Als ob es nicht schon genug fragwürdige Phänomene gäbe, die am Feminismus-Firmament blinken und sich durchdiskutieren ließen, dringt nun noch ein weiteres nach Deutschland: „She Sheds“, einfache, aber individuell gestaltete Holzschuppen, in denen Frau sich zur Muße und Entspannung in den Garten zurückziehen kann. „Frauen begrüßen begeistert die Hütte, die einen kleinen, sichereren Hafen bildet, aufgestellt am Ende des Gartens“, schrieb die englische Zeitung Daily Mail im April 2016 zu dem neuen Trend, der bevorzugt im aufgehübschten Mädchenstil auftritt, also mit viel Pastell, Pink und allerlei dekorativem Schnick-Schnack.
Die Daily Mail schrieb weiter als Begriffserklärung: „Die Hütte kommt in vielen verschiedenen Varianten daher, inklusive weißem Anstrich und auffälligen Accessoires.“ Und die gute alte Brigitte, sinkend, aber doch noch immer Flaggschiff der deutschen Frauenmagazine, schrieb zu den She Sheds: „Diese Frauenhäuser finden wir klasse!“ „Ein Ort, frei von Kompromissen“ seien die aufgemotzten Schuppen.
In den meisten Fällen, so lassen die Fotos auf Pinterest oder Instagramm erkennen, sind die She Sheds nicht größer als ein paar Quadratmeter, also gerade groß genug, um ein Bett oder eine Couch, ein paar Bücher zu Deko-Zwecken und ein paar stylische Wohngegenstände hineinzustellen. Decken, Kerzen, Blumen, Vasen, Duftstäbchen; eben alles, was das weibliche Herz angeblich besonders begehrt. Ist klar, oder?
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Mal kommt der (oder muss es richtiger heißen: die?) She Shed im „Schweden-Design“ mit blau-gelbem Anstrich daher, mal im Blümchen-bespickten Landhaus-Stil, dann doch wieder im kargeren „Industrial Style“ – oder, in der Luxus-Variante, wenn Frau sich mal so richtig was gönnt: mit Swimming-Pool vor der hölzernen Schuppentür. Der weiblichen Einrichtungsphantasie scheinen keine Grenzen gesetzt, davon zeugen Fotos in etlichen englischsprachigen Blogs.
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Aber kommen wir nach Deutschland: Kleine Stichprobe bei den deutschen Baumärkten Obi und Hornbach. Hat man hier schon von dem neuen Wohntrend gehört? Und führt im Sortiment neuerdings extra Häuschen für eine zunehmend weibliche Kundschaft? „Schi was?“, fragt die Pressesprecherin bei Obi. „Was soll das sein, dieser Trend? Wie heißen diese Häuser?“ Und die Hornbach-Pressedame, ebenso unwissend wie die Kollegin von der Konkurrenz: „Habe ich, zugegeben, noch nie von gehört“, sagt sie, um bei der Erklärung des Begriffs She Shed amüsiert ins Telefon zu lachen.
Dabei feiern begeisterte Bloggerinnen, die sich mit Inneneinrichtung auskennen, die Frauenschuppen nicht nur als trendige Entspannungshäuschen – sondern gar als Orte der Emanzipation. Sehen sie die weiblich verschönerten Holzverschläge doch als Pendants zu jenen Räumen, die die männlichen Exemplare der Schöpfung schon seit langer Zeit für sich beanspruchen: Garagen, Hobbykeller, Computerräume, sogenannte Man Caves also. Nun endlich, so die She-Shed-Befürworterinnen, hätten auch die Frauen sich einen eigenen Raum erobert, in dem sie sich nach Belieben tun und lassen können, was sie wollen. Ha! Was für ein Glück!
Man kann den neuen Trend rund um die She Sheds aber auch genau andersherum betrachten: Vor langer, langer Zeit lebten Männer und Frauen in Höhlen, später gemeinsam im sozialen Gefüge des großen Hauses, es schloss sich die Industrialisierung an, welche Arbeitsstätte und Privathaushalt voneinander abkoppelte. Und genau dort blieb die Frau lange Zeit stecken: zu Hause, am Herd. Es folgte die Frauenbewegung, die Siebziger, die Eherechtsreform, Frauen begannen mehr und mehr, den öffentlichen Raum für sich in Anspruch zu nehmen – um sich jetzt, nach all den Jahrzehnten der modernen Frauenbewegung, in den Holzschuppen am Ende des Gartens zurückzuziehen? Dekorierend, lesend, strickend, jubelnd? Weil das eigene, kleine Refugium doch so nett und erholsam ist und Frau sich dringend vom Stress dieser Welt, inklusive Vereinbarkeitsproblematik dank Emanzipation, erholen muss?
Was die große französische Feministin Simone de Beauvoir dazu sagen würde, wissen wir leider nicht. Wir können sie uns aber sehr gut vorstellen, rauchend, in einem Herrensalon sitzend, leidenschaftlich diskutierend über Politik, Philosophie und die großen Probleme ihrer Zeit. Für die Frage, ob lieber Schweden-Design oder Landhaus-Stil, hätte sie wohl kein Ohr gehabt. Nie wäre sie in einen Schuppen am Ende des Gartens gezogen und hätte diesen als Symbol der weiblichen Emanzipation gefeiert.
Da soll noch einmal einer sagen, wir hätten den Feminismus nicht mehr nötig. Oh, girl!
Illustration: Sibylle Jazra für Krautreporter.