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Geld und Wirtschaft

So gründet ihr erfolgreich eine Genossenschaft

Wie teuer es ist, was im Businessplan stehen muss und was nach der Gründung wichtig ist – in zehn Minuten zeige ich euch, worauf ihr bei der Gründung einer Genossenschaft achten müsst.

Profilbild von Rebecca Kelber
Reporterin für eine faire Wirtschaft

Warum sollte ich überhaupt eine Genossenschaft gründen wollen?

Ich schreibe normalerweise keine Gebrauchsanweisungen und gebe keine Finanztipps, schon gar nicht erkläre ich, wie man eine Unternehmensform gründet. Bei der Genossenschaft mache ich eine Ausnahme: Denn sie ist eine Wirtschaftsform, die das Potenzial hat, von der Basis aus unser Wirtschaftssystem fairer zu machen. Gleichzeitig gilt es einiges zu beachten, damit die Gründung nicht unnötig viel Zeit, Geld und Nerven kostet.

Und: Wenn es dein Ziel ist, eine wirklich basisdemokratische Organisation zu gründen, erreichst du das nicht automatisch durch die Gründung einer Genossenschaft. Ich gehe darauf ein, was dafür notwendig ist.

Okay, was macht Genossenschaften so besonders?

Genossenschaften sind demokratisch, am Gemeinwohl statt am Profit orientiert und extrem krisensicher. Die Genossenschaft haben es wohl auch deshalb als erster Eintrag Deutschlands auf die Liste des immateriellen UNESCO-Weltkulturerbes geschafft.

Gleichzeitig sind sie extrem erfolgreich: In Deutschland sind 23,4 Millionen Menschen im Jahr 2023 Mitglied einer Genossenschaft, das ist jede:r vierte Deutsche und ungefähr so viel, wie die katholische Kirche Mitglieder hat. Aber Genossenschaften sind längst ein globales Phänomen. Ich will dich nicht mit Zahlen bombardieren, aber die hier fand ich besonders beeindruckend: Zehn Prozent der arbeitenden Weltbevölkerung ist in einer Genossenschaft angestellt.

Und auch bei einigen der großen Unternehmen Deutschlands handelt es sich um Genossenschaften: bei den Raiffeisenbanken zum Beispiel, aber auch aber bei EDEKA. Und auch, wenn Krautreporter keinen Milliarden-Umsatz macht: Auch wir sind eine Genossenschaft.

Aber EDEKA und die Raiffeisenbanken habe ich jetzt noch nie als ein „Stückchen Utopie“ gesehen!?

Genossenschaften sind nicht zwangsläufig großartige, soziale Unternehmen aus Sicht aller Beteiligten. Denn eine Genossenschaft soll vor allem ihre Mitglieder fördern und sie in ihren Interessen unterstützen. Bei EDEKA sind das die selbstständigen Kaufleute, die die einzelnen Supermärkte leiten. Für EDEKA stehen also deren Interessen im Vordergrund – und nicht die der Konsument:innen oder der Umwelt.

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Und auch die KPMG, einer der vier großen Wirtschaftsprüfungsverbände der Welt, ist eine Genossenschaft. Ihre Mitglieder sind die Wirtschaftsprüfungen, aus denen sie hervorgegangen ist. Und deren Interessen dürften sich deutlich von den Mitgliedern einer als Genossenschaft geführten solidarischen Landwirtschaft unterscheiden.

Aber trotzdem machen zwei Dinge die Genossenschaften so besonders: Erstens sind sie auf das Wohl ihrer Mitglieder ausgerichtet und nicht auf Profit. Das zeigt sich zum Beispiel auch darin, dass es für Mitglieder ein langwieriger Prozess ist, aus einer Genossenschaft wieder auszutreten. Sie sollen ihr langfristig verbunden sein – und ihre Anteile nicht einfach wieder verkaufen, wenn ihr Marktkurs ein bisschen sinkt, wie das bei Aktionär:innen üblich ist. Und zweitens sind sie demokratisch. Denn alle Mitglieder haben ungefähr das gleiche Stimmrecht – egal, wie viel Kapital sie in die Genossenschaft gesteckt haben.

Kommen Genossenschaften nicht aus der DDR?

Die DDR hat den Namen gekapert und für etwas völlig anderes genutzt: Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG). Die entstanden größtenteils unter Zwang und hatten auch ansonsten nicht viel mit der ursprünglichen Idee von Genossenschaften zu tun.

Tatsächlich gibt es Genossenschaften in ihrer modernen Form schon seit dem 19. Jahrhundert. Die Idee geht auf zwei Männer zurück, die mit Staatssozialismus nicht viel anfangen konnten: Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch. Damals verarmten mit der Industrialisierung große Teile der Bevölkerung auf dem Land und in der Stadt, weil sich von der Fabrikarbeit nicht leben ließ. Die sogenannte „soziale Frage“ war in aller Munde. Statt autoritärem Sozialismus war die Antwort der beiden liberal: Sie setzten auf Selbstverwaltung, Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe.

Raiffeisen kam die Idee, als er als Bürgermeister des kleinen Dorfs Weyerbuschs nach einer europaweiten Missernte eine Hungersnot in seinem Dorf abwenden wollte. Er gründete gemeinsam mit anderen wohlhabenden Bürger:innen einen Verein, um dann für alle gleichzeitig Brot einzukaufen und so einen günstigeren Betrag aushandeln zu können. Das Motto: „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“, stammt von ihm. Und tatsächlich: Die Mitglieder zahlten für Brot nur die Hälfte des damals marktüblichen Preises. Und diejenigen, die sich auch das nicht leisten konnten, bekamen das Brot gegen einen niedrig verzinsten Schuldschein (anscheinend war Raiffeisen der Meinung, Almosen würden den Charakter verderben).

Raiffeisens Idee war ursprünglich karitativ, Schulze-Delitzsch im Osten Deutschland wollte es mit seiner Idee Handwerkern erleichtern, die gegen die Industrialisierung ankämpfen mussten. Die Ansätze der beiden ergänzten sich – und tatsächlich standen die beiden Männer im engen Austausch. 1889 trat das erste Genossenschaftsgesetz in Kraft, auch weil sich der Parlamentarier Hermann Schulze-Delitzsch energisch dafür einsetzte.

Und was zeichnet nun eine moderne Genossenschaft aus?

Wie schon geschrieben: Ihr Hauptziel ist es, ihre Mitglieder wirtschaftlich, sozial oder kulturell zu fördern. Es gibt in Deutschland zwei verschiedene Typen von Genossenschaften. Die Fördergenossenschaft ist am meisten verbreitet. Sie arbeitet nicht nur im Interesse ihrer Mitglieder, sondern ausschließlich für sie. Wenn zum Beispiel Wohnungsbaugenossenschaften ihre Häuser nur Mitgliedern zur Verfügung stellen oder Winzergenossenschaften gemeinsam aus ihren Trauben Wein keltern, dann sind das Fördergenossenschaften.

Daneben gibt es noch Produktivgenossenschaften (nicht zu verwechseln mit Produktionsgenossenschaften, wie es sie zum Beispiel in der DDR gab). Produktivgenossenschaften bieten ihre Produkte für alle, auch für Nicht-Mitglieder an und konkurrieren so am Markt. Krautreporter zum Beispiel ist eine Produktivgenossenschaft: Ihr könnt auch in den Genuss kommen, unsere Texte zu lesen, ohne Genossenschaftsmitglied zu sein. Aber auch Edeka oder die Raiffeisenbanken funktionieren so.

Und wie ist eine Genossenschaft aufgebaut?

Eine Genossenschaft besteht immer aus ihren Mitgliedern, das ist ja klar. Manchmal sind das einfach die Mitarbeiter:innen einer Firma. Manchmal kann jede:r Mitglied werden, wie bei uns. In jedem Fall muss man dafür Anteile an der Genossenschaft kaufen. Damit wird man Mitinhaber:in des Unternehmens – und kann mit über die Richtung entscheiden, in die die Genossenschaft geht. Bei uns kostet die Genossenschaftsmitgliedschaft zum Beispiel fünf Anteile à 50 Euro. Wenn man die Sache unterstützen möchte, kann man aber meistens noch mehr Anteile kaufen. Aus diesen Anteilen bildet sich das Kapital der Genossenschaft. Bei uns sind so circa 200.000 Euro zusammengekommen. Mitglieder können entweder natürliche Personen sein, aber auch zum Beispiel andere Genossenschaften oder Unternehmen.

Dann gibt es den Vorstand der Genossenschaft, der die Geschäfte führt und über das Geld wacht. In einer Energiegenossenschaft könnten sie zum Beispiel dafür zuständig sein, den Bau der Fotovoltaik-Anlagen voranzutreiben und sie zu pflegen. Im Allgemeinen kümmert sich der Vorstand darum, dass das Geschäftsmodell in die richtige Richtung geht und die Zahlen gut aussehen. Der Vorstand könnte jetzt aber nicht einfach beschließen, das komplette Genossenschaftskapital einfach auszugeben, denn über sie wacht der Aufsichtsrat, mit dem sie regelmäßig tagen und der bei uns aus KR-Mitgliedern besteht, die eine gewisse Expertise in dem Bereich mitbringen. Der Aufsichtsrat soll dafür sorgen, dass der Vorstand nach den Interessen der Mitglieder handelt.

Die kommen einmal im Jahr bei der Generalversammlung zusammen. Dort müssen Vorstand und Aufsichtsrat über die aktuellen Entwicklungen im Unternehmen und den Jahresabschluss Bericht erstatten. Erst wenn die Genoss:innen sich entscheiden, den Aufsichtsrat und den Vorstand zu entlasten, weil sie ihnen vertrauen, haften Aufsichtsrat und Vorstand nicht mehr für ihre Entscheidungen.

Als letzte, wichtige Instanz gibt es noch die Prüfungsverbände für Genossenschaften. Die haben eine interessante Doppelposition, weil sie Genossenschaften einerseits bei der Gründung und den Prüfungen beraten, andererseits aber eben auch prüfen. Jede Genossenschaft muss verpflichtend Mitglied eines solchen Prüfungsverbandes sein. Manche kritisieren sie als langsam und bürokratisch, andere sind dankbar für die Beratung. Wenn wir uns den Gründungsprozess im Detail anschauen, komme ich nochmal auf sie zu sprechen.

Jetzt habe ich eine gute Vorstellung, was eine Genossenschaft ausmacht. Aber wann ergibt es Sinn, eine zu gründen?

Wenn ihr alle diese Fragen mit „Ja“ beantworten könnt, die ich von der Seite Genossenschaft.de leicht abgewandelt habe. Warum dieser Punkt wichtig ist, erfahrt ihr, wenn ihr auf das Plus klickt.

Möchtet ihr ein gemeinsames Ziel durch eine Kooperation erreichen?

Soll die Kooperation gleichberechtigt sein?

Wollt ihr eine Firma gründen?

Sollen die Mitglieder von den Produkten/Dienstleistungen profitieren?

Wollt ihr mehr, als Kapital einzusammeln?

Soll die Firma langfristig bestehen?

Und auf welche Nachteile sollte ich mich einstellen?

Es gibt Versuche, die Genossenschaften in die digitale Gegenwart zu holen – und dabei auch erste Erfolge. Trotzdem stehen die Genossenschaften hier noch am Anfang. Wenn ihr eine Genossenschaft gründen wollt, habt ihr deshalb viel, viel Papierkram vor euch. Erst beim Gründungsprozess, den wir uns gleich im Detail anschauen. Aber zum Beispiel auch die Annahme neuer Mitgliedschaften geht zurzeit nur in ausgedruckter Papierform.

Und selbst, wenn nicht mehr alles ausgedruckt werden muss, Bürokratie ist ein riesiges Thema. So gibt es alle zwei Jahre eine Prüfung durch die Prüfungsverbände, die sich die Geschäftsführung und Buchhaltung anschauen, und die jedes Mal etwas kostet. Das ist deutlich ausführlicher, als es bei einem Verein von der gleichen Größe der Fall wäre. Solltet ihr eine Genossenschaft gründen, die maßgeblich auf ehrenamtlicher Arbeit basiert, ist es wichtig zu klären, wer diese Aufgaben übernimmt – und ob es nicht sinnvoll wäre, jemanden für den Papierkram zu bezahlen.

Außerdem können Mitglieder nur schwer wieder ausgeschlossen werden, wenn sie einmal dabei sind.

Du meintest vorhin, Genossenschaften seien gar nicht automatisch so demokratisch, wie viele denken?

Ich habe es vorhin schon angedeutet: Wenn ihr demokratisch wirtschaften möchtet, ist das nur durch die Form der Genossenschaft nicht unbedingt gegeben. Das ist mir klar geworden, als ich die KR-Mitglieder nach ihren Erfahrungen zum Arbeiten in einer Genossenschaft befragt habe, aber auch bei meiner weiteren Recherche. Sei es, weil die Generalversammlung der Mitglieder oft einen großen Wissensnachteil gegenüber dem Vorstand hat – und deshalb wohl in den wenigsten Fällen eine Revolution proben wird. Und solltet ihr eine Genossenschaft gründen wollen, um eure Arbeitsweise im Unternehmen so demokratisch wie möglich zu gestalten, sollte euch bewusst sein: Innerhalb des Geschäftsbetriebes gibt es mit dem Vorstand eine Chef-Etage.

Wenn ihr so gleichberechtigt wie möglich arbeiten wollt, kann es sich deshalb lohnen, darüber nachzudenken, die Rechtsform der Genossenschaft mit einer agilen Arbeitsweise zu verknüpfen, um so die Hierarchien zu verflachen. Auch wir bei Krautreporter arbeiten in Teilen agil.

Besonders interessant fand ich das Beispiel von Reinblau, bei dem KR-Mitglied Julia arbeitet. Die Agentur bietet digitales Marketing, Web- und Organisationsentwicklung an. Um so demokratisch wie möglich zu arbeiten, entscheiden sie durch ihre agile Selbstorganisation viel gemeinsam. Trotzdem sind sie auch genossenschaftlich organisiert, wobei bei ihnen nur aktuelle und ehemalige Mitarbeiter:innen Mitglied sind. So wollen sie auch rechtlich sicherstellen, dass die Macht im Team verteilt ist.

Das führt zu einer Art Doppelstruktur, um den rechtlichen Bedingungen einer Genossenschaft gerecht zu werden, hat mir Mitgründer Dietmar Gigler erzählt: Denn obwohl der Vorstand alleine kaum etwas entscheidet, müssen sie Vorstandsprotokolle verfassen und einmal im Jahr eine Generalversammlung abhalten, die bei ihnen in der Regel aber nur 20 Minuten dauert. Um die Verantwortung dieser offiziellen Positionen zu teilen, lassen sie deshalb die Posten des Vorstandes im Team rotieren: Jede:r kann mal, so er oder sie denn möchte. Das ist ein Beispiel, wie sich an dieses Problem herangehen lässt. Aber im Zweifelsfall hängt es sehr davon ab, was ihr mit der Genossenschaft erreichen wollt. Ein Patentrezept für die perfekte Genossenschaft kann ich deshalb leider nicht ausstellen. Wichtig ist aber, schon beim Gründungsprozess mitzudenken, wie viel Macht ihr verteilen oder konzentrieren wollt und das zum Beispiel in die Satzung mit einfließen zu lassen.

Wie teuer ist es überhaupt, eine Genossenschaft zu gründen?

Die Prüfungsverbände der Genossenschaften unterstützen bei Bedarf den kompletten Gründungsprozess, je mehr ihr sie einbezieht, desto mehr kostet es allerdings auch.

Bei den Kosten für die Gründungsberatung gilt: Je mehr Arbeit ihr im Vorfeld hineingesteckt habt und je besser ihr informiert seid, desto günstiger wird das Ganze. Im Durchschnitt kostet es zwischen dreieinhalb und sechstausend Euro, sagt die Gründungsberaterin Daniela Watzke, die beim Genossenschaftsverband arbeitet. Dazu kommen ganz am Schluss der Gründung Kosten für den Notar, der die Unterschriften des Vorstandes beglaubigen muss und natürlich die Kosten für die Gründungsveranstaltung.

Wie lange dauert es, eine Genossenschaft zu gründen?

Normalerweise mehrere Monate. Wie lange die Gründungsprüfung am Schluss dauert, hängt genauso wie die Kosten davon ab, wie vollständig die Unterlagen sind. Es lohnt sich also wirklich, hier von Anfang an gründlich zu sein.

Alles klar. Was brauche ich für die Gründung?

Ihr solltet mindestens drei Personen sein, die bereit sind, in der zukünftigen Genossenschaft Verantwortung zu übernehmen. Zusammen durchlauft ihr diese Schritte:

  1. einen Businessplan schreiben
  2. eine Satzung festlegen
  3. eine Gründungsversammlung abhalten
  4. die Gründungsprüfung überstehen
  5. und zuguterletzt: die Eintragung der Genossenschaft beim Amtsgericht im Genossenschaftsregister

Erst, wenn ihr mit allem fertig seid, ist die Genossenschaft rechtsfähig.

Ganz wichtig: Haltet euch an die gesetzlichen Mindestanforderungen, immer und unter allen Umständen. Besonders gilt das für Fristen und Protokolle. Und: überlegt euch, welcher Prüfungsverband zu euch passt, bei dem werdet ihr nämlich auch nach der Gründung bleiben.

So, nun gehen wir diese Phasen Schritt für Schritt durch:

Was sollten wir bei der Zusammensetzung des Gründungsteams beachten?

Am besten habt ihr unterschiedliche Kompetenzen. Wenn ihr zum Beispiel eine Energiegenossenschaft gründen wollt, dann sollte sich jemand mit der technischen Seite auskennen, mindestens eine Person sollte in der Nachbarschaft gut vernetzt sein und so noch mehr Leute von eurer Idee überzeugen können und dann eine dritte Person, die sich mit Bürokratie auskennt. Das ist jetzt natürlich nur ein Beispiel, welche Kompetenzen wichtig sein könnten.

Und was brauchen wir, um einen Businessplan zu schreiben?

Bevor ihr einen Businessplan schreibt, sollte euch die Geschäftsidee klar sein: Wer ist eure Zielgruppe? Wer sollen eure Mitglieder sein? Was leistet ihr für sie – und wie genau? Und wie teuer wird das Ganze? Auf all diese Fragen solltet ihr Antworten haben. Dafür könnt ihr als ersten Schritt dieses GenoCanvas verwenden.

Der Businessplan legt dann alles mit noch mehr Details fest. Er sollte nicht länger als zehn DIN A4 Seiten sein, aber trotzdem alles Wichtige umfassen, dazu kommt noch ein ausführlicher Anhang, für den ihr zum Beispiel die Lebensläufe aller Gründungsmitglieder braucht.

Aber beginnen wir mit dem Textteil: Dort legt ihr die Geschäftsidee, die Zielgruppe, die Finanzierung und die Risiken dar – und zwar so, dass es auch verständlich für jemanden ist, der sich mit der Branche nicht auskennt und zum ersten Mal von eurer Geschäftsidee liest. Besonders wichtig ist, dass ihr überzeugend darlegt, dass eure Geschäftsidee langfristig tragbar ist, also über welchen Weg sich die Genossenschaft finanziert.

Daneben solltet ihr die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Zahlen zusammenstellen: Gewinn- und Verlustrechnung, der erwartete Umsatz und eine Planung für den Normalfall und den Worst-Case-Fall. Und dann der Anhang mit eventuellen Produktfotos und Marktanalysen. Das ist jetzt nur ein Ausschnitt, eine Checkliste mit allem, was wichtig ist, findet ihr hier.

Was müssen wir bei der Satzung beachten?

Das wichtigste bei der Satzung: nicht zu kreativ werden, denn sie muss bestimmten rechtlichen Standards genügen. Die Gründungsberaterin Daniela Watzke vom Genossenschaftsverband empfiehlt, eine aktuelle Mustersatzung als Arbeitsgrundlage zu nehmen und so wenig wie möglich anzupassen, mit Ausnahme der individuell zu regelnden Inhalte wie u.a.: den Namen, den Sitz, den Gegenstand des Unternehmens, die Höhe und Anzahl der Geschäftsanteile und die Kündigungsfrist für Mitglieder.

Wie so oft im Leben: gerade hier, wo es besonders trocken ist, liegt besonders viel Macht. Zum Beispiel bei der Frage, was bei einer Insolvenz passiert. Oder wie viele Anteile ein Mitglied besitzen darf und ob es Abstufungen bei den Stimmrechten gibt – die sind nämlich unter bestimmten Umständen mit bestimmten Grenzen zugelassen.

Mustersatzungen findet ihr hier für Quartiersgenossenschaften und kleine Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften. Ein paar weitere findet ihr, wenn ihr “Mustersatzungen Genossenschaftsverband” googelt. Solltet ihr da nicht fündig werden: Viele Genossenschaften haben ihre Satzung auf ihrer Website veröffentlicht, auch da könnt ihr nach einer branchenähnlichen Satzung schauen.

Achtung: Die Satzung muss unbedingt von einem Prüfungsverband oder einem Anwalt, der sich im Genossenschaftsrecht auskennt, geprüft werden, bevor es zum nächsten Schritt kommt: Der Gründungsversammlung.

Und was müssen wir bei der Gründungsversammlung beachten?

Ihr solltet im Vorfeld schon besprochen haben, wer sich in den Vorstand und wer sich in den Aufsichtsrat wählen lassen will. Im besten Fall spielt ihr die komplette Gründungsversammlung schon einmal durch und habt Satzung und Geschäftsplan mit genügend Vorlauf nach den gesetzlichen Fristen an alle, die dazukommen wollen, geschickt. Um den Ablauf der Gründungsversammlung einzuhalten, helfen ebenfalls Dokumente von den Genossenschaftsverbänden, zum Beispiel diese Checkliste. Ein Musterprotokoll und andere nützliche Unterlagen findet ihr hier.

Gerade beim Gründungsprotokoll ist es wichtig, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Und im besten Fall sollten auf der Unterschriftenlinie alle Namen in Druckbuchstaben stehen, damit die Unterschriften der Gründer.innen identifizierbar sind. Direkt nach der Gründungsversammlung startet dann die erste Genossenschaftsversammlung, auf der ihr den Aufsichtsrat und den Vorstand wählt.

Wenn ihr damit fertig seid, könnt ihr alle Unterlagen an die Gründungsprüfung schicken. Eine Checkliste dafür findet ihr hier

Was genau prüft die Gründungsprüfung?

Hier prüft eine Person von eurem genossenschaftlichen Prüfungsverband, mit der ihr bisher noch keinen Kontakt hattet, ob eure eingereichten Unterlagen vollständig und korrekt sind. Vor allem prüft sie, ob die Satzung, der Businessplan und die Gründungsversammlung formal korrekt und inhaltlich plausibel sind und fordert eventuell Unterlagen nach.

Sind alle Unterlagen da, schreibt sie dann ein Gutachten. Das muss positiv sein, damit der letzte Schritt erfolgen kann: Die Eintragung ins Amtsregister.

Wie läuft die Eintragung ins Amtsregister ab?

Hierfür wird das Gutachten und die Zulassungsbescheinigungen an den Vorstand und einen Notar eurer Wahl gesendet. Beim Notar müssen alle Vorstände ihre Unterschriften beglaubigen lassen. Das ist der einzige Akt noch, bei der auch alle Vorstände zum Notar müssen. Dieser reicht dann das Ganze beim Amtsgericht zur Eintragung im Genossenschaftsregister ein. Dort prüfen vorher Rechtspfleger:innen noch einmal, ob alle Formalien stimmen. Sie schauen sich dafür nicht nochmal euren Geschäftsplan, sondern nur das Gutachten des Prüfungsverbandes, die Satzung und die Gründungsprotokolle an.

Normalerweise dauert das zwischen sechs Wochen und drei Monaten. Eine Stolperfalle hierbei ist, dass die Rechtspfleger:innen im Amtsgericht nicht immer erfahren darin sind, Genossenschaftsgründungen zu begleiten. In solchen Fällen hält dann der Genossenschaftsverband nochmal mit den Rechtspfleger:innen Rücksprache. Erst nach der Eintragung ist die Genossenschaft voll rechtsfähig und der Gründungsprozess damit erfolgreich abgeschlossen.

Was ist nach der Gründung wichtig?

Hier zum Abschluss noch ein paar Tipps, die mir KR-Mitglieder zugeschickt haben, die selbst entweder Genossenschaften beraten oder in einer arbeiten:

Eine Steuerberatung, die sich mit Genossenschaften auskennt, ist Gold wert. Die Genossenschaft von KR-Mitglied Markus zum Beispiel hatte anfangs ein Steuerbüro, das gut mit GmbHs konnte. Da waren dann aber immer dieselben Fehler drin, denn es gibt insbesondere im Jahresabschluss Spezifika für die Genossenschaften.

Berücksichtigt, dass ihr alle zwei Jahre eine Prüfung durch den Prüfungsverband bekommt. Die wechseln sich ab zwischen Kurzprüfung und intensiver Prüfung. Für diese Prüfungen ist es wichtig, möglichst alles zu dokumentieren. Sie kostet auch jedes Mal, das solltet ihr mit einkalkulieren.

Um den Regularien zu entsprechen, empfiehlt es sich direkt, zu Anfang einen Standard für Protokolle von Vorstand und Aufsichtsrat zu erstellen und diese nach jeder Sitzung direkt abzulegen.


Redaktion: Judka Strittmatter, Schlussredaktion: Susan Mücke, Fotoredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Christian Melchert

So gründet ihr erfolgreich eine Genossenschaft

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