Collage: Eine Frau sieht durch ihre Sonnenbrille auf Schattenfiguren.

Jason LaVeris/Getty, Hilman Luthfi, Geraldine Li, David Boca, Jack Monach/Unsplash

Gute Nachrichten

Fünf Menschen, die gerade gute Laune machen

Ein Exzentriker am Klavier, ein Fußballer mit Stil, eine Dame mit Charisma, eine Frau, die Ansagen macht und eine träumerische Regisseurin haben mich im vergangenen Monat zum Schwärmen gebracht.

Profilbild von Esther Göbel
Autorin

Es ist Mai, es ist Frühling und wenn man davon ausgeht, dass dieser Monat so etwas wie der Vorbote des Sommers ist, lässt sich dazu wunderbar dieser Song auf Repeat-Schleife hören. Oder anders gesagt: willkommen in der aktuellen Folge meines Gute Laune-Newsletters!

Wir legen los mit diesem Mann:

Chilly Gonzalez sitz am Klavier und singt. Er trägt ein weißes Hemd.

Lionel FLUSIN/Getty Images

Das ist Chilly Gonzales, ein in Montreal geborener, aber mittlerweile in Köln lebender Musiker, den man getrost als Rampensau par excellence bezeichnen könnte. Gonzales ist ein Exzentriker, der in seinen Texten provoziert, der frech ist, wild und sich gern der Satire bedient. Er macht Musik am Klavier, aber nicht nur. In einem Satinbademantel übers Hemd geworfen und mit Pantoffeln an den Füßen, rappt er auch, ja, tatsächlich, wechselt eine Minute später in einen Popsong, nur um dann wieder ein reines Klavierstück darzubieten, das als Klassiknummer anfängt, um dann irgendwie in Richtung Jazz abzubiegen. Ein Konzert von Gonzales zu besuchen, ist ein bisschen, als wäre man zu Gast bei einer Revue. Sprich: Gonzales beherrscht eine umwerfende Bandbreite, wie ich mir bei seinem Auftaktkonzert zur aktuellen Tour in Berlin angeschaut habe.

Früher, in den 1990er Jahren, wälzte er sich mit Peaches über die Bühne, er kollaborierte aber zum Beispiel auch mit der Sängerin Feist. Das Kooperative scheint ihm wichtig zu sein. Bei dem Konzert in Berlin stand zu meiner Begeisterung auf einmal die Hamburger Rapperin Haiyti auf der Bühne. Das Beste aber an Gonzales, der sein Publikum so sehr liebt, dass er auf dem erwähnten Konzert einmal durch alle Ränge lief und eine Runde Stagediving einlegte, ist neben seiner Spielfreude das Talent, witzig zu sein. Nicht nur in seinen Texten. Auch seine Pianostücke sind oft von einer Prise Humor durchzogen.

Gonzales neues Album erscheint im September, einer der neuen Tracks ist der hier. Wer einmal in ein Konzert reinhören/-schauen möchte, kann dies hier tun. Oder du gehst, am allerbesten, direkt zur Liveshow. Ich war nach dem Konzert so happy, dass es mindestens für zwei Tage gehalten hat!

Wir bleiben bei der Kunst, wechseln aber ins Kino. Genauer gesagt zum neuen Film der hierzulande leider nicht allzu bekannten italienischen Regisseurin Alice Rohrwacher.

Alice Rohrwacher blickt in die Kamera, sie trägt ein schwarzes Oberteil. Hinter die leuchtet das Wort "Bar" in Neonschrift von einer Wand.

Foc Kan/Getty Images

La Chimera“ spielt in den 1980er Jahren im ländlichen Umbrien und begleitet eine Gaunertruppe dabei, wie sie Gräber plündert, um die darin enthaltenen etruskischen Schätze auf dem Schwarzmarkt zu verticken. Im Zentrum der Gruppe sowie des Films steht ein junger Mann: Arthur. Der wirkt nicht nur leicht zerknautscht, sondern entpuppt sich auch als stiller Romantiker, der nicht nur nach dem nächsten Schatz sucht, sondern auch nach seiner verloren gegangen großen Liebe.

Es ist ein Film, so schön in seinen Bildern, so liebevoll im Umgang mit den eigenen Charakteren, die alle schief in dieser Welt stehen, so anders als das, was zeitgenössisches Kino normalerweise ist. Das geht schon bei der Länge des Films los: Mehr als zwei Stunden nimmt Rohrwacher sich Zeit, ihre Geschichte zu erzählen. Und es geht mit der Poesie weiter, die Rohrwachers Bilder entwerfen und die im Wortsinne etwas Fantastisches haben. Die Regisseurin wandelt zwischen Jetzt und Früher, Unter- und Oberwelt, Realismus und Spiritualität.

„Haben Sie geträumt?“, wird Arthur zu Beginn des Films gefragt, als ein Schaffner ihn weckt, um sein Ticket zu kontrollieren. Ein bisschen ging es mir so, als ich am Ende dieses Films aus einem Kinotraum erwachte, der trotz seiner Überlänge zu dem Schönsten gehört, was ich in den vergangenen Monaten im Kino gesehen habe.

Jetzt kommt ein harter Schnitt, sorry dafür. Aber das Leben besteht ja nicht nur aus Träumen, Schwelgen und Stagediving (leider). Sondern viel öfter aus harter Arbeit, die manchmal auch nervt. Für genau diesen Fall, also wenn die Arbeit im Büro mal wieder mindestens genauso nervt wie die Kolleg:innen, möchte ich dir diese Dame vorstellen:

https://www.instagram.com/p/C5g1IMBvlKC/?img_index=1

Das ist die Kanadierin Laura. Auf ihrem Instagram-Profil nennt sie sich auch loewhaley oder „Your virtual work bestie“ – man könnte sie aber auch die Diplomatin des Büroflurs nenne. Denn Laura hat kommunikative Superskills, über die ich auch gern verfügen würde. In kurzen Clips wie diesem hier „übersetzt“ Laura Bürosätze, die wir alle schonmal gedacht, uns aber nie getraut haben zu sagen, in professionelle Arbeitssprache. Zum Beispiel: „Streng mal dein Gehirn ein bisschen an!“, klingt aus ihrem Mund so: „Lass uns das genau durchdenken, bevor wir einfach loslegen!“ Oder: „Wie kannst du von mir erwarten, dass ich alles über dieses Projekt weiß, wenn du mir nichts dazu erklärt hast?!“, formuliert Laura in diesen Satz um, der gleich viel freundlicher klingt: „Können wir gemeinsam Schritt für Schritt das Projekt durchgehen, um sicherzustellen, dass wir beide auf dem gleichen Stand sind?“

Wenn du also das nächste Mal im Büro stehst und deinen Kollegen oder deiner Chefin etwas sagen willst, aber nicht weißt, wie: Laura weiß es bestimmt. Einfach eins ihrer zahlreichen Videos anschauen!

Wir machen weiter mit einem Mann, der im vergangenen Monat sehr viele andere Menschen (mutmaßlich andere Männer) glücklich gemacht hat. Wenn du so wenig Ahnung von Fußball hast wie ich, weißt du vielleicht nicht auf Anhieb, dass Xabi Alonso, um den es hier geht, Trainer des Vereins Bayer Leverkusen ist. Du weißt dann auch nicht, dass er seinen Job erst im Oktober 2022 angetreten hat – und seinen neuen Verein in dieser Spielsaison zum allerersten Meistertitel überhaupt gecoacht hat.

Ich finde das schön für alle Fußballfreunde und noch schöner für alle Leverkusen-Fans. Am schönsten aber finde ich Alonso selbst. Weil mir kein anderer Mann einfällt, der in einem normalen Pulli und einer gewöhnlichen Jeans mehr Stil hat als er. Egal, was der Mann trägt: Stets wirkt es unangestrengt und zeitlos elegant. Man präsentiere mir ein Bild, auf dem Alonso irgendwie daneben aussieht – ich wette, es gibt keins! Selbst ein Fußballtrikot sieht an ihm gehobener aus als an anderen.

Xavi Alonso steht auf dem Fußballplatz und reckt die Arme in die Luft.

Jörg Schüler/Getty Images

Stil ist schwer zu lernen, wir wissen es alle; manch einer hat ihn, die meisten haben ihn nicht. Dabei hat Stil nichts mit gutem Aussehen zu tun, auch nichts mit Mainstream, Trends oder Luxusmarken. Dafür aber mit dem, was man Charisma nennt. So oder so: Wen Leverkusens Meistertitel kalt lässt, freut sich vielleicht über diesen gut angezogenen Mann.

Wo wir gerade beim Thema Stil waren, bleiben wir doch direkt dort. Genauer gesagt bei dieser Dame:

Iris Apfel sitzt an einem Tisch und trägt ein gelbes, fluffiges Oberteil.

Noam Galai/Getty Images

Das ist Iris Apfel – die am besten gekleidete Seniorin überhaupt. Apfel lebte in New York, wurde unfassbare 102 Jahre alt und war bis zuletzt durch ihre aufsehenerregenden Outfits bekannt, die viel darüber erzählen, wie Stil funktioniert: nach eigenen Regeln, mit Mut und Kreativität. Man kann das so klassisch-zurückhaltend machen wie der bereits erwähnte Alonso – oder so überbordend, bunt und überdreht wie Iris Apfel.

In den vergangenen Jahren hatte sich Apfel vor allem als Influencerin einen Namen gemacht. Der Spiegel packte sie sogar mal aufs Cover. Und die New York Times schrieb kürzlich über sie:

„In einer Welt, in der die Globalisierung dazu führt, dass in allen Großstädten an jeder Straßenecke die gleichen Geschäfte zu finden sind, in der die sozialen Medien dazu führen, dass in der digitalen Sphäre die gleichen Bilder den Äther durchdringen, in der Designer oft in dem Glauben zu verharren scheinen, dass es Sicherheit in Zahlen gibt, und in der frische Ideen so selten sind wie Glockenblumen im Schnee, ist der Sinn für Entdeckungen, der das Anziehen einst zu einem Vergnügen machte, allgemein abgestumpft. Frau Apfel war ein Gegengift für all das.“

Anfang März starb Apfel. Aber wann immer ich ein Foto von ihr sehe, knipst es die Gute-Laune-Synapsen in meinem Gehirn an. Denn für Langeweile war in Apfels Leben kein Platz. Für die Bewertungen und Meinungen anderer auch nicht. Und vielleicht ist genau diese Haltung das Geheiminis nicht nur guten Stils, sondern auch eines guten Lebens.

In diesem Sinne wünsche ich einen wunderschönen Monat Mai! Und das wars schon wieder mit meinen Gute-Laune-Tipps für diesen Monat. Aber auch in der nächsten Folge meines Newsletters werde ich wieder schwärmen, wird es wieder heißen: „You call it madness – but I call it love.“


Redaktion: Theresa Bäuerlein, Bildredaktion: Philipp Sipos, Schlussredaktion: Susan Mücke