Raketentests in Nordkorea, Amokfahrt in Barcelona, Flutwellen in Indien und den USA und dann noch ein Krankenpfleger, der vermutlich nicht „nur“ sechs, sondern mindestens 84 Menschen getötet hat. Der August hatte es in sich.
So gerne ich zwischen mich und diese Bilder von Tod und Verwüstung eine gesunde Distanz bringen möchte, so wenig gelingt mir das. Genau deswegen suche ich hier jeden Monat die guten Nachrichten. Sie sind genauso Teil unserer Welt wie die Katastrophen. Besonders fasziniert hat mich diesen Monat, dass Humboldt-Pinguine den Bau einer riesigen Kupfermine in Chile stoppen konnten.
1. Ein Student aus Texas erfindet den bisher effektivsten Schwermetall-Wasserfilter
In vielen Städten der Erde ist das Trinkwasser mit hochgiftigen Schwermetallen belastet – ein Problem, für das es bislang keine richtig gute Lösung gibt. Die Gifte gelangen unter anderem ins Wasser, weil Elektroschrott unsachgemäß entsorgt wird oder weil es durch alte Rohre fließt. Der erst zwanzigjährige US-Student Perry Alagappan aus Houston, Texas, scheint mit seinem Forschungsteam eine Möglichkeit gefunden zu haben, die Schwermetalle aus Wasser herauszufiltern: und zwar mithilfe eines Schwamms aus Quarzwolle. Das Wasser fließt durch den Schwamm, und dieser filtert die Gifte heraus. Ein Gramm Schwamm soll 581 Milligramm Schwermetall fassen können, das wiederum würde reichen, um 83.000 Liter Wasser zu reinigen – und so circa 11.000 Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen. Benutzer können den Schwamm selbst mit Essig reinigen und dann wiederverwenden.
Wie funktioniert das? Feine Siliziumdioxid-Fasern werden zuerst mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen überzogen und dann mit einer oxidierenden Säure behandelt. So tauschen Kohlenstoff- und Sauerstoffatome ihre Plätze und sorgen dafür, dass Metallionen (z.B. Kobalt, Blei oder Quecksilber) im Schwammgewebe hängen bleiben. Mit Alagappans Schwamm wäre die Wasserreinigung eine Sache von Sekunden; Fünf Liter konnten die Wissenschaftler in weniger als einer Minute von den Metallen befreien.
Schwämme scheinen gerade im Kommen zu sein, denn auch deutsche Forscher haben kürzlich – per Zufall – eine Substanz entwickelt, die Öl aus Wasser entfernen kann. Aber es bleiben noch zwei wichtige Fragen offen: Funktionieren die beiden Erfindungen auch im großen Stil? Und: Wer könnte die Umsetzung bezahlen?
2. Mehr und mehr Festivals wollen umweltfreundlicher werden
Im Sommer folgt ein Festival auf das nächste. Zwei, drei, vier Tage wird getanzt, getrunken und wenig geschlafen. Wenn die Menschen anschließend nach Hause fahren, gleicht das Festivalgelände einem Schlachtfeld. Die taz schreibt, an einem Festival-Wochenende mit 10.000 Teilnehmern entstehe schon mal so viel Müll, wie eine Stadt gleicher Größe in einem Jahr produziert.
Das ändert sich langsam, aber kontinuierlich. Noch nie habe ich von so vielen nachhaltig ausgerichteten Veranstaltungen gehört und gelesen wie 2017. Da gibt es zum einen die „Wilde Möhre“ bei Cottbus: 6.000 Besucher, Anreise mit Bus und Bahn, Mülltrennung, vegetarische Kost. Und immer häufiger stellen die Veranstalter Kompostklos auf, selbst auf dem etablierten „Hurricane“-Festival im niedersächsischen Scheeßel (80.000 Besucher).
Klar, noch setzen in erster Linie kleinere, alternative oder nicht-kommerzielle Festivals auf Nachhaltigkeit. Aber neben dem “Hurricane” gibt es bereits weitere Beispiele anderer Größenordnung: „Boom“ in Portugal (33.000 Besucher) arbeitet mit Solarstrom. Das dänische „North Side“-Festival ist mit dem Auto gar nicht erst zu erreichen, Fleisch gibt es dort ausschließlich in Bio-Qualität. Diese Entwicklungen seien extrem wichtig, sagen Beobachter der Szene, auch wenn sie noch ganz am Anfang stünden. Die größte Herausforderung sehen sie aber in der „Erziehung“ der Festivalgänger. Da kann ein Festival noch so nachhaltig organisiert sein: Die Feiernden müssen auch Lust auf Umweltschutz haben.
3. Drohnen schützen Elefanten vor Wilderern und wütenden Farmern
Viele Elefanten leben in Nationalparks, aber wenn auf den angrenzenden Feldern die Ernte reift, gehen sie auf Wanderschaft. Für sie ist es ein Festmahl, für die Bauern eine Bedrohung ihrer Ernte. Oft greifen diese dann zur Waffe, um ihre Felder verteidigen. Sie verletzen die plündernden Elefanten, manchmal tödlich.
Aber das Air Shepherd Drohnenprogramm hat einen Weg gefunden, Elefanten von den Feldern wegzulotsen. Überall dort, wo Konflikte zwischen Elefant und Mensch vorprogrammiert sind, werden die Drohnen eingesetzt, die mit ihrem lauten und eindringlichen Summen in Elefantenohren wie ein wütender Bienenschwarm klingen. Eine einzelne Drohne ist in der Lage, eine ganze Elefantenherde so zu erschrecken, dass sie ihren Kurs ändert.
Und es gibt noch einen Vorteil: Mit den Drohnen können Wildschützer die Herden besser überwachen. Denn Elefanten fallen immer noch zu oft Wilderern zum Opfer, die auf das kostbare Elfenbein aus sind – und diese Wilderer können die Tierschützer mit den Drohnen erkennen.
4. Der Blick nach Chile lohnt doppelt: Ein umstrittenes Minenprojekt wird definitiv gestoppt und der Weg für die Homo-Ehe ist frei
Chile verfügt über gewaltige Kupferreserven. Für das Dominga-Projekt war ein Budget von 2,5 Milliarden US-Dollar vorgesehen, um jährlich 12 Millionen Tonnen Eisen und 150.000 Tonnen Kupfer abzubauen. Die Umsetzung hätte unter anderem den Bau eines neuen Binnenhafens erfordert. Das sogenannte Ministers’ Committee (eine Versammlung politischer Entscheidungsträger, die über die Zukunft solcher Projekte abstimmen) hat nun das Projekt nach anhaltenden Kontroversen und Protesten gestoppt.
Der Grund: Das Minengelände und der geplante Hafen befinden sich in unmittelbarer Nähe eines großen Humboldt-Pinguin-Reservats. Der Humboldt-Pinguin wiederum ist vom Aussterben bedroht und kommt heute nur noch an den Küsten Chiles und Perus vor. Der Stopp ist ein schöner Erfolg für die chilenische Umweltschutzbewegung, die immer stärker wird.
Die Präsidentin des Landes, Michelle Bachelet, hat außerdem ein Gesetz vorgestellt und unterzeichnet, das Homosexuellen künftig erlaubt, zu heiraten und Kinder zu adoptieren. Zwar muss das Gesetz noch durch den Kongress. Aber allein, dass es nun diskutiert wird, ist ein gutes Zeichen. Denn Chile galt lange als Lateinamerikas konservativste Nation. Erst 1999 hat das Land Homosexualität entkriminalisiert, noch später als die Bundesrepublik.
5. Ein Nanochip programmiert durch bloßen Hautkontakt Zellen um
In Deutschland wird es 2050 etwa drei Millionen Menschen mit Alzheimer geben. Heute pflegen Angehörige etwa 70 Prozent der Erkrankten zu Hause. Bisher ist Alzheimer eine unheilbare Gehirnerkrankung: Die Zellen bestimmter Gehirnregionen funktionieren zunächst nicht mehr und sterben schließlich ab.
Ein Leser hat mich nun auf folgende Nachricht aufmerksam gemacht: Wissenschaftler der Universität Ohio haben einen Nanochip entwickelt, der Zellen umprogrammieren kann. Das funktioniert in drei Schritten.
- Schritt 1: Der Chip wird mit genetischem Material gefüttert, das mit der benötigten Zellart übereinstimmt.
- Schritt 2: Er wird auf gesundes Zellmaterial (zum Beispiel auf die Haut) gelegt und überträgt dann in einem
- Schritt 3, per elektrischen Impuls, die entsprechenden Zellinformationen. Fertig.
Angewendet wurde der Chip bei verletzten Mäusen (Erfolgsquote: 98 Prozent). 2018 wird er erstmals bei Menschen eingesetzt werden. Die Forscher glauben, dass sie auf diese Weise Hautzellen zu neuen Hirnzellen umprogrammieren können. Das käme einer Revolution in der Behandlung von Alzheimer gleich und würde auch bisher unbekannte Möglichkeiten für die Heilung von Verbrennungen und Verletzungen sowie neue Wege für die Krebsforschung öffnen.
Rico Grimm hat beim Erarbeiten dieses Artikels geholfen; gegengelesen hat Vera Fröhlich; das Aufmacherfoto hat Rico Grimm ausgesucht (iStock / NaturalEarthImagery)