Wie die bayerischen Parteien Schulen und Kitas verbessern wollen (oder auch nicht)

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Kinder und Bildung

Wie die bayerischen Parteien Schulen und Kitas verbessern wollen (oder auch nicht)

Die CSU rutscht ab, die SPD so schwach wie nie und die Grünen historisch gut: Die Bayern haben einen neuen Landtag gewählt. Bei ihrer Wahlentscheidung war vielen Wählern ein Aspekt besonders wichtig: die Schul- und Bildungspolitik. Ich wollte wissen, was die Parteien beim Thema Bildung vorhaben und habe mir die Wahlprogramme angesehen. An manchen Stellen musste ich lachen.

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Bildungsreporter

Diesen Text findest du auch in der „Bayernwahl-Spezial-Ausgabe“ meines jüngsten Newsletters. Ich habe ihn nach der Wahl am 15. Oktober aktualisiert.


Kaputte Schulen, Lehrermangel, eigentlich überall, und schlechte digitale Ausstattung. Das Schulsystem kränkelt an allen Ecken und Kanten, doch der Freistaat Bayern scheint sich im Vergleich relativ gut aus der Affäre zu ziehen. Was möchten die Parteien in den Kitas und Schulen verändern? Ich habe mir ihre Programme angeschaut, nicht alle, aber das der CSU, der Grünen, der SPD, der Freien Wähler und … ja, auch das der AfD (dazu später mehr).

Wie eine Umfrage von Infratest dimap zeigt, war die Schul- und Bildungspolitik für 52 Prozent der Wähler sehr wichtig bei ihrer Entscheidung. Deswegen fasse ich hier die aus meiner Sicht relevantesten Punkte zusammen.

Los gehts!

Christlich-Soziale Union (CSU)

Zeigen wir mal gute Manieren und starten mit der Regierungspartei, die bei der Wahl auf 37,2 Prozent gefallen ist. Generell gilt: Wer unbedingt lesen möchte, wie großartig doch dieses Bayern ist, der schaue einfach in dieses Wahlprogramm. Ungemein toll muss es sich dort leben, eine Superlative jagt die nächste, eigentlich ist Bayern ja schon das „Bildungsland Nummer eins“, aber ein bisschen was gibt es wohl doch noch zu verbessern. Die CSU möchte …

Kitas:

  • das Landeserziehungsgeld und das Betreuungsgeld bündeln und erhöhen
  • 30.000 neue Kitaplätze, längere Öffnungszeiten und 2.000 Tagespflegepersonen in den Kitas statt Gebührenfreiheit
  • bis 2025 insgesamt 10.000 neue Hortplätze schaffen

Schulen:

  • bis 2023 nochmal 2.000 neue Lehrer einstellen
  • Schulsozialarbeit mit 500 neuen Fachkräften aufstocken
  • mehr Tablets statt Bücher in die Schulen bringen
  • und mein Highlight: einen Unterrichtsschwerpunkt Dialekte einführen.

Bündnis 90/Die Grünen

Zweitstärkste Kraft, das war das ausgegebende Ziel der Grünen, und das haben sie mit 17,5 Prozent auch erreicht. Bildung scheint ihnen dabei wichtig gewesen zu sein, im Programm steht das Kapitel direkt als zweites hinter ihren Kernthemen Klima/Umwelt/Natur. Die Grünen möchten …

Kitas:

  • mehr Plätze in Kitas, Horten und Krippen
  • eine bessere Bezahlung der Fachkräfte
  • eine „ordentliche Vergütung“ während der Ausbildung zum/zur ErzieherIn
  • dass Kitas zu inklusiven Einrichtungen weiterentwickelt werden
  • die gesamte frühkindliche Bildung beitragsfrei abwickeln

Schulen:

  • in mehr Lehrer und SchulpsychologInnen investieren und in kleinere Klassen
  • Fortbildungen für Lehrer zur Digitalisierung anbieten und Fachpersonal zur Wartung der Ausstattung einstellen
  • demokratische Strukturen in Schulen umsetzen
  • ein verpflichtendes Fach einführen: „Philosophie und Religionskunde“
  • alle Lehrkräfte nach und nach gleich bezahlen (orientiert an den zurzeit bestbezahlten Lehrkräften)
  • eine 110 prozentige Unterrichtsversorgung, damit weniger Unterricht ausfällt.

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das war nichts. Die SPD kommt in Bayern auf nur 9,7 Prozent (einstellig!). Ich erspare mir mal jede versuchte Erklärung oder jeden zynischen Kommentar (hier ist das Programm). Die SPD möchte …

Kitas:

  • ein Sofortprogramm für mehr ErzieherInnen, außerdem eine „attraktive Ausbildungsvergütung, gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Entlohnung”
  • dass Kindergärten und Kitas kostenfrei sind
  • die Kosten für den Ausbau der Kitas (Rechtsanspruch!) den Kommunen ersetzten

Schulen:

  • eine maximale Klassengröße von 25 in allen Schularten
  • alle Lehrer gleich bezahlen (Einstieg A13)
  • dass Lehramtsanwärter mehr Geld bekommen
  • dass Materialien (Atlanten, Formelsammlungen) kostenfrei sind
  • das Handyverbot an Schulen abschaffen
  • EDV-Personal für die Laptops und Tablets einstellen
  • dass Inklusion an allen Schulen Wirklichkeit wird
  • Schulen demokratisieren.

Freie Wähler

Ich als Norddeutscher musste tatsächlich erstmal nachgucken, wo denn die Freien Wähler herkommen, und dann auch noch mit 11,6 Prozent. So plötzlich kamen sie aber gar nicht, 2008 holten sie bei der Landtagswahl 10,2 Prozent, bei der letzten Wahl vor fünf Jahren dann neun Prozent. Bildung zählen sie selbst zur ihrer Kernkompetenz. Kitas werden in ihrem Programm kaum erwähnt. Die Freien Wähler möchten …

Kitas:

  • kostenfreie Kinderbetreuung

Schulen:

  • Ganztagsschulen ausbauen
  • das dreigliedrige Schulsystem beibehalten (Haupt-, Realschule und Gymnasium)
  • die Inklusion ausbauen, aber die Förderschulen erhalten
  • mehr Sport unterrichten
  • die Einstiegsgehälter von Grund- und Mittelschullehrern erhöhen
  • zusätzliche Lehrerstellen für Inklusionsklassen an Regelschulen
  • und ein Schulfach einführen, das ich vielleicht auch gebraucht hätte: „Alltagskompetenz“.

Alternative für Deutschland (AfD)

Bei der Wahl kommt die AfD auf 10,2 Prozent. Erst musste ich schmunzeln, dann laut auflachen als ich ihr Programm gelesen habe: Die AfD schafft es echt überall, den Bogen zu Migranten zu schlagen. Selbst beim Thema Bildung springen einem die Begriffe „Minarette“, „Kopftuchverbot“ oder „Sprachprobleme“ in jedem zweiten Absatz entgegen. Nicht zu vergessen, glaubt man dem AfD-Programm, die quasi allgegenwärtigen Probleme mit den Burkas an deutschen Schulen.

Ich fing also an, mir das Programm mal genauer anzuschauen, und kam an ein paar interessanten Punkten vorbei, wie zum Beispiel …

  • das viergliedriges Schulsystem stärken (Grund-, Haupt- und Realschule sowie Gymnasium)
  • die Inklusion beenden
  • eine Sexualerziehung ohne „Gender-Ideologie“
  • oder die Abschaffung des Beamtenstatus bei Lehrern.

Und dann las ich diese beiden Sätze:

„Entschieden lehnen wir Aufrufe zu einseitigem ‚Kampf gegen Rechts‘ an Schulen oder bei schulnahen Veranstaltungen ab.”

„Das Wirken der Initiative ‚Schule mit Courage  – Schule ohne Rassismus‘ an bayerischen Schulen als bundesweites Indoktrinationsnetzwerk ist umgehend und ersatzlos zu beenden.”

Wirklich überraschen dürfen solche Inhalte ja eigentlich nicht mehr, aber in der Deutlichkeit haben sie mich dann doch erstaunt. Ich habe mich dann dazu entschieden, nicht weiterzulesen. Trotzdem fällt auf, dass bayrische Bildungspolitik von der AfD zusammengefasst vor allem bedeutet: beenden, abschaffen, rückgängig machen –
am besten alles, was in den vergangenen Jahren so eingeführt wurde.

Vollständig ist diese Liste nicht, aber sie umfasst die in den Hochrechnungen fünf stärksten Parteien. Wer sich auch über die anderen Parteien informieren möchte, kann das hier tun.

Ich habe ziemlich gespannt auf diese Wahl geblickt: Wie viele Prozente verliert die CSU letztendlich? Steigen die Grünen noch weiter auf? Was passiert mit Söder Markus und vor allem mit Seehofer Horst? Bildung ist Ländersache, eine wichtigere Wahl als Landtagswahlen gibt es für Bildungsfreaks also nicht.

Was sich in den Kitas und Schulen verändern wird, hängt nun davon ab, welche Koalition gebildet wird.


Redaktion: Vera Fröhlich; Bildredaktion: Martin Gommel (Aufmacherfoto: iStock / pan xiaozhen).