Ein Eisbär in seinem Gehege.

Alle Fotos: ©Philipp Sipos

Klimakrise und Lösungen

Sind Zoos gut für den Artenschutz?

Zoos sind die womöglich umstrittensten Freizeitparks unserer Zeit. Sind sie Gefängnisse für Tiere – oder wichtig für ihr Überleben?

Profilbild von Leoni Bender

Im Kopenhagener Zoo leben drei Eisbären. Ihr Gehege ist felsig, das Wasser ihres Beckens ist tiefblau und glitzert in der Sonne, darauf schwimmen Eisschollen aus Plastik. Ein Eisbär trottet am Rand des Beckens entlang. Rund fünf Meter läuft er, wiegt sich kurz auf der Stelle, dreht abrupt und läuft zurück. Nach wenigen Metern wiegt er sich wieder und dreht abermals um. Seine Kreise machen mich traurig.

In der Natur streifen Eisbären durch riesige Reviere. Für Zoos ist es eine Herausforderung, ihnen ein artgerechtes Leben zu bieten. In Gefangenschaft entwickeln die Tiere häufig Verhaltensstörungen. Das gleichförmige und zwecklose Hin- und Herlaufen, das ich beobachte, ist so eine. Und doch: Über die Jahre haben sich die Haltungsbedingungen in Zoos glücklicherweise verbessert. Meine Mutter erinnert sich, dass die Eisbären in dem Zoo, den sie als Kind besuchte, auf einer Betonplatte lebten. Die Elefanten waren angekettet, sodass sie eine Reihe bildeten. Hauptsache, die Besucher:innen hatten einen guten Blick. Die meisten Gehege im Kopenhagener Zoo sind so bepflanzt, dass die Tiere sich verstecken können. Der Zoo ist außerdem Mitglied der weltweit größten Zoovereinigung. Damit sind Standards zur Pflege und Haltung verbunden, etwa Mindestgrößen der Gehege. Geht es den Eisbären am Nordpol eigentlich besser?

Ein Eisbärgehege mit Rindenmulch und einer Mauer aus Stein, hinten sieht man einen Eisbären liegen

Wenn die Eisbären Abstand zu den Besucher:innen wollen, können sie sich etwas zurückziehen.

Die Eisschollen schmelzen, sie finden kaum Nahrung – und sind deshalb gezwungen, sehr weite Strecken zurückzulegen. Wer kennt nicht die Kampagnenbilder von Tierschutzorganisationen, auf denen ausgehungerte Eisbären zu sehen sind. Die Bedingungen für Wildtiere in freier Natur werden durch Lebensraumzerstörung und den Klimawandel immer schlechter. In meiner Recherche bin ich über eine erschreckende Zahl gestolpert: Nur noch rund vier Prozent aller Säugetiere weltweit sind Wildtiere. 62 Prozent der Säugetiere auf unserem Planeten sind dagegen Nutztiere. Und doch frage ich mich: Kann ein Tier in einem Zoo überhaupt artgerecht leben?

Gehst du gerne in den Zoo?

Zoos sind die womöglich umstrittensten Freizeitparks unserer Zeit. Sind es Tiergefängnisse? Oder sind die Tierparks wichtig für Artenschutz, Forschung und Umweltbildung? Ich habe zuerst einmal euch gefragt, die KR-Community: Wann warst du das letzte Mal in einem Zoo? 541 KR-Leser:innen haben mir diese Frage beantwortet. Die überwiegende Mehrheit sagt, sie gehe wegen ethischer Bedenken selten oder gar nicht in den Zoo. Etwa, weil sie ein schlechtes Gefühl bekommen, wenn sie die eingesperrten Tiere sehen. Eine KR-Leserin schreibt: „Ich beobachte gerne Tiere und ihr Verhalten, aber ich weiß, dass viele Tierarten, wie Eisbären, in keinem Zoo artgerecht gehalten werden können. Es bereitet mir Unbehagen, dass diese Tiere für meine Bedürfnisse leiden.“

Die Ergebnisse der Umfrage: Wie oft gehst du in den Zoo? 47,2 % sagen alle paar Jahre, 24,1 % mehrmals im Jahr, 23,3 % gar nicht, 2,8 % mehrmals im Monat und 2,6 % einmal im Monat.

Auch ich habe in den vergangenen Jahren einen Bogen um Zoos gemacht. Für meine Recherchen für den Zusammenhang „Wie wir das Artensterben aufhalten können“ bin ich im April aber doch mit KR-Fotograf Philipp Sipos in den Kopenhagener Zoo gefahren. Der Tierpark wurde 1859 gegründet und ist damit einer der ältesten Zoos der Welt. 2014 machte der Zoo weltweit negative Schlagzeilen, weil Mitarbeitende die vollkommen gesunde Giraffe Marius öffentlich zerlegt und an Löwen verfüttert hatten. Kurz darauf töten sie ausgerechnet diese Löwen, um Platz für eine neue Population zu schaffen. Die Zuchttiere seien zu alt, hieß es. Das alles klingt makaber. Aber der Zoo hat auch einen sehr großen positiven Einfluss, etwa durch ein Amphibienschutzprojekt, das dafür sorgt, dass das dänische Ökosystem intakt bleibt.

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Am Beispiel von Kopenhagen will ich verstehen: Wie sinnvoll sind Zoos heutzutage wirklich? Können sie helfen, das Artensterben aufzuhalten? Oder sind sie gar mitverantwortlich dafür? Mit dem Artenschutzbeauftragten des Kopenhagener Zoos habe ich über Rotbauchunken gesprochen und eine Tierpflegerin getroffen, die jedes Jahr über 200.000 Kröten auswildert. Ich habe gelernt, welche Tiere viele Likes auf Facebook bekommen, wieso eine chinesische Delegation Pandas besucht – und warum die Giraffe Marius sterben musste.

Wir stehen vor einem unscheinbaren, grauen Betongebäude. Lene Vestergren Rasmussen, eine Tierpflegerin mit kurzen grau-braunen Locken und einem goldenen Kröten-Anstecker an der Jacke, öffnet uns die Tür. Ich bin gespannt, noch nie habe ich den inoffiziellen Bereich eines Zoo betreten. Lene führt uns in eine kühle Kammer, in der mit Laub gefüllte Plastikboxen stehen. „Insgesamt überwintern hier etwa 300 Kröten“, sagt Lene. Sie öffnet das Gitterdach von einer der Boxen und setzt eine Rotbauchunke mit der typisch rötlich-schwarzen Musterung am Bauch auf ihre Hand.

Eine Frau mit kurzen blonden Locken steht in einem dunklen Raum mit grauen Plastikboxen

Lene Vestergren hatte schon immer eine Leidenschaft für heimische Amphibien.

Neben Rotbauchunken leben hier auch Wechselkröten und Kreuzkröten, alle drei Arten sind in Dänemark heimisch. Sie verlieren aber zum Beispiel durch Straßenbau oder verunreinigte Gewässer immer größere Teile ihrer natürlichen Umgebung. Amphibien, zu denen Frösche und Kröten gehören, sind deshalb eine der am meisten bedrohten Tierarten in Dänemark. Aber sie sind wichtig für Ökosysteme: Fehlen sie, entsteht ein Ungleichgewicht in der Nahrungskette, weil sie sowohl Beutetiere als auch Jäger sind. Dagegen kämpft Lene Vestergren Rasmussen.

An ihrem linken Handgelenk hat die Pflegerin eine Kröte tätowiert. „Ich arbeite seit 36 Jahren hier im Zoo und hatte immer eine Leidenschaft für heimische Amphibien“, sagt sie. Anfangs kümmerte sie sich nur um exotische Tiere, setzte sich aber bei der Zooleitung dafür ein, dänische Amphibienarten fördern zu dürfen. Mit Erfolg: Seit zwanzig Jahren leitet sie das „Danish Amphibien Conservation Project“ im Kopenhagener Zoo. Jedes Jahr züchtet Lene dort etwa 200.000 Tiere und wildert sie aus. Dafür arbeitet sie mit Kommunen und Landbesitzer:innen zusammen, aktuell in zehn Gebieten. Über die Jahre wurden so schon mehrere Millionen Kreuzkröten, Wechselkröten und Rotbauchunken ausgewildert.

Ein paar Hände, die eine kleine Kröte halten, links am Handgelenk ist eine Kröte tätowiert

Die Kröten sind im April wieder aus dem Winterschlaf aufgewacht.

Kröten funktionieren nicht auf Facebook

Der Raum, in dem wir nun stehen, ist die Überwinterungskammer. In den Wintermonaten wird sie auf etwa ein Grad gekühlt, so dass die Tiere in die Winterstarre fallen können. Jetzt Mitte April ist die Kammer schon 13 Grad warm und die Kröten sind wach. Bald beginnt die Paarungszeit: Dafür werden die Tiere in einen großen Raum gebracht, in dem mit Wasser, Erde, Holz und Gräsern gefüllte Boxen stehen. Nachdem Eier gelegt wurden, kommen sie in Wassertanks, bis sie zu Kaulquappen werden. Anschließend werden sowohl Kaulquappen als auch junge Kröten ausgewildert. „Die Priorität liegt dabei nicht beim Individuum, sondern darauf, dass sich gesunde Populationen entwickeln“, sagt Lene. Die Masse machts. Ein paar Kröten bleiben immer im Zoo, so kann das Programm weitergeführt werden.

„In unserer Mission ist der Zoo Kopenhagen vorrangig eine wissenschaftlich geführte Artenschutzinitiative“, erklärt Simon Bruslund. Er ist der Artenschutzbeauftragte des Zoos und leitet ein Team von insgesamt 19 Mitarbeitenden. Neben dem „Danish Amphibian Conservation Project“ fördert der Zoo ein Zucht- und Auswilderungsprogramm zu heimischen Käfern. Er ist außerdem Mitglied der „European Association of Zoos and Aquaria“ (EAZA), der größten Zoovereinigung weltweit, die die „European Endangered Species Programmes“ (EEP) koordiniert. In dem Programm sollen Tierarten durch koordinierte Zucht in den Mitgliedszoos langfristig geschützt werden.

Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) schreibt, dass über 50 Arten ohne Nachzuchten im Zoo bereits ausgestorben wären. Zum Beispiel der Europäische Wisent, das Przewalskipferd und der Kalifornische Kondor. Neben diesem sogenannten Ex-Situ-Artenschutz, also Zuchtprogrammen außerhalb der natürlichen Lebensräume, sind die Mitarbeitenden von Bruslunds Team auch in viele In-Situ-Projekte involviert. Sie unterstützen etwa die Wiederansiedlung von indonesischen Warzenschweinen in deren natürlichem Lebensraum.

Insgesamt über 400 Tierarten sind mittlerweile Teil des Erhaltungszuchtprogramms. Diese „EEP“-Arten sind entkommerzialisiert, das heißt, sie dürfen weder gekauft noch verkauft werden, und sie gehören dem EAZA. Koordinator:innen bestimmen, welche Tiere wo gehalten werden dürfen. Viele der Tiere im Zoo sind also „Leihgaben“ des EAZA. Auch andere Tiere gehören dem Zoo gar nicht, etwa die Pandas. Die sind alle offiziell Eigentum des chinesischen Staates und Teil einer „Panda-Diplomatie“. Kurz nach uns besuchte eine fünfköpfige Delegation aus China den Zoo in Kopenhagen, um nach ihren Pandas zu schauen.

Zwei Fotos: Links sieht man eine Frau in grünem Overall mit kurzen blonden Locken, rechts sieht man eine goldenen Krötenanstecker an ihrem Overall in Nahaufnahme

In der Paarungszeit legen die Kröten in den blauen Boxen Eier.

Lenes Kröten-Projekt und die anderen Artenschutzinitiativen an die Besuchenden zu kommunizieren, ist aber eine Herausforderung. „Kröten funktionieren nicht so gut auf Facebook“, sagt Bruslund. Charismatische Tiere, wie Elefanten oder Eisbären, bekommen viele Likes – auch wenn es teilweise belanglose Beiträge sind. Um Aufmerksamkeit für das Kröten-Projekt zu bekommen, hatte Lene eine ungewöhnliche Idee: In Kooperation mit einer lokalen Brauerei wird in den Zoo-Restaurants „Krötenbier“ angeboten. Pro Bier gehen 5 Kronen (umgerechnet 66 Cent) an das Projekt.

Ich finde es schade, dass die anderen Zoo-Besucher:innen nicht wissen, was sich hinter den unscheinbaren Betonmauern abspielt. Alles, was sie momentan sehen, ist ein Außenterrarium mit Fenster. Über die Sommermonate werden auch ein paar Tiere in einem Freilandterrarium zu sehen sein. Oft aber werden sie sich verstecken. Nicht gerade ein Publikumsmagnet.

Warum Zoos manchmal gesunde Tier töten – auch bedrohte

Aus dem Kühlhaus laufen wir weiter in die „Savanne“, einen Teil des Zoos, mit sandigem Boden und Wasserstellen. In die Giraffenherde haben sich ein Strauß und ein Zebra gemischt. Beim genaueren Hinschauen entdecke ich außerdem Antilopen, Blessböcke und Impalas. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Im Unterschied zur echten Savanne haben Zoos ein Platzproblem. Um den Tieren einen möglichst großen Auslauf zu bieten, werden einige Arten, die sich auch in freier Wildbahn ein Habitat teilen, in Kopenhagen gemeinsam gehalten. Für Raubtiere gilt das natürlich nicht.

Um den begrenzten Platz optimal zu nutzen und gesunde Sozialstrukturen aufrechtzuerhalten, betreiben Zoos das sogenannte Populationsmanagement. Dazu gehört auch, dass sie gesunde Tiere einschläfern, wenn zu wenig Platz für sie ist, sie nicht zu ihren Artgenossen passen oder ihr Genmaterial nicht wertvoll ist. Der Kopenhagener Zoo war 2014 weltweit in die Schlagzeilen geraten, weil Mitarbeitende die Giraffe Marius öffentlich zerlegt und an die Löwen verfüttert hatten. Ethisch gesehen sei das aber die beste Lösung gewesen, sagt der Artenschutzbeauftrage Simon Bruslund.

Marius wurde mit zwei Jahren eingeschläfert, obwohl er gesund war und als Netzgiraffe einer bedrohten Art angehörte. Der Zoo argumentiert, dass sie dem Tier damit eine schlechte Zukunft erspart haben. Giraffen leben normalerweise in Harems, also ein Männchen mit sechs bis sieben Weibchen zusammen. Wenn zu viele Giraffenbullen geboren werden, können sie nicht alle Teil der Herde bleiben. „Seine Zukunft hätte so ausgesehen, dass er irgendwo extra gestellt worden wäre. Allein. Das ist nach unserer Einschätzung nicht lebenswert. Besser ein kürzeres, aber artgerechtes Leben“, sagt Simon Bruslund. Und hätte man ihn nicht verkaufen können, an einen anderen Zoo? Bruslund verneint. Von einem anderen, nach EAZA-Standard geführten Zoo konnte er nicht aufgenommen werden. Seine Gene waren überrepräsentiert, er hätte deshalb keine Zuchtempfehlung bekommen. Einem Zoo außerhalb der Kooperation wollte Kopenhagen das Tier nicht überlassen, da sie nicht artgerechte Haltungsbedingungen befürchteten. Tatsächlich ist der Zoo Kopenhagen mit dieser Praxis nicht alleine. Die meisten Zoos töten auch gesunde und gefährdete Tiere – viele allerdings erst, wenn die Besucher:innen weg sind.

Ein Mann steht in einem gläsernen Tunnel unter Wasser. Von oben scheint die Sonne herein.

Simon Bruslund ist der Artenschutzbeauftragte des Zoos.

Auf die Frage, ob er manchmal ethische Bedenken habe, antwortete Bruslund: „Immer, andauernd und das ist wichtig, damit wir uns weiterentwickeln. Wir tun grundsätzlich nichts, was wir verstecken müssen“, sagt Bruslund. Er findet es wichtig, dass der Zoo weniger auf Befindlichkeiten einzelner Besucher:innen eingeht und stattdessen sachlich erklärt, warum sie bestimmte Dinge tun. Fleischfressende Tiere brauchen Fleisch. Nachdem Marius eingeschläfert wurde, wurde er deshalb vor Zuschauer:innen an die Löwen verfüttert. Im ersten Moment klingt das brutal, aber je länger ich darüber nachdenke, desto konsequenter finde ich dieses Vorgehen. Anstatt einer Giraffe bekommen die Löwen normalerweise jeden Tag eine Kuh zu fressen. Wo ist da die Empathie?

Vielleicht wäre es anders, wenn die Kühe, die den Löwen zum Fraß vorgeworfen werden, Namen hätten. In vielen Zoos ist es nämlich üblich, dass Tiere Namen bekommen. Eisbär Knut aus Berlin und sein Pfleger waren eine Riesenattraktion. In Cincinnati wurde Flusspferd Fiona mit der Flasche aufgezogen und bekam einen eigenen Instagram-Account. Krake Paul aus Oberhausen mimte zur Fußball-WM 2006 das Orakel und wurde weltberühmt, weil er so oft richtig lag. Klar, das zieht Besucher:innen an. Und es erzeugt Empathie mit einem Tier. Der Zoo in Kopenhagen allerdings versucht eine andere Strategie. Um die Besucher:innen weniger an einzelne Individuen zu binden, werden mittlerweile von vielen Tieren im Kopenhagener Zoo keine Namen mehr veröffentlicht. Anstelle von Einzeltieren mit Namen und Geburtstag möchte der Zoo mehr über Populationen und Arten schreiben.

Sollten wir Zoos einfach abschaffen?

Der bekannte Zookritiker und Meeresbiologe Robert Marc Lehmann, den mir die KR-Leser Stephen und Adrian empfohlen haben, findet, Zoos und Aquarien haben grundsätzlich keine Existenzberechtigung: „Sie sind für mich einfach nur Ausstellungsszenarien, wo Tiere zur Schau gestellt werden für die Menschen, damit man ein gutes Gefühl hat.“ Einzelne gerettete Arten rechtfertigen für ihn nicht, dass viele andere Wildtiere in Gefangenschaft leben, die gar nicht bedroht sind.

In meiner Umfrage wollte ich von euch auch wissen, ob ihr findet, Zoos sollten abgeschafft werden. Die Antwort war recht eindeutig: Nur rund ein Fünftel beantworteten sie mit Ja. Mehr als die Hälfte der Befragten sagt aber, Zoos sollten nicht abgeschafft, aber grundlegend verändert werden.

Die Ergebnisse der Umfrage zu der Frage: Findest du, man sollte Zoos abschaffen? 53 % sagen „Nein, aber grundlegend verbessern“, 28,5 % sagen „Nein“ und 18,5 % „Ja“.

Ich habe euch auch gefragt, warum ihr eigentlich in den Zoo geht. Die häufigste Antwort war wenig überraschend: Kinder. Eine KR-Leserin schreibt zum Beispiel: „Wie soll mein Kind sonst ein Gespür für die Artenvielfalt bekommen und die Wichtigkeit des Naturschutzes?“ Eine andere sagt: „Wenn das ein gutes Konzept ist, kann ein Zoo Bildungsort sein, wo ein guter Zugang zum respektvollen Umgang mit Tieren vermittelt wird.“ Der Kopenhagener Zoo setzt bei der Umweltbildung auf den direkten Dialog mit den Besucher:innen, sie bieten zum Beispiel Schulunterricht im Zoo an.

KR-Mitglied Timo ist Tierpfleger in einem deutschen Zoo. Er bezweifelt, dass die meisten Besucher:innen etwas über Artenschutz lernen, wenn sie in den Zoo kommen: „Nur wenige Gäste sprechen mich auf das Thema an. Und denen merkt man an, dass sie sich auch vorher schon dafür interessiert haben.“ Manchmal erlebt er auch respektloses Verhalten der Leute den Tieren gegenüber – wie Kinder, die den Tieren am Schwanz ziehen.

Menschen, die auf Affen gaffen

Als ich im Kopenhagener Affenhaus ankomme, ärgere auch ich mich über das Verhalten der anderen Besucher:innen. Dort wimmelt es von Menschen. Dicht drängen sie sich an die Scheibe, um die Affen zu begaffen. Die Tiere sitzen nebeneinander auf Holzstangen, ein Schimpanse wirft im Sekundenabstand einen Ball gegen die Scheibe. Sein Blick wirkt leer, die Mundwinkel hängen nach unten. Plötzlich fangen die Affen an zu kreischen und zu kämpfen. Die Menschen drängen sich näher an die Scheibe. Manche fangen an zu lachen, klopfen gegen das Glas und zeigen auf die Tiere. Eine Frau schießt Fotos mit Blitz. Mir zieht sich der Magen zusammen. Wie fühlt sich wohl der Affe? Ich stelle mir vor, wie es sein muss, in diesem Gehege eingesperrt zu sein und von den Leuten begafft zu werden. Ich bezweifle, dass die anderen Besucher:innen sich über das Wohl der Tiere Gedanken machen. Aber es sind wohl auch zwei unterschiedliche Dinge: Eine bedrohte Art vor dem Aussterben zu retten ist das eine, einem einzelnen Tier im Zoo ein schönes Leben zu bereiten, etwas ganz anderes.

Menschen stehen vor einer Glaswand, dahinter tobt ein Affe in seinem Gehege

Im Zoo leben heißt für diesen Schimpansen auch: Bei Wutausbrüchen begafft werden.

Nach einem ganzen Tag im Zoo weiß ich: Meine gemischten Gefühle werden sich wohl sobald nicht ändern. Rechtfertigen sinnvolle Artenschutzprojekte für bestimmte Tiere, dass andere Tiere in Gefangenschaft leiden? Aktuell gibt der Zoo Kopenhagen fünf bis sechs Prozent der Einnahmen für reinen Artenschutz aus. Geplant sind zehn Prozent. Und das geht nur mit Hilfe von „charismatischen“ Tieren, sagt Bruslund: „Manchmal braucht es Giraffen, Eisbären oder Affen, um das Interesse von Besucher:innen zu wecken und Gelder zu bekommen. Nur so können wir auch bedrohte Arten wie die Rotbauchunke fördern, die keine Lobby haben.“ Mir würde es besser gefallen, wenn sich Besucher:innen des Kopenhagener Zoos Krötenbier kaufen würden, statt vor dem Affengehege zu stehen. Vielleicht geht es gar nicht darum, die Zoos zu verändern. Sondern unser Verhalten.


Redaktion: Lisa McMinn, Bilder und Bildredaktion: Philipp Sipos, Schlussredaktion: Susan Mücke, Audioversion: Iris Hochberger

Sind Zoos gut für den Artenschutz?

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