Mitten in der Corona-Pandemie, im Herbst 2020 machte eine ältere, höfliche Frau einem promovierten Musikwissenschaftler das Geschenk seines Lebens: „Mir fehlen da immer noch manchmal ein bisschen die Worte“, sagte der Springer-Chef Mathias Döpfner damals in einem PR-Video. Denn seine Verlegerin Friede Springer hatte ihm Aktien im Wert von einer Milliarde Euro geschenkt.
Sprachlos dürfte auch andere machen, wenn sie hören: Eigentlich wäre darauf der Höchstbetrag der Schenkungssteuer fällig geworden. Er hätte die Hälfte der Schenkung, also 500 Millionen Euro als Beitrag zum Gemeinwohl zahlen müssten. Aber Döpfner bediente sich eines legalen Tricks und wurde quasi steuerfrei zum Milliardär.
Solche Tricks gibt es viele. Denn das deutsche Steuerrecht ist kompliziert – und löchrig. Auch deshalb zahlen Milliardär:innen heute deutlich weniger Steuern als noch vor 30 Jahren.
Das ist der dritte Teil der Serie zu Ungleichheit, die ich gemeinsam mit Sebastian Klein schreibe. Für diesen Text habe ich mich durch das Steuerrecht gewühlt und nach legalen Methoden zur Steuervermeidung gesucht, von denen vor allem die Allerreichsten profitieren.
Ich bin dabei auf versteckte Sarkophage und Unternehmen als Spardosen gestoßen – und auf einen eher unbekannten Grund, warum die Immobilienpreise in der Vergangenheit so stark gestiegen sind. Alle diese Tricks kann eine deutsche Durchschnittsverdienerin kaum nutzen, egal wie clever sie sich bei der Steuererklärung anstellt.
1. Sich arm rechnen lassen (geht erst ab 26 Millionen Euro)
Beginnen wir mit Döpfners Trick: Er hat sich arm rechnen lassen. Dafür braucht man jemanden wie Friede Springer, die einem Anteile an einem Unternehmen schenken will, die mehr als 26 Millionen Euro wert sind. Und diese Person muss mehr als ein Viertel der Anteile am Unternehmen besitzen.
Denn ab diesen magischen Grenzen kann Döpfner eine Verschonungsbedarfsprüfung beantragen. Dahinter verbirgt sich ein Prinzip, das Unternehmenserb:innen glücklich machen dürfte. Immerhin handelt es sich um die größte Subvention des Landes. Das sage nicht nur ich, das schreibt die Bundesregierung in ihrem Subventionsbericht.
Bei der Verschonungsbedarfsprüfung ermitteln Finanzbeamt:innen, ob jemand wie Mathias Döpfner genug Privatvermögen hat, um die Schenkungssteuer zu zahlen. Bekommt man Unternehmensanteile geschenkt oder Vermögen, das direkt zu einer Firma gehört, gelten die als Betriebsvermögen – und das wird steuerschonend behandelt. Das heißt: Döpfner muss es nicht nutzen, um die Schenkungssteuer zu bezahlen. Deshalb sind die Springer-Anteile ausgenommen, die Friede Springer Döpfner schenken wird. Wenn Döpfner also kaum Privatvermögen hätte, würden die Beamt:innen feststellen, dass er verschont werden sollte. Problem für Döpfner: Er hatte vor der Milliarden-Schenkung bereits ein Privatvermögen von 276 Millionen Euro. Daraus hätte er Steuern zahlen können – wenn er nicht schnell noch „Betriebsvermögen“ angehäuft hätte.
Er kaufte ein großes Paket Springer-Aktien und dieses Aktienpaket eines international operierenden Konzerns, der mehrheitlich in den Händen einer US-amerikanischen Investmentgesellschaft ist, behandelte der Staat dann schonend und mit Nachsicht. Eigentlich soll diese Regel verhindern, dass Firmenerb:innen Unternehmen zerschlagen müssen, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen. Aber sie greift eben auch in Fällen, wo es dazu gar nicht kommen würde.
Besonders praktisch ist, dass das Finanzamt zu einem bestimmten Stichtag prüft, ob man genügend Geld hat, um die Steuer zu zahlen. Die Döpfners dieses Landes können ihre Steuern also auf diesen Stichtag hin „optimieren“. Im Jahr 2022 wurden so 24 Personen insgesamt 1,5 Milliarden Euro erlassen, schreibt die Süddeutsche Zeitung.
Die Verschonungsbedarfsprüfung kann man aber auch noch weiter treiben. So beschreibt die Steuerberatungskanzlei Juhn auf ihrer Website, wie man mit ihr auch Steuern vermeiden kann, wenn man nicht von Anfang an Betriebsvermögen weitergeben möchte.
Im Beispiel der Kanzlei will eine Mia Midas 100 Millionen Euro verschenken. Dafür kauft sie ein Grundstück, auf dem sie, sagen wir mal, Luxusbüros zum Vermieten bauen lässt, die 100 Millionen Euro wert sein sollen, wenn sie fertig sind. Sie muss dann noch zwei GmbHs besitzen, an denen sie zu hundert Prozent beteiligt ist und bei einer das Grundstück einbringen.
Kurz bevor ihr Bürokomplex fertig ist, überträgt Mia Midas die Anteile an ihrer GmbH dann der Person, der sie die 100 Millionen schenken will. Wenn die Immobilien bis dahin nicht bezugsfertig sind, und die Beschenkte kaum Vermögen hat, bekommt diese die hundert Millionen Euro ohne Steuern zahlen zu müssen.
Kann auch eine Durchschnittsverdienerin diesen Steuertrick nutzen?
Wenn du Anteile an einem Unternehmen geschenkt bekommst, bei dem der Besitzerin mindestens ein Viertel der Firma gehört: Ja. Aber, steile These, wer einen erheblichen Anteil an einem Unternehmen geschenkt bekommt, hat auch schon vorher zu den oberen Prozenten des Landes gehört.
2. Seine eigene Bank gründen
Wer eine C&A-Filiale sieht, denkt nicht unbedingt an Glamour. Und wahrscheinlich noch weniger an Clans und archaische Sippen. Genauso beschrieb 2015 ein Artikel im Manager Magazin aber, was in der Brenninkmeijer-Dynastie vorgeht, der seit über 100 Jahren C&A gehört. Sie kommen 2023 auf Platz 12 der reichsten Deutschen. Dabei gehören über 500 Personen zum Familienkreis. Um das Vermögen trotzdem zusammenzuhalten, müssen sich Familienmitglieder rigorosen Regeln unterwerfen. Manche von ihnen klangen auch 2015 wie aus einem anderen Jahrzehnt: Familienmitglieder konnten damals laut dem Bericht nur dann ins oberste Entscheidungsgremium aufsteigen, wenn schon ihr Vater Gesellschafter war. Und ließ sich jemand in einer Führungsposition scheiden, konnte er allein deshalb seinen Job verlieren. Besonders beklagten sich Familienmitglieder aber über Anthos, ihr Family Office.
Falls du noch nie von einem Family Office gehört hast: Das ist eine Art persönliche Vermögensverwaltung für die wirklich reichen Familien. Ein Single Family Office, das sich ausschließlich um eine Familie kümmert, lohnt sich ab 100 Millionen Euro Vermögen. Es richtet sich an reiche Sippen, die Banken nicht genug vertrauen – und ihr Geld lieber einem Unternehmen übergeben, das sich ausschließlich an ihren Bedürfnissen orientiert.
Dabei kümmern sich die Angestellten nicht nur darum, das Geld richtig anzulegen und zu verwalten. Bei den Brennikmeijers leaste die Vermögensverwaltung Familienwagen, bezahlte die Hundesteuer und organisierte den Umzug. Inzwischen hat fast jede der wirklich reichen Familien Deutschlands ein Family Office, schreibt das Manager Magazin. Etwa der Lidl-Gründer Dieter Schwarz, die Geschwister Oetker oder der Schraubenhersteller Reinhold Würth.
Anthos, das Family Office der Brennikmeijers, war aber schon 2015 einen Schritt weiter. Denn es besaß eine Vollbanklizenz, die nochmal besondere steuerliche Vorteile mit sich bringt, schreibt das Handelsblatt. Denn mit einer solchen Lizenz gelten bei einer Schenkung nicht nur Firmen als begünstigtes Vermögen, wenn der Schenker oder die Schenkerin mehr als 25 Prozent aller Anteile daran hält.
So ist es sonst: Nur weil Friede Springer einen riesigen Anteil der Aktien besaß, konnte Döpfner die Springer-Aktien bei der Verschonungsbedarfsprüfung ausnehmen lassen. Bei Anthos wäre das nicht nötig, auch kleinere Aktienbeteiligungen an anderen Unternehmen zu hundert Prozent von der Erbschafts- oder Schenkungssteuer ausgenommen. 2015 galt das als eine Seltenheit, heute sind solche Konstruktionen wohl weiter verbreitet.
Kann das auch eine Durchschnittsverdienerin?
Ein Single Family Office zu betreiben, kostet im Schnitt 1,5 Millionen Euro – pro Jahr. Es gibt auch Family Offices, die sich um mehrere reiche Familien kümmern. Damit sich das lohnt, braucht man mindestens 15 Millionen Euro. Wenn du dir das leisten kannst und du dich trotzdem zur Mittelschicht zählst, hast du irgendwas nicht verstanden.
3. Ein Unternehmen als Spardose gründen
Generell habe ich in meiner Recherche gemerkt: Wer wirklich Steuern sparen will, braucht ein Unternehmen. Praktisch, dass dort sowieso ein Großteil des Vermögens der Allerreichsten steckt. Kommen wir von C&A und Springer zu Autos, genauer gesagt, der bekanntesten und reichsten Auto-Erbin Deutschlands: Susanne Klatten.
Die gute Frau zahlt Steuern in Deutschland, aber auf einen erheblichen Anteil ihres Einkommens nur sehr wenige. Das liegt an Schachtelkonstruktionen, die nicht besonders kompliziert, dafür aber umso beliebter sind: der Beteiligungs-GmbH und ihrer Schwester, der Spardosen-GmbH.
Beginnen wir von vorn. Susanne Klatten ist so reich, weil sie einen erheblichen Anteil der BMW-Aktien hält, 2022 war es mehr als jede fünfte. Gemeinsam mit Stefan Quandt besaß sie 2023 ein Vermögen im Wert von über 40,5 Milliarden Euro, schätzt das Manager Magazin.
BMW schüttet jährlich Dividenden an seine Aktionär:innen aus. Wenn du eine BMW-Aktie hältst, reicht die Dividende von sechs Euro pro Aktie für zwei Busfahrscheine. Aber Susanne Klatten bekam im Jahr 2022 rund 1,5 Milliarden Euro ausgeschüttet. Das hat Julia Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit ausgerechnet. Normalerweise müsste sie darauf einen Steuersatz von 26,4 Prozent (Kapitalertragssteuer plus Soli) zahlen, das wären fast 400 Millionen Euro Steuern.
Und hier kommt unsere Schachtelkonstruktion ins Spiel. Denn Klatten hält den Großteil ihrer Aktien in einer Holding, der Susanne Klatten Beteiligungs-GmbH, die heute SKion heißt. Auf diese Anteile muss sie keine Kapitalertragsteuer zahlen, sondern effektiv nur Steuern von 1,5 Prozent. Der Nachteil: Das Geld muss in der Holding bleiben, sonst werden die Kapitalertragssteuern doch fällig. Deshalb hält sie einen kleinen Anteil direkt, 2022 bekam sie durch die Dividenden nach der Steuer 8 Millionen Euro. Davon lässt sich keine Luxusyacht kaufen, solide leben aber wahrscheinlich schon.
Und die 1,1 Milliarden Euro, die in die Susanne-Klatten-Beteiligungs GmbH flossen, konnte sie dann wieder reinvestieren – und so ihren Reichtum weiter vermehren. Dazu kann sich Klatten einen Teil aus ihrer Spardosen-GmbH als Geschäftsführergehalt auszahlen lassen – auch damit lassen sich Steuern optimieren.
Kann das auch ein Durchschnittsverdiener?
Nein. Theoretisch kann jeder eine Spardosen-GmbH gründen. Praktisch ist es aber erst ab 100.000 Euro sinnvoll. Und das Medianvermögen eines oder einer Deutschen liegt bei etwa 66.000 Euro. So steht es im Global Wealth Report der Credit Suisse.
4. Kunstwerke in unscheinbaren Luxus-Lagerhallen verwahren
Jede:r, der schon einmal fünf Sekunden einem Finanzinfluencer zugehört hat, weiß, dass man sein Vermögen möglichst breit streuen sollte, um es nicht durch große Einzelinvestitionen zu gefährden. Das gilt auch für die Allerreichsten.
Für sie sind teure Gemälde eine sichere und langfristige Investition. Deshalb müssen sie noch nicht einmal wissen, wie ein Werk von Van Gogh oder Paul Klee aussieht, um sich für Kunst zu interessieren.
Was macht man nun aber, wenn man etwa ein paar hundert Millionen Euro für einen Da Vinci bezahlt hat und jetzt Steuern sparen will, das Bild aber auch sicher und fachgerecht verwahrt haben möchte? Ganz klar: Man lagert ihn in einem Zollfreilager oder Freihafen. Das sind riesige Luxus-Lagerhallen, in denen Kunstwerke, teure Weine oder sonstige Wertgegenstände aufbewahrt werden.
Freihäfen werben damit, wie sicher sie sind. Und es gibt Räume, die wie im Museum die richtige Temperatur und Feuchtigkeit haben, um Gemälde möglichst lange zu erhalten. Außerdem werden keine Zölle oder Einsatzumfahrsteuern fällig. Etwa im Genfer Zollfreilager. Dessen Außenwände bestehen aus grauen Lamellen. Aber es ist das wertvollste Gebäude der Welt. Laut Schätzungen befinden sich dort Luxusgüter im Wert von 100 Milliarden Euro. Allein 1,5 Millionen Kunstwerke sollen dort lagern.
Wenn zwei Überreiche aus Dubai und Deutschland nun einen Da Vinci handeln wollen, der im Zollfreilager liegt, könnten sie das machen, ohne Zölle zu bezahlen – vorausgesetzt, er bleibt im Lager. Sie können ihn dort sogar umsatzsteuerfrei restaurieren lassen. Besonders praktisch ist auch die Diskretion solcher Unternehmen, die es inzwischen überall auf der Welt gibt, auch in Deutschland. Denn was genau sich im Genfer Freihafen befindet, wissen wohl nicht mal die Leute so genau, die ihn betreiben. So fanden sich in den vergangenen Jahren NS-Raubkunst und sogar ein römischer Sarkophag im Genfer Freihafen, der 2010 beschlagnahmt und 2017 an die Türkei zurückgegeben wurde.
Kann das auch eine Durchschnittsverdienerin?
Wenn sie nicht gerade einen Da Vinci auf dem Dachboden findet: nein.
5. Möglichst viele Wohnungen besitzen – und vermieten
Die Lieblings-Smalltalk-Themen der Deutschen sind das Wetter – und die steigenden Mieten. Deshalb will eine Berliner Initiative seit ein paar Jahren die großen Wohnungsunternehmen der Stadt enteignen. Aber bundesweit gesehen sind Vermögende viel häufiger Vermieter als diese Konzerne, schätzt das Netzwerk Steuergerechtigkeit.
So etwa der Milliardär Alfons Doblinger, dem knapp 20.000 Wohnungen gehören. Durch die Mieten nimmt er laut einer Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung jährlich circa 355 Millionen Euro ein.
Es gibt mehrere Gründe, warum so viele Milliardär:innen Büros und Mietwohnungen für sich entdeckt haben. Erstens waren Immobilien eine grandiose Geldanlage, solange die Zinsen niedrig waren und die Häuserpreise weiter stiegen. In großen Städten, etwa Köln oder München, haben sich die Immobilienpreise in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, auch wenn sie zuletzt wieder gesunken sind.
Und zweitens lässt sich mit Immobilien gut Steuern sparen. Denn wer eine Wohnung länger als zehn Jahre besitzt, kann sie verkaufen, ohne Steuern auf die Wertsteigerungen zu zahlen. Bei Aktien fallen dagegen Steuern von ungefähr 25 Prozent an. Es gibt also finanzielle Anreize, in Mietwohnungen statt in Aktien zu investieren.
Und es ist steuersparender, eine Immobilienfirma zu besitzen als eine, die KI-Chatbots programmiert oder Kühlschränke baut. Denn Immobilienfirmen müssen in Deutschland keine Gewerbesteuer zahlen. Statt im Schnitt 30 Prozent Unternehmenssteuern kommen Immobilienmilliardär:innen so nur auf einen Steuersatz von 17 Prozent.
Kann das auch eine Durchschnittsverdienerin?
Jede:r, der das Glück hat, ein Haus zu besitzen, kann es nach zehn Jahren verkaufen, ohne Steuern auf die Wertsteigerung zahlen zu müssen. Aber heute lässt sich mit einem Durchschnittslohn kaum noch ein Haus kaufen, geschweige denn Dutzende oder Hunderte, um im großen Stil das eigene Vermögen „steuerschonend“ zu vermehren.
6. Eine Familienstiftung im Ausland gründen
René Benko war mal ein Investorendarling. Ihm gehörten unter anderem alle Karstadt- und Kaufhof-Filialen, darunter auch das KaDeWe. Dann machten die gestiegenen Zinsen sein Geschäftsmodell kaputt und er musste im Herbst 2023 Insolvenz anmelden.
Gut möglich, dass Benko in dieser Zeit viele schlaflose Nächte hatte. Aber ihn dürfte beruhigt haben, dass ein erheblicher Teil seines Vermögens in Sicherheit war. Denn Benko hatte schon vor Jahren eine Familienstiftung gegründet, das die Insolvenzverwalter:innen nicht anrühren würden. Der Stiftungsberater Sascha Drache nannte das bei Capital einen cleveren Schachzug.
Tatsächlich florieren Familienstiftungen in Deutschland, 2021 gab es über 1.300 Stiftungen dieses Typs, schreibt der Bundesverband deutscher Stiftungen. Denn solche Stiftungen bringen viele Vorteile für die Vermögendsten.
Die zwei Wichtigsten: Sie erleichtern es reichen Familien, ihr Geld zusammenzuhalten und beugt so Erbstreitereien vor. Und, du ahnst es wahrscheinlich schon, sie ermöglichen es, weniger Steuern zu zahlen. Das gilt insbesondere, wenn man sein Vermögen an die nächste Generation weitergeben will.
Das funktioniert so: Man gründet in Deutschland eine Familienstiftung mit 50.000 Euro Startkapital (so viel Geld braucht es mindestens). Dann schenkt man seine Anteile am Unternehmen der Familienstiftung. Wie bei Döpfner gilt: Weil das als Betriebsvermögen gilt, muss man darauf keine Schenkungssteuern zahlen, sondern nur auf die 50.000 Euro Startkapital, die nicht im Unternehmen gebunden sind. Nun kann man die Begünstigten der Stiftung ändern, ohne eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen zu müssen. Und die können sich Vermögen aus der Stiftung ausschütten lassen. Darauf wird dann wieder die Kapitalertragssteuer von mindestens 25 Prozent fällig.
Besonders wichtig ist die Stiftung vor allem, wenn es ums Weitergeben des Vermögens geht: In Deutschland wird zwar alle 30 Jahre eine Erbersatzsteuer fällig. Aber mit der könnte ein René Benko planen und rechtzeitig dafür sorgen, dass in der Familienstiftung nur Betriebsvermögen liegt. Dann könnte er wieder eine Verschonungsbedarfsprüfung beantragen. Im Vergleich zu Privatpersonen bringen Stiftungen bei einer solchen Prüfung einen großen Vorteil: Es spielt keine Rolle, wie viele Yachten oder Oldtimer René Benko und seine Kinder besitzen. Um noch weniger Steuern zu bezahlen, kann man einfach eine Stiftung in Liechtenstein gründen, da muss man nur 30.000 Franken reinpacken und es wird keine Erbersatzsteuer fällig. Bei der richtigen Konstruktion muss man außerdem weniger Steuern auf ausgeschüttetes Geld zahlen.
Kann das auch ein Durchschnittsverdiener?
Nein. Natürlich ist es teuer, so eine Stiftung zu unterhalten. Deshalb brauche es mindestens eine Million Euro, damit sie ihren Zweck erfüllt, schreibt die Steuerberatungskanzlei Juhn.
7. Ins Ausland ziehen
Um die perfekte Hausfrau zu sein, braucht man vor allem eins: Den Kaffee von Jacobs Krönung. Nur damit konnte man seine Kinder, Ehemänner und Freundinnen glücklich machen. Das behauptete zumindest Jacobs in seiner Werbung in den 80er-Jahren. Der Patriarch der Familie Jacobs wurde trotzdem in Deutschland nicht glücklich – zu hohe Steuern – und wanderte in die Schweiz aus. So entschieden sich immer wieder Vermögende.
Besonders beliebt ist heute Österreich, dort wird nämlich keine Erbschaftssteuer fällig und man kann sein Geld zwischen Stiftungen hin und her schieben. Ganz so leicht wie damals geht das zwar nicht mehr, weil heute eine Wegzugsteuer fällig wird. Aber auch die lässt sich vermeiden, indem man sich für bestimmte Unternehmensformen entscheidet. Genau beschreibt das die Beratungsfirma PMPG auf ihrer Website.
Kann das auch eine Durchschnittsverdienerin?
Mit einem deutschen Pass kannst du problemlos nach Österreich ziehen. Aber wenn du nicht ein sehr großes Vermögen besitzt, lohnt sich es wohl kaum, allein dafür das Land zu wechseln.
Es gibt eine ganze Industrie, deren Job es ist, noch mehr solcher Löcher zu finden und zu nutzen. Es ist nicht erstaunlich, dass davon besonders diejenigen profitieren, die problemlos mehrere hundert Euro für eine Stunde Steuerberatung ausgeben können, statt sich selbst durch die staatliche Steuersoftware Elster zu klicken.
Und so bleibt es dem sozialen Gewissen der Reichsten überlassen, auf wie viele dieser Tricks sie zurückgreifen. Erfahren wird es die Öffentlichkeit in den meisten Fällen nicht. Denn, pssst, Steuergeheimnis. Dass es das gibt, ist vielleicht der größte legale Steuertrick von allen. Denn, was die Öffentlichkeit nicht erfährt, kann sie auch nicht empören.
Redaktion: Rico Grimm, Schlussredaktion: Lea Schönborn, Fotoredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Iris Hochberger