Die Fragen für das Interview entstanden mit Unterstützung der Krautreporter-Community in dieser Krautrecherche. In den Anmerkungen gehe ich während des Gesprächs auf Inspirationen und Fragestellungen ein.
Herr Harsch, dm will mit einem eigenen Online-Shop in Deutschland starten. Ab wann kann ich mir Toilettenpapier, Hundefutter und Waschmittel endlich kostenlos nach Hause schleppen lassen?
Erich Harsch: Wir peilen den Frühsommer an. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir nicht all das, was einen logistischen Mehraufwand bedeutet, kostenlos nach Hause liefern werden, sondern entsprechend Gebühren verlangen. Wer sich vorwiegend Großes und Schweres liefern lässt, zahlt auch mehr Versandkosten.
In den Läden hat dm „Dauerniedrigpreise“, die je nach Stadt variieren. Das können Sie online schwer umsetzen. Ist dm im Netz dann in manchen Fällen teurer als im Laden?
Wir haben ein national gültiges Preisniveau, das wir auch online anbieten wollen. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dass Märkte abweichende Preise festlegen können, wenn es die lokalen Marktgegebenheiten erfordern – aber nur nach unten abweichend. Im Einzelfall kann es also durchaus sein, dass ein dm-Markt einen niedrigeren Preis für ein Produkt hat als der Onlineshop.
Ihr früherer Partner Amazon bietet Drogerieartikel im Abo an – wird es das bei dm auch geben?
Es geht nicht darum, von Anfang an ein perfektes Angebot zu haben. Unsere Idee ist dieselbe wie Ihre, wenn Sie Ihre Leser beim Sammeln von Fragen für unser Gespräch beteiligen. Wir wollen eine Basisversion des Shops starten und diese unter Einbeziehung der Kundenwünsche weiterentwickeln. Der Shop könnte also in einem Jahr schon wieder etwas anders aussehen als zum Start.
dm ermuntert Mitarbeiter zu Selbstständigkeit und Eigeninitiative. Sie haben das Unternehmen mal als „sozialen Organismus“ bezeichnet. Ist das in der Praxis nicht furchtbar ineffizient?
Unsere Idee ist, dass möglichst viele Menschen im Unternehmen eigenverantwortlich im Sinne des Ganzen handeln können. Natürlich heißt Freiheit nicht, dass jeder tun und lassen kann, was er will. Freiheit heißt, Verantwortung zu übernehmen – für sich selbst und für das Gemeinschaftliche. Es macht zum Beispiel keinen Sinn, dass jeder Markt seine eigene Kassensoftware programmiert. Aber wenn es ums Sortiment geht, ist Eigenverantwortung ein wichtiges Thema. Es gibt zum Beispiel Empfehlungen, wie unser Regal für Haarpflegeprodukte aussehen soll. Aber die Märkte haben jederzeit die Freiheit, das entsprechend der Kundenbedürfnisse zu ändern. Jedes Regel- und Anweisungssystem ist tendenziell kontraproduktiv zur Entwicklung von Eigenverantwortung.
Warum folgen dann nicht mehr Unternehmen diesem Beispiel?
Das frage ich mich auch. Womöglich fürchten viele Führungsverantwortliche, dadurch die Kontrolle zu verlieren. Letztlich rüttelt das ja scheinbar am eigenen Machtstatus. Deshalb werden Regeln geschaffen, um alles gleichgerichtet funktionieren zu lassen. Das Problem ist nur: Je mehr Regeln es gibt, desto weniger muss jeder Einzelne kreativ werden. Genau darauf kommt es in der komplexen Welt von heute aber an! Dass wir das tun, was in der jeweiligen Situation richtig ist – und nicht, was in einem Regelbuch steht.
dm hat im letzten Geschäftsjahr 174 neue Läden eröffnet. Gleichzeitig erklären Sie, es gehe nicht um Wachstum, sondern darum, die Wünsche der Kunden zu erfüllen. Dabei tun Sie im Moment alles, um Ihre Marktposition gegen Rossmann zu verteidigen. Widerspricht sich das nicht?
Nein. Ich bin seit 33 Jahren bei dm, und es hat in dieser Zeit noch nie ein Wachstums-, Gewinn- oder Umsatzziel gegeben. Unser Ziel ist es, für die Menschen da zu sein. Wenn ich das gut mache, kann ich darauf vertrauen, dass der Erfolg von alleine folgt – das steckt schon im Begriff mit drin. Stellen Sie sich vor, Sie gehen in ein Geschäft, um einen Anzug zu kaufen. Wenn der Verkäufer zum Ziel hat, einen bestimmten Umsatz zu erreichen, verkauft er Ihnen den teuersten. Wenn er Ihnen aber den verkauft, der Ihnen am besten passt, kommen Sie wieder. Diese Haltungsfrage ist uns ganz besonders wichtig. Aber natürlich habe ich die Vorstellung, dass jeder Bundesbürger einen dm in erreichbarer Nähe haben soll.
Oder drei. Und zwar oft genau da, wo Rossmann schon eine Filiale hat. In der Wilmersdorfer Straße in Berlin haben Sie die Konkurrenz auf wenigen hundert Metern quasi umzingelt. Das ist doch ein rein strategisches Handeln.
Aber für die Kunden! Und nicht gegen Rossmann. Wir müssen in den besten Lagen präsent sein. Die Leitfrage ist nicht, ob da schon ein Wettbewerber ist. Vor ein paar Jahren hat mich ein Kollege aus der Geschäftsführung mit nach Berlin zum Alexanderplatz genommen und gesagt: ‘Wir haben hier einen älteren, kleineren Markt – drehen Sie sich mal um 90 Grad und schauen Sie da rüber. Dort können wir einen zweiten eröffnen.’ Und ich hab gesagt: Sofort! Weil der kleine Markt so überlaufen gewesen ist, dass es gar nicht mehr angenehm war, dort einzukaufen. Heute machen wir mit beiden Märkten zusammen das Dreifache des Umsatzes. Es geht darum, einzelne Märkte zu entlasten. Die in der Wilmersdorfer Straße sind übrigens alle drei an ihrer Grenze.
Derzeit gibt es in Deutschland rund 1.600 dm-Märkte. Ist es richtig, dass Sie 2.400 für realistisch halten?
Es gibt ganz verschiedene Szenarien, wie sich der Markt entwickeln kann, und die können wir nicht voraussehen. Richtig ist, dass wir für die nächsten zwei Jahre neue Anmietungen in etwa derselben Frequenz vereinbart haben wie bisher.
dm konzentriert sich auf drogistische Produkte und führt, anders als Mitbewerber, keine Schreibwaren, Spielsachen, Regenschirme, Backformen. Warum?
Weil Umsatzwachstum nicht das zentrale Ziel ist. dm ist nicht als Spezialist für Backformen bekannt, sondern für Körperpflege und Kosmetik. Wir wollen kein Gemischtwarenhandel sein, sondern klassischer Drogist.
Im Markt für drogistische Produkte hat dm 22,7 Prozent Marktanteil – mehr als alle anderen Drogerieketten zusammen. Würden Sie sagen, dass dm Marktmacht hat?
Jein. 22,7 Prozent sind gerade mal etwas mehr als ein Fünftel. 60 Prozent aller drogistischen Produkte werden ja gar nicht in Drogeriemärkten verkauft, sondern in Supermärkten, Discountern und anderen Läden. Da ist also schon noch Spielraum, bevor wir von Macht zu sprechen brauchen. Und dass dm nach dem Aus für Schlecker am meisten profitiert hat, haben die Kunden entschieden, nicht wir.
Mit dem Wachstum verändert sich auch die Position gegenüber bisherigen Partnern. Bis vor kurzem hat dm mit Budnikowsky in Hamburg kooperiert. Mussten Sie sich zwischen Marktführerschaft und Kooperation entscheiden?
Zunächst einmal war es Budnikowsky, der die Kooperation mit uns beendet hat.
Weil dm mit seinen Filialen ins Budni-Verbreitungsgebiet gerückt ist! Es gab lange Zeit gar keine dm-Märkte in Hamburg, heute sind es zwölf.
Bei der Entwicklung, die dm genommen hat, einen Bogen um so eine bedeutende Region wie Hamburg zu machen, wäre unrealistisch. Auch in Berlin waren wir vor zehn Jahren noch nicht präsent! Natürlich gibt es jetzt in Hamburg etliche Budnis, einige Rossmann-Filialen und ein paar dms. Aber wenn eine solche Stadt das nicht verträgt, weiß ich nicht, wie das Städten im Süden gelingt, wo jeder dritte Drogeriemarkt Müller heißt. Ich kann nachvollziehen, dass Budni das anders sieht. Es ist natürlich bequem, wenn der Wettbewerb gering ist. Dass Kooperationen eingegangen und wieder beendet werden, ist ein normaler Geschäftsprozess. Als die kd-Drogeriemärkte übernommen wurden, ist Rossmann auch vom Norden und Osten in den Süden gekommen.
Ihr Partner Alnatura ist verärgert, weil dm ab Mitte April eine eigene Bio-Linie für Lebensmittel startet.
Ich kann verstehen, wenn der Partner, der die Verkaufsfläche bisher für sich allein hatte, nicht erfreut ist. Es ändert aber nichts an meiner Einschätzung, dass dm bei Bio-Lebensmitteln eine eigene Kompetenz entwickeln muss. Wir halten die bisherige Strategie nicht mehr für zeitgemäß, um den vielfältigen Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden. Auch in anderen Sortimentsbereichen sind wir ja mit eigenen Marken vertreten. Und die Regale sind nicht beliebig erweiterbar, also wird es auch zu Substitutionen kommen. Alnatura bleibt aber im Sortiment. Und ich hoffe, dass wir auch in Zukunft gut zusammenarbeiten werden. Im ersten Schritt geht es um etwa 50 Bio-Produkte, die wir testen wollen. Wie schnell das mehr wird, hängt von Kunden und Lieferanten ab, die wir als Partner gewinnen.
Der Vorwurf ist, dass dm dieselben Hersteller anfragt, die auch schon für Alnatura produzieren. Außerdem hat dm den Vorteil, bessere Margen mit eigenen Bio-Produkten zu erzielen, weil Kosten für den Zwischenhändler gespart werden.
Kaum ein Unternehmen produziert im Bio-Bereich nur für einen Kunden! Die meisten Produzenten sind ohnehin schon für mehrere Anbieter tätig. Und der Preis ist nur eine von vielen Facetten. Wir können mit Herstellern auch direkt über Innovationen sprechen und haben nicht einen Dritten als Filter dazwischen. Ich gehe außerdem nicht davon aus, dass unsere Bio-Produkte günstiger sein werden als die von Alnatura, weil die Rohstoffpreise gerade im Biobereich eher steigen. Bio soll ja auch seine Qualität haben. Es ist nicht unser Ziel, zu einer Erosion des Qualitäts- und Preisniveaus beizutragen.
dm nimmt schon jetzt wesentlichen Einfluss auf die Preisgestaltung. Die Vollmilchschokolade von Alnatura hat bis zum Januar 95 Cent gekostet, am Regal stand der Hinweis: „Preis nicht erhöht seit 2004“ – und das trotz massiv gestiegener Rohstoffpreise. Wie geht das?
Wir legen unsere Verkaufspreise selbstständig fest. Wenn wir Fortschritte bei der Produktivität erzielen, können wir das an unsere Kunden weitergeben. Wir wollen ja nicht an der Verteuerung der Produkte arbeiten, sondern an einer Vergünstigung. Bei der Schokolade ist es offensichtlich möglich gewesen, das Preisniveau konstant zu halten. Noch dazu werden die Verkaufspreise bei vielen Produkten durch den Markt gesetzt. Die Kunden kommen nicht zu uns, wenn wir Artikel dauerhaft teurer als der Wettbewerb anbieten. Wir müssen im Blick behalten, dass die Rechnung trotzdem aufgeht.
Nochmal konkret: Gibt es Ansagen von dm an einen Partner wie Alnatura, wieviel Vollmilchschokolade im Einkauf kosten darf, damit dm sie über zehn Jahre zum konstant selben Preis verkaufen kann?
Es gibt immer Gespräche miteinander, aber da unterscheidet sich Alnatura nicht von anderen Lieferanten. Kunden sollen sich darauf verlassen können, dass sie bei dm Artikel immer zum günstigsten Regalpreis finden.
dm-Gründer Götz Werner hat das mal so formuliert: „Jetzt kann der Kunde einkaufen, wann er will, und muss nicht einkaufen, wann wir wollen.“ Wenn dm aber eine neue Filiale aufmacht, kriegen die Kunden zehn Prozent Rabatt auf alles – und kaufen dann auch nicht, weil sie etwas brauchen. Sondern weil es Rabatt gibt.
Es ist das normale Bedürfnis eines Händlers, einen neueröffneten Laden ins Gespräch zu bringen. Dazu, und zu nichts anderem, dienen diese Rabattaktionen. Es kommt auch vor, dass wir 20 Prozent Rabatt geben, wenn etwa ein dm-Markt umgebaut werden soll und die Artikel verkauft werden müssen, damit wir möglichst schnell anfangen können. Das sind aber keine Lock- und Verführmechanismen.
Viele bestehende Filialen eröffnen nach Umbauten ebenfalls mit Rabattaktionen neu – ohne dass zu erkennen wäre, was eigentlich umgebaut wurde.
Wir haben unser Ladenbild in den vergangenen Jahren deutlich weiterentwickelt. Viele kleinere dm-Märkte können das mit Umbauten implementieren. Es kann natürlich sein, dass Ihnen das nicht aufgefallen ist, wenn wir unsere Kosmetiktheke verändert haben. Vielen Kunden geht es anders.
Zehn Prozent Rabatt gab es im Herbst auch als angebliches Dankeschön für die guten Umfragewerte von dm – mit Coupons in „Bild“. Klingt nach einer klassischen Lockaktion.
Nein, die Motivation war eine völlig andere. Wenn wir feststellen, dass unser Geschäftsjahr besser gelaufen ist als erwartet, fragen wir uns, wie wir Mitarbeiter und Kunden an dem entstandenen Überschuss beteiligen können. Die Anzeige für die Rabattaktion ist exakt am 30. September erschienen, am Ende unseres Geschäftsjahres, weil wir unseren Kunden etwas Gutes tun wollten. Das war im Prinzip eine Ausschüttungsmaßnahme. Unsere Mitarbeiter haben übrigens Warengutscheine bekommen. Ich erschrecke Journalisten immer mit dem Satz: Wir betreiben bei dm systematische Gewinnminimierung.
Aldi setzt Duschgel auf 69 Cent herab, dm kontert mit 65 Cent. Wie kann dm mit solchen Niedrigpreisen überhaupt Geld verdienen?
Bei Windeln oder Waschmittel ist das Preisniveau im deutschen Markt durch die vielen Aktionen der Wettbewerber so niedrig, dass das tatsächlich schwer ist. In einigen Produktbereichen ist das glücklicherweise anders, dort ist die Marge höher und sorgt für einen Ausgleich. Die Preise entstehen durch eine Mischkalkulation. Wir können uns ja nicht einfach so den Verhältnissen des Marktes entziehen.
Auf der einen Seite übernimmt dm soziale Verantwortung und behandelt seine Mitarbeiter gut. Auf der anderen Seite ist das Streben nach dem günstigsten Preis genau das, was Aldi ausmacht. Sieht sich dm als Discounter?
Die Frage ist: Was heißt in diesem Zusammenhang Discount? Aldi achtet sehr stark auf die Qualität seiner Produkte und darauf, dass dafür möglichst günstige Preise genommen werden können. Das ist ja nichts Unanständiges. dm ist ein Fachmarkt, ein discountierender Fachmarkt, wenn Sie so wollen. Und Mitarbeiter, die gut ausgebildet sind und gut bezahlt werden, tragen eher zu einer hohen Produktivität bei, die dann wieder bessere Preise ermöglicht.
Gilt das auch für Hersteller? Wenn dm den geringstmöglichen Preis für ein Produkt haben will, müssen Sie konkrete Vorgaben machen. Können die Firmen den Idealen, die dm bei sich umsetzt, überhaupt folgen?
Wir haben mit unseren Lieferanten Qualitätsstandards vertraglich vereinbart. Die Preise müssen ein Niveau haben, um diese Kriterien erfüllen zu können. Wir können allerdings schlecht so viele Lieferanten ständig kontrollieren – es geht ja auch um Betriebsgeheimnisse. Aber es ist klar, worauf wir Wert legen, und wir vertrauen darauf, dass das umgesetzt wird.
Wie wichtig sind die dm-Eigenmarken für den Umsatz?
Ungefähr jedes dritte Produkt, das wir verkaufen, ist eine eigene Marke. Das reicht aber auch. Wir haben nicht vor, aus dm einen reinen Eigenmarkenladen zu machen. Industriemarken sind ein mindestens genauso wichtiger Bestandteil des Konzepts.
Viele dm-Eigenmarken sind sehr nah dran an denen der Industrie.
Da würde ich widersprechen. Wir haben ein qualifiziertes Produktmanagement, das sich sehr gut überlegt, was für die Kunden richtig und wichtig ist. Und wir sind in vielen Bereichen mit Innovationen im Regal, bevor die Industrie reagiert.
Das L’Oréal „Hdyra Energy Fluid mit Turbo-Aufwachkick“ gibt es von Balea Men als „Hydro Energy Gel“ mit „Wake up call“, „Skin Perfection hautoptimierend“ wird bei Balea zu „Teint Perfektion hautverfeinernd“, im Q10-Energy-Serum ist sogar der Schwung des Q derselbe wie bei Nivea; und bei der „aktivierenden Tagescreme“ für reife Haut scheint Balea selbst die Bezeichnung „Vital“ von der Marke übernommen zu haben. dm produziert bewusst billigere Produktkopien – wie ein Discounter.
Nein. In jedem Unternehmen werden Ideen entwickelt, für die neue Begriffe entstehen. Kunden gewöhnen sich daran und suchen im Markt danach. Viele wissen gar nicht, wodurch ein Trend geprägt wurde. Wenn Sie ein Papiertaschentuch wollen, sagen Sie ja auch: Ich brauche ein Tempo – da war die Marke prägend für ein ganzes Segment. Jeder Hersteller muss sich Gedanken machen, in welcher Form er Trends für ein eigenes Produkt nutzen kann. Da geht es nicht ums Kopieren, das ist normales Marktgeschehen.
dm hat den Vorteil, dass Markenhersteller Produktneuerungen Monate bevor sie in den Verkauf gehen zum Testen abliefern. Das ist eine gute Möglichkeit, um frühzeitig „Trends“ zu erkennen.
Wenn wir ständig nur abkupfern würden, würde es nicht lange dauern, bis die Industrie uns ihre Neuerungen gar nicht mehr zeigen wollte.
Aber die wollen ja bei Ihnen ins Regal – 22,7 Prozent Marktanteil!
Trotzdem: Wenn wir frühzeitig an Informationen zu neuen Entwicklungen partizipieren, wären wir schlecht beraten, ständig Kopiermechanismen in Gang zu setzen. Das würde auf Dauer in einer Partnerschaft gar nicht funktionieren.
Warum nutzt dm seine Marktführerschaft nicht öfter, um Kunden in die richtige Richtung zu stupsen – und setzt zum Beispiel Nachfüllpacks für Waschmittel durch, wie es sie jetzt schon von Denk mit gibt?
Was Dogmatik betrifft, ist dm relativ zurückhaltend. Wir wollen Kunden niemals erziehen, sondern ihnen Alternativen anbieten. Entscheiden sollen die Kunden selbst. Wir weichen in einigen wenigen Bereichen davon ab, bieten zum Beispiel weder Alkohol noch Zigaretten an, weil sich dm als Drogeriemarkt auch der Gesundheitsförderung verpflichtet fühlt. Es gibt aber schon die Ambition, für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen. Mit Alverde haben wir die meistverkaufte zertifizierte Naturkosmetikmarke im deutschen Handel entwickelt. Wir testen vieles, aber nicht alles wird immer sofort im Laden sichtbar.
Wie nutzt dm Payback die Daten aus dem Payback-Programm?
Das Wichtigste ist, dass es strenge Datenschutzrichtlinien gibt und wir die Daten nicht an Dritte weitergeben. Wir nutzen Payback, um Kunden gezielt Informationen zukommen zu lassen, die sie interessieren. Und wir lernen durch die Daten, wie sich Kunden verhalten, wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt und sie bislang ein anderes aus derselben Warengruppe gekauft haben. Wechseln sie dauerhaft? Kaufen sie doppelt? Daraus schlussfolgern wir, ob ein neues Produkt ein altes ablösen kann oder ob es sich lohnt, beide im Regal zu behalten.
In „dm-Hauls“ erzählen junge Youtuber begeistert davon, welche Produkte sie bei dm gekauft haben. Fördert dm das durch Sponsorings oder kostenlose Produktabgaben? Und schauen Sie sich das auch an?
Natürlich, ich finde es sehr interessant, was im Netz passiert, auch was in Blogs über dm geschrieben wird. Bei Instagram sind wir mit drei dm-Produkten in den Top 10! Social Media ist sehr wichtig für uns. Wir versorgen Nutzer mit Informationen, wenn sie daran Interesse haben. Blogger können sich für regelmäßige Newsletter anmelden. Wenn Produkte neu sind, bieten wir auch Proben an. Dafür müssen Sie sich bewerben. Ein finanzielles Sponsoring gibt es nicht. Ich glaube auch nicht, dass sich die Youtuber von uns Vorschriften machen lassen würden.
Vielen Dank allen Mitgliedern, die sich an der Krautrecherche beteiligt haben. Mehr Hintergründe zur Rolle von dm im deutschen Drogeriemarkt und den Schwerpunkten im Gespräch hab ich in diesem Text aufgeschrieben.
Aufmacherfoto von Erich Harsch: dm