Zur Erinnerung: Ich versuche auf Krautreporter in den kommenden vier Monaten, die Sieger der 17 Rückrunden-Spieltage der Fußball-Bundesliga vorherzusagen. Ich nutze dabei ein Rechenmodell, das aus 16 gewichteten Faktoren besteht - von der aktuellen Tabellensituation über den Marktwert des Teams bis hin zum Zweikampfverhalten. Die ausführlichen Methodik-Erläuterungen sind jederzeit an dieser Stelle abrufbar.
Bevor ich am Ende dieses Artikels ein paar Worte über die Spiele vom Dienstag und Mittwoch verliere, blicke ich erstmal voraus auf das Wochenende: auf einen Spieltag, der viel Spannung verspricht. Denn in drei Spielen hat mein Modell nur einen Favoriten mit weniger als 60% Siegchancen ergeben, in zwei weiteren einen mit 63%.
Spannung versprechen: HSV-Hannover, Werder-Leverkusen und Schalke-Gladbach
Das engste Ergebnis erzielte in meinen Berechnungen das Nord-Duell zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96. Zwar spricht die Mehrheit der Faktoren aus meiner Methodik für Hannover, doch vier der fünf, die in der Vorrunde die besten Ergebnisse gebracht haben, sehen Hamburg vorn. So hat der HSV bisher weniger Gegentore erdulden müssen, er hat Heimrecht, die Wettbüros sehen ihn vorn, und auch der historische Vergleich spricht mit 21 zu 17 Siegen für den Bundesliga-Dino. Bei den meisten Faktoren, in denen Hannover vorn liegt, ist der Vorsprung zudem so knapp, dass das Endergebnis von 45% zu 55% für Hannover wirklich Spannung verspricht. Bei einem so knappen Resultat lautet meine Prognose: Unentschieden.
Mehr Spannung, als noch vor einigen Spieltagen vermutet, verspricht das Duell zwischen Werder Bremen und Bayer Leverkusen. Der entscheidende Grund für die Spannung heißt Viktor Skripnik. Der Trainer, der vor zehn Spielen den Job bei Werder Bremen angenommen hat, holte seitdem 19 Punkte und führt Werder derzeit Schritt für Schritt nach oben. Nur Pep Guardiola und Roberto di Matteo haben in der Bundesliga derzeit einen besseren Punktedurchschnitt als Skripnik. Der Aufwärtstrend führt zudem dazu, dass Bremen in den fünf jüngsten Spieltagen mehr Punkte geholt hat als Leverkusen. Weitere Faktoren, die für Werder sprechen: Die höhere Anzahl der erzielten Tore, der direkte Vergleich, das Heimrecht und der sogenannte Überraschungs-Faktor, der die Position in der aktuellen Tabelle mit der im Marktwert-Ranking vergleicht. Trotz dieser Argumente bleibt Bayer Leverkusen leichter Favorit. Neben Tabellenposition, Langzeit-Erfolg und Marktwert sprechen sämtliche sportlichen Qualitätsfaktoren für die Werkself: Torschüsse, Zweikampf und Passquote sowie Ballbesitz.
Das dritte spannende Duell des Spieltags könnte das zwischen Schalke 04 und Borussia Mönchengladbach werden, zwischen zwei Teams, die derzeit auf unterschiedliche Art ähnlichen sportlichen Erfolg haben. Jeweils acht Faktoren sprechen für beide Teams, die etwas gewichtigeren für Schalke 04.
Die Top-Favoriten des Spieltags: Wolfsburg, Mainz und der FC Bayern
Zu ganz klaren Ergebnissen ist mein Rechenmodell diesmal bei drei Partien gekommen: Der VfL Wolfsburg ist haushoher Favorit gegen die TSG Hoffenheim, die derzeit nicht sonderlich gut in Form ist, der FC Bayern hat eine 85%-Siegchance in Stuttgart - und Mainz 05 ist 89%-Favorit gegen Hertha BSC. Dieser etwas überraschende Extremwert hat in erster Linie nicht mit einer extremen Stärke der Mainzer zu tun, sondern vornehmlich mit der desolaten Form von Hertha BSC. Bei zahlreichen Faktoren ist Hertha BSC das aktuelle Schlusslicht der Liga. So hat das Team in den jüngsten fünf Spielen ganze fünf Torschüsse pro Spiel zustande gebracht. Zum Vergleich: Das zweitschwächste Team der Liga (Köln) kam hier auf neun. Unsicher macht die Berechnungen der Trainerwechsel am Donnerstag: Jos Luhukay musste gehen, Neuling Pál Dárdai übernahm. Sollte diese Änderung einen extremen Positiv-Effekt auslösen, könnte Hertha für eine Überraschung sorgen. In mein Modell einberechnen kann ich diesen Trainerwechsel fast gar nicht.
Und was macht Dortmund?
Die vermeintlich leichteste Aufgabe der bisherigen Rückrunde steht dem Schlusslicht Borussia Dortmund bevor: Nach den Spitzenteams aus Leverkusen und Augsburg geht es nun zum 15. in der Tabelle nach Freiburg. Doch nicht zuletzt die erneute Niederlage am 19. Spieltag lässt die Unsicherheit über einen Erfolg der Dortmunder in Freiburg wachsen. So sprechen mittlerweile fünf Faktoren für Freiburg, bei zwei weiteren sind beide Clubs gleichauf. Der SC liegt in der aktuellen Tabelle vor dem BVB, er hat mehr Tore geschossen (!), er hat in den jüngsten fünf Spielen mehr Punkte geholt, er hat Heimrecht und er ist logischerweise im Vergleich zu seinem Marktwert besser platziert als Borussia Dortmund. Das Modell sieht Dortmund dennoch mit 63% zu 37% vorn - wir werden sehen, ob der BVB diesmal einen Dreier mitnimmt.
Die Spieltags-Prognosen im Überblick:
FC Schalke 04 - Borussia Mönchengladbach | 59%-Favorit: FC Schalke 04
VfL Wolfsburg - TSG Hoffenheim | 91%-Favorit: VfL Wolfsburg
FSV Mainz 05 - Hertha BSC | 89%-Favorit: FSV Mainz 05
SC Freiburg - Borussia Dortmund | 63%-Favorit: Borussia Dortmund
VfB Stuttgart - Bayern München | 85%-Favorit: Bayern München
FC Köln - SC Paderborn 07 | 76%-Favorit: 1. FC Köln
Hamburger SV - Hannover 96 | 45%:55% - Prognose: Unentschieden
Werder Bremen - Bayer Leverkusen | 58%-Favorit: Bayer Leverkusen
FC Augsburg - Eintracht Frankfurt | 63%-Favorit: FC Augsburg
Exklusiv für Krautreporter-Mitglieder: Die komplette Übersicht mit allen Berechnungen und Faktoren für die neun Spiele könnt ihr in der Anmerkung rechts neben diesem Absatz aufrufen.
Die Ergebnisse des 19. Spieltags
Der Spieltag am Dienstag und Mittwoch war für mein Rechenmodell nicht der erfolgreichste - da gibt es nichts zu beschönigen: Nur die Siege von Mönchengladbach und Leverkusen wurden korrekt vorher gesagt, drei Sieger waren falsch und fünf Spiele gingen Unentschieden aus. Interessanterweise lagen die Algorithmen der Wettbüros aber genau so falsch, denn auch dort gewannen nur zwei der vorhergesagten Favoriten. Das zeigt, dass die Spiele überraschende Ergebnisse ergeben haben, die schwer vorherzusagen waren. Hier dürfte auch die Ungewissheit eine Rolle spielen, wie gut oder schlecht die Teams aus der Winterpause zurückkommen - die ersten Spieltage der Hin- und Rückrunde dürften allgemein die am schwersten prognostizierbaren sein.
Der beste Faktor des Spieltags war diesmal im Übrigen der der aktuellen Form: Hätte man nur die Punkte aus den jüngsten fünf Spielen als Maßstab verwendet, dann hätte man alle fünf Sieger des Spieltags korrekt vorher gesagt. Da ich ja bereits von einem Methoden-Update geschrieben habe, in das auch Ideen und Inspirationen einfließen sollen, die ich von den Lesern, Kommentatoren und Facebook-Gruppen-Mitgliedern aufschnappe, hier der Plan dafür: Nach den ersten vier oder fünf Spieltagen soll mein Modell verfeinert werden. Zum einen mit neuen Faktoren, deren Tauglichkeit ich bis dahin anhand der Hinrunde durchrechne, zum anderen womöglich auch mit einer Anpassung der Gewichtung der Faktoren. Insbesondere die Idee, alle Punkte eines Faktors dem Team zu geben, das bei dem entsprechenden Faktor favorisiert ist, steht nach berechtigten Einwürfen zur Debatte. Eine Verteilung je nach Eindeutigkeit des Favoriten ist möglicherweise sinnvoller. Weitere Ideen bitte gern auch in den Kommentaren unter diesem Artikel.
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Illustration:Veronika Neubauer