„Die Frauenbewegung hat sich gespalten: in die Besserverdienenden – und die anderen“

© Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

Geschlecht und Gerechtigkeit

Interview: „Die Frauenbewegung hat sich gespalten: in die Besserverdienenden – und die anderen“

Feministinnen waren früher laut und radikal und kämpferisch. Laut sind sie immer noch, aber statt zu kämpfen scheinen sie heute vor allem in T-Shirts mit coolen Sprüchen auf Instagram zu posen. Ich wollte von einer Feministin der alten Garde wissen, ob die Frauenbewegung heute zu lasch ist.

Profilbild von Interview von Esther Göbel

Frauen genießen heute in weiten Teilen der Welt so viel Freiheit wie nie zuvor. Das haben sie den Feministinnen zu verdanken, die vor hundert Jahren für das Frauenwahlrecht kämpften oder Anfang der Siebzigerjahre für das Recht auf Abtreibung. Die Feministinnen von damals waren laut, radikal, sie gingen auf die Straße – und sie waren organisiert.

Was ist davon heute geblieben, frage ich mich oft, selbst Feministin, wenn auf Instagram schon wieder irgendjemand in einem T-Shirt mit der Aufschrift „We should all be feminists!“ posiert. Ich habe dann das Gefühl: Feminismus ist heute mehr Pop denn je – aber vielleicht auch nicht mehr als das? Wie hat sich die Frauenbewegung verändert, wo stehen wir heute?

Ich wollte über diese Fragen mit einer Person sprechen, die bei den frühen Kämpfen dabei war. Barbara Stolterfoht, 79, ist so eine Frau. Sie war in den Achtzigerjahren die erste Frauenbeauftragte in Kassel und in den Neunzigern hessische Staatsministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung. Sie findet: Die Frauenbewegung von heute ist zu lasch.

Wir treffen uns in Stolterfohts Wohnung in Berlin-Mitte, oberster Stock, rote Tür. Als ich klingle, öffnet mir eine große Frau in dezenter Kleidung, mit buntem Schal und kurzen blonden Haaren. Sie bittet mich freundlich herein. Die Tür öffnet sich zu einer hellen Wohnung hin, wir setzen uns in die kleine offene Küche. Barbara Stolterfoht stellt zwei Gläser und eine Karaffe mit Wasser vor uns auf den Tisch, dann kann es losgehen.


Frau Stolterfoht, was bedeutet für Sie Feminismus?

Feminismus ist für mich eigentlich ein demokratisches Prinzip. Nämlich die Gleichheit von Männern und Frauen. Gleiche Rechte, gleiche Chancen, gleiche Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn die gegeben sind: wunderbar. Sind sie aber nicht. Deswegen braucht man kämpferische Feministinnen, nach wie vor. Sehr kämpferische.

Haben Sie das Gefühl, wir waren schon mal weiter als heute?

Ja, in dem Sinne, als dass manche Themen wie das Ehegattensplitting oder die geringfügigen Beschäftigungen bei Frauen in Vergessenheit geraten sind. Ich finde es toll, wenn ein Drittel der Aufsichtsräte weiblich ist, sie haben eine wichtige Vorbildunktion. Aber das nutzt der Verkäuferin bei Rossmann gar nichts.

Die britische Ökonomin Alison Wolf schrieb vor ein paar Jahren in einem viel beachteten Artikel: „Sisterhood is dead“, „Schwesternschaft ist tot“. Sie meinte damit, dass sich die Feminismus-Debatte heute hauptsächlich um die akademisierte Frau dreht, die sich fragt, wie sie Beruf und Familie unter einen Hut kriegt. Aber wer kämpft für die Verkäuferin oder die Friseurin? Hat Wolf recht?

Ja, und das werfe ich der Frauenbewegung auch vor. Die hat sich gespalten: in die Besserverdienenden – und die anderen. Das ist eine schmale Schicht, die jetzt den Durchmarsch durch die Institutionen machen wird, etwa in der Politik. Da können Frauen es schaffen – wenn sie nicht erlahmen. In der Medizin beispielsweise ist das wesentlich schwieriger, in der Wirtschaft auch. Und die ganze Soziale Arbeit etwa, die wird zu fast 90 Prozent von Frauen ausgeübt. Aber die, die das Sagen haben, sind alles Männer. Ich habe das selbst erlebt, weil ich nach meinem Ministeramt den Vorsitz des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes übernommen habe – und da hatte ich immer nur mit Männern zu tun. Das muss sich ändern. Aber das wird nur passieren, wenn die Frauen wieder einmal aufmucken! Ich habe das Gefühl, dass die Kampfkraft weg ist.

Aber laut sind die Frauen doch. In den Medien etwa werden doch fast überall feministische Forderungen debattiert.

Das reicht mir nicht. Ich bin immer wieder entsetzt, wenn ich politische Talkshows sehe. Da ist nichts mit paritätischer Besetzung. Da sitzt meistens nur eine Frau. Manchmal auch zwei. Und die wichtigsten Positionen in den Öffentlich-Rechtlichen besetzen auch meist Männer. Also dafür, dass die Frauenbewegung mal stark war, ist an diesen Stellen nicht genug angekommen. In den Achtzigerjahren war ich Frauenbeauftragte in Kassel. Als die autonomen Frauen, die dort das Frauenhaus betrieben, mehr Geld wollten, haben die mein Büro besetzt – mit mir drin. Und sind nicht weggegangen, bis ich ihnen einen Termin beim Kämmerer verschafft habe. So etwas könnte ich mir heute gar nicht mehr vorstellen.

Gehen wir mal davon aus, Ihre These stimmt. Woher kommt das?

Vielleicht lahmt die Frauenbewegung aufgrund ihres eigenen Erfolgs. Sie hat viel erreicht. Insgesamt haben Frauen noch nie so viel Freiheit und Bewegungsspielraum gehabt wie heute. Und den Rest schaffen die gut qualifizierten Frauen auch noch, da bin ich mir ganz sicher. Aber wer übrigbleibt, sind die Frauen, die weniger Chancen im Leben haben und weniger Geld. Und da denke ich, ist der Klassenansatz besser als der feministische.

Barbara Stolterfoth heute, mit ihrer Tochter

Barbara Stolterfoth heute, mit ihrer Tochter © privat

Also würden Sie sagen, es gibt heute weniger Solidarität unter Frauen?

Es gibt überhaupt keine Solidarität unter ihnen! Ich glaube, für die Schlecker-Frauen ist keine einzige Akademikerin auf die Straße gegangen.

Und das war früher anders?

Ja, die Frauenbewegung war geeinter. Die Gewerkschaften und die Frauen in den Institutionen wurden zwar von den autonomen Frauen vor sich hergetrieben, aber diesen Motor sehe ich nicht mehr – oder irre ich mich?

Ich würde Ihnen da schon zustimmen. Es gibt vielleicht ein trügerisches Narrativ: Frauen, die studiert sind und ein bisschen Glück haben, die die richtigen Entscheidungen treffen, die können sich mit Geld und Unterstützung weit nach vorne arbeiten. So dass sie vielleicht denken: „Feminismus? Brauchen wir doch gar nicht mehr!“ Aber dabei vergessen sie die anderen Frauen.

Ja, und damit ist es genau so, wie es vor 50 Jahren war. Heute ist dazu auch alles noch so lieb, so weichgespült. Bei manchen Feministinnen kann ich mir nicht vorstellen, dass die mit Männern in Machtpositionen Tacheles reden.

Aber es hat sich doch trotzdem einiges geändert für Frauen im Vergleich zu früher!

Es hat sich wahnsinnig viel geändert! Ich habe mir das letztens nochmal aufgeschrieben. Das sind Erfolge, auf die hätten wir vor 40 Jahren nicht zu hoffen gewagt. Zum Beispiel die Gesetze zur häuslichen Gewalt, dass etwa Vergewaltigung in der Ehe heute eine Straftat ist. Zum Beispiel die rechtliche Gleichstellung von Männern und Frauen. Zum Beispiel die gesetzliche Quote für Aufsichtsräte. Bei SPD und Grünen haben wir außerdem quotierte Listen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat sich verbessert. Und vielleicht hat sich der größte Erfolg des Feminismus in den Köpfen abgespielt: Feministische Forderungen werden schon lange nicht mehr als abseitig, spinnert und neurotisch abgetan. Sie werden bekämpft, oft heftig genug, aber ernstgenommen. Trotzdem gibt es Bereiche, die sind wie Festungen, die nicht erobert werden können von Frauen.

Was sind das für Bereiche?

Zum Beispiel die Autonomie von Frauen über ihren Körper. Die haben wir immer noch nicht, siehe Paragraph 218. Abtreibung unterliegt immer noch dem Strafrecht. Die neueren Streitigkeiten rund um die Ärztin Kristina Hänel haben mich sehr schockiert. Weil ich die Kämpfe rund um den Schwangerschaftsabbruch in den 70ern ja hautnah miterlebt hatte. Und jetzt sollte alles wieder zurückgedreht werden? Ich halte die Lebensschützer, die ja auf den Paragraph 219 pochen, für eine Kraft, die versuchen wird, 218 abzuschaffen.

Die zweite Bastion, die nicht gestürmt worden ist: Frauen sind, in Deutschland zumindest, keine eigenständigen ökonomischen Subjekte. Jedenfalls nicht, wenn sie verheiratet sind. Stichwort Ehegattensplitting und die Lenkungswirkung, die diese Steuerregelung hat. Das halte ich wirklich für fatal.

Was genau meinen Sie mit Lenkungswirkung?

Den Anreiz, den man damit setzt. Keine Juristin, die etwas auf sich hält, wird sich davon abhalten lassen, berufstätig zu sein. Aber die Verkäuferin, deren Mann gut verdient, die wird eine geringfügige Beschäftigung gerne wählen. Weil sie dann ja keine Steuern zahlen muss und Brutto wie Netto ist. Was aber ganz viele nicht wissen: Alle Sozialleistungen werden aufgrund des Nettoverdienstes berechnet. Die Frauen tragen massive Nachteile davon, zum Beispiel wenn sie Mutterschaftsgeld bekommen. Eine Ehe, wo er viel verdient und sie wenig oder nichts, bringt Steuervorteile im bis zu fünfstelligen Bereich, und zwar unabhängig davon, ob das Paar Kinder hat oder nicht. Und bei einer Scheidung stehen die Frauen dann da mit winzigen Rentenansprüchen und ohne Unterhalt, oft auch ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das Ehegattensplitting habe ich in jeder meiner frauenpolitischen Funktionen bekämpft und versucht, zu ändern. Aber es ist nicht gelungen. Gutverdienende Männer bestehen darauf, alle.

Wie sind Sie zu einer Feministin geworden?

Als ich jung war, hatte ich keinen Grund, Feministin zu werden, wenn man es so sagen will. Ich war mit 16 als Austauschschülerin in den USA gewesen, mit 17 kam ich zurück, höchst politisiert, und wollte Bundeskanzlerin werden (lacht). Ich habe auf dem zweiten Bildungsweg mein Abitur gemacht, danach in Frankreich studiert und war erfolgreich im Beruf tätig. Dazu hatte ich eine große Klappe, konnte mich durchsetzen. Ich fühlte mich nicht benachteiligt. Ich habe nie bedauert, dass ich Kinder bekommen habe, das ist wunderbar. Ich habe „nur“ zwei, einen Sohn und eine Tochter. Aber die Bedingungen, unter denen Frauen in Deutschland Kinder kriegen sollen, die sind so verbesserungswürdig, das war für mich auch ein starker Impuls, Feministin zu werden.

Wann sind Sie zum ersten Mal Mutter geworden?

Da war ich 28. Für heutige Verhältnisse ist das relativ jung, damals stand in meinem Mutterpass „Spätgebärende“. Es gehörte sich so, dass man seine Kinder zwischen 22 und 26 bekam. Es gab ja damals schon die Pille, und ich hatte die auch genommen, aber ich hatte den Mann gewechselt und zwischendurch die Pille abgesetzt. Und dann ist es passiert. Was für mich gar nicht infrage kam: eine Abtreibung.

Wieso nicht?

Weil ich immer dachte: Ich brauche das nicht. Ich bin gut ausgebildet, ich verdiene gut, ich schaffe das!

Wo war denn der Vater zu dem Kind? War der anwesend?

Ja, war er. Wir haben damals geheiratet, das machte man halt so. Und ein uneheliches Kind hätte ich meiner Verwandtschaft wirklich nicht zumuten können. Wir sind dann auch zusammengezogen, 1967/68 muss das gewesen sein, also, als es an den Universitäten richtig hoch herging. Wir schlossen uns mit einem anderen Paar zusammen und haben in einer Wohngemeinschaft das sozialistische Modell Großfamilie gegründet: zwei Paare, ein Junggeselle, zwei kleine Kinder. Ich gehörte zum linken Flügel der SPD damals. Wir haben uns mehr schlecht als recht durchgewurschtelt. Unser Familienbudget – ich arbeitete damals als Assistentin an der FU Berlin in Teilzeit – habe ich mit Vorträgen aufgebessert, zum Thema Großfamilie. Wer immer mich eingeladen hat, ich bin hingefahren. Es war eine tolle Zeit! Und ich halte das Modell der Großfamilie immer noch für eines der Zukunft. Aber eine Feministin war ich an dem Punkt noch nicht.

Was ist dann passiert?

Ich habe dann als Pressesprecherin am Deutschen Institut für Urbanistik gearbeitet, Anfang der Siebziger war das. Die Sekretärinnen waren alle weiblich – und die Wissenschaftler alle männlich. Wenn die nach Hause kamen, kriegten sie die Kinder gebadet und gefüttert vorgeführt und hatten Feierabend – wenn ich nach Hause kam, mein Mann war auch Wissenschaftler und nie zu Hause, fing für mich die zweite Schicht an, Großfamilie hin oder her. So stieß ich erst darauf, dass man als Frau, mindestens wenn man Mutter ist, massiv benachteiligt wird. Ich erinnere mich an eine Rede von Alice Schwarzer im Rathaus Charlottenburg damals, das war unvergesslich! Das Rathaus war total überfüllt – und als ich wieder rauskam, war ich Feministin (lacht).

Wirklich? Wieso hat das, was Schwarzer gesagt hat, Sie so motiviert?

Alice Schwarzer hat damals etwas geschafft, was bis dahin keiner geschafft hatte: Sie war politisch, feministisch und eine brilliante Rednerin. Sie hat die Situation von Frauen so beschrieben, dass ich aus vollem Herzen sagen konnte: „Ja, genau so ist es!“ Sie war die erste, die mit dem Frauenbild der 50er und 60er Jahre aufräumte, also mit diesem Bild der Hausfrau, die dem Mann dient. Nach der Rede las ich alles von ihr, was sie geschrieben hatte, und als nächstes gründete ich bei der SPD einen Arbeitskreis „Emanzipation“. Ich war politisch sehr aktiv damals, aber nur ehrenamtlich.

In der Zweiten Welle des Feminismus war der Slogan „Das Private ist politisch!“ populär – galt das auch für Sie?

Das war ja eher ein sozialistischer als ein feministischer Spruch, aber ja, der spiegelte sich in meinem Privatleben: Ich wollte nicht die klassische Hausfrau sein und das Bild der 50er und 60er erfüllen, wir wollten die Großfamilie statt das bürgerliche Ideal, wir gründeten die ersten Kinderläden – und wir verstanden uns als Vertreter einer neuen Zeit.

In den Achtziger Jahren sind Sie die erste kommunale Frauenbeauftragte Hessens geworden – und später auch noch hessische Staatsministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung.

Ja, das war ein weiter Weg! Ich hatte auch noch Karriere in der Wissenschaft gemacht, verdiente sehr gut. Aber mittlerweile hatte ich mich von meinem Mann getrennt und zwei Kinder. Ich fand keinen Kitaplatz für die beiden, und das hat mich fix und fertig gemacht, ohne Umfeld, ohne Oma. Ich lernte dann einen neuen Mann kennen, der war auch Politiker, und der bot mir an: „Komm mit mir nach Bonn! Ich sorge für dich!“ Das habe ich dann gemacht und ein Jahr nicht gearbeitet.

Ist Ihnen das schwergefallen?

Am Anfang war das wunderbar! Weil ich so fix und fertig war von der Doppelbelastung Familie und Kinder und diesem ganzen Stress. Aber als ich mich erholt hatte, konnte ich das nicht mehr. Ich konnte dieses Hausfrauenbild nicht leben. Und dann war da diese Ausschreibung von der kommunalen Frauenbeauftragten in Kassel. Ich las das und wusste sofort: „Das will ich machen!“ Weil Frauenbeauftragte damals eine innovative Sache war. Es gab nur eine in Hamburg und eine in Köln. Ich wollte Politik machen für Frauen – und zwar ausschließlich für Frauen. Das fand ich so hinreißend!

Was war das Erste, wofür Sie politisch angetreten sind?

Das waren die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse von Frauen. Eines Tages, 1984 oder 85 muss das gewesen sein, erschienen die Putzfrauen der Arbeiterwohlfahrt bei mir und haben gesagt, sie arbeiten Teilzeit, ohne Sozialversicherung, und verdienen weniger als die damalige Untergrenze, das waren 280 Mark. „Das gibt’s nicht!“, dachte ich, „wir sind doch ein Sozialversicherungsstaat!“ Also fing ich an zu recherchieren. Natürlich gab es das. Allerdings noch nicht in dem Ausmaß wie heute. Aber es gab diese Verhältnisse schon damals – und zwar immer zum Nachteil von Frauen. Das hatte ich sehr schnell begriffen. Meine erste Aktion als Frauenbeauftragte, da war ich gerade drei Tage im Amt: Ich fuhr nach Wiesbaden, klapperte die Behörden ab und sammelte Geld ein für die Frauenprojekte, die die autonome Frauenbewegung gegründet hatte.

Vereidigung als Stadträtin für Frauen, Gesundheit und Soziales 1985

Vereidigung als Stadträtin für Frauen, Gesundheit und Soziales 1985 © Stadt Kassel

Wie haben Sie das damals gehändelt, den neuen Job und Ihre Kinder?

In Kassel zog meine Mutter zu mir und kümmerte sich um die Kinder, sie regelte alles, wenn ich nicht konnte. Und das war für mich unfassbar; auf einmal konnte ich mich verhalten wie ein Mann! Toll war das! „Im nächsten Leben werde ich auch ein Mann!“, dachte ich. (Lacht).

Haben Sie damals gesagt: „Ich bin Feministin!“?

Ja, natürlich! Aber eigentlich habe ich nicht darüber nachgedacht, ob das, was ich tat, nun Feminismus war oder nicht. Ich wollte etwas für die Frauen ändern, das war wichtig. Ich kann Ihnen nur sagen: Die autonomen Frauen und die, die sich in den Institutionen abplackten, die hatten es nicht leicht miteinander. Ich habe für die autonomen Frauen sehr viel getan, aber trotzdem war man als Frau in den Institutionen immer unter Beschuss von den Autonomen. Das, was wir durchsetzen, war denen zu wenig. Aber die Finger schmutzig machen wollten sie sich auch nicht.

War wohl kein leichter Job?

Was ich alles an Vorurteilen gehört habe, das geht auf keine Kuhhaut! Vor allem von den Männern. Die wollten lieber alles so lassen, wie es ist. Aber ich glaube, das ist heute immer noch, wenn man am Lack kratzen will. Da muss man sich ein dickes Fell zulegen.

Was halten Sie von den feministischen Stimmen von heute wie etwa Margarete Stokowski?

Das finde ich gut. Das gefällt mir. Aber ich kann nicht beurteilen, wie die Wirkung von solchen Stimmen ist. Ich gehörte zu der Generation, die praktisch etwas ändern wollte. Die feministische Diskussion von heute überblicke ich nicht mehr, da maße ich mir kein Urteil an. Mein Maßstab ist: Wie geht es den Menschen? Vielen geht es nicht gut in unserer Gesellschaft. Und den Frauen geht es dann immer noch mal eine Ecke schlechter als den Männern.

Was würden Sie mir als noch einigermaßen jungen Feministin raten?

Kämpfen kann man nie genug!


Danke an KR-Mitglied Joerg für seinen Input!

Redaktion: Philipp Daum; Schlussredaktion: Vera Fröhlich; Bildredaktion: Martin Gommel.