Aus dem Anarcho-Kollektiv der ersten Tage ist eine bestimmende politische Kraft geworden. Kaum ein anderer Verein entsendet so häufig Experten in Gremien und Ausschüsse politischer Organe. Immer wieder demonstrieren Vereinsmitglieder die Schwachstellen von Technologie – ob Fingerabdruckscanner oder Wahlcomputer. Der CCC hat unser Verständnis von Technologie nachhaltig verändert. Aber auch der Chaos Computer Club hat sich in den vergangenen 30 Jahren stark verändert. Gemeinsam zeichnen wir diese Entwicklung nach.
Das erste Interview führen wir mit einem der Gründer des Clubs, Klaus Schleisiek. Meine Fragen an Klaus habe ich in einem GoogleDoc gesammelt. Mitglieder finden in den Anmerkungen in der rechten Spalte den Link zum Dokument und sind herzlich eingeladen, die Fragen zu ergänzen und zu kommentieren. Wer sich ausreichend informiert fühlt, kann sich gerne direkt darin austoben. Für alle anderen fasse ich hier die Rahmenbedingungen der Gründung zusammen.
Unsere Reihe startet am 12.September des Jahres 1981 am Tisch der Kommune Eins in der taz-Redaktion. Am Tisch versammelt: Die Initiatoren des ersten „Komputerfriektreffens“ Klaus Schleisiek (alias Tom Twiddlebit), Herwart Holland-Moritz (alias Wau Holland), Wulf Müller und Jochen Büttner sowie rund 20 weitere Teilnehmer. Der Grund für das Treffen: Wat tun. Was „wat“ ist? Die Antwort findet sich in der Einladung zum Treffen, abgedruckt in der taz vom 01. September 1981:
Schon in diesem ersten Textdokument sind die wesentlichen Veränderungen enthalten, die uns die Digitalisierung bescheren sollte: Datenschutz, Copyright, Medienkompetenz, Massenüberwachung und Privatisierung der Telekommunikation.
Auch im Protokoll dieses ersten „TUWAT Komputerfriektreffens“ finden sich zahlreiche Themen wieder, die heute wieder oder immer noch auf der netzpolitischen Agenda stehen:
Aus heutiger Perspektive muten die ersten Hacker an wie IT-Kassandras. So zumindest wirkt es auf die meisten sogenannten Digital Natives, also die nach 1980 Geborenen. Sie sind mehrheitlich mit einem anderen, naiveren Zugang zu Technologie aufgewachsen. Ab Mitte der Neunzigerjahre wurden Computer im Wortsinne alltäglich, sie erleichterten unser Leben und traten immer häufiger als bloße Werkzeuge auf. Auch die Rolle des Staates hat sich seit den Achtzigern verändert. Durch das neoliberale Dogma zog sich der Staat immer weiter zurück. Damit nahm auch die wahrgenommene Bedrohung durch staatliche Überwachung ab. Zwei Beispiele verdeutlichen, wie sehr sich die Gesellschaft zur Gründungszeit des Clubs von dieser Wahrnehmung unterschied.