Unter den vielen Nachrichten, die Tag für Tag auf uns einprasseln, verstecken sich auch Berichte über Lösungen und hoffnungsvolle Anfänge. Die Mitglieder der Krautreporter-Facebook-Gruppe „Gute Nachrichten – Lösungen hat die Welt“ sammeln diese Meldungen. In diesem Special geht es ausnahmsweise nur um Insekten.
1. Platz ist auf dem kleinsten … Balkon
Viele wollen etwas für Insekten tun, haben aber nicht die Möglichkeit, wie Morgan Freemann einen kompletten Landsitz insektenfreundlich zu gestalten oder wie die Stadt Augsburg eine riesige Weltwiese anzulegen. Das braucht man aber auch gar nicht. Denn große, zusammenhängende Gebiete sind zwar wichtig für das Bestehen einer Insektenpopulation, aber ohne Verbindungswege zwischen diesen Zentren können sie nach einem Zusammenbruch nicht neu besiedelt werden, und es droht Inzucht.
Dabei reicht es schon, wenn es im Aktionsradius der Insekten einen kleinen Fleck gibt, an dem sie überleben können, damit sie über mehrere Generationen hinweg zwischen den einzelnen Zentren pendeln. Ausreichend Platz für so eine Insekten-Karawanserei bietet bereits ein normaler Stadtbalkon, wie diese zwei Münchener zeigen:
- Projekt „Bienenfreundlicher Stadtbalkon“: Blumen pflanzen für Biene & Co.
- Naturgartenbalkon Ende April 2018
Es muss auch nicht unbedingt ein Balkon sein, in Utrecht wurden zum Beispiel die Dächer der Bushaltestellen als Rastorte für Insekten begrünt und in Hannover die Rabatte eines Parkplatzes bienenfreundlich anstatt pflegeleicht bepflanzt.
2. Kost und Logis
Ohne Futter siedeln sich Bienen nirgends an, grundlegende Anregungen zur Verbesserung des Nahrungsangebots im Siedlungsraum gibt es auf der Homepage des Naturwissenschaftlers Paul Westrich. Aber einige Kommunen bieten speziell auf ihre Region angepasste Anleitungen mit passender Saatgutmischung an, etwa Wildbienen in der Stadt Osnabrück und „Geestland blüht auf!“.
Im Garten braucht man sie nicht unbedingt, aber für einen insektenfreundlichen Balkon sind sie unverzichtbar: die Nisthilfen, die leider viel zu oft nichts taugen. Auch hier erfährt man von Paul Westrich wieder alles zur Verbesserung der Nistmöglichkeiten von Wildbienen, auch, wie man ein richtiges Insektenhotel baut und worauf man beim Kauf achten sollte.
3. Insektenfreundlich und schön
Bei der Gartengestaltung fühlen sich viele hin- und hergerissen: Einerseits soll der Garten schön sein, andererseits aber auch naturnah und insektenfreundlich. Allerdings muss ein naturnaher Garten keine Wildnis sein, sondern kann durchaus schön gestaltet werden, wie der Blog „Die Kunst des entspannten Gärtnerns“ und das Buch „Schön wild!“ zeigen.
Anstatt die Brennnesseln verschämt in einer Ecke stehen zu lassen, kann man sie beispielsweise mit Sommerwicken vermischen. Selbst mit nur einem Quadratmeter Platz schafft man so einen Blickfang, der gleichzeitig ein ein Paradies für Hummeln und Schmetterlingsraupen darstellt.
Das sieht übrigens nicht nur schön aus, sondern lässt sich auch leicht in Schuss halten, man muss im Frühjahr bloß die Wicken aussäen, den Rest erledigen die Brennnesseln. Es gibt noch mehr solcher einfachen Wege, wie das Video „Pflegeleichte, insektenfreundliche Pflanzen statt versteinerte Gärten“ zeigt.
Auch anderweitig wurde diese Kombinationsmöglichkeit genutzt, etwa auf dem Göttinger Friedhof. In Frankfurt am Main hingegen klappte es zunächst nicht, die Bienenweide wurde zunächst als ungepflegt und voller Unkraut wahrgenommen. Doch mit erklärenden Schildern wendete sich auch hier die Einstellung schnell.
4. Bienen und die Landwirtschaft
Die meisten Obst- und Gemüsekulturen benötigen Bienen zur Bestäubung. Daher forschen auch Landwirte daran, wie sie ihre Felder insektenfreundlicher gestalten können. Koordiniert wird diese Forschung von F.R.A.N.Z., dem Forschungsprojekt „Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft“ in der konventionellen Landwirtschaft.
So gestalteten etwa die Obstbauern im Netzwerk Blühender Bodensee ihre Obstwiesen wildbienenfreundlich, um etwas für die Natur zu tun, und merkten dann, dass dies Bestäubung und damit Ertrag verbesserte.
Das gleiche gilt für die Agroforstwirtschaft, wo die Bäume den Bauern nicht nur ein zusätzliches Einkommen bieten, sondern gleichzeitig als Rückzugsraum für Insekten (und natürlich auch andere Tiere) dienen und vor Erosion und Nährstoffverlust schützen.
Ein dritter Ansatz ist der Gemengeanbau, wo die eigentliche Ertragskultur mit anderen Pflanzen kombiniert wird. Die Kombination von Mais und Bohnen bietet nicht nur Pollen und Nektar für Insekten, sondern erhöht auch den Ertrag und die Bekömmlichkeit daraus gewonnenen Viehfutters. Die Stadtwerke Nürtingen wollen mit mit „Bienenstrom“ in die Zukunft.
Redaktion: Vera Fröhlich; Bildredaktion: Martin Gommel.