Von allen Reportagen sind mir Christoph Scheurings die Liebsten. „Der König von Köln“, „Nachtsonne über L.A.“, „Fenster zum Himmel“, „Das vierte Gesetz in Knast“. Man spürt in diesen Geschichten, dass Scheuring es ernst mit den Menschen meint und sie mit ihm. An Scheurings Reportage „Party an der B4“ („Spiegel“ 1994) gefällt mir alles, aber besonders der Einstieg, der letzte Satz, und dass ein Opel Ascona drin vorkommt.
Erwin Koch zu empfehlen, ist natürlich nicht sehr ausgefallen, aber das ist mir egal. „Bäcker Dario Negrotti liebt die Oper, Judith und seine Kinder. Nur eifersüchtig ist er nie.“ Allein diesen Vorspann fand ich klasse. Den Text „Puccini statt Pralinen“ („Reportagen“ 2012) natürlich auch. Mein Lieblingssatz aus dieser Geschichte geht so: „Dario gefällt ein Mädchen, erste Liebe im fünften Stock, man langweilt sich, Schluss nach drei Monaten.“
Özlem und ich sind Freunde seit der Henri-Nannen-Schule. Aber ich bin mir sicher,dass ich ihr Gurlitt-Porträt „Die Liebe seines Lebens“ („Spiegel“ 2013) genau so überragend fände, wenn wir nur zwei Menschen wären im Universum. Wie sie Gurlitt begleitet und beschreibt, diesen altertümlichen Schrat, diesen modernen Golum, das ist einfach unglaublich gut.
Nora Gantenbrink, geboren 1986, ging auf die Henri-Nannen-Schule und ist heute Reporterin beim Stern. Im vergangenen Jahr erschien ihr erstes Buch „Verficktes Herz“__.
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Reportagen.fm
Illustration: Veronika Neubauer