Vor mehr als 120 Jahren, zwischen 1885 und 1908, lag ein weitläufiges Gebiet Westafrikas in den Händen eines einzelnen Mannes: König Leopold II. Die Herrschaft des belgischen Monarchen über sein Privateigentum, das er den „Freistaat Kongo“ nannte, war von extremer, systematischer Brutalität geprägt. Etwa zehn Millionen Menschen starben in der Zeit, in der der Begriff „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zum ersten Mal dokumentiert wurde.
Die Black-Lives-Matter-Bewegung ist in den vergangenen Wochen auch in Belgien angekommen. Demonstrierende haben Statuen von König Leopold II. verunstaltet oder abgerissen, als sie mit der Vergangenheit Belgiens abrechneten – die in rassistischer Ausbeutung wurzelt.
Doch Statuen sind nur eines von vielen Überbleibseln des Kolonialismus. Einige der größten tropischen Rohstoffunternehmen unserer Zeit haben ihre Wurzeln in der Kolonialzeit. Sie sind bis heute in Ländern tätig, die einst von europäischen Mächten verwaltet wurden. Dort bauen sie Rohstoffe für Produkte ab, die wir täglich konsumieren, wie etwa Seife oder Fahrradreifen.
Eine dieser Firmen ist die belgische Holdinggesellschaft Société Financière des Caoutchoucs (Socfin). Im Laufe der vergangenen 110 Jahre hat sie ein unübersichtliches Netz an Tochtergesellschaften in Afrika und Südostasien geschaffen, wo sie Palmöl- und Kautschukunternehmen betreibt. Socfin ist an der Luxemburger Börse notiert, hat ihren Hauptsitz in Belgien und betreibt den internationalen Handel von Gummi und Öl aus der Schweiz. Neben dem belgischen Geschäftsmann Hubert Fabri ist der größte Anteilseigner der Gruppe der französische Logistikgigant Groupe Bolloré.
Immer wieder gibt es Kritik daran, wie die Firmen in acht afrikanischen und zwei asiatischen Ländern handeln – in Kamerun, Côte d’Ivoire, Liberia, Sierra Leone, der Demokratischen Republik Kongo, São Tomé et Principe, Ghana, Indonesien und Kambodscha. Zivilgesellschaftliche Organisationen, Graswurzelbewegungen und internationale NGOs beklagen seit Jahren Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung auf den Plantagen. Konkret geht es um Unregelmäßigkeiten beim Landerwerb, schlechte Arbeits- und Wohnbedingungen und darum, dass die lokalen Bauern nicht nachhaltig einbezogen werden.
Doch die verstrickten grenzübergreifenden Organisationsstrukturen der Firmen erschweren die Suche nach den Verantwortlichen. Internationales Gewicht bekam die Kritik im Jahr 2010: Damals reichten vier Nichtregierungsorganisationen, darunter das deutsche Hilfswerk Misereor, Beschwerde bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein. Kern der Beschwerde waren die Verhältnisse in einer der größten Konzessionen in Kamerun. Nach Jahren des Hin und Her wurde das Verfahren 2017 eingestellt – wegen „Socfins Versäumnis, seine Praktiken zu überprüfen und Überprüfungsmechanismen einzuführen“, wie es in der offiziellen Abschlusserklärung heißt.
Daraufhin legte der französische Verband Sherpa beim Obergericht Nanterre Klage gegen die Groupe Bolloré ein, um den von den NKS vereinbarten Aktionsplan zur Verbesserung der Situation in Kamerun mit juristischem Nachdruck zu forcieren.
Socfin weist jegliche Kritik an seinen Unternehmungen zurück und erklärt immer wieder, dass das Ziel der Gruppe sei, Afrikas Entwicklung voranzutreiben und sicherzustellen, dass lokale Bewohner:innen und Arbeitnehmer:innen von den Investitionen profitieren.
2017 führte Socfin neue Richtlinien für verantwortungsvolle Unternehmensführung ein (hier als PDF) und lancierte eine Marketingkampagne über das, was sie als Positivmaßnahmen auf ihren Plantagen bezeichnen. Das Unternehmen trage dazu bei, die lokale Bevölkerung landwirtschaftstechnisch auszubilden, schaffe Arbeitsplätze und errichte die Infrastruktur für Gemeinden. Die nachhaltigen Programme reichten vom Brunnenbau in Kamerun, über Schulen in der Elfenbeinküste bis hin zu Reisfeldern für lokale Bauern in Sierra Leone.
„Da Regierungen und Entwicklungshilfeorganisationen überhaupt nicht effizient sind, bleibt nur der private Sektor“, sagte Socfin-CEO Luc Boedt über die Rolle seiner Firma, als ich ihn 2017 zum zweiten Mal für diese Recherche in Brüssel traf. „Warum sollte Fisch importiert werden, wenn man in Afrika Fischfarmen eröffnen könnte? Warum werden Tomaten importiert oder hunderttausend Tonnen Fleisch?“
Die Fronten sind verhärtet und scheinen sich nicht zu lockern. Auf der Suche nach den Wurzeln des Konflikts muss man tief in die Geschichte der europäischen Industrialisierung eintauchen.
Die Macht von Socfin ist ein Erbe des Kolonialismus
„Mit nichts kann man nichts tun, aber mit wenig kann man viel tun“, lautet die Willkommensbotschaft auf der Internetseite von Socfin. Es sind, so steht es darunter, die Worte von Adrien Hallet, der das Unternehmen 1909 gegründet hat. Nachdem der belgische Agronom zunächst „den methodischen Anbau von Kautschuk und Palmöl im Kongo entwickelt hatte“, verbrachte er laut Socfin den Rest seines Lebens in Südostasien, wo er ein Emporium, das heißt einen zentralen Handelsplatz aufbaute.
Nicht erwähnt wird auf Socfins Seite der Kontext, in dem Hallet nach Zentralafrika kam. Ebenso unerwähnt bleiben die Umstände, die zum enormen wirtschaftlichen Erfolg Hallets und seiner Firmen in den folgenden Jahrzehnten führten.
Am Anfang des Aufstiegs stand eine Reise Hallets in den „Freistaat Kongo“ von König Leopold II. im Jahr 1889. Der junge Belgier arbeitete in einem Handelsbüro und übernahm schon bald dessen Geschäftsführung. Das Kongobecken war reich an natürlichen Ressourcen, vor allem an Elfenbein. Nach der Erfindung des Autoreifens 1888 wurde aber vor allem die Gewinnung von Naturkautschuk zu einem lukrativen Geschäft für Europas Kolonialmächte. Das ging auch an König Leopold II. nicht vorbei.
Dem Belgier war es 1885 bei der von Otto von Bismarck abgehaltenen Kongokonferenz in Berlin gelungen, andere europäische Länder davon zu überzeugen, ihm das Kongogebiet als Privateigentum anzuvertrauen. Seinen Plan, Belgien zu einer führenden Kolonialmacht zu machen, verkaufte er unter dem Deckmantel einer „philanthropischen Mission“, mit der er den Handel ankurbeln und der einheimischen Bevölkerung in Zentralafrika humanitäre Hilfe leisten wollte. Dass die Umsetzung dieses Plans schreckliche Ausmaße hatte, kam erst Jahre später an die Öffentlichkeit.
Damals, als sich europäische Kolonialmächte in ganz Afrika an den Schätzen des Kontinents bereicherten, verübte Leopolds Regierung im „Freistaat Kongo“ unsägliche Gräueltaten an der einheimischen Bevölkerung, die den Großteil der Arbeitskräfte des Landes stellte. Sie wurden zwangsenteignet und versklavt. Die Belgier führten Quoten für das Einsammeln von Kautschuk ein. Wurden sie nicht erreicht, drohten Strafen wie Entführung, Abtrennen der Hände und Mord. Demographen schätzen, dass die Bevölkerung bis zum Ende der Herrschaft Leopolds II. von 20 Millionen um die Hälfte auf etwa zehn Millionen Menschen geschrumpft war.
Socfin-Gründer Adrien Hallet befand sich zu jener Anfangszeit des königlichen Freistaats in Zentralafrika. Neben dem Studium von Kautschukbäumen entwickelte er progressive Anbaumethoden, um Erträge zu maximieren, und legte den Grundstein für sein Vermögen. Inwieweit er von der Brutalität auf den Plantagen im Kongo wusste oder ob er gar daran beteiligt war, ist aus den heute verfügbaren Quellen nicht klar ersichtlich. Aufzeichnungen zeigen lediglich, dass Hallet sich im Dunstkreis der Königsfamilie befand und seinen Reichtum durch den Kautschukhandel erlangte.
Die Menschenrechtsverletzungen im Kongo hielten an. Jahrelang. Erst 1908 wurde dem ein Ende gesetzt, als die anderen europäischen Mächte Leopold II. zur Aufgabe der Kontrolle in Afrika zwangen.
Zu diesem Zeitpunkt war Hallet schon lange auf und davon. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts befand er sich in Südostasien, wo die Klima- und Bodenbedingungen für die Plantagenentwicklung mindestens genauso vielversprechend waren wie im Kongobecken. Entscheidend aber war für Hallet, dass sich das Arbeitsumfeld für seine Geschäfte besser eignete – vor allem, weil es billigere und produktivere Arbeitskräfte gab. Er experimentierte weiter, mit jenen Anbaumethoden, die er in Afrika entwickelt hatte. Dank seines guten Händchens für wirtschaftliche Aktivitäten hatte er einen maßgeblichen Anteil an einer der ersten internationalen Investitionen in asiatische Kautschukplantagen. 1909 gründete er schließlich Socfin.
Heute ist Südostasien weltweit führend im Export von Palmöl und Gummi – allen voran Indonesien und Malaysia. Zu Hallets Zeiten wurden Ölpalmen vor allem aus ästhetischen Gründen dorthin importiert. In Aufzeichnungen heißt es, dass Hallet damals die großen Ölpalmen auffielen, die die Straßenränder Sumatras säumten. Die Früchte enthielten mehr Fruchtfleisch und hatten einen kleineren Kern als die, die ihm aus Afrika bekannt waren.
Der Unternehmer machte aus dieser Beobachtung ein Geschäft und startete 1911 in Asahan auf der indonesischen Insel Sumatra die weltweit erste kommerzielle Ölpalmplantage. Bald gründete er Plantagen in der gesamten Region und begann mit dem Export von Palmöl nach Europa.
Europa industrialisierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer weiter und war zunehmend auf Produkte angewiesen, die in den kolonialisierten Gebieten abgebaut wurden. Als der Kautschukboom nachließ, stieg die Nachfrage nach Palmöl. Da Hallet schon früh den Anbau auf seinen Plantagen diversifiziert hatte, profitierte er langfristig. Bis zu seinem Tod im Jahr 1925 hatte er mehr als 20 Unternehmen gegründet. 73.000 Hektar Kautschukplantagen, 29.000 Hektar Ölpalmplantagen und 21.000 Hektar Kaffeeplantagen in Afrika und Südostasien waren ihm unterstellt.
Nach dem Tod Adrien Hallets führte sein Sohn Robert die Geschäfte fort. Der junge Hallet nutzte die Gewinne aus dem südostasiatischen Kautschukboom der 1920er Jahre, um wieder tiefer nach Afrika vorzudringen. In den 1930er Jahren eröffnete Socfin zwei große Plantagen im Land seiner Anfänge, das seit 1908 „Belgischer Kongo“ genannt wurde.
Das operative Netzwerk von Socfin war somit etabliert. Während des Zweiten Weltkriegs gehörten der Gruppe etwa ein Drittel der indonesischen Kautschukproduktion, die für die einheimische Bevölkerung Zwangsarbeit und den Verlust von Land bedeuteten, wie Aufzeichnungen belegen.
Der Hallet-Gruppe unterlagen damals 350.000 Hektar Land in Asien und Afrika. Das änderte sich auch nicht, als nach dem Zweiten Weltkrieg die kolonialisierte Welt nach und nach ihre Unabhängigkeit erlangte.
Die wirtschaftliche Ausbeutung geht auch nach Ende der Kolonialzeit weiter
Die Dekolonisierung beendete die ausländische Kontrolle über indigenes Land in fernen Ländern nicht. Sie änderte nur ihre Form. Viele Plantagen in ehemaligen Kolonien wurden in den 1950er und 60er Jahren zwar verstaatlicht. Nach Jahrzehnten kolonialer Dominanz und Unterdrückung der einheimischen Bevölkerungen fehlte es jedoch an Fachwissen und Kapital, um die Betriebe weiterzuführen. Zudem hatten die Weltbank und der Internationale Währungsfonds mit ihren „Strukturanpassungsprogrammen“ strenge Auflagen für Staaten, die bei ihnen Darlehen beantragen wollten. Oft griffen Regierungen daher auf ausländisches Kapital zurück, denn nur so konnten sie Unternehmen und Exporte am Leben halten.
In einem 1981 von der Weltbank veröffentlichten Bericht (hier findest du das PDF) heißt es dazu: „Als afrikanische Staaten ihre Unabhängigkeit erlangten, erbten sie ungleichmäßig entwickelte Wirtschaften mit rudimentärer Infrastruktur. Die Märkte funktionierten oft nicht richtig, und Ausländer dominierten den Handel und die meisten modernen Unternehmen.“
Unternehmen wie Socfin hatten durch ihre Erfahrung klare Vorteile im neuen Gerangel um Land und übernahmen Plantagen, die kurz zuvor verstaatlicht worden waren. Wieder war Land in privaten Händen – nur wurde es diesmal durch internationale Gremien wie die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds IWF legitimiert, die mit den Strukturanpassungsprogrammen aktiv Privatisierung und ausländische Investitionen förderten.
Socfin war einer der Hauptakteure in dieser Zeit. Das Unternehmen hatte sich fast ein Jahrhundert lang umfangreiches Wissen über die Bewirtschaftung tropischer Plantagen und Pflanzenzüchtung angeeignet und war ein gefragter Geschäftspartner.
Nach der strukturellen Neuorganisation Mitte des 20. Jahrhunderts tauchten in den 1980er und 90er Jahren neue und alte Firmen auf – mit Investitionen, die zum Teil in denselben Ländern wie vor der Unabhängigkeit, zum Teil in anderen ehemaligen Kolonien lagen. In Zaire (das 1997 in Demokratische Republik Kongo umbenannt wurde) erwarb Socfin beispielsweise eine Plantage, die früher von dem Konzern Unilever betrieben wurde, einem weiteren großen Akteur im Spiel um Land. In Indonesien schloss die Socfin-Tochtergesellschaft „Plantations Nord Sumatra“ einen Vertrag mit der Regierung und gründete Socfin Indonesia (Socfindo).
Die Dekolonisierung änderte nichts an der Kontrolle. Socfin behielt seine stabile und einflussreiche Stellung auf dem Weltmarkt und formierte sich währenddessen intern ständig neu. Ende der 1980er Jahre kam dann der Coup. Einer der geheimnisvollsten multinationalen Konzerne der Welt absorbierte die Socfin-Gesellschaften: die Groupe Bolloré.
Der französische Logistikgigant befand sich ebenfalls inmitten einer Reorganisation. Binnen weniger Jahre machte der Milliardär Vincent Bolloré das Papier- und Frachtgeschäft seiner Familie, das er Anfang der achtziger Jahre übernommen hatte, zu einem der 200 führenden Unternehmen Europas. Seine Strategie war es, die Aktivitäten der Gruppe zu diversifizieren. Bald war Bolloré in Logistik und Supply-Chain-Management involviert, produzierte Kunststoffe, Mikrofasern und Elektroautos, übernahm Medien- und PR-Unternehmen in Frankreich und im Ausland. Ab 1988 schluckte Bolloré schrittweise Socfins Holdinggruppe, die einflussreiche französische Banque Rivaud.
Im Laufe von 20 Jahren gelang es Vincent Bolloré, ein weltumspannendes Netzwerk von Logistik und Unternehmen in Afrika aufzubauen, das vor allem in den ehemaligen französischen Kolonien Einfluss besaß. Die Programme von Weltbank und IWF dienten ihm als Instrument, um strategische Lizenzen für die Errichtung und den Betrieb von Hafenterminals, Lagerhäusern und Eisenbahnlinien zu sichern. 2018 lag der Umsatz der Gruppe bei 23 Milliarden Euro.
Die Übernahme von Socfin im Laufe der 1990er war das letzte Stück, das Bolloré zur vollständigen Kontrolle über die gesamten Lieferketten von und nach Afrika fehlte.
Kamerun, Sierra Leone, Liberia, Kambodscha – in vielen der Länder, in denen Socfin heute zu finden ist, gibt es einen Konflikt mit der lokalen Bevölkerung. Als einer der Hauptaktionäre der Firma kommt immer wieder die Frage nach der Rolle und Verantwortung der Bolloré-Gruppe auf. Trotz der vielen internationalen Beschwerden und Kampagnen ist es dem Unternehmen jedoch bisher gelungen, unbeschadet davonzukommen.
2016 fragten wir Bolloré zum ersten Mal nach einer Stellungnahme. Die damalige Verantwortliche für Corporate Social Responsibility (CSR) Clara Lemarchand beantwortete sie. Ein weiteres Ersuchen in diesem Jahr blieb unbeantwortet. In ihrem Nachhaltigkeitsbericht von 2017 (hier als PDF) verwies die Gruppe jedoch darauf, dass sie „als verantwortungsbewusster Aktionär Einfluss ausübt.“ Das bezieht sich auf die Socfin-Gruppe, die „ehrgeizige Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung eingeschlagen und umgesetzt“ habe und diese „zusammen mit einer von ‚The Forest Trust‘ (jetzt Earthworm Foundation) validierten Transparenzstrategie anwendet.“ Zudem reagierte Bolloré 2016 auf Kritik in einer öffentlichen Stellungnahme mit den Worten: „Die Socfin-Gruppe (…) sagt, dass sich keine dieser Kritiken als wahr erwiesen hat. Die Bolloré-Gruppe hat allen Grund, diesen Antworten zu glauben und ihre Investitionen aufrechtzuerhalten, die viele neue Arbeitsplätze ermöglichen und die Möglichkeiten für die lokale Bevölkerung verbessern, zum besten Preis essen und von sozialen Diensten profitieren zu können.“
Socfin verweist stets auf seine Berichte zur nachhaltigen Entwicklung. Seit 2015 ist das Unternehmen nach ISO 14001 zertifiziert, einem internationalen Standard im Umweltmanagement. „Wir bereiten uns auf die RSPO-Zertifizierung (Round Table for Sustainable Palm Oil) vor, die für 2020 (zwei Standorte) und 2021 (die restlichen vier Standorte) geplant ist“, sagt Socfin-CEO Luc Boedt. Für ihn ist das der Beweis, dass das Unternehmen „wichtige Anstrengungen für die weitere soziale Entwicklung in Afrika unternimmt.“
Doch auch wenn Socfin in diesem Jahr die höchste Zertifizierung der Palmölindustrie erhalten sollte – die Konflikte sind nicht gelöst. Nach der Einstellung der OECD-Ermittlungen haben internationale NGOs im vergangenen Jahr rechtliche Schritte gegen Bolloré eingeleitet. Die Kläger, angeführt von der französischen Rechtsorganisation Sherpa, wollen das Unternehmen zwingen, die vereinbarten Maßnahmen zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen auf seinen Plantagen in Kamerun umzusetzen.
„Bolloré akzeptierte die Vermittlung durch die nationale Kontaktstelle und unterzeichnete den Aktionsplan nicht“, sagt Marie-Laure Guislain, die Verantwortliche für den Fall bei Sherpa. „Agrarindustrielle Unternehmen im Palmölsektor haben schreckliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und die Umwelt“, sagt Guislain. Es gebe in diesem Sektor in Frankreich eine rechtliche Lücke, weshalb die Wirtschaftsgiganten tun könnten, was sie wollen. „Wir hoffen, dass diese Klage sich auch auf andere Sektoren überträgt, in denen Muttergesellschaften straffrei ausgehen, wenn es um die Tochtergesellschaft oder Subunternehmer im Ausland geht.“
In den vergangenen Jahren haben auch andere Länder Klagen und Gerichtsverfahren gegen die beiden Unternehmen eingeleitet. Die indigene Bevölkerung der Bunong Cambodia reichte Klage ein. In Liberia erhielt Socfin 2007 ein Darlehen der Internationalen Finanz-Corporation (einem Teil der Weltbankgruppe, der sich auf die Förderung privater Unternehmen spezialisiert hat) in Höhe von zehn Millionen Dollar. 22 Dörfer beschwerten sich daraufhin bei der Aufsichtsbehörde der IFC.
Es geht um Land, Arbeitsbedingungen und die fehlende Zustimmung der Bevölkerung in den ehemaligen Kolonien. Bisher wurde kein Fall gelöst.
Dieser Text ist zuerst in englischer Sprache in dem englischsprachigen Online-Magazin Mongabay erschienen.
Redaktion: Belinda Grasnick; Schlussredaktion: Susan Mücke; Fotoredaktion: Verena Meyer.