Dunkler Rauch steht über dem Feld, an dessen Rand nur noch verkohlte Äste bleiben. Daneben stehen die Zelte, die einmal Teil des Geflüchtetenlagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos waren. Der Fotograf Angelos Christofilopoulos hat die Brände in Moria abgelichtet – und die früheren Bewohner:innen des Lagers begleitet. Seine Bilder zeigen, wie verzweifelt die Lage auf Lesbos ist: Menschen, die am Strand und auf der Straße schlafen. Ein Vater, der sein Baby im Arm hält. Proteste gegen die griechischen Behörden, die die Geflüchteten so lange schlecht behandelt haben.
Ihr Gefängnis ist nun weg – und die Menschen sind trotzdem nicht frei. Moria war für seine Bewohner:innen nie ein Zuhause. Es war überfüllt. Statt 3.000 Menschen lebten dort zuletzt knapp 13.000 Menschen. Für die meisten von ihnen waren Zelte das einzige Dach über dem Kopf. Sie hatten kein fließendes Wasser und keinen Strom. Dann brachen die Feuer aus.
Jetzt ist die Lage auf Lesbos für die Geflüchteten noch schlechter. 11.500 Menschen leben nun auf der Straße, ohne Essen und ausreichend Trinkwasser. Unter ihnen sind viele besonders verletzliche Menschen, sehr kleine Kinder, schwangere Frauen, ältere Menschen und solche mit Behinderungen, wie das UN-Flüchtlingswerk UNHCR berichtet.
Um an Essen und Trinkwasser zu kommen, müssen die Menschen nun viele Kilometer laufen. Griechische Polizist:innen lassen Hilfsorganisationen, die die Geflüchteten versorgen wollen, nicht zu ihnen. Die griechische Regierung hat ein neues provisorisches Camp für 3.000 Menschen aufgebaut. Die WDR-Reporterin Isabel Schayani ist vor Ort unterwegs und berichtet auf Twitter und in der Talkshow Anne Will über die Zustände. Sie erzählt, wie die Familien neben einem Lidl-Markt campieren – dort aber trotzdem kaum Nahrungsmittel haben. Ein Großteil der Geflüchteten will nicht ins neue Camp gehen. Sie haben Angst, dort wieder eingesperrt zu sein.
Schon 2018, als meine Kolleginnen Steffi Fietz und Lisa Altmaier in Moria waren, nannten die Bewohner:innen das Camp ein Gefängnis. Am 17. März 2020 hat das griechische Migrationsministerium aus Angst vor einem Corona-Ausbruch eine Ausgangssperre über das gesamte Lager verhängt. Wie verzweifelt die Situation für die Menschen in Moria deswegen in den vergangenen Wochen war, kannst du in dieser Reportage in der Taz lesen.
Das alte Lager steht nicht mehr. Nicht nur die Zelte haben gebrannt, auch von den wenigen Wohncontainern blieb nur ein Skelett übrig.
In der Nacht von Dienstag zu Mittwoch war schon ein großer Teil des Camps in Flammen aufgegangen. In der darauffolgenden Nacht brannte auch der Rest der Zelte und Container ab.
Jetzt schlafen die Geflüchteten unter freiem Himmel. Auf Straßen, Feldern und an Stränden.
Laut UNHCR sind auch 4.000 Kinder obdachlos. Zehn EU-Länder wollen nun insgesamt 400 unbegleitete Minderjährige aufnehmen. Das ist nur ein Bruchteil der Menschen, die dort Hilfe brauchen – und nur ein Zehntel der Kinder, die zur Zeit auf der Straße leben.
Einige bauen sich provisorische Zelte.
Viele Geflüchtete protestieren dagegen, wie sie in Griechenland behandelt werden.
Die griechische Polizei versucht, die Lage zu kontrollieren. Die Geflüchteten sollen nicht in die Hauptstadt von Lesbos, nach Mytilini gelangen. Zum Teil haben die Polizist:innen Tränengas eingesetzt.
Obwohl es Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe gibt, müssen die Geflüchteten zum Teil viele Kilometer gehen, um sich mit Nahrung und Trinkwasser zu versorgen.
Das neue provisorische Camp auf Lesbos hat Platz für 3.000 Menschen. Aber es sind viel mehr Geflüchtete, die versorgt werden müssen, die Brandverletzungen haben und durch die Situation traumatisiert sind.
Mehr als 100 Kommunen in Deutschland sind bereit, den Menschen zu helfen – aber Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will nach wie vor nur 150 Minderjährige in Deutschland aufnehmen. Er pocht auf eine europäische Lösung. Auf die müssen die Menschen auf Lesbos aber wohl noch mindestens bis Ende September warten, wenn die EU-Kommission neue Vorschläge für eine gemeinsame Asylpolitik vorlegt.
Redaktion: Theresa Bäuerlein, Schlussredaktion: Susan Mücke, Fotoredaktion: Martin Gommel.