Heilala von Keyserlingk hat eine faszinierende Biografie. Die 34-jährige Deutsch-Philippinerin mit dem adligen Namen ist in Neuseeland geboren, war als Baby auf der Südseeinsel Tonga und hat als Kind in drei verschiedenen asiatischen Ländern gelebt – am längsten davon in Birma/Burma.
„Im Sommer waren wir immer in Deutschland, und dann spielt man ja auch mit anderen Kindern. Ich habe nie verstanden, dass es Leute gibt, die Burma nicht kannten. Das war das Zentrum meines Universums. Es war mir unbegreiflich, dass ich an einem Ort wohnte, wo die anderen (noch) nicht waren.“
Als Kind zieht sie mit ihrem deutschen Vater, der philippinischen Mutter und dem jüngeren Bruder von Land zu Land, besucht die internationale Schule, bevor sie als Jugendliche nach Europa geht – ohne die Familie. In all den verschiedenen Ländern macht sie die Erfahrung, dass die Menschen sie und sich selbst ständig fragen, wo sie wirklich herkommt.
„Ich bin überall auf der Welt Ausländer. Egal, was im Pass drinsteht, auch wenn mein Vater aus Deutschland kommt. Hier in Deutschland schauen die Leute mich trotzdem anders an. Die sehen ja, dass ich nicht komplett deutsch bin. In den Philippinen ist es genauso. Die sehen das auch sofort. Das heißt: Es ist ganz egal, wo ich bin, ich sehe nicht so aus, als wäre ich von da.“ (ab 14:30)
Wie eine Einheimische behandelt in…
Wobei sie dann eingesteht, dass sie in einem Land doch die Erfahrung gemacht hätte. Ein Land, in dem die Menschen sie wie eine Einheimische behandelten. Und das war interessanterweise: Usbekistan.
Sie spricht von ihren Erfahrungen in den verschiedenen Ländern. Wie sie Schwierigkeiten hatte, sich in Bangladesch zurechtzufinden, wie sie ihre Freiheit in China genoss und warum sie die westliche Welt in England und Deutschland zunächst nicht verstand.
„Die größten Unterschiede sind Kleinigkeiten, kleine Details. Auch die Frage: Fühle ich mich mehr deutsch oder mehr philippinisch. Ich kann das ganz schwer sagen. Es fehlt mir aus beiden Kulturen so viel. Ich habe so einen Mischmasch aus allen möglichen Dingen mitbekommen, auch durch die internationalen Schulen, die sehr amerikanisch angehaucht sind. Die kulturellen Referenzen wie Kinderlieder oder Fernsehprogramme und solche Sachen sind bei mir total verstreut.“ (ab 34:40)
Worauf ich sie dann gleich zu „einem lustigen Spiel“ herausfordere. Ähnlich der 200-Euro-Frage bei „Wer wird Millionär“ muss sie deutsche Sprichwörter und Redewendungen vervollständigen.
- Betrunkene und Kinder sagen…
- Jedes Böhnchen macht ein…
- Der April macht…
- Das ist doch Jacke…
Einfach, oder? Nicht, wenn man in Asien aufgewachsen ist.
Aber wo ist eigentlich ihre Basis? Wie definiert sie Heimat?
„Für mich ist Heimat da, wo meine Familie ist. Und wenn ich von Familie spreche, meine ich wirklich meine Eltern und meinen Bruder. Ich habe immer gesagt: Egal, was für ein Haus es ist oder wo sie wohnen - solange ich mich da auf den Boden hinlegen kann, ist das für mich irgendwo auch Heimat.“ (ab 39:55)
Wir beide reden über Heilalas Beziehung zu ihrem Mann, der aus Bayern kommt. Über süßes Frühstück und deutsches Abendbrot. Wie man Zahlen mit den Fingern zeigt – und wie sich das in den verschiedenen Kulturen unterscheidet. Warum Koreaner in Deutschland womöglich schwerer ein Taxi bekommen, und wieso Heilala vor ihrem ersten Vortrag auf Deutsch Angst hatte.
Der Halbe-Katoffl-Podcast ist eine Gesprächsreihe mit Deutschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben. Moderator ist der Berliner Journalist Frank Joung, dessen Eltern aus Korea kommen. Es geht um Themen wie Integration (gähn), Identität (ach ja) und Stereotypisierungen (oha) – aber eben lustig, unterhaltsam und kurzweilig. Anekdoten aus dem Leben statt Theorien aus dem Lehrbuch.
Fotos: Frank Joung; Fotoredaktion: Martin Gommel; Produktion: Vera Fröhlich