, ob wir sie in Strom umwandeln oder anders durch die Natur umsetzen lassen.
Stefan

Die Gezeiten sind an sich ja schon ein Energiebeitrag, der sich nicht dadurch verändert, dass diese Energie vom Menschen nun in Elektrizität umgesetzt wird. Daher wird die Wirkung auf dem Mond nicht verändert.
S.R.

Die Kraft, welche der Mond auf die Erde ausübt, bleibt auf bei exzessiver Ausnutzung der Gezeitenkraft dieselbe. Die Kraft hängt maßgeblich von der Rotationsgeschwindigkeit des Mondes ab, und durch Gezeitenkraftwerke werden wir den Mond weder abbremsen noch beschleunigen. Die Rotationsgeschwindigkeit des Mondes nimmt tatsächlich mit der Zeit ab, der Effekt ist jedoch nicht durch den Menschen verursacht und läuft auf einer Zeitskala von Milliarden Jahren. Ein Grundgedanke dieser Frage ist aber durchaus richtig. Wir können Energie nicht aus dem Nichts erzeugen, sondern sie muss dem System auf die eine oder andere Weise entnommen werden. Bei Gezeitenkraftwerken nehmen wir die Energie aus der Strömungsgeschwindigkeit des Meeres beim Wechsel zwischen Nipptide und Springtide. Bei exzessiver Nutzung von Gezeitenkraftwerken würden diese demnach das Meer „abbremsen“, nicht aber den Mond. Der sorgt nur dafür, dass sich das Meer überhaupt derart bewegt.
Fabian

Bis zur Verformung klingt die Theorie gut, allerdings läuft die Verformung nicht hinter dem Mond her, sondern vor ihm her! Warum? Die Erde dreht sich schneller um sich selbst als der Mond die Erde umkreist (1 Tag ggü. etwa 28 Tagen). Entsprechend zieht die Verformung von vorn am Mond, sodass er schneller wird: Wikipedia. Der Mond wird die Erde also irgendwann verlassen. Die Erdrotation wird im Gegenzug etwas gebremst, die Tage werden also länger (17µs pro Jahr) Energie wandert also aus der Drehung der Erde in die Bewegung des Mondes. Gezeitenkraftwerke vergrößern die Gezeitenreibung, bremsen die Erddrehung also zusätzlich. An dieser Stelle endet mein Wissen und ich muss logisch folgern. Da sie auch die Bewegungsgeschwindigkeit des Wassers bremsen, sollten die Flutberge entsprechend weiter von der Erde mitgeschleift werden und den Zug am Mond vergrößern, entsprechend wird der Mond uns schneller verlassen. Die Antwort lautet also nein, der Mond wird nicht auf die Erde fallen sondern sich von ihr entfernen, mit Gezeitenkraftwerken etwas schneller als ohne.
Thomas

Nur eine Anmerkung, der Mond entfernt sich tatsächlich von der Erde. Außerdem reden wir hier von riesen Kräften. Wie auf Wiki zu sehen ist: „Im Verhältnis zur gesamten Abbremsung durch die natürliche Gezeitenreibung fällt dies nicht ins Gewicht, die Erde hat wegen ihrer hohen Masse eine sehr hohe Rotationsenergie.“ Ein so großes Gezeitenkraftwerk kann man wohl gar nicht bauen, dass es eine tatsächliche Auswirkung haben würde.
Sebastian

Der Mond wird schon ewig abgebremst (Gezeiten), weshalb er erstens eine gebundene Rotation bekam und zweitens seine Umlaufzeit ständig vergrößert, gleichzeitig vergrößert sich der Abstand dabei. Ein Gezeitenkraftwerk würde den Effekt nur vergrößern -> der Mond kommt noch weiter von der Erde weg. Er stürzt nicht ab.
Clemens

Eher umgekehrt. Die Gezeitenkräfte der größeren Erde auf den kleineren Mond haben die Eigendrehung des Mondes bereits ausgebremst. Deshalb zeigt uns der Mond immer dieselbe Seite. Umgekehrt bremst der Mond über die Gezeitenkraft die Erdumdrehung, wird dabei aber selbst bei der Erdumrundung beschleunigt. Deshalb war der Tag zu Zeiten der Saurier oder früherer Lebensformen nur etwa 23 Stunden lang. Aus gleichem Grunde ist es unsinnig, wenn Politiker und sogar Wissenschaftler behaupten, Gezeitenkräfte seien „erneuerbare Energien“. Der Drehimpuls der Erde ist endlich und wichtig, denn ohne Erdrotation würde eine Seite in der Sonne gebraten, die andere im Finstern tiefgefrieren. Da der Mond nicht nur den Ozean anhebt, wodurch die Tide entsteht, sondern auch das Luftmeer, ist eine wichtige Komponenten von Winden. Der Mond droht jedoch nicht, auf die Erde zu stürzen, sondern beschleunigt und entfernt sich allmählich von der Erde.
Jan Deichmohle

Schöne Frage und schön beschrieben. Um im Bild zu bleiben, läuft diese Verformung schon von Beginn dieser Konstellation an und schmälert minimal aber kontinuierlich die Bewegungsenergie des Mondumlaufs, bremst diesen also ab. Damit wird der Umlauf immer enger und der Mond kollidiert irgendwann mit der Erde. Ganz unabhängig davon, ob wir diese Energie mit einem Gezeitenkraftwerk abgreifen, dadurch wird nur die Höhe des Wasserhügels kleiner. Mit einer einfachen Formel wird man das wohl nicht berechnen können, zumal auf das System Erde - Mond ja noch andere Kräfte einwirken.
Michael

Ja, Tobias hat prinzipiell recht. Der Mond würde uns auf den Kopf fallen. Um das zu verhindern wurde aber das Schaltjahr eingeführt! Durch das Schaltjahr dauert alle vier Jahre ein Monat einen Tag länger und das Wasser hat Zeit, den Mond wieder einzuholen. Dadurch löst sich die Spannung zwischen Meeresspiegel und Mond. Andere Kulturen, wie z.B. die Maya, die kein Schaltjahr in ihrem Kalender hatten, konnten dieses Problem nicht lösen! Durch die enormen, sich akkumulierten Kräfte hat sich im Laufe der Zeit eine parallele Realität im Raum-Zeit-Kontinuum aufgetan. In der Maya-Realität ist der Mond deshalb schon auf die Erde gestürzt, wodurch diese großartige Kultur unterging. Gott sei Dank haben wir das Schaltjahr, so haben wir nichts davon mitbekommen. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb wir keine Angst vor apokalyptischen Prophezeiungen der Maya haben müssen - sie betreffen unsere Realität schlicht nicht.
Kolja

Ich würde die Frage mit Newton erklären, auch wenn das Gesetz der Anziehungskraft nicht mehr ganz dem aktuellen Wissensstand entspricht. In der Bewegung des Mondes und seiner Bahn sind zwei Kräfte vorhanden, eine ist die Anziehungskraft und die andere die Trägheit. Die Trägheit gibt dem Mond seine Geschwindigkeit, er hat irgendwann im Laufe der Geschichte einen Impuls bekommen und diese enorme Energie wird wohl nur schwer messbar abnehmen, denn es gibt fast keine Reibung im Weltall, und um eine so große Masse wie den Mond zur Bewegung zu bringen, braucht es halt sehr viel Energie. Dann ist da noch die Anziehungskraft der Erde, die den Mond kreisen und sie kreisen lässt. Da das Gewicht der beiden Himmelskörper konstant ist, ist auch diese Kraft konstant. Die Wechselwirkung der Anziehungskräfte von Mond und Erde sieht man dann an den Gezeiten. Es ist ja nicht so als ob in dieser Rechnung nur die Masse der Erde inbegriffen ist, die Masse des Mondes hat auch einen Effekt auf die Erde, aber sehen tut man dies halt nur beim Wasser in den Ozeanen, nicht aber bei den festen Materialien. Mich bringt diese ganze Erklärung aber auf eine andere Frage. Nehmen wir an Erde und Mond sind wie in einem Mobile miteinander verbunden, wenn man nun den Schwerpunkt zwischen diesen beiden Himmelkörpern nimmt, ist es dann nicht so, dass dieser Schwerpunkt die Ellipse um die Sonne hält, also die Erde auf im Bezug zur Umlaufbahn um die Sonne eiert.
Sebastian

Vielleicht hilft http://www.es.flinders.edu.au/~mattom/IntExerc/basic5/index.html (Englisch) beim Verständnis der Gezeiten.
Matthias

Grundsätzlich würde ich der Annahme zustimmen, dass die durch Gravitation erzeugten Gezeiten den Mond etwas abbremsen, da ja fortlaufend ein Teil der „Bindungsenergie“ in eine Deformierung der (flüssigen) Erdoberfläche umgewandelt wird. Theoretisch würde eine Umwandlung wieder eines Teils dieser Gezeitenenergie dem System weitere Energie entziehen und den Mond abbremsen. Der Effekt dürfte selbst bei tausenden Gezeitenkraftwerken gemessen an der vorhandenen Masse verschwindend gering sein. Einen weitaus größeren Einfluss würde der Anstieg des Spiegels aller Weltmeere um z.B. einen Zentimeter haben! Ja, der Mond wird abgebremst. Ja, der Mond wird eines Tages in die Erde stürzen. Nein, Menschen werden darunter nicht leiden.
J.

Also im Prinzip ja, denke ich. Nur dürfte die Beeinträchtigung der Mondumlaufbahn durch ein Gezeitenkraftwerk zu vernachlässigen sein im Vergleich zu der Anziehungskraft der Erde. Schließlich stürzt dadurch der Mond irgendwann endgültig auf die Erde. Im Moment ist er ja nur sowas wie ein von der Erdoberfläche abprallender Ball!
Michael

Antwort aus dem Internet: Die vom Mond verursachte Gezeitenwirkung hat auf die Erde (Ebbe und Flut) einen relevanten Effekt: Die entstehende Reibung verlangsamt die Erddrehung. Erde und Mond bilden ein System, in dem die Stärke der Gesamtdrehung (der „Gesamtdrehimpuls“, bestehend aus der Rotation der beiden Körper und ihrer gemeinsamen Umkreisung) immer gleichbleibt. Da sich die Erdrotation verlangsamt, erhöht sich die Bewegungsenergie der Erd-Mond-Umkreisung - der Mond bewegt sich auf einer Spiralbahn ganz langsam von der Erde weg. Mit Lasern wurde eine jährliche Entfernungszunahme von etwa 3,8 Zentimetern gemessen. In einigen Milliarden Jahren wird sich der Mond dann so weit von der Erde entfernen, dass der Einfluss der Schwerkraft der Sonne stärker wird, als derjenige der Erde. Dann könnte uns der Mond sogar verloren gehen. Fazit: „Im Gegenteil!“
Christian

„Ja, der Mond verliert Rotationsenergie um die Erde und stürzt irgendwann auf sie.“ (kurze Antwort) Wann? Nehmen wir mal eine Kreisbahn mit Radius 3,8×10⁸m, Umlaufzeit ein Monat, Mondmasse von etwa 7×10²⁴kg an; dann beträgt die „gespeicherte“ Rotationsenergie 3×10²⁸ Joules. Bei einem Weltjahresenergiebedarf von 505 Exajoule reicht das dann für … 61 Millionen Jahre. Gut, dass die Dinosaurier das noch nicht wussten.
Markus

Das Gegenteil ist der Fall: durch die (zusätzliche) Abbremsung der Gezeitenberge auf der Erde. Wird ein Teil der in der Erde vorhandenen Rotation (Impuls) auf den Mond übertragen, er wird dadurch schneller und entfernt sich (derzeit ca. 2 cm / Jahr) - mehr Widerstand in Form von Kraftwerken = mehr Abbremsung der Erde. Die Energie die dadurch gewonnen werden kann, stammt aus dem Dreh-Impuls der Erde. Siehe auch http://www.planetenkunde.de/p012/p01206/p0120602001.htm
Daniel

Dazu, wie Gezeiten entstehen und was das für Auswirkungen auf den Mond hat, kann ich ehrlich gesagt nichts beitragen. Aber ich würde gerne den Alarmismus aus der Frage nehmen. Die Anzahl an Gezeitenkraftwerken, die wir bauen, hat auf die Ursache von den Gezeiten keinen Einfluss. Dazu muss man sich vor Augen halten, dass Energie ja nicht verbraucht werden kann, sondern nur umgewandelt wird. Die Gezeiten sind jetzt eine unglaubliche Menge an Bewegungsenergie, die dem Wasser von außen hinzugefügt werden. Wenn man nun ein Gezeitenkraftwerk baut, wandelt es einen Teil dieser Bewegungsenergie in „elektrische Energie“ um. Das Ergebnis ist, dass sich das Wasser weniger bewegt, also die Gezeiten nicht mehr so hoch ausfallen (was man kaum bemerken wird, da die Bewegungsenergie, die man für so viel Wasserbewegung braucht, ziemlich groß ist). Auf die Energiequelle für die Bewegungsenergie in den Gezeiten hat das keinen Einfluss.
Achim

Der Knackpunkt an dieser interessanten Frage ist, dass die in Gezeitenkraftwerken „geerntete“ Energie nicht aus der Bewegungsenergie des Mondes stammt, sondern aus der der Erde - und zwar der Rotationsenergie. Eine mögliche Folge von Gezeitenkraftwerken wäre, dass die Erde sich langsamer dreht, unsere Tage also länger werden. Das ist auch - aufgrund der Gezeiten - sowieso der Fall, vor rund 900 Mio. Jahren dauerte ein Erdtag nur rund 18 Stunden. Es muss aber nicht notwendigerweise so sein, dass Gezeitenkraftwerke diesen Bremseffekt verstärken - mehr dazu unten. Um zu verstehen wie nun die Rotationsenergie der Erde in die Gezeiten kommt, müssen wir erst einmal etwas besser verstehen, wo die Gezeiten herkommen. Die Anziehungskraft zwischen Mond und Erde ist nämlich nur ein Teil der Geschichte - und die Überlegung, wieso es bei nur einem Mond eigentlich zwei Gezeitenberge gibt, und warum auch entlang einer von Süd nach Nord verlaufenden Küste die Gezeiten zu deutlich anderen Uhrzeiten stattfinden, obwohl der Mond ja entlang so einer Küste überall gleichzeitig den höchsten Stand erreicht, deutet schon darauf hin. Wie Tobias richtig schreibt, hält die Anziehungskraft zwischen Erde und Mond den Mond auf seiner Bahn - und die Anziehungskraft wird aufgewogen durch die Zentrifugalkraft, die wegen der Krümmung der Mondbahn wirkt. Es gibt also ein Kräftegleichgewicht, und deswegen ist die Mondbahn stabil. Bei dieser Bewegung dreht sich der Mond allerdings nicht um den Mittelpunkt der Erde, sondern um den gemeinsamen Schwerpunkt des Systems Erde-Mond (der noch innerhalb der Erde liegt, aber etwa 4.700 km vom Erdmittelpunkt zum Mond hin verschoben). Man kann sich das vorstellen wie bei einem geworfenen Hammer - auch der dreht um den gemeinsamen Schwerpunkt von Kopf und Stiel. Was andersherum bedeutet: auch die Erde macht durch den Mond eine Bewegung um diesen Punkt - und auch hier gibt es wieder das Kräftegleichgewicht zwischen der Anziehungskraft zwischen Mond und Erde und der Zentrifugalkraft. Aber: dieses Gleichgewicht gibt es nicht auf jedem einzelnen Ort der Erde, sondern nur für die Erde insgesamt. Und während die Kreisbewegung jedes Punktes der Erde um den gemeinsamen Schwerpunkt Erde-Mond gleich ist, d.h. auch jeder Punkt der Erde die gleiche Zentrifugalkraft erfährt, hängt die Gravitationskraft von der Entfernung ab - je weiter vom Mond weg, umso kleiner; je dichter dran, umso größer. Auf der mondzugewandten Seite der Erde ist also die Anziehungskraft (die zum Mond gerichtet ist) etwas größer als die Zentrifugalkraft - in der Summe der Grund für den ersten Gezeitenberg. Auf der mondabgewandten Seite der Erde ist die Zentrifugalkraft (vom Mond weggerichtet) etwas größer als die Anziehungskraft - in der Summe der Grund für den zweiten Gezeitenberg. Dieses Kräftefeld, auch Gezeitenpotential genannt, knetet also gewissermaßen die Erde durch, wenn sie sich um Lauf eines Tages um die eigene Achse dreht. Oder, auf einen beliebigen Punkt der Erdoberfläche bezogen: das Gezeitenpotential rüttelt (langsam) ein bisschen an allem, was sich auf der Erde befindet - und alles reagiert auch darauf: die Gezeiten gibt es auch auf der festen Erde und in der Atmosphäre - nur nicht so deutlich wie im Ozean. Um zu verstehen, warum die Gezeiten im Ozean so deutlich sind, reicht es sich das Ganz in kleinerem Maßstab vorzustellen: eine unregelmäßig geformte Schüssel mit Wasser, die man ein bisschen hin- und herschwenkt, um das „Rütteln“ des Gezeitenpotentials nachzuahmen: dieses Rütteln wird zu Wellen im Wasser führen - und je nachdem, wie die Schüssel geformt ist, sind die Wellen an manchen Stellen höher, an anderen niedriger etc. - genau so, wie das auch bei den Gezeiten im Ozean der Fall ist. Wo Wellen sind, bewegt sich das Wasser - und wo Bewegung ist, gibt es auch Reibung. Und genau diese Reibung bremst die Erde langsam ab. Von daher könnte man nun schließen, dass eine „Ernte“ der Gezeitenenergie die Reibung zwischen Wasser und fester Erde erhöht, und deswegen die Verlangsamung der Erdrotation verstärkt. Muss aber nicht so sein, denn es kann auch sein, dass die von den Gezeitenkraftwerken „geerntete“ Energie dann woanders im Ozean fehlt. Die von den Gezeiten verursachten Wellen sind nämlich vermutlich auch eine wichtige Energiequelle für die großen Ozeanströmungen; z.B. den Nordatlantikstrom, der als Verlängerung des Golfstroms warmes Wasser zu uns nach Europa bringt (sag Bescheid, falls ich das ausführen soll…). Es wäre also in diesem komplexen System auch denkbar, dass dann weniger Energie dafür zur Verfügung steht und sich die Ozeanströmungen etwas abschwächen. So oder so: wirklich relevant für den Alltag (oder die Überlegung, ob man das machen sollte) ist das nicht: Wenn schon die Gezeiten insgesamt (die im Ozean etwa 3.5 TW Leistung bereitstellen) 900 Mio. Jahre brauchen, um einen Tag 6 Stunden länger zu machen, werden die Effekte von Gezeitenkraftwerken verschwindend gering sein.
Ben

Bei den Gezeiten muss man zunächst auseinanderhalten, was Ursache und Wirkung ist. Wäre der Mondumlauf der einzige Faktor, den wir zu berücksichtigen hätten, müsste eine Gezeit - also zeitlicher Abstand zweier aufeinander folgender Hochwasser - mit der Mondumlaufzeit korrespondieren (bummelig 27,5 Tage). Tun sie aber nicht. Wenn man sich einen Gezeitenkalender ansieht, stellt man sehr schnell fest, dass wir nicht ganz zwei Gezeiten pro Tag haben. Das hängt mit zwei Dingen zusammen:1. Erde und Mond kreisen umeinander (nicht wie landläufig im Sprachgebrauch der Mond um die Erde!), die Erde ist ja schließlich nicht irgendwo festgenagelt, sondern ist frei im Raum. Daher sieht das Ganze von außen betrachtet eher so aus wie ein Vater, der mit seinem Kind „Flieger“ spielt. Das Drehzentrum liegt dann auch nicht in der Mittelachse des schwereren Vaters, sondern irgendwo zwischen den beiden. Dieses Drehzentrum ist das Baryzentrum. (Physikalisch vertiefend: Zweikörpersystem). Zurück zu Erde - Mond: Das Baryzentrum liegt also etwas außerhalb der Erdachse zum Mond hin versetzt. Dadurch ergeben sich zwei Kräfte, die auf die Erdoberfläche wirken: Die Gravitationskraft des Mondes und die Fliehkraft, die sich durch die Rotation um das Baryzentrum ergibt. Die Gravitationskraft ist auf der mondzugewandten Seite größer, auf der abgewandten Seite ist es die Fliehkraft. Somit zerren zwei Kräfte an der Oberfläche und bewirken entlang der Baryzentrumsachse ein Auseinanderziehen an der Erdoberfläche. Da Wasser beweglich ist, folgt es den Kräften und fließt in Richtung Erde-Mond-Achse, wo es mit einem Winkelversatz zu beiden (!) Seiten einen Wellenberg bildet, wo hingegen quer dazu sich ein Wellental befindet. Dieses Spiel findet auch hinsichtlich Erde - Sonne statt, und auch die einzelnen Planeten machen ihren Einfluss geltend. Nur: Der Mondeinfluss ist am größten, gefolgt von dem der Sonne….2. Die Erde dreht sich um sich selbst. Also dreht sie sich an einem Tag unter beiden Wellenbergen hindurch. Unsere Gezeiten entstehen so gesehen eher durch die Eigenrotation der Erde, als durch den Mondumlauf. Wenn ein Gezeitenkraftwerk sich ein Stück dieser Welle schnappt und zeitverzögert zurückfließen lässt, dann hat das einen Einfluss auf die Eigenrotation, nicht auf den Mondumlauf.
Martin

Das System besteht vereinfacht aus Erde (mit „beweglichen“ Teilen) und Mond. Die Erde dreht sich um ihre eigene Achse. Der Mond kreist um die Erde. Vereinfacht entspricht dieses System einem Hammerwerfer, nur dass sich die Erde schneller dreht als der Mond kreist. Gezeitenkräfte und die daraus folgenden Bewegungen wandeln einen Teil der Rotationsenergie der Erde in andere Energien um, u.a. in elektrische Energie in einem Gezeitenkraftwerk. Die Gesamtenergie bleibt erhalten. Der Drehimpuls des Systems bleibt erhalten. Die Erde wird abgebremst und verliert dadurch etwas von ihrem Drehimpuls. Der Mond nimmt diesen Drehimpuls auf und wird beschleunigt. Er entfernt sich dadurch.
Reinhard