Amazon
Der im amerikanischen Seattle ansässige Megakonzern begann 1994 bekanntlich als Online-Buchhändler. Bücher, so Jeff Bezos’ Idee, sind nicht nur etwas, das sich im Gegensatz zu Feigen oder Haustieren gut lagern und einfach transportieren lässt. Sondern sie lassen sich durch ISBN-Nummern auch gut katalogisieren. Und niemand schickt sie nach der Anprobe zurück, weil sie nicht passen. Inzwischen hat sich Amazon längst vom reinen Verkauf in fast alle andere Bereiche der Buchbranche ausgedehnt. Mit Kindle Direct Publishing (KDP) bietet man beispielsweise Autoren die Möglichkeit, ihre Werke ohne Verlag direkt auf Amazon als e-Book zum Verkauf anzubieten. Klassische Verlagsaufgaben wie Lektorat und Covergestaltung müssen dabei in der Regel vom Autor selbst übernommen (oder beauftragt) werden. Dafür bezahlt Amazon mit bis zu 70 Prozent deutlich höhere Tantiemen als Buchverlage, wo diese je nach Auflage und Buchart bei 5 bis 12 Prozent liegen (→ Honorare). Kritiker befürchten durch das Selbstpublishing einen mit minderwertiger Massenware überschwemmten Buchmarkt (→ Output), Befürworter sehen darin eine Demokratisierung.
Buchmesse
Deutschland hat aufgrund seiner jahrzehntelangen Spaltung zwei große Buchmessen: Die im März in Leipzig stattfindende ist die ältere der beiden, ihre Geschichte reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Im Gegensatz zur größeren Frankfurter Buchmesse, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen wurde, ist sie außerdem eine Publikumsmesse, auf der Leser ihre Lieblingsautoren treffen können und zahlreiche öffentliche Lesungen und Veranstaltungen stattfinden. Die Frankfurter Buchmesse ist dagegen ein klassischer Branchentreff, auf dem vor allem Geschäfte abgewickelt werden. Zentrum dieser Geschäfte ist das relativ verborgene Agentenzentrum, offiziell „Literary Agents & Scouts Centre”. Zu diesem inzwischen weltgrößten Rechtezentrum haben nur → Literaturagenten und deren Geschäftspartner auf Verlagsseite Zutritt. An über 400 kleinen, eng gestellten Tischen finden dort zeitlich knapp getaktet die Treffen statt, an denen die Rechte für die potenziellen Bestseller von morgen verhandelt und verkauft werden.
Cover
„Don’t judge a book by its cover”, ist zwar eine schöne Redensart, aber natürlich werden Bücher oft nach ihrem Umschlag beurteilt oder aufgrund ihres Umschlags gekauft beziehungsweise nicht gekauft. Das führt dazu, dass erfolgreiche Titelmotive (ebenso wie erfolgreiche Inhalte im Übrigen) immer wieder neu geremixt und verwurstet werden. Ob Treppen ins Nichts, gefesselte Hände oder Scherenschnitt-Motive – je nach Genre gibt es Klassiker der Covergestaltung, die immer wiederkehren oder zumindest eine Zeitlang schwer in Mode sind. Das kann man einfallslos finden, gleichzeitig sind gewisse visuelle Codes aber der einzige Weg, einem Leser, der an einem Schaufenster oder Buchhandlungstisch vorbeigeht, in der halben Sekunde, die er ein einzelnes Buchcover ansieht, zumindest grob zu signalisieren, um was für eine Art Buch und um welches Genre es sich handelt. Wobei das Schaufensterszenario immer seltener werden dürfte: Heutzutage müssen Buchcover zunehmend so gestaltet sein, dass sie auch funktionieren, wenn der Leser sie briefmarkengroß auf seinem Smartphone zu sehen bekommt.
Durchschnitt
Der Journalist Matthias Matting ist einer der erfolgreichsten deutschen Selfpublishing-Autoren und betreibt mit seiner Self-Publisher-Bibel ein sehr fundiertes Blog zu diesem Thema. Regelmäßig führt er Umfragen unter deutschsprachigen Selfpublishing-Autoren durch, im vergangenen Jahr kam er unter anderem zu folgenden Ergebnissen:
- Selfpublishing heißt nicht automatisch husch-husch: 31 Prozent der Befragten brauchen länger als ein Jahr für ein Buch, nur 19 Prozent weniger als vier Monate.
- Die durchschnittlichen Einkünfte eines selbstpublizierenden Autoren liegen bei monatlich 683 Euro (Tendenz laufend steigend von 312 Euro im Jahr 2013) – siehe Grafik unten.
- Die häufigsten Gründe für Selfpublishing sind „Weil ich alle Freiheiten habe” und „Weil ich so die Kontrolle behalte”. Die Gründe „Weil ich keinen Verlag gefunden habe” oder „Weil ich schlechte Erfahrungen mit Verlagen gemacht habe” wurden nur selten genannt.
e-Books
Im Vorfeld dieses Alphabets hatte ich Krautreporter-Leser (und alle anderen Interessierten) danach gefragt, welche Aspekte sie am meisten am Thema Buchbranche interessieren und welche Fragen sie haben. Über 100 Leser haben mitgemacht und mir damit sehr geholfen. (Achtung, die folgenden Zahlen sind keine repräsentativen Ergebnisse, die sich verallgemeinern lassen.) Neben gewünschten Schwerpunkten für diesen Text wollte ich auch wissen, ob ihr eure Bücher lieber gedruckt oder als e-Book kauft. Neben den 5 Prozent, die gar keine Bücher kaufen, waren die reinen e-Book-Käufer mit 7 Prozent in der Minderheit. Mit 48 kaufen rund die Hälfte der Teilnehmer Bücher ausschließlich auf Papier, 41 Prozent kaufen sowohl gedruckt als auch digital. Die → Gründe für oder gegen das jeweilige Format habe ich weiter unten ausgewertet.
Fahne
Offiziell Druckfahne – vielleicht auch, um sie vom Atem mancher → Buchmesse-Besucher nach den dortigen Partys abzugrenzen. Als Fahne bezeichnet man den Zwischenstand eines Buches, in dem es bereits lektoriert (das heißt inhaltlich in Form gebracht) und gesetzt (das heißt mit der richtigen Schriftart, Zeilen- und Seitenumbrüchen und so weiter versehen), aber noch nicht gedruckt ist. Die Fahne geht in der Regel sowohl dem Autor als auch dem Lektoren und dem Verlagskorrektorat zu, die sie auf Fehler überprüfen und letzte Änderungen vornehmen können. Die Fahne ist auch der Ort, an dem → Schusterjungen erkannt und beseitigt werden. Oft werden Fahnen auch bereits an Buchrezensenten herausgegeben, um sicherzustellen, dass Rezensionen zum Erscheinen des fertigen Buches erstellt werden können.
Gründe
Als Gründe für den Kauf von → e-Books wurden in der KR-Umfrage folgendes am häufigsten angegeben:
- E-Books sind platzsparend und leicht zu transportieren.
- Man kann Texte leichter durchsuchen.
- Die Schriftgröße lässt sich anpassen.
- Man kann im Bett ohne (den Partner) störendes Licht lesen.
Die Papierbuchfreunde gaben folgende Gründe an:
- Haptik und Geruch werden als angenehm empfunden.
- Es ist schön, Bücher physisch zu besitzen bzw. im Regal stehen zu haben. Sie sind Statussymbole.
- Das Lesen auf Papier ist angenehmer, vor allem wenn man sowieso den ganzen Tag auf einen Bildschirm schaut.
Den mit 41 Prozent relativ großen Teil an Lesern, die sowohl digitale als auch gedruckte Bücher kaufen, hatte ich gefragt, wann sie sich für welches Format entscheiden. Häufig genannte Antworten waren:
- e-Books für unterwegs (z.B. Pendeln oder Urlaub), Papier für zu Hause.
- Wissenschaftliche oder Sachbücher digital (wegen Zitation, etc.), Romane auf Papier.
- Bücher die weitergegeben werden sollen, werden auf Papier gekauft.
Honorar
Jedes Jahr kommen in Deutschland je nach Zählweise rund 70.000 bis 90.000 neue Buchtitel auf den Markt. Trotzdem können in Deutschland gerade mal 100 bis 200 Schriftsteller vom Bücherschreiben allein leben. Aber wie viel verdient denn so ein Autor an einem Buch? Meistens sind die sogenannten Tantiemen gestaffelt nach Anzahl der verkauften Bücher und abhängig von der Form des Buchs. Sie bewegen sich größtenteils zwischen 5 bis 10 Prozent (Softcover, je mehr verkaufte Bücher, desto höher der Prozentsatz) und 8 bis 12 Prozent (Hardcover). Diese Prozentsätze werden individuell zwischen Verlag und Autoren beziehungsweise dessen → Literaturagenten ausgehandelt und beziehen sich auf den Nettoverkaufpreis. Bei einem Buch, das für 12,90 Euro verkauft wird, bleiben bei einer 8-prozentigen Tantieme dem Autor also 96 Cent (8 Prozent von 12,06 Euro). Wo der Rest des Geldes bleibt, steht unter → Marge. Bei → e-Books liegt das Autorenhonorar meist prozentual etwas höher, dafür gehen die Tantiemen vom Verkaufserlös ab, der niedriger ist als bei gedruckten Büchern.
Bei einem millionenfach verkauften Buch wie „Der Schwarm” oder „Die Vermessung der Welt” ist rund ein Euro pro Buch natürlich ein wunderbares Honorar. Aber die allermeisten Bücher verkaufen sich deutlich schlechter. Schon ab 10.000 Exemplaren bewegt man sich im Sachbuchbereich in den Regionen der Bestsellerliste (das schwankt natürlich nach Anzahl der insgesamt im selben Zeitraum verkauften Bücher, und bei Belletristik liegt die Grenze ein ganzes Stück höher).
Ins Risiko
Ins finanzielle Risiko geht bei einer normalen Buchveröffentlichung nicht der Autor, sondern der Verlag. Denn er zahlt dem Autoren einen Vorschuss. Dieser ist Verhandlungssache und bemisst sich daran, wie viel sich der Verlag von dem Buch verspricht und ob mehrere Verlage um die Rechte an dem Buch konkurrieren. Die Erfolgsaussichten haben damit zu tun, ob der Autor bereits bekannt ist, aber natürlich auch mit dem Thema des Buchs. Der Vorschuss wird meistens in zwei Teilen bezahlt: Die erste Hälfte gibt es bei Vertragsabschluss, die zweite bei Ablieferung des Manuskripts. Diesen Vorschuss muss der Autor nicht zurückzahlen, egal wie schlecht sich das Buch verkauft. Die Tantiemen (siehe → Honorar) werden dann mit diesem Vorschuss verrechnet. Wenn der Autor also 1 Euro pro verkauftem Buch erhält und der Vorschuss 20.000 Euro betrug, bekommt er also für die ersten 20.000 verkauften Exemplare kein Geld, erst danach wieder. Der bislang höchste bezahlte Vorschuss für ein Buch (genauer gesagt: zwei Bücher) waren die 60 Millionen US-Dollar, die Michelle und Barack Obama für ihre noch zu schreibenden Memoiren über die Zeit im Weißen Haus von Penguin Random House bekommen haben. Vorschüsse für unbekannte deutschsprachige Autoren bewegen sich normalerweise im mittleren vierstelligen bis niedrigen fünfstelligen Bereich.
Jedes Jahr
Gibt es auf den → Buchmessen ein Gastland. In Frankfurt ist es dieses Jahr Frankreich, in Leipzig war es Litauen. Im kommenden Jahr müssen sich alle Feuilletons dann etwas zu georgischer (Frankfurt) und rumänischer Literatur (Leipzig) überlegen. Und immer so weiter.
Kindle
Die e-Book-Reader von → Amazon sind die bekanntesten und wahrscheinlich meistverkauften Geräte ihrer Art (mit genauen Zahlen hält sich Amazon zurück). Inzwischen gibt es zahlreiche unterschiedliche Modelle, aber auch jede Menge Alternativen von anderen Herstellern: Seit 2013 vermarktet eine Allianz aus Telekom, Thalia, Bertelsmann, Hugendubel und anderen die Tolino-Reader, auch hier gibt es verschiedene Modelle. Aus der Schweiz kommt die Firma PocketBooks und aus Kanada Geräte der Marke Kobo. Die meisten e-Reader arbeiten inzwischen mit sogenannten e-ink-Displays. Diese sind zwar nicht so bunt und leuchtend, wie man es von Smartphones oder klassischen Tablets kennt, brauchen dafür aber deutlich weniger Energie und sorgen somit für eine Akkulaufzeit von einer Woche oder mehr. Die meisten e-Reader setzen auf das verbreitete epub-Dateiformat, nur die Kindle-Reihe arbeitet mit dem Format mobi. Wer epub-Dateien hat, kann diese aber beispielsweise mit dem kostenlosen Programm calibre konvertieren und auf den Kindle (oder alle anderen e-Book-Reader) übertragen. Zu guter Letzt: Wer nicht in zusätzliche Hardware investieren, aber trotzdem → e-Books lesen will, kann sich natürlich auch entsprechende e-reader-Apps auf sein Smartphone, Tablet oder den PC laden.
Literaturagent
Als unbekannter Autor Manuskripte unverlangt an Verlage zu senden, ist in den meisten Fällen aussichtslos. Wie viele andere Funktionen (vom Coverdesign bis zum Lektorat) haben viele Verlage auch das Scouting, also das Entdecken von neuen Autoren, ausgelagert. Buch- oder Literaturagenten suchen danach, sichten Exposés und Ideen, entwickeln diese gemeinsam mit den Autoren weiter und sprechen auch mal Leute an, von denen sie glauben, dass sie geeignet wären, ein Buch zu schreiben. Für die erfolgreiche Vermittlung eines Manuskripts oder einer Buchidee verlangen sie eine Provision, die meist 15 Prozent der Autoreneinnahmen beträgt. Dafür verhandeln sie mit den Verlagen (über deren Programme und Bedarf sie meist einen besseren Überblick haben als ein einzelner Autor in spe), prüfen Verträge und kümmern sich um die Abrechnung des Honorars. In Deutschland kam es in den 90er Jahren zu einem Boom im Bereich der Agenturen (und teilweise den von ihnen ausgehandelten Vorschüssen). Die bekanntesten Agenturen hierzulande sind Graf & Graf, Petra Eggers und Landwehr & Cie (die beiden letzteren sind aus der erfolgreichen Agentur Eggers & Landwehr hervorgegangen).
Marge
Wenn von einem Buch nur rund ein Euro beim Autoren als → Honorar landet, was passiert dann mit dem Rest? Der Kleinverlag Voland & Quist hat es in einem Beitrag auf seinem Blog einmal schön aufgeschlüsselt. Zusammengefasst: Über die Hälfte schlucken Buchhandel und Vertriebskosten. Die Herstellungskosten hängen natürlich stark von der Ausstattung ab (Fotos, Lesebändchen, farbige Seiten etc.) machen aber in der Regel nicht viel mehr aus als das Autorenhonorar (das erklärt im Übrigen auch, warum e-Books meist nicht so wahnsinnig viel billiger sind als gedruckte Bücher). Auch beim Verlag bleibt aber deutlich weniger hängen, als oft gemutmaßt wird: In der vereinfachten Stückkostenkalkulation von Voland & Quist sind es 1,59 Euro bei einem 14,90 Euro teuren Buch. Von diesem Betrag gehen dann noch die allgemeinen Kosten ab wie Miete, Personal und so weiter.
Normseite
Größe, in der üblicherweise die Länge eines Manuskripts angegeben wird. Definiert wird eine Normseite als eine Seite mit 30 Zeilen à 60 Anschlägen. Vereinfacht kann man also von 1.800 Zeichen pro Normseite ausgehen. Wirklich korrekt ist das jedoch nicht, da nicht alle Zeilen eines Manuskripts bis zum Anschlag vollgeschrieben sind, wörtliche Rede in Dialogen beginnt beispielsweise meist in einer neuen Zeile. Wer wissen will, wie viele Normseiten der Roman, den er seit Jahren in der Schublade hat, umfasst, kann sich im Internet (zum Beispiel hier) entweder eine Word-Vorlage herunterladen oder nachlesen, wie man das Manuskript entsprechend formatiert.
Output
Laut einer Studie der UNESCO liegt Deutschland im Ranking der Länder mit den meisten Buchveröffentlichungen mit 93.600 Neuerscheinungen (alle Zahlen von 2013) auf Rang fünf. Davor: Russland mit 101.981 Neuerscheinungen, Großbritannien mit 184.000, die USA mit 304.912 und China mit 440.000 (bei den letzten drei Ländern wurden neue Bücher und überarbeitete Auflagen erfasst). Fragt man die Deutschen, wie viele Bücher sie pro Jahr lesen, sagen sie durchschnittlich sieben bis acht, was aufgrund der sozialen Erwünschtheit vermutlich noch optimistisch geschätzt ist. Warum also fast 100.000 neue Bücher pro Jahr? Zum einen ist das Buchgeschäft (wie die Musik- oder Filmbranche auch) ein Geschäft, in dem ein Hit so viel Geld einbringt, dass er Dutzende Flops gegenfinanziert. In der Regel weiß aber niemand, was ein Hit wird. Klar, die Biografie von Helmut Kohl verkauft automatisch ein paar Exemplare mehr als der Lyrikband eines unbekannten Brandenburgers. Aber viele große Erfolge waren absolute Überraschungen, auch für die Autoren und Verlage selbst: „Feuchtgebiete” von Charlotte Roche etwa, oder „Darm mit Charme” von Giulia Enders, seit Monaten auf den Bestsellerlisten. Selbst die Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling erhielt von Dutzenden Verlagen Absagen. Wenn also niemand weiß, hinter welchem Manuskript sich der nächste Mega-Bestseller verbirgt, ist es natürlich lohnend, möglichst viele Versuchsballons zu starten – also so viele Bücher zu veröffentlichen wie möglich. Noch dazu, wo die Kosten pro Veröffentlichung deutlich niedriger sind als beispielsweise beim Film. Während das Budget selbst für eine kleine Spielfilmproduktion schnell die Millionengrenze erreicht, lässt sich ein Buch bereits für einen niedrigen bis mittleren fünfstelligen Betrag produzieren. Auf die (auch in der KR-Umfrage) oft gestellte Frage „Warum werden so viele Bücher veröffentlicht?”, lautet die Antwort also: Weil es relativ wenig kostet und niemand weiß, was der nächste einträgliche Hit sein könnte.
Preisbindung
Ein weiteres Thema, das die Teilnehmer meiner Umfrage (→e-Books) am meisten interessierte, war die Buchpreisbindung. In Deutschland (und zehn anderen EU-Ländern) ist vorgeschrieben, dass ein Buch nur zu einem festgesetzten Preis an den Endkunden verkauft werden darf. Damit soll sowohl das Buch als Kulturgut geschützt als auch ein vielfältiges Angebot seitens der Verlage und bessere Überlebenschancen für kleinere Buchhandlungen gesichert werden. Ob das tatsächlich funktioniert, ist jedoch umstritten. Befürworter argumentieren so: Dadurch, dass es durch die Bindung keinen Preiswettkampf und somit Preisverfall gibt, verdienen sowohl Verlage als auch Buchhandlungen besser – gerade auch an Büchern mit kleiner Auflage. Bücher sind normalerweise ein Produkt mit hohen Fixkosten. Das heißt, ein Großteil des Investments ist fällig, bevor das erste Exemplar aus der Druckerei kommt: Honorar, Lektorat, Satz, Gestaltung, Druckeinrichtung etc. müssen alle vorher bezahlt werden. Die Grenzkosten (also die zusätzlichen Kosten für das zweite, dritte, tausendste Exemplar) sind hingegen sehr niedrig. Diese Kombination bedeutet, dass es viel lukrativer ist, sich nur auf Bücher zu konzentrieren, von denen wahrscheinlich ist, dass sie sich häufig verkaufen. Indem die Buchpreisbindung den Preisdruck eliminiert, soll dieser Effekt verringert, Verlage also ermutigt werden, auch in Bücher zu investieren, die keine Riesenauflage versprechen.
Kritiker der Preisbindung führen an, dass es sich dabei um eine Unterbindung des freien Wettbewerbs handelt. Dies führe a) zu höheren Preisen und benachteilige damit die Kunden und begünstige b) stationäre Händler, da Internethändler nicht wie sonst über den Preis konkurrieren können. Außerdem sei unklar, ob die höheren Gewinne, die die Preisbindung den Verlagen beschert, wirklich dazu genutzt werden, stärker auf „kleinere” Bücher zu setzen, als das sonst der Fall wäre.
Handfeste Beweise für Nutzen oder Schaden der Buchpreisbindung zu finden, ist aufgrund der zahlreichen verknüpften Einflussfaktoren und der sich ohnehin wandelnden Branche schwierig. Als in Großbritannien die Preisbindung 1997 wegfiel, kam es jedoch nicht zu einer Konzentration auf wenige Blockbuster-Titel. Im Gegenteil: Die Anzahl der neu verlegten Titel stieg danach stetig an.
Auch e-Books fallen unter die Buchpreisbindung. Das bedeutet aber nicht, dass sie genauso viel kosten müssen wie die Papierversion desselben Buchs. Es muss nur ein verbindlicher Preis vom Verlag festgelegt werden. Warum e-Books trotzdem nicht signifikant günstiger sind als Papierbücher, geht aus dem Abschnitt → Marge hervor.
Rechtschreibung
Wird im Laufe eines Buchprojekts mehrmals von verschiedenen Seiten (Autor, Lektor, Korrektorat) geprüft. Schlägt man als Autor das gedruckte Buch das erste Mal auf, ist trotzdem immer und ausschließlich ein Tippfehler das erste, was einem ins Auge fällt. Naturgesetz.
Schusterjunge
Ein Schusterjunge ist ein Satzfehler, bei dem am unteren Ende der Seite eine einzelne Zeile steht. Das Gegenstück dazu ist das Hurenkind: ein Absatz, der mit einer einzelnen Zeile am Beginn einer neuen Seite endet. Beide sind nicht nur optisch unschön, sondern beeinträchtigen auch den Lesefluss und werden deshalb vermieden – oft auch schon, wenn es sich um zwei oder drei „verwaiste” Zeilen am Seitenanfang oder -ende handelt. Als Begriffe werden inzwischen häufiger Waisen- oder Findelkind (statt Schusterjunge) und Witwe (statt Hurenkind) verwendet.
Top Ten
In Deutschland gibt es zwei wichtige Bestsellerlisten für Bücher: Die SPIEGEL-Bestsellerliste, die in Zusammenarbeit mit dem Branchenmagazin Buchreport herausgegeben wird. Und die Liste des Konkurrenzmagazins Börsenblatt. Beide Listen basieren auf Verkäufen, die die Marktforschungsfirmen GfK (für die Buchreport-Liste) und Media Control (für das Börsenblatt) bei einer jeweiligen Stichprobe von Buchhändlern erheben. Welche Läden das sind und welche Faktoren noch in die Berechnung einfließen, halten die beteiligten Unternehmen geheim. Offiziell, um Manipulation zu verhindern, beispielsweise indem ein Autor gezielt seine eigenen Bücher in einer der Buchhandlungen kauft, deren Ergebnisse für die Liste gemessen werden. Es gibt außerdem zahlreiche Zusatzregeln und Ausschlusskriterien, Kochbücher oder Lexika dürfen beispielsweise nicht auf die Liste – egal, wie gut sie sich verkaufen. Zwei informative Artikel über die intransparente Welt der Bestsellerlisten gibt es bei der Welt und dem Deutschlandfunk.
Umsatz
Allen Sorgen – eBook-Schund! Smartphone-Sucht! – zum Trotz bleiben die Umsätze der deutschen Buchbranche stabil. Im Jahr 2015 ging es ein Prozent nach unten, im vergangenen Jahr wieder ein Prozent rauf. 9,28 Milliarden Euro erwirtschaftete die Buchbranche 2016. Der wichtigste Vertriebsweg bleibt dabei der stationäre Buchhandel, der für 4,39 Milliarden Euro verantwortlich ist. Der Umsatz des Internet-Buchhandels (dazu zählt auch das Online-Geschäft der stationären Händler) stieg deutlich und macht inzwischen 18,2 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Zum Vergleich: Die deutsche Musikindustrie setzt 2016 nur 1,59 Milliarden Euro um, die Filmwirtschaft 2,80 Milliarden.
Vertreter
Für Laien ist der wichtigste Termin im Leben eines Buchs der Erscheinungstermin. In den allermeisten Verlagen kreist jedoch alles um einen ganz anderen Tag: die Vertreterkonferenz. Dort kommen die Vertreter und Vertreterinnen zusammen, die das Verlagssortiment in die Buchhandlungen tragen und die neuen Bücher den dortigen Händlern und den Einkäufern der großen Ketten schmackhaft machen sollen. Oft entscheiden sie über den Erfolg eines Buchs, weil sie eine Art selbsterfüllende Prophezeiung in Gang setzen: Bücher, an die sie nicht glauben, fallen bei den Präsentationen im Buchhandel hinten runter – und Bücher, die im Handel nicht präsent sind, verkaufen sich nur in den allerseltensten Fällen. Andersherum aber natürlich genauso: Ein Buch, das die Vertreter begeistert, wird gerne mal in höheren Stückzahlen gedruckt und „rausgestellt”, bekommt womöglich auch ein Marketingbudget – und verkauft sich folglich auch gleich besser. Lektoren fiebern deshalb nervöser auf die Vertreterkonferenz hin als auf alle Preisverleihungen oder → Buchmesse-Partys zusammen. Sie proben ihre Präsentation und laden Autoren ein, vor der Vertreterrunde zu sprechen (siehe Video oben). Ein schönes Feature über die Arbeit von Verlagsvertretern hat der Deutschlandfunk Kultur.
Wissen
Ein interessanter Vorteil, den → Amazon gegenüber dem traditionellen Verlagswesen hat: Es weiß (mindestens) zwei Dinge, die die Verlage nicht wissen: Erstens, wer welche Bücher kauft. Und zweitens, welche gekauften Bücher wirklich gelesen werden – und wie. Zum ersten Punkt: Die Kunden der klassischen Verlage sind streng genommen gar nicht wirklich die Leser, sondern die Buchhandlungen (oder die Einkäufer großer Ketten wie Thalia). Diese gilt es zu überzeugen (→ Vertreter). Der Vertrieb eines Verlagshauses kann hinterher zwar sagen, in welchen Buchhandlungen welches Buch besonders gut gelaufen ist, aber ob es von Frauen oder Männern, Alten oder Jungen, Viellesern oder Gelegenheitskäufern gekauft wurde, weiß er nicht. Amazon hat durch den Vertriebskanal den direkten Kontakt zum Kunden und weiß deshalb genau, welches Buch welche Zielgruppe nicht nur anpeilt, sondern auch wirklich erreicht. Doch nicht nur das: Durch das digitale Kindle-Ökosystem kann Amazon auch genau sehen, welche Seiten eines Buchs gelesen werden, welche Passagen angestrichen werden oder wie viel Zeit ein Leser mit einem bestimmten Buch verbringt. → Amazon, Apple, Google und die anderen Firmen, die mit ihren E-Readern und Smartphones die Hard- und mit ihren Shopsystemen und eBook-Apps die Software bereitstellen, können beispielsweise genau sehen, welche Bücher gekauft, aber nie aufgeschlagen werden. Welche Titel verschlungen werden oder an welcher Stelle eines Buchs ein auffällig großer Teil der Leser aussteigt. Wie man diese Veränderung einschätzt, hängt stark davon ab, ob man optimistisch oder pessimistisch auf die Welt guckt. Der Pessimist hat Angst vor einer Einschaltquote für Literatur und einer eingedampften Version von „Krieg & Frieden”, die nur noch aus oft angestrichenen Stellen besteht und um alle Passagen bereinigt ist, die Leser zum Abbrechen verleitet haben. Der Optimist sieht eher Chancen: Stellen, die zum Leseabbruch führen, könnten in einem überarbeiteten Sachbuch beispielsweise verständlicher erklärt werden. Oder ein Autor könnte Passagen, die besonders häufig angestrichen wurden, in einer Folgeauflage oder einem anderen Buch vertiefen. Dazu müssten die Plattformen wie → Amazon diese Informationen aber erst einmal mit Verlagen und Autoren teilen.
X-Ray
Nachschlagefunktion in → Amazons Kindle-eReadern, die dem Leser zeigt, an welchen Stellen im Buch ein bestimmter Protagonist oder Ort vorkommt und Kurzbeschreibungen von Protagonisten anzeigt.
Zahlen
(Alle Zahlen beziehen sich auf den deutschen Buchmarkt, Quelle: Börsenverein des deutschen Buchhandels)
- Die größte Buchhandlungsdichte gibt es in Göttingen, wo auf 5.946 Einwohner ein Buchladen kommt. Auf den folgenden Plätzen liegen Heidelberg und Regensburg.
- Alle Neuerscheinungen des Jahres 2016 wären übereinandergestapelt 2.185 Meter hoch.
- 3,8 Millionen e-Book-Käufer kauften im vergangenen Jahr 28,1 Millionen e-Books.
- E-Book-Käufer sind zu 62 Prozent weiblich.
- Ein Hardcover-Roman kostet durchschnittlich 16,30 Euro.
- 64,6 Prozent aller ins Deutsche übersetzten Bücher wurden auf Englisch verfasst. Platz 2: Französisch mit 10,8 Prozent.
Theresa Bäuerlein hat den Artikel gegengelesen; Martin Gommel hat das Aufmacherfoto ausgesucht (Unsplah / Toa Heftiba).