Vier Kinder stehen im Regen. Sie tragen bunte Regenkleidung und Regenschirme.

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Kinder und Bildung

77 Ideen, wie Deutschland kinderfreundlicher wird

Die Krautreporter-Leser:innen haben mir erzählt, was sich ihrer Meinung nach ändern muss. Dabei ging es erstaunlich oft um Toiletten.

Profilbild von Bent Freiwald
Bildungsreporter

Das Gefühl ist nicht neu und es kommt regelmäßig wieder: Deutschland scheint in vielen Belangen kinderfeindlich zu sein. Schon während der ersten Tage der Pandemie flatterten an deutschen Spielplätzen Absperrbänder. Ein Sinnbild für das, was folgen sollte. Das neueste Beispiel ist die Kindergrundsicherung. Eine Idee mit großen Ambitionen: Sie sollte Kinder aus der Armut holen, galt als das sozialpolitische Projekt dieser Bundesregierung. Bis heute stehen zwar Versprechen, aber kein Plan.

Für Eltern, die dringend auf Hilfe angewiesen sind, entsteht der Eindruck, Kinder hätten keine Priorität. Das ist frustrierend und belastend. Nur: Wut allein hilft selten. Deshalb habe ich die Krautreporter-Leser:innen gefragt, wie Deutschland kinderfreundlicher werden könnte, im eigenen Kiez, aber auch, was die Bundesregierung tun könnte. 419 Menschen haben mir geantwortet. Die besten 77 Ideen habe ich hier zusammengetragen. Sie sind eine lose Sammlung von Einfällen, manche erweitern andere und manchmal widersprechen sie sich auch. Die Liste ist kein Manifest und keine politische Vision, sondern eine geballte Ansage in Richtung Politik: Es ginge anders! Und zwar so:

  1. Mehr Schaukeln aufbauen. Überall.
  2. Schüler:innen fragen, was sie lernen wollen.
  3. Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufnehmen. So wie es Norwegen, Belgien, Irland, Spanien, Österreich und Südafrika schon vorgemacht haben.
  4. Schüler:innen fragen, wo sie lernen wollen.
  5. Wickeltischpflicht in Restaurants und Cafés einführen.
  6. Kinder und Jugendliche über einen Teil der Haushaltsplanung in Kommunen mitbestimmen lassen.
  7. Freiheitsstrafen wegen Kindesmissbrauchs nicht mehr zur Bewährung aussetzen, weil aktuell nur jede:r fünfte Täter:in in Haft kommt.
  8. Kinderspielzeug und Jugendzeitschriften in Wartezimmern von Behörden auslegen.
  9. Den Beruf der Erzieher:innen attraktiver machen.
  10. Kinderfreundliche Toiletten auf jedem Spielplatz und in öffentlichen Gebäuden einrichten – mit Hocker und Toilettensitzverkleinerer.
  11. Toiletten in Restaurants mit Kindern jederzeit nutzen dürfen.
  12. Einen nationalen Notvorrat an Medikamenten für Kinder anlegen.
  13. Die Jugendämter besser besetzen.

14. Eine Werbekampagne machen, um Menschen ohne kleine Kinder daran zu erinnern, dass Kinder unsere Zukunft sind.

  1. Die Klimaziele einhalten.
  2. Kinder in Talkshows einladen, und zwar regelmäßig. Bei Anne Will, Markus Lanz, Sandra Maischberger. Sie gehören genauso zur Gesellschaft und sollten auch öffentlich auftauchen.
  3. Kinderspielbereiche an Bahnhöfen und Flughäfen einführen.
  4. Ein kleines Kinderkino in den Fernzügen der Bahn anbieten.
  5. Eine Kindergrundsicherung einführen, die den Namen auch verdient hat.
  6. Die Mehrwertsteuer für Windeln und Babynahrung von 19 Prozent auf 7 Prozent senken, also so viel wie für Katzenfutter und Kaffeepulver.

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  1. Hygieneprodukte wie Tampons und Binden in Schulen kostenlos zur Verfügung stellen.
  2. Mehr Freiräume für Jugendliche schaffen, also Orte, wo sie feiern und abhängen dürfen – laut, wild, unter sich.
  3. Beim Bau von Spiel- und Sportplätzen diejenigen fragen, die es betrifft: Kinder und Jugendliche. Dann verwaisen Spielplätze auch nicht mehr, weil da Metallklötze draufstehen, die kein Kind anrührt.

24. Schulessen sollte gesund und kostenlos sein.

  1. Schwimmbäder und Sportvereine kostenlos machen für alle unter 18 Jahren.
  2. Keine Süßigkeiten mehr an Supermarktkassen anbieten.
  3. Mehr Orte zum Erholen schaffen. Für Leute mit Tragschlingen oder Stillkindern mehr Sitzgelegenheiten schaffen.
  4. An jedem Supermarkt, jedem Bahnhof und jeder Kinderarztpraxis kleine Oasen für Kleinkinder zum Buddeln, Spielen und kurz Abschalten einrichten.
  5. Mitnahme von Kindern beim Deutschlandticket kostenlos machen.
  6. Eintritt in staatliche Museen bis 18 Jahren frei gestatten.
  7. Unverheiratete Paare mit Kindern fairer besteuern.
  8. Nicht jedes Jahr wieder eine Debatte über die Einführung eines sozialen Pflichtdienstes führen, weil „die Jugend“ ja angeblich lernen müsse, sich gesellschaftlich zu engagieren.
  9. Ausgaben für Kinder und Jugendliche im Bundeshaushalt in Zukunft nur noch erhöhen und nicht mehr reduzieren.
  10. Die Krankenkassen bezahlen lassen für Babysitter bei kranken Kindern, die zuhause bleiben müssen.

35. Familienduschen mit Handdusche, Babywanne und Kunststoffhochstühlen in jedem öffentlichen Schwimmbad einführen.

  1. Regionalbahnen und IC(E)s sollten Kinderspielabteile haben, in denen Kinder toben können.
  2. Die Einstellung, dass Kinder Lärm machen, muss weg.
  3. Keine Autos vor Schulen zulassen, damit die Kinder, die Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen, sicher zur Schule kommen.
  4. Ausgewiesene Schulwege anlegen, die verkehrsberuhigt sind. Paris hat schon 180 solcher Wege, mitten durch die Stadt.
  5. Kindergeld sollte nicht mehr als Einkommen angerechnet werden.
  6. Autofreie Sonntage einführen, an denen Straßen gesperrt sind, damit Kinder darauf toben und Fahrradfahren lernen können.
  7. Jedes Unternehmen sollte eine angeschlossene Kita haben.
  8. Ruheräume für Schwangere und Stillräume für stillende Mütter (auch zum Abpumpen) in Unternehmen zur Verfügung stellen.
  9. Steuervorteile für kinderlose Ehepaare abschaffen.
  10. Eltern sollten, während sie Kinder erziehen, Teilzeit arbeiten können, ohne Einkommens- oder Rentenverlust.
  11. Trinken für Schulkinder während des Unterrichts immer erlauben.

47. Spezielle Kassen in Super- und Baumärkten, an denen Eltern mit Kindern bevorzugt werden.

  1. Schwimmunterricht für Kinder sollte immer gratis sein.
  2. In jeder Kita und in jeder Grundschule sollte jedes Kind eine Wahlstimme haben – so unsinnig sie uns Erwachsenen auch erscheinen mag.
  3. Mehr Basketballkörbe und Tischtennisplatten installieren, die jederzeit frei zugänglich sind.
  4. Kinder wählen lassen.
  5. Kinder und Jugendliche sollten kostenfrei einen Mal-/Sport- und oder Musikkurs belegen können.
  6. Die Familien- und Bildungsministerien mit bekannten Spitzenpolitiker:innen besetzen.
  7. In Restaurants sollte es gesundes Essen für Kinder geben, nicht immer nur Pommes mit Chicken Nuggets.
  8. Schulbeginn sollte um 9 Uhr sein.
  9. Mehr Barrierefreiheit für Rollstühle schaffen. Denn Aufzüge und Rampen helfen auch Menschen mit Kinderwagen.
  10. Zur Geburt einen Gutschein über 200 Euro für die Läden in der Stadt oder der Region schenken. Man braucht am Anfang so oft spontan was, da sollte man einfach Kohle dafür haben.

58. Mehr öffentliche Trinkbrunnen einrichten.

  1. Der Staat sollte bis hin zum Radiergummi alles stellen, was Kinder in der Schule benötigen.
  2. Es müsste für Unternehmen besonders lukrativ sein, Frauen zu beschäftigen, die (kleine) Kinder haben. Zum Beispiel durch finanzielle Anreize seitens des Staates.
  3. Den Lehrermangel nachhaltig bekämpfen.
  4. Sensibilisierung für Adultismus in allen zentralen Institutionen, wie Schulen, Behörden, Ministerien. Adultismus beschreibt die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Erwachsenen und Kindern und Jugendlichen. Zum Beispiel, wenn Kindern Erfahrungen oder Meinungen mit der Begründung abgesprochen werden, sie seien zu jung.
  5. Mehr Geld für Schulen geben, vor allem für Grundschulen. Schnell.
  6. Es sollte weniger skurril sein, Kinder auch mal mit zur Arbeit zu nehmen.
  7. Ein Monat verpflichtende Mindest-Elternzeit für beide Elternteile.
  8. Taxiunternehmen sollten problemlos und ohne lange Diskussionen Kindersitze bereitstellen können.
  9. Einige flexible Ferientage pro Jahr, die man ohne Begründung einfach anmelden und nehmen darf.

68. Breitere Fußwege schaffen.

  1. Verpflichtende Kindersprechstunden bei gewählten Politiker:innen einrichten.
  2. Mehr öffentliche Flächen und Räume speziell für Jugendliche einrichten (aktuell gibt es meist nur Spielplätze für die Jüngeren).
  3. Mehr Krankentage für die Betreuung von kranken Kindern zulassen.
  4. In der Cafeteria von Museen sollte es immer umsonst Wasser, Kekse, Knäckebrot geben, und es sollte möglich sein, sein mitgebrachtes Essen zu verzehren.
  5. Keine SUVs in Spielstraßen erlauben.
  6. Besprechungen bei der Arbeit nur vormittags ansetzen.
  7. Den Unterhaltsvorschuss von Alleinerziehenden nicht mit anderen Sozialleistungen verrechnen. Alleinerziehende haben in Deutschland das höchste Armutsrisiko.
  8. Öffentliche Verkehrsmittel kostenlos nutzen können, wenn man einen Kinderwagen dabei hat.
  9. Einen konkreten Kinder-Parameter bzw. -Index einführen: Jede Handlung der Politik oder Verwaltung braucht die Bewertung, ob sie kinderfreundlich, -neutral oder -feindlich ist.

Redaktion: Tarek Barkouni, Schlussredaktion: Susan Mücke, Fotoredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Iris Hochberger

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