Hi!
Heute habe ich eine gute Klima-Nachricht für dich.
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wachsen die globalen CO2-Emissionen nicht mehr. Sie haben ihren Höhepunkt erreicht und sinken jetzt wieder. Zu diesem Ergebnis sind unabhängig voneinander drei renommierte Institutionen gekommen (Bloomberg NEF, Carbon Brief, Climate Analytics).
In dieser Ausgabe des Newsletters zeige ich, wie es zu dieser Trendumkehr kam, wie wir sie beschleunigen können und was sie für den Kampf gegen die Klimakrise bedeutet.
Aber zunächst ein Blick auf die Grafik von Bloomberg. Die dortigen Analysten haben die Emissionen aller relevanten Bereiche weltweit zusammengerechnet und in jeweils unterschiedlichen Farben gekennzeichnet.
Den größten Batzen macht der Bereich „Power“ aus, also die Energieerzeugung (blau). Den zweitgrößten der Sektor „Road“, also Straßenverkehr von Pkw und Lkw (türkis). Das sind die zwei wichtigsten Gebiete, um die Trendumkehr zu verstehen.
Was die CO2-Emissionen sinken lässt
Energie und Verkehr sind große Emissionstreiber. Dort aber sinken die Emissionen schneller als in anderen Bereichen. Und deswegen sinken die globalen Emissionen.
Die globale Energiewende hat seit dem Jahr 2020 an Geschwindigkeit gewonnen. Keine anderen Energietechnologien haben sich in der Geschichte der Menschheit so schnell ausgebreitet wie Solar und Wind.
Speziell die Geschwindigkeit, mit der sich Solarenergie ausbreitet, übertrifft alle Erwartungen der vergangenen Jahre. Die Kosten fallen dank chinesischer Produktionskapazitäten rasant und die ganze Welt installiert inzwischen Solaranlagen, ganz unabhängig davon, wie die jeweilige Klimapolitik der Regierung aussieht. Die Betreiber tun das, weil Solarenergie inzwischen oft die kostengünstigste Art ist, um Energie zu produzieren. Auch Deutschland hat sein Solarausbauziel für das Jahr 2024 bereits im Mai erreicht.
Gleichzeitig kommen immer mehr E-Autos auf die Straßen. Wer nur auf deutsche Debatten über den Verbrennermotor und synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, schaut, übersieht die globale Antriebsrevolution, die gerade stattfindet (hier habe ich einen E-Fuels-Crashkurs geschrieben). Vier Datenpunkte, die diese Revolution illustrieren:
- Das meistverkaufte Auto der Welt im Jahr 2023 war ein E-Auto, nämlich das Tesla Model Y
- Verbrenner werden auf dem größten Automarkt der Welt, in China, zu Ladenhütern
- Äthiopien verbietet rundheraus den Import von Verbrennern
- seit 2017 sind es ausschließlich E-Autos, die für das gesamte Wachstum im Automarkt verantwortlich sind.
Das ist ein guter Anfang, damit wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen könnten, müssen die CO2-Emissionen aber noch weiter sinken.
Wie diese Trendumkehr beschleunigt werden kann
Ich schreibe jetzt nur über den einen, den größten Hebel: Die Welt braucht noch mehr erneuerbare Energien.
Denn wenn wir uns die Grafik oben nochmal anschauen (du musst nicht hochscrollen): In all den anderen Bereichen neben Energie und Verkehr ist grüne Energie die wichtigste Voraussetzung, um die Emissionen zu senken.
Denn für die Dekarbonisierung brauchen wir grünen Wasserstoff. Und der ist ohne günstige grüne Energie nicht denkbar. Beispiel Flugverkehr auf der Langstrecke: lässt sich ohne günstigen grünen Wasserstoff nicht dekarbonisieren. Beispiel Stahl: braucht auch wieder grünen Wasserstoff und/oder sehr große Mengen grüner Energie.
In jedem dieser Bereiche haben wir ganz eigene Probleme, die oft mit Regulierung, Kosten und Technologie zusammenhängen. Aber grüne Energie ist unabdingbare Bedingung, um voranzukommen.
Was die Trendumkehr für den Kampf gegen die Klimakrise bedeutet
Für Entwarnung ist es zu früh. Wir stehen auf dem CO2-Gipfel, wir müssen aber runter.
Es ist vergleichsweise einfach, die Energie- und Verkehrssektoren zu dekarbonisieren. Dort können wir jeweils gut erprobte Technologien nutzen, die immer billiger werden. In vielen anderen Bereichen geht das aber nicht, etwa bei der Zementherstellung, die für acht Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist. Heute gibt es kein Verfahren, die Zementherstellung zu dekarbonisieren, das in der Breite außerhalb des Labors funktionieren würde.
Gleichzeitig stoßen wir natürlich weiter Unmengen von Treibhausgasen aus, die unsere Atmosphäre aufheizen. Wenn wir im Jahr 2023 wirklich den CO2-Gipfel gesehen haben, sind wir Ende des Jahrzehnts ungefähr wieder dort, wo wir im Jahr 2010 waren.
Das heißt: Unser CO2-Rucksack wird trotz allem immer noch schwerer. Und ich habe dir in meinem letzten Artikel gezeigt, dass zwei Gramm CO2 zwar chemisch exakt gleich sind, aber nicht in ihrer Klima-Wirkung.
Jedes Gramm CO2, das wir heute ausstoßen, hat schlimmere Folgen als das Gramm, das unsere Ur-Ur-Großeltern erzeugt haben.
Dennoch ist die Trendumkehr ein psychologischer Meilenstein. All den Zweifeln, den Untergangsszenarien können wir jetzt drei kleine mächtige Worte entgegenhalten:
Es geht voran.
Kennst du noch mehr gute Klima-Charts?
In meinem nächsten großen Artikel für die Krautreporter-Mitglieder gehe ich tiefer ins Detail. Ich zeige in einem Text all die positiven Klima-Trends, über die zu wenig gesprochen wird.
Du kannst bei der Recherche helfen!
In diesem Google Doc sammeln wir die Charts und Daten. Einfach öffnen und eintragen.
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Redaktion und Schlussredaktion: Isolde Ruhdorfer, Bildredaktion: Rico Grimm