Eine Frau blickt auf eine Berglandschaft

Adam Davis/Unsplash

Klimakrise und Lösungen

Warum es gut fürs Klima ist, wenn du dich schlecht fühlst

Niemand will Angst haben, traurig sein oder wütend – dabei führt uns genau das aus der Krise.

Profilbild von Katharina van Bronswijk

Angst, Trauer, Scham, Ekel – schwierige Gefühle. Über sie zu reden, fällt vielen nicht leicht. Es ist oft erdrückend und ermüdend, sie zu fühlen. Und doch sagt die Autorin Katharina van Bronswijk: Wenn wir uns schämen oder trauern, ist das gut. Ernsthaft?

Das war mein erster Gedanke, als ich ihr Kapitel in dem Buch „Unlearn CO2“ las. Darin schreibt sie, dass uns genau diese Gefühle helfen, die Krisenmüdigkeit zu überwinden. Seither denke ich anders über solche Gefühle. Ich habe ihre Macht unterschätzt, sie weggeschoben. Sie als nicht nützlich im Kampf gegen die Klimakrise begriffen. Van Bronswijk zeigt: Unsere Gefühle sind mächtig und womöglich Teil der Lösung.


Wäre es nicht entlastend, wenn wir den Klimawandel einfach leugnen könnten?

Dann müssten wir uns mit all den komplexen Zusammenhängen, all der Verantwortung und Schuld, all den Transformationsanforderungen, all den Wertedebatten und der globalen Ungerechtigkeit nicht mehr beschäftigen.

Ich weiß, wie gut es sich anfühlen kann, wenn man vom Klimawandel erfährt und dann doch entlastende Verschwörungserzählungen angeboten bekommt. Mit 17 Jahren hörte ich das erste Mal so richtig vom Klimawandel, als wir Al Gores Dokumentarfilm „Eine unbequeme Wahrheit“ im Englischunterricht sahen. Damals, im Jahr 2007, freute ich mich über die willkommene Ablenkung, einen Film zu sehen, statt normalen Unterricht zu machen. Doch danach war ich geschockt, habe meine Mutter um Antworten auf all die Fragen und Herausforderungen gebeten. Sie hatte keine Lösung für mich, wie auch? Ich war alarmiert, beschäftigte mich mit den drohenden Folgen des Klimawandels und was dagegen getan werden kann. Ansätze fand ich in Newslettern von NGOs und der Beschäftigung mit Tier- und Umweltschutz.

Heute verstehe ich, wie wichtig und gleichzeitig besonders es war, dass meine Englischlehrerin diesen Film mit uns angeschaut hat. Damals ist (m)eine Traumblase geplatzt, und mir wurde klar: Die Welt ist ungerecht, und im Gegensatz zu all den Disneyerzählungen meiner Kindheit wird es keine einzelne Held:in geben, die die Welt rettet. Und es gibt auch keine magische oder technische Wunderlösung.

Als ich dann fürs Abitur lernte, habe ich mir eine Lern-CD aus der Bibliothek ausgeliehen, in der Verschwörungserzählungen von der „kalten Sonne“ als alternative Erklärungen für den Klimawandel herangezogen wurden – tatsächlich widerspricht das aber den messbaren Daten, wie ich heute weiß. Für einen sehr kurzen Zeitraum fühlte ich mich damals erleichtert: Es gibt ihn vielleicht doch nicht, den katastrophalen Klimawandel. Und ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein schönes Gefühl das war! Das hat mich gelehrt, wie stark motivierend, aber auch belastend Klimaemotionen sein können. Die Mechanismen der Verdrängung und Leugnung, mit denen unsere Psyche versucht, diese unangenehmen Realitäten und die damit einhergehenden Gefühle von uns wegzuhalten, sind mächtig und wirkungsvoll.

Was steckt hinter Klimaleugnung?

Die Antwort ist – kurz gesagt – die Angst vor Status- und Privilegienverlust. Es sind nun mal (weiße) Männer, die in unserer Gesellschaft noch die meisten Privilegien genießen, und deswegen haben sie auch am meisten zu verlieren. Die nötige Veränderung unserer Lebensweise und auch die Umwälzungen der letzten Jahrzehnte bedrohen diese Privilegien. Bisherige Lebensentwürfe stehen auf dem Prüfstand: Wir hinterfragen die Rolle von „Männern“, wir hinterfragen gesellschaftliche Narrative von Überlegenheit durch Geschlecht, durch akademische Bildung, durch beruflichen Erfolg, durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe (zum Beispiel in Sportwagen und Privatjets), durch Überkonsum von Luxusgütern. Das ist nachvollziehbarerweise verunsichernd und kann Gefühle von Wut bis Bedrohungserleben auslösen – so viel Mitgefühl sollten wir uns leisten – für diejenigen, die künftig auf ihre Privilegien verzichten müssten.

Denn wenn ich auf Privilegien verzichten muss, dann ist das ja nicht nur unbequem, sondern es erfordert auch eine ganze Menge emotionale Arbeit und sogar Identitätsarbeit. Muss ich für mich neu definieren, was ich als besonders „männlich“ erachte? Worüber identifiziere ich mich, wenn nicht über mein dickes Auto? Bisher leben wir eben in einer Gesellschaft mit den oben genannten Narrativen von Statussymbolen als Zeichen für ein gelungenes Leben. Diese polieren den Selbstwert auf und sind identitätsstiftend. Sie sind die gesellschaftlichen Leitplanken für uns als Individuum, unser Selbstbild und unsere Verortung in der Welt und für unser Weltbild. Wenn das wegbricht – womit ersetze ich das?

Hinter der Klimaleugnung – und damit korreliert geringerer Klimaangst – steckt also eine andere Angst. Ich würde sagen: Transformationsangst.

Wozu all die Gefühle?

Jetzt fragen sich vielleicht einige von euch: Ja, aber die Leute sind doch gar nicht ängstlich, die sind doch eher wütend. Das stimmt. Menschen haben nicht immer nur eine Emotion (auch wenn wir ständig irgendeine emotionale Regung haben), wir erleben einen ständigen Fluss von Emotionswellen, die kommen und gehen. Wir können mehrere Emotionen gleichzeitig haben, auch scheinbar widersprüchliche. Das liegt daran, dass Emotionen Bedürfnisanzeiger sind. Und meistens berührt, befriedigt oder frustriert das Leben verschiedene unserer Bedürfnisse.

Es ist sogar noch etwas komplexer: Manchmal führt unsere biografische Prägung dazu, dass wir bestimmte Emotionen eher wegschieben und mit anderen Emotionen überkompensieren. Am Beispiel von Wutbürgern (also Menschen, die große politisch-polarisierte Wut in sich tragen) könnte das sein: Ich will meine Unsicherheit nicht fühlen müssen, weil ich Angst nicht zeigen kann, darf oder will – und deswegen kompensiere ich sie mit dem Ausdruck und der Empfindung von Wut. Wut auf die Grünen, auf Menschen, die sich vegan ernähren, die in großen Städten leben, jung sind, Menschen mit Fluchtgeschichte oder, oder…

Dieses wütende Überkompensieren von Angst und Trauer führt allerdings oft dazu, dass die hinter den ursprünglichen Gefühlen liegenden psychischen Bedürfnisse unbefriedigt bleiben – und damit torpedieren wir uns langfristig selbst.

Bei Bedürfnissen denken viele an etwas wie Essen oder Schlafen, allerdings haben alle Menschen auch bestimmte psychische Grundbedürfnisse. Ich beziehe mich jetzt auf die Arbeit von Klaus Grawe, demzufolge es vier psychische Grundbedürfnisse gibt:

  • Orientierung & Kontrolle (dazu gehören auch Sicherheit, Selbstbestimmung, Autonomie)
  • Bindung & Zugehörigkeit (also Nähe, Intimität, Beziehungen, soziale Kontakte)
  • Lustgewinn & Unlustvermeidung (also so etwas wie Spaß haben, unangenehme Dinge aufschieben)
  • Selbstwertschutz & Selbstwerterhöhung (Anerkennung, Wertschätzung bekommen, sich kompetent fühlen)

Wenn diese Bedürfnisse frustriert werden, geht auf der psychischen Ebene eine Warnlampe an und diese Warnlampe sind bildlich gesprochen unsere unangenehmen Gefühle. Klimaangst ist ein solches Gefühl.

Was unsere Gefühle mit der Klimakrise zu tun haben

Angst

Klimaangst warnt uns davor, dass Extremwetterereignisse potenziell lebensbedrohlich sind, wir unser Eigentum verlieren können und die Zukunft unserer Kinder noch düsterer aussieht. Viele Menschen in unserer Gesellschaft machen sich Sorgen wegen der Szenarien, die durch die Überschreitung planetarer Grenzen immer wahrscheinlicher werden. Und diese Vorstellungen werden immer konkreter dank immer präziserer Erkenntnisse von Klimawissenschaftler:innen. Wie oben beschrieben, würde es sich manchmal einfach besser anfühlen, nicht wissen zu müssen, auf welche Katastrophen wir uns zubewegen. Gleichzeitig ist dies aber auch enorm wichtig, weil die Angst so ihrer Motivationsfunktion gerecht werden kann und uns hoffentlich ausreichend Hummeln im Hintern macht, vom Sofa hochzukommen, in die Hände zu spucken, Verbündete zu suchen und gemeinsam loszulegen. Deswegen – keine Angst vor der Angst.

Wut

Klimawut macht uns auf die Ungerechtigkeiten der Welt da draußen und unsere eigenen Grenzen aufmerksam. Für viele sind Fairness und Gerechtigkeit extrem wichtige Werte – und wenn es an Generationen-, sozialer oder globaler Gerechtigkeit mangelt, dann macht das viele Menschen wütend. Ein Großteil der hiesigen Bevölkerung sieht den Klimawandel als Bedrohung und auch die Notwendigkeit für eine Transformation unseres Lebens – und viele wünschen sich, dass diese Transformation gerecht abläuft. Dann ist die Frage, was erlebe ich als gerecht? Heißt gerecht, dass ich in meiner Komfortzone bleiben können muss, weil ich mir das mit harter (teils lebenslanger) Arbeit verdient habe? Heißt gerecht, dass Menschen im Globalen Süden den gleichen Lebensstil haben sollen wie Menschen im Globalen Norden – oder gar umgekehrt? Heißt gerecht, dass jetzt die Alten zurückstecken müssen, damit die Jungen auch noch auf den Putz hauen dürfen? Heißt gerecht, dass die Reichen bezahlen, weil sie auf den Schultern der Armen reich geworden sind und alles kaputt gemacht haben? Oder heißt gerecht, dass alle gleich viel zahlen? Und hier offenbart sich das riesige Konfliktpotenzial, das durch die Wut aufgezeigt und dann auch möglicherweise angeheizt wird, wenn Menschen ihre Wut nicht gut regulieren und konstruktiv kanalisieren können.

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Ihr seht also auch hier: Problematisch ist nicht das Gefühl (das ist es nie), sondern wie wir damit umgehen. Wenn wir als „adäquaten“ Umgang mit Wut vorgelebt bekommen, andere Leute anzuschreien oder zu beleidigen, Menschen aus der Wissenschaft oder gewählte Politiker:innen zu beschimpfen oder zu bedrohen, auf scheinbar „Schwächeren“ herumzuhacken, dann hilft uns das im Umgang mit komplexen Multikrisen kein bisschen weiter. Es geht also darum, wie wir Wut sinnvoll selbst regulieren und auch aus der gesellschaftlichen Krise den „wertvollen“ Kern (den Wunsch nach dem Wert Gerechtigkeit) herauskristallisieren und Lösungen aushandeln können. Zum Beispiel, indem wir uns ehrenamtlich in Projekten für soziale Gerechtigkeit einsetzen, demonstrieren gehen oder Petitionen unterstützen.

Ekel und Verachtung

Ekel, mit der sozialen Komponente Verachtung, ist ein hilfreiches Gefühl. Er schützt uns davor, mit Dingen in Berührung zu kommen oder uns mit Leuten abzugeben, die uns (oder unserem Ansehen) schaden könnten. Er gibt uns also auch einen – zugegebenermaßen etwas versteckten – Hinweis auf unsere Werte und auf soziale Normen. Was halten wir für richtig, was für falsch? Und dann hilft es, zu reflektieren: warum eigentlich? Ist unser Standpunkt eine zukunftsfähige, enkeltaugliche Annahme vom „richtigen“ Leben? Wenn man also das nächste Mal verächtlich über die Karibik Kreuzfahrt oder den Wochenendtrip nach Mallorca beziehungsweise (Klimasünde eurer Wahl) der Nachbar:innen die Nase rümpft, dann ist hier Ekel am Werk, der uns klar sagt: Sowas geht (unserer Ansicht nach) einfach nicht mehr.

Schuld und Scham

Schuld und Scham sind Emotionen, die uns dabei helfen, dass wir uns im Rahmen der Konventionen verhalten. Wenn wir Mist gebaut haben, dann hilft uns das Schuldgefühl, Dinge wiedergutzumachen. Vielleicht habt ihr auch schon mal aus der Antizipation von Flugscham heraus lieber einen Zug gebucht? Schuld und Scham helfen uns also im besten Fall, Verantwortung zu übernehmen und Gewohnheiten zu ändern. Als soziale Gefühle können sie auch auf veränderte soziale Normen hinweisen und entfalten dadurch eine transformative Kraft. Sie können aber auch Transformationen ausbremsen, wenn manche zu missionarisch auftreten und Menschen in sinnlose Schulddebatten verstricken. Das wirkt eher abschreckend. Und es ist auch nicht sinnvoll. Nur über den individuellen CO2-Fußabdruck zu diskutieren, sich gegenseitig alles madig zu machen und im Klein-Klein rumzustochern, führt trotz der hehren Motive am Ende dazu, dass sich die großen CO2-Sünder wie BP, Exxon und Shell einfach weiter ins Fäustchen lachen, weil wir die mächtigen Lobbyinteressen und damit verbundenen Machtstrukturen nicht hinterfragen, sondern uns lieber gegenseitig vor die Schienbeine treten.

Trauer

Unter den unangenehmen Gefühlen spielt Trauer eine besondere Rolle. Sie setzt ein, wenn es für die Warnung durch die anderen Gefühle zu spät ist: Sie ist der Heilungsschmerz der Seele. Trauer hilft uns, zu verarbeiten, was wir nicht mehr retten können. Klimatrauer ist weit verbreitet und in Umfragen genauso stark ausgeprägt wie Klimaangst oder Klimawut, wird aber in der öffentlichen Diskussion häufig ausgeklammert. Wie kann es sein, dass wir alle so oft so traurig sind, aber niemand darüber redet? Ich glaube, dass auch das mit gesellschaftlicher Prägung im Umgang mit Gefühlen zusammenhängt. Wir wollen anderen nicht zur Last fallen, wollen nicht der Mood Killer sein, der die Stimmung versaut oder eine andere Person hilflos macht, weil sie ja auch keine Lösung für die ökologischen Krisen hat und uns also nicht helfen kann.

Viele Menschen empfinden Solastalgie, eine besondere Art von Klimatrauer, ohne es zu wissen. Solastalgie setzt sich aus den Worten für Trost (lateinisch: solacium) und Schmerz (griechische Endung: -algia) zusammen, inklusive eines Einschlags von Nostalgie. Es ist der Schmerz um einen verlorenen Ort des Trostes. Ich sage immer: Heimweh nach der Heimat, die verloren geht. Solastalgie zeigt sich als Kloß im Hals, wenn man durch die kahlen Hänge im Harz läuft und die durch Hitze abgestorbenen Bäume sieht oder im Sommer durch das Flussbett des ausgetrockneten Rheins gehen kann. Solastalgie ist auch, was ich empfinde, wenn ich an der Abbruchkante eines Tagebaus stehe oder wenn ich Bilder davon sehe, wie Dörfer von Abrissbirnen demoliert werden. Das Schwierige an Trauer ist, man kann sie nicht „wegarbeiten” so wie die anderen Gefühle. Die anderen unangenehmen Gefühle haben einen Auftrag an uns – mach was, damit dein Bedürfnis erfüllt wird. Bei der Trauer geht das oft nicht. Wenn die Bäume im Harz gestorben sind, sind sie tot. Trauer müssen wir verdauen. Das braucht Zeit. Natürlich kann es auch da hilfreich sein, wenn wir selbst anpacken und etwas für den Artenschutz tun oder mithelfen, die Hänge im Harz zu renaturieren. Oder wenn wir demonstrieren gehen, damit alle Dörfer bleiben – aber einen Rest zu verdauen gibt es trotzdem.

Krisenmüdigkeit

Eine tiefenpsychologische Untersuchung fand im Jahr 2023 heraus, dass nach der Coronapandemie und mit den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten für viele Menschen das Fass voll war. Keine Kapazität für noch mehr Krise – also, komm mir bloß nicht mit dem Klima oder dem Artensterben. Krisenmüdigkeit ist weit verbreitet.

Und auch das kann ich nachvollziehen. Ich habe auch oft Sehnsucht nach einer heilen Welt. Ich weiß nicht, wie es euch da geht.

Unlearn CO2. Zeit für ein Klima ohne Krise. Claudia Kemfert (Hrsg.), Julien Gupta (Hrsg.), Manuel Kronenberg (Hrsg.), Ullstein Hardcover.

Unlearn CO2. Zeit für ein Klima ohne Krise. Claudia Kemfert (Hrsg.), Julien Gupta (Hrsg.), Manuel Kronenberg (Hrsg.), Ullstein Hardcover. Ullstein

Warum verdränge ich dann nicht einfach und lenke mich immer ab? Eine Antwort darauf findet sich in der sozial- und umweltpsychologischen Forschung. Ein Forscherteam um Immo Fritsche und Gerhard Reese hat herausgefunden, dass soziale Identitätsanteile wichtige Motivationsfaktoren für politisches Engagement sind. Ich bin eben nicht nur Katharina, Tochter, Schwester, Psychologin, ich bin auch Mitglied bei Psychologists/Psychotherapists for Future und schon viel länger bei Greenpeace. Ich bin eingebettet in soziale Gruppen mit entsprechenden sozialen Normen – und dadurch habe ich bestimmte Erwartungen an mich. Auch habe ich irgendwann verstanden, dass ich als Bürgerin einer Demokratie auch ein politisches Wesen bin. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mit anderen gemeinsam etwas bewegen kann. Ich kann nicht nur andere Kaufentscheidungen treffen oder anders wählen – sondern ich kann demonstrieren, mit Politiker:innen sprechen, Petitionen starten, mein Wissen, meine Werte und mein Herzblut an all den Orten einbringen, wo ich mit anderen Menschen zusammentreffe. Ich kann in allen meinen „Kollektiven“ ein Anstoß sein. Das nennt sich in Fachsprache die Erfahrung „kollektiver Wirksamkeit“, eine Form von Selbstwirksamkeitserleben. Und kollektive Wirksamkeit ist das Gegengift gegen Klimaangst.

Unlearn Krisenmüdigkeit

Da klingt vielleicht schon durch, was ich vorhin vorenthalten habe. Vielleicht habt ihr auch schon gedacht: Moment mal, warum schreibt sie immer nur von unangenehmen Emotionen? Es gibt doch auch noch Liebe und Freude und Dankbarkeit und Hoffnung und Stolz und Neugier? Ja, das stimmt – und auch diese Gefühle sind sehr wichtig, um uns zum Handeln zu motivieren.

Es gibt noch etwas, das wir unserer Transformationsangst entgegensetzen können. Nennen wir es: Zukunftsvorfreude. Deswegen müssen wir dringend mehr darüber reden, wie schön ein Leben sein könnte, wenn wir CO2 verlernt haben. Es ist in der Geschichte der Menschheit eine Weile her, dass wir allabendlich gemeinsam am Lagerfeuer saßen und uns Geschichten erzählt haben. Es gibt aber auch in unserer Gesellschaft noch Räume, in denen wir gemeinsam kreativ sein und uns eine schöne bunte Zukunft innerhalb der planetaren Grenzen erträumen können. Das können bereits bestehende Initiativen oder Modellprojekte sein, in denen wir die neue Realität und die schöne Zukunft heute schon zum Teil erleben können. Vielleicht ist es aber auch eine Gruppe enthusiastischer Kolleg:innen, mit denen wir in der Mittagspause überlegen, wie wir die Transformation zum Vorteil des Unternehmens gestalten könnten. Keine fossilen Energieträger mehr zu verbrennen ist ja nicht nur wichtig fürs Klima, es führt auch zu ganz vielen Co-Benefits, über die wir zu selten reden: saubere Luft, sauberes Wasser, gesunde Böden, leckeres Essen und bessere Gesundheit.


Redaktion: Astrid Probst, Schlussredaktion: Rebecca Kelber, Bildredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Christian Melchert

Warum es gut fürs Klima ist, wenn du dich schlecht fühlst

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