1 Grad Celsius
Der Rekord hält wohl gerade mal nur ein Jahr: 2014 war bisher das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, doch 2015 wird laut Vorhersage der World Meteorlogical Organization eine neue Höchstmarke aufstellen. Erstmals wird damit wohl die symbolische Marke von 1 Grad Celsius Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit von 1880 bis 1899 geknackt. Zu den steigenden Treibhausgasen komme in diesem Jahr auch noch das Wetterphänomen El Niño, das zu einem besonders warmen Oktober geführt habe, meldet die WMO. Zur Erinnerung: Das umjubelte Ziel bei der Weltklimakonferenz von Paris ist, den Temperaturanstieg unter zwei Grad zu halten.
Erkennen kann man die globale Erwärmung auch auf den monatlichen Karte des National Centers for Environmental Information. Fast die ganze Erde ist in jedem einzelnen Monat tief rot und damit überdurchschnittlich warm. (November und Dezember waren vor Redaktionsschluss noch nicht verfügbar).
9,6 Prozent
Das erste Mal in der Geschichte lebten im Jahr 2015 weniger als 10 Prozent der Menschen in extremer Armut. Das sagt jedenfalls die Weltbank in einem Bericht voraus, der im Oktober veröffentlicht wurde.
Noch deutlicher ist dieser Erfolg, wenn man sich die absoluten Zahlen ansieht. Schließlich ist die Weltbevölkerung in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Trotzdem gibt es heute rund 1,2 Milliarden extrem arme Menschen weniger als noch 1990.
Die extreme Armut zu halbieren, war das einzige Millennium-Entwicklungsziel, das die UN schon 2010 – fünf Jahre vor dem Ablauf der Frist – erreicht hat. Mit den neuen Sustainable Development Goals (Nachhaltige Entwicklungsziele) soll noch mehr erreicht werden: bis 2030 soll niemand mehr in extremer Armut leben müssen. „Diese Projektion zeigt uns, dass wir die erste Generation in der menschlichen Geschichte sind, die extreme Armut ausrotten kann“, sagt Weltbank-Präsident Jim Yong Kim. Ob das gelingt, wird aber vor allem auch daran liegen, ob Afrika das chinesische Wirtschaftswunder wiederholen kann.
Mit Abstand am stärksten ist die extreme Armut in Ostasien zurückgegangen - und das liegt vor allem am starken Wirtschaftsaufschwung Chinas zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Schwierig ist die Situation weiterhin südlich der Sahara. Dort leben heute die meisten extrem armen Menschen: 347 Millionen. Zwar ist der Prozentsatz auch dort stark zurückgegangen, in absoluten Zahlen gibt es heute im südlichen Afrika aber mehr Menschen, die von weniger als 1,90 Dollar pro Tag leben.
Minus 43 Prozent
Alles lief gut für Volkswagen. Der deutsche Konzern war auf dem Weg, der größte Autobauer der Welt zu werden. Auch der Hahnenkampf zwischen dem damaligen Vorstand Martin Winterkorn und dem VW-Großaktionär Ferdinand Piëch war nur eine kleine Bodenwelle auf dem Weg zum weltweiten Platz eins.
Doch Volkswagen hat zu hoch gepokert. Um seine Diesel-Autos auch in den USA verkaufen zu können, griff man statt auf Ingenieurskünste zurück lieber in die Trickkiste. Am 18. September flog das Schummeln bei den Abgastests auf. In den zwei Wochen danach verlor Volkswagen massiv an Wert. Minus 43 Prozent sackte der Aktienkurs des größten deutschen Konzerns ab. Wenn man das Forbes Ranking als Grundlage nimmt, hat das deutsche Paradeunternehmen damit in zwei Wochen 54 Milliarden US-Dollar an Wert verloren. Inzwischen steigt der Kurs aber wieder.
2015
https://twitter.com/HatoonALFASSI/status/675562642988249088/photo/1
Im Dezember fanden in dem absolutistisch regierten Staat Saudi-Arabien Kommunalwahlen statt. An und für sich wäre das kein Grund für die Weltpresse, darüber zu berichten. Doch 2015 durften dort erstmals auch Frauen wählen und gewählt werden. Damit ist Saudi-Arabien das letzte Land der Welt, in dem das Frauenwahlrecht eingeführt wurde - abgesehen vom Vatikan, wo das wohl nie passieren wird.
Nur weil man das Wahlrecht hat, heißt aber noch nicht, dass die Wahl frei und fair ist. Saudi-Arabien ist eine Diktatur - nur auf lokaler Ebene dürfen ein Drittel der Vertreterinnen und Vertreter vom Volk gewählt werden; der Rest wird von der Regierung bestimmt. Außerdem mussten die Frauen bei der Wahl hohe bürokratische und logistische Hürden überwinden, berichtet die Deutsche Welle. Frauen durften im Wahlkampf nicht gemeinsam mit Männern auftreten und mussten in eigenen Wahllokalen abstimmen. Laut einem Bericht von Al Jazeera haben mindestens 18 Frauen einen Gemeinderatsitz gewonnen.
https://twitter.com/HindAleryani/status/675949282734772224
425.035
Schon seit vielen Jahren spitzt sich die Flüchtlingskrise rund um das Mittelmeer zu. Während die Festung Europa immer mehr Maßnahmen ergreift, um Flüchtlinge abzuhalten, nehmen die Verzweifelten immer größere Risiken in Kauf, um nach Europa zu gelangen. Allein 960.000 Menschen sind in diesem Jahr schon in kleinen Booten über das Mittelmeer nach Europa gekommen, meldet das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Ein Journalistenkollektiv hat sich die Aufgabe gemacht, unter dem Namen The Migrants’ File zu zählen, wie viele Menschen auf dem Weg nach Europa gestorben sind. Laut ihrer Berechnung sind von 2000 bis Mitte Dezember 2015 insgesamt 31.715 Menschen bei der Flucht gestorben oder werden vermisst.
Viele Jahre hat Deutschland ihr Schicksal nicht betroffen, da die meisten ankommenden Flüchtlinge auf Grund der europäischen Dublin-III-Regel in Italien oder Griechenland Asyl beantragen mussten. Aus Überlastung und in Folge der griechischen Wirtschaftskrise ist das dortige Asylsystem dann komplett zusammengebrochen. Gleichzeitig flohen 2015 immer mehr Syrer vor dem Bürgerkrieg Richtung Europa. Und Ende August meldete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dann, dass Syrer nicht mehr in andere EU-Länder (allen voran Ungarn und Österreich) zurückgeschickt werden.
https://twitter.com/BAMF_Dialog/status/636138495468285952
All das löste einen großen Zustrom an Flüchtlingen nach Deutschland und in andere europäische Länder aus. 425.035 Menschen haben von Januar bis November 2015 einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. Vermutlich sind aber 2015 viel mehr Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Denn der Rückstau bei Asylanträgen ist gewaltig: Flüchtlinge berichten mir, dass sie mehr als sechs Monate auf einen Termin warten müssen, um einen Asylantrag zu stellen. Wie viele Menschen derzeit darauf warten, einen Asylantrag stellen zu können, kann das BAMF nicht einmal beantworten: „Die Wartezeit von der Erstregistrierung in den Aufnahmeeinrichtungen der Länder bis zur Asylantragstellung beim Bundesamt wird statistisch nicht erfasst.“
Mehr Flüchtlinge als während des Bürgerkriegs in Jugoslawien werden 2015 nach Deutschland kommen. Und damit wiederholen sich auch dieselben Probleme, mit denen Deutschland in den 90er Jahren negative Schlagzeilen gemacht hat: Ausländerfeindlichkeit und brennende Flüchtlingsunterkünfte.
60.000.000
Aber nicht nur nach Deutschland kommen viele Flüchtlinge - weltweit sind immer mehr Menschen auf der Flucht. Laut einem Bericht des UNHCR sind 2015 erstmals mehr als 60 Millionen Menschen vertrieben worden oder geflohen. Damit ist - global gesehen - einer von 122 Menschen ein Flüchtling.
Allein 34 Millionen Menschen sind in ihrem eigenen Land Vertriebene („internally displaced persons“). Weitere 20 Millionen Menschen sind außerhalb ihres Landes auf der Flucht.
Ein großer Teil der Vertriebenen und Flüchtlinge sind Syrer. Das UNHCR zählt 4.389.735 Syrer, die seit dem Beginn des Kriegs 2011 ihr Land verlassen mussten. Die meisten davon sind in die unmittelbaren Nachbarländer – 2,3 Millionen leben heute in der Türkei und 1,1 Millionen im Libanon.
4U 9525
Am 24. März zerschellte ein Flugzeug der deutschen Fluglinie Germanwings (Flugnummer 4U 9525_)_ in den französischen Alpen. Alle 150 Insassen starben bei dem Aufprall. Schnell war klar, dass es sich bei dem Absturz nicht um einen Unfall oder einen Terroranschlag handelte. Laut den französischen Ermittlungsbehörden hat der Copilot den Airbus absichtlich zum Absturz gebracht. Die Audioaufnahmen aus dem Cockpit, die in der Blackbox sichergestellt wurden, belegen, dass der Copilot den Piloten absichtlich ausgesperrt hat.
2.411
Wieder Saudi-Arabien – aber diesmal ein trauriger Anlass. Bei der diesjährigen muslimischen Pilgerfahrt Hadsch nach Mekka in Saudi-Arabien kam es am 24. September zu einer Massenpanik. Dabei wurden unzählige Menschen zu Tode getrampelt - wie viele genau, ist drei Monate nach der Katastrophe noch immer nicht hundert Prozent klar. Jedes Jahr pilgern rund zwei Millionen Moslems aus der ganzen Welt nach Mekka. Der Hadsch ist eine der wichtigsten religiösen Pflichten im Islam.
Nach offiziellen Berichten der saudischen Regierung kamen dabei 769 Menschen ums Leben. Doch diese offizielle Zahl passt nicht mit den Opferzahlen zusammen, die die verschiedenen Länder gemeldet haben. Journalisten der Presseagentur AP haben nachrecherchiert und Medienberichte sowie Regierungsmeldungen aus 36 Ländern ausgewertet. Nach der Auswertung von AP sind 2.411 Menschen bei dem Hadsch gestorben; auch die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP kommen auf ähnlich hohe Zahlen. Die Opfer kommen vorwiegend aus dem Nahen Osten, Afrika und Asien. Allein aus dem Iran stammen 464 der Toten. Unter den Opfern seien keine Deutschen, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.
Damit wäre das Unglück bei dem Hadsch 2015 einer der opferreichsten Unfälle, der von Menschen verursacht wurde. Aber wieso hat Saudi-Arabien die Opferzahl mutmaßlich nach unten korrigiert? Eine Vermutung ist, dass die saudische Regierung die Tragweite herunterspielen wollte, weil es in den vergangenen Jahren bei dem Hadsch immer wieder zu Zwischenfällen gekommen ist: 2006 sind bei einer Massenpanik 362 Menschen gestorben, und bei einem weiteren Unfall sind Anfang September 107 Menschen gestorben, als ein Baukran auf eine Moschee stürzte.
Die saudische Regierung ist Hüterin der heiligsten Stätte des Islams und damit verpflichtet, allen Moslems eine sichere Teilnahme zu ermöglichen. Die Unglücksfälle werden daher als ein Versagen der Regierung wahrgenommen. „Für die Saudis ist es beschämend zugeben zu müssen, dass sie bei der Organisation dem Hadsch versagt haben, denn König Salmans offizieller Titel ist ‘Hüter der Heiligen Stätten’. Damit ist seine Kompetenz in Frage gestellt“, sagte Bruce O. Riedel vom renommierten amerikanischen Brookings Institut der New York Times.
61,31 Prozent
Politik kann schon seltsam sein. Eine Partei gewinnt eine Parlamentswahl, und der junge Mann ohne Krawatte - ihr Parteichef - wird Ministerpräsident. Im Sommer muss der junge Mann ohne Krawatte dann mit befreundeten Staaten über Geld verhandeln. Sie können sich nicht einigen, und der Krawattenlose lässt das Volk über die Forderungen der Gegenseite abstimmen. Er selbst empfiehlt mit „Oxi“, also „Nein“, zu stimmen.
61,31 Prozent der Wähler folgen seiner Empfehlung - ein triumphaler Wahlsieg. Doch dann - nur wenige Tage später - schlägt der junge Mann auf einmal mit den Geldgebern ein. Obwohl das Volk und eigentlich auch er dagegen waren, stimmt der ohne Krawatte den Forderungen der Freundesstaaten zu.
Dann darf noch einmal das Volk wählen - diesmal wieder das Parlament. Der Mann ohne Krawatte wollte es so. Es gibt zwar kleine Verlust, aber seine Partei gewinnt wieder die Wahl. Politik kann schon seltsam sein.
897.000.000
Zu Beginn und zu Ende des Jahres: Zweimal wurden Paris und seine Bewohner in diesem Jahr von Terroristen angegriffen. Laut Google handelt es sich dabei auch um die beiden meistgesuchten Nachrichtenereignisse weltweit. Insgesamt 897 Millionen Suchanfragen hat der Suchmaschinen-Marktführer dazu registriert.
Der Anschlag im Januar richtet sich in erster Linie gegen die Redakteure und Zeichner der französischen Satire-Zeitung Charlie Hebdo. Aber die Terroristen attackierten auch gezielt einen koscheren Supermarkt sowie Polizisten. Bei den Anschlägen starben 17 Menschen sowie die drei Terroristen.
Die Anschlagserie am 13.November begann um 21.20 Uhr während des Fußballspiels zwischen Frankreich und Deutschland im Stade de France in Paris. Ein Terrorist scheitert beim Versuch, ins Stadion zu gelangen, sprengt sich aber selbst in die Luft und tötet dabei einen anderen Menschen. In kurzer Abfolge attackieren die Terroristen danach belebte Cafés und die Konzerthalle Bataclan. Sie schießen wahllos auf Menschen und sprengen sich anschließend selbst in die Luft. 130 Menschen sowie sieben Attentäter werden dabei getötet. Mindestens einer der Attentäter - Salah Abdeslam - konnte entkommen und wird gesucht.